Interessante Überlegungen! Hier meine Argumentation:KarlAntonMartini hat geschrieben: ↑Sa 17.04.21 13:58Eine kirchenrechtliche Anmerkung dazu: Die damals Beteiligten waren allesamt Protestanten, die erste Ehefrau des Herzogs wurde wegen Ehebruchs in ein aufgelassenes Kloster verbannt, aber sie wurde nicht Nonne. Der Zölibat ist das Eheverbot für katholische Geistliche, Nonnen unterliegen ihm nicht, für sie gilt Ehelosigkeit und Keuschheit aufgrund ihres Gelübdes. - Die älteste schriftliche Quelle zu dem Stück scheint Tentzel zu sein, er beschreibt einen geprägten Doppeltaler. Gab es den überhaupt, hat Tentzel so ein Stück gesehen? Ich weiß nichts über die Zuverlässigkeit seines Werks. - Seit Tentzel scheint die Deutung des Stücks als Spottmünze auf die ehebrecherische Herzogin nicht hinterfragt worden zu sein. Es ist aber bekannt, daß Anna eine Reihe von Fürsprechern hatte, es könnte doch sein, daß das Stück eher mitleidig zu interpretieren ist und den Herzog im neuen Glück der unglücklichen Exfrau gegenüberstellt. Schließlich war der Ehebruch von dem Kupferpfuscher induziert worden, der Herzogin Anna wegen Kinderlosigkeit behandeln sollte. Dann wäre ein offiziell geprägter Doppeltaler allerdings unwahrscheinlich. Grüße, KarlAntonMartini
Zölibat: Vielleicht ist es eine Kritik oder Verspottung an der religiös motivierten Enthaltsamkeit im generellen Sinne - ohne Berücksichtigung der Konfession oder der krichenrechtlichen Belange. Ich finde das aber zu weit ausgeholt. Da muss ich mittlerweile einen Rückzieher machen. Die "Lösung des Rätsels" dürfte einfacher gestrickt sein.
Eine mögliche Erklärung:
Das Sujet dieses Stückes steht symbolisch für die sich tatsächlich zugetragene Geschichte um den Herzog Johan Casimir. Der Kusstaler greift diese tatsächliche Begebenheit auf, die darauf abgebildeten Personen sind aber nur symbolisch als "Herzog" und "Herzogin" sowie "verstossene Ehefrau " ohne Bezug zu deren tatsächlichem Aussehen einzuordnen. Der oder die "Macher" dieses Stückes haben eventuell keinen visuellen Bezug zu den Beteiligten, wussten also nicht, wie diese aussehen. Sie wussten scheinbar auch nicht, dass Anna von Sachsen niemals Nonne wurde. Andererseits kann die Nonnentracht auch symbolisch eingesetzt wurden sein, um das Schicksal Annas dadurch zu veranschaulichen.
Die Mitleid-These halte ich für spannend. Problematisch finde ich aber das dahinterstehende Motiv - wer hätte was davon? Und vor allem wer aus fürstlichen Kreisen käme als Auftraggeber in Betracht? Es gab Fürsprecher, aber die "Familie" war wohl dennoch nicht geneigt, Anna aufzunehmen.
Fazit: Gestützt auf eure interessanten Ausführungen und meinen weiteren Recherchen sehe ich den Ursprung des Stückes nicht bei offiziellen fürstlichen Auftraggebern. In meinen Augen ist sie eine "Spottmünze" des 17. oder 18. Jahrhunderts, die eine schon damals sehr verbreitete Geschichte aufgreift und diese in Form einer Münze/Medaille weiter ins Land trägt. Man sollte sich hier auch andere "Spottmünzen" anschauen - viele sind ebenfalls lediglich Guss-Stücke und optisch / handwerklich eher mittelmäßig. Und man sollte sich den Sinn und Zweck anderer "Spottausgaben" anschauen. Der propagandistische Ansatz ist sehr ähnlich.
Was ist jetzt aber mit dem parallel existierenden Kupferstich mit ähnlichem Motiv. Auch hierfür würde ich eine Lösung anbieten: Der Goldschmied Hans Reinhart d.Ä. in Leipzig griff im 16. Jahrhundert ein bereits existierendes FLugblatt gegen Luther auf, worauf Luther mit einem Doppelkopf zusehen ist. Dieses Sujet übertrug er sinngemäß auf eine "Spottmedaille". (Quelle: https://www.coingallery.de/Varia/Doppel ... opf.htm#ww).
Der Kupferstich zu unserem Thema könnte demnach der Ursprung für den Coburger Kusstaler sein.
Auf diese Weise lassen sich die Puzzleteile zusammenfügen: Sujet des Talers, dessen Verarbeitung und Material, der parallel existierende Kupferstich