Plautilla

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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richard55-47
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Plautilla

Beitrag von richard55-47 » Fr 29.07.05 20:37

Ich habe vor einiger Zeit einen Denar der Plautilla PLAUTILLA AUGUSTA mit dem Rv PIETAS AUGG gekauft. Pietas steht - vom Betrachter aus gesehen - nach rechts. Nichts besonderes. Also Kampmann 52.8, danach RIC 367.

Ich bin z. Zt. damit beschäftigt, alle meine Römer nochmals zu prüfen und stelle fest, dass diese Pietas auf dem linken Arm ein Kind trägt. Soweit mir bekannt, für Plautilla und auch für Pietas sehr ungewöhnlich. Die Münze stammt von einem Händler, der bei ebay oft auftritt und dort ausnahmslos positive Kritiken einheimst, im übrigen auch mir nur positiv aufgefallen ist.
Was sagt das Forum zu dieser Münze??
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Fr 29.07.05 21:19

Hallo!

Deine Münze ist ok, die Bestimmung ebenfalls. Pietas mit Kind oder Kindern gibt es zB. auch für Theodora und auf Münzen für Commodus, Antoninus Pius und Sabina. Die Liste ist bestimmt nicht vollständig. Also ganz selten ist Pietas mit Kind nicht!

Mit freundlichen Grüßen
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richard55-47
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Beitrag von richard55-47 » Fr 29.07.05 21:33

@Peter43
Vielen Dank für die schnelle Antwort, deren Inhalt mich beruhigt. Mir persönlich ist eine Pietas mit Kind noch nicht begegnet, zumindest noch nicht aufgefallen, deshalb war ich irritiert.

Meine Überprüfung des Bestandes hat schon einige Bestimmungsfehler zu Tage gefördert. Dass ich aber ein Kind auf dem Arm bei der Bestimmung und Katalogisierung nach Erhalt der Münze nicht gesehen habe, ist schon heftig.
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Herr Sharif
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Beitrag von Herr Sharif » Fr 29.07.05 21:39

Geläufig in der Kunstgeschichte ist ja bekanntermaßen die Bezeichnung "Pieta" für die Darstellung Marias mit Jesus. Das Vorbild dafür stammt aus dem alten Ägypten: Isis und das Horuskind waren ein beliebtes Thema für Amulette oder Statuen. Warum sollte dann nicht auch die römische "Pietas" mit Kind dargestellt worden sein?
Wo jetzt der Zusammenhang ist weiß ich selber nicht genau. Vor allen Dingen scheint mir, daß ich das Pferd von hinten aufzäume ...
Vielleicht kann ja jemand das Puzzle zusammenfügen.

Gruß, Sharif

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richard55-47
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Beitrag von richard55-47 » Fr 29.07.05 21:48

Nein, nein, Herr Sharif, das war kein Aufzäumen von hinten, das war ein genial einfacher Hinweis auf mögliche und wahrscheinlich nicht von der Hand zu weisende Zusammenhänge.
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Fr 29.07.05 22:20

@Sharif:

Der Hinweis auf Isis und Horus als Vorbild für die Heilige Familie ist richtig und gut. Das Christentum hat ja bekannterweise vieles (alles?) von anderen Religionen übernommen. Aber ein Zusammenhang mit Pietas besteht nicht. Die römische Pietas bedeutet Pflicht, nicht nur gegenüber den Göttern, sondern auch gegenüber dem Staat und der Familie mitsamt der Ahnen. So deckt Pietas fast das selbe Begriffsfeld ab wie die Eigenschaft pius (was auch nicht einfach fromm bedeutet!).

Ihre Attribute sind Cornucopiae, Zepter, Patera, Acerra (eine Büchse mit Weihrauch oder etwas ähnlichem), Blume, seltener ein Storch als Symbol der familiären Pietas. Manchmal kommen eben auch diese Kinder vor, die manchmal vor ihr stehen oder sie begleiten oder die sie im Arm hält, wie auf Deiner Münze. Ich habe eben nach der Bedeutung der Kinder gesucht, aber alles was ich gefunden habe, war: Bedeutung unbekannt!

Anmerk.: Die Pieta, z.B. auch die berühmte von Michelangelo, zeigt immer den toten Christus im Arm seiner Mutter Maria. Da kann man von Heiliger Familie eigentlich nicht sprechen.

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Sa 30.07.05 00:34, insgesamt 1-mal geändert.
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curtislclay
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Beitrag von curtislclay » Fr 29.07.05 22:36

Möglich ist es auch, das Plautillas PIETAS AVGG Typ auf ein Kind hinweist, das sie Caracalla gebar.
Im J. 203 beschloss der Senat, dass im darauffolgenden Jahr säkularische Spiele stattfinden sollten. Ein Grund war, dass Caracalla ein Kind bekommen würde. So nach der erhaltenen Inschrift mit dem Protokol der Spiele.
Das Kind müsste aber bald verstorben sein, da wir nichts von ihm hören, als Plautianus im Januar 205 fiel und Plautilla verstossen und verbannt wurde.

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Herr Sharif
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Beitrag von Herr Sharif » Fr 29.07.05 23:27

@peter43
Peter43 hat geschrieben:@Sharif:
Anmerk.: Die Pieta, z.B. auch die berühmte von Michelangelo, zeigt immer den toten Christus im Arm seiner Mutter Maria. Da kann man von Heiliger Familie eigentlich nicht sprechen.
Einem "richtigen" Katholiken ist es wahrscheinlich ziemlich egal ob der Sohn Marias 33 Jahre alt war und tot ist. Trotzdem bleibt er ihr Sohn und die beiden eine heilige Familie.

Die Bezeichnung "Pieta" stammt aus der Renaissance. Wie man damit zu "Pietas" in der römischen Götterwelt und zu deren ägyptischen Vorbild kommen kann, das meinte ich mit "Pferd von hinten aufzäumen".

Vielleicht ist ja auch @curtisclay auf der richtigen Spur. Die würde meiner These aber nicht widersprechen.

Gruß, Sharif

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antoninus1
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Beitrag von antoninus1 » Sa 30.07.05 08:52

Hallo,

Maria und Jesus sind doch nicht alleine die heilige Familie. Da gehört Josef schon auch dazu (auch wenn er nichts zum Entstehen von Jesus beitragen durfte).

Ich bin nicht sicher, ob die Pietà (Maria mit dem totem Jesus) auf antike Vorbilder zurückgeht. Wann wurde Maria denn zum ersten Mal so dargestellt?
Kennt ihr eine antike Darstellung, die einen lebenden und einen toten Gott zeigt (wobei der eine den anderen betrauert. Also keine Mordszene)

Die Darstellung Marias mit dem (lebenden) Jesuskind geht auf antike Vorbilder zurück (Isis, Horuskind,...).

Weiß jemand, ob diese Darstellung älter als die Darstellung als Pietà ist?
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von chinamul » Sa 30.07.05 11:37

Hallo Richard!

Dein Denar ist RIC 367 (dort als "scarce" bezeichnet und auf Tafel 13, 13 auch abgebildet).

Zum Thema Pietà hier noch eine Darstellung der Isis mit dem Horusknaben bzw. Harpokrates auf einer Drachme des Antoninus Pius.
Allgemeine Bemerkung zu den Münzen aus Alexandria: Sie sind in aller Regel weniger gut erhalten als die Reichsrömer, weswegen bei der Beurteilung der Sammelwürdigkeit auch meist einige Abstriche zu machen sind, was auch für das abgebildete Stück gilt.

ANTONINUS PIUS 138 - 161
AE Drachme Alexandria 148/149 (Jahr 12)
Av.: AYT K T AIΛ AΔP ANTΩNINOΣ EYΣ Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts
Rv.: Isis in zweisäuligem Tempel mit halbrundem Giebel (darin Scheibe mit zwei Uraei) nach rechts sitzend; auf dem Schoß Harpokrates mit Lotos und Skhent
Im Abschnitt: L , rundum: ΔΩΔE - KATOY (= Jahr 12)
Geißen 1610 - 26,75 g

Gruß

chinamul
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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Sa 30.07.05 12:22

chinamul hat geschrieben:Allgemeine Bemerkung zu den Münzen aus Alexandria: Sie sind in aller Regel weniger gut erhalten als die Reichsrömer, weswegen bei der Beurteilung der Sammelwürdigkeit auch meist einige Abstriche zu machen sind, was auch für das abgebildete Stück gilt.
Nichtsdestotrotz ein sehr interessantes Stück, und so schlecht nun auch wieder nicht! Ich würde mich freuen, wenn wir weiterhin solche Stücke aus deiner Sammlung zu sehen bekommen würden, ich denke, dass sich viele mit diesem Gebiet nicht gut auskennen (gilt jedenfalls für mich).

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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richard55-47
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Beitrag von richard55-47 » Sa 30.07.05 16:51

@ Chinamul:
Leider habe ich den RIC nicht, nur den Kampmann und den Sear, beide verweisen auf RIC 367 wie du, sowie Bestimmungshilfe mittels vier DVD's, die ich aber so gut wie nie verwende, da zu umständlich. Wildwinds und ähnliche sites sind da schon einfacher zu bedienen.
Schön zu wissen, dass dieser Pietas-Typus mit Kind auf dem Arm als "selten" ausgeschildert ist.
Sear Nr. 2001 verweist zusätzlich auf BMC 422 und führt aus "Pietas std. r, holding sceptre and child." Demnach gibt es keine Plautilla-Denare mit der "normalen" Pietas auf dem Rv.
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