Stilfrage?!?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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elgi
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Stilfrage?!?

Beitrag von elgi » Do 20.12.07 21:13

Hallo zusammen,

ich habe da mal eine Frage zum Stil von Götterdarstellungen. Mir sind da die zwei völlig unterschiedlichen Mars-Darstellungen auf zwei Alexander-Severus-Denaren aufgefallen, die eine wirkt recht archaisch, die andere dagegen viel „moderner“. Wer hat denn da den Stil festgelegt?

http://cgi.ebay.de/LANZ-Rom-Severus-Ale ... dZViewItem

im Vergleich zu:
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Alexander Severus Rv.jpg

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klausklage
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Beitrag von klausklage » Do 20.12.07 23:46

Den voranschreitenden Mars gab es genau stilgleich schon unter Trajan (vgl. RIC 52, 269, 299, 337, 340) und ich glaube auch bei einigen anderen Kaisern. Trajan hat auch einen stehenden Mars prägen lassen (RIC 162), der aber etwas anders ikonographiert war. Und sogar noch einen dritten Typen mit Trophäe und Victoriola (RIC 114). Wegen der Bilder verweise ich lieber auf wildwinds, die dortigen Exemplare sind schöner als meine. Als Typen sind also beide Mars-Varianten bei Alexander Severus schon relativ alt. Ob die Haltung des Mars, mal marschierend, mal stehend, eine symbolische Berdeutung hatte, weiß ich nicht, glaube ich aber eher nicht.

Gruß,
Olaf
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Fr 21.12.07 00:36

Von Mars gibt es viel verschiedene Typen. Eine der ältesten ist wohl Mars Ultor, der Rächer, für den es mehrere Tempel in Rom gab. Deine Münze zeigt Mars Propugnator, den Verteidiger, der mit der Trophäe über der Schulter n.r. eilt. Andere Marstypen sind Mars Pacator (oder Pacifer), der Friedenbringende im Sinne von 'Si vis pacem, para bellum' (Colt Peacemaker!). Du hast recht mit Deiner Einschätzung, daß der Mars aus Deinem Link archaisch aussieht. Er sieht eher aus wie Ares auf Provinzialmünzen. Es kann sein, daß dies beabsichtigt ist, aber darüber weiß ich nichts Genaues. Von Claudius war ja bekannt, daß er eine Vorliebe für Antiquarismen hatte. Ob dies auch auf Severus Alexander zutrifft, kann ich aber nicht bestätigen. Allerdings sind alle Darstellungen vn Mars irgendwie archaisch, was man z.B. an dem griechischem Helm sieht.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von elgi » Fr 21.12.07 09:49

Das ist ja interessant. Was mich noch interessieren würde, ist, ob man heute weiß, wer für die Figurengestaltung verantwortlich war. Ich vermute mal der Kaiser selbst, frage mich aber, ob der wirklich Zeit hatte, sich darüber soviele Gedanken zu machen. Oder gab es eine Art Finanzminister, der dafür zuständig war? Oder hat man dem Münzpräger (sagt man das so?) nur die Figur als solche vorgegeben und der hat dann nach seinem persönlichen Geschmack die Stempel schnitzen lassen?

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Beitrag von Peter43 » Fr 21.12.07 10:19

Natürlich war der Kaiser der oberste Münzherr, auch wenn der Senat als Kontrollinstanz mit eingeschaltet war. Der "Finanzminister" war der Praefectus monetae, der den Titel Rationalis führte. Er war für die Verwaltungsseite der Finanzen zuständig. Er wird vom Kaiser die Rahmenrichtlinien bekommen haben, z.B. Menge des zu prägenden Geldes, die Typen, die Art der Portraitdarstellung, nehme ich an. Für die technische Seite der Münzprägung war der Procurator monetae zuständig, dem dann auch die einzelnen Fachkräfte unterstanden, z.B. die Officinatores, die Leiter der Werkstätten. Die Stempelschneider und Graveure sollen einen eigenen Vorgesetzten gehabt haben, den Propositus.
Allerdings weiß ich nicht, was davon Spekulation ist!

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Fr 21.12.07 21:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von aquilifer » Fr 21.12.07 16:09

Der Mars auf dem Lanz-Denar ist in seiner Haltung keinesfalls von archaischen Stilelementen geprägt, allenfalls der korinthische Helm könnte als Archaismus zu deuten sein.

Viele Grüße

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Beitrag von elgi » Fr 21.12.07 19:28

Hallo aquilifer,
mit archaischem Erscheinungsbild meinte ich auch eher den Mars auf meinem Denar, der hat mich irgendwie an eine archaische Statue erinnert.

@ alle: Vielen Dank für Eure Informationen, insbesondere ein großer Dank an Dich, Peter43, es ist wirklich immer wieder eine Freude, von Deinem außerordentlichen Wissen profitieren zu dürfen!

Viele Grüße,
elgi

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Beitrag von aquilifer » Sa 22.12.07 10:05

Deinem Mars ist eine Dynamik zu eigen, die keine archaische Statue besitzt. Wenn du ihn z.B. mit dem Kouros von Anavyssos (um 520 v. Chr.) vergleichst, fällt sofort dessen Blockhaftigkeit und Starrheit ins Auge.

Viele Grüße

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Beitrag von antoninus1 » Sa 22.12.07 10:23

Hier noch ein rächender Mars auf einem Sesterz des Antoninus Pius (RIC 609), der noch rechtzeitig vor Weihnachten seine neue Heimat bei mir gefunden hat.
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ultori.jpg
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von andi89 » Sa 22.12.07 12:48

Hallo!

Glückwunsch antoninus, ein wirklich sehr schönes Stück.

andi89
"...nam idem velle atque idem nolle, ea demum perniciosa amicitia est." (frei nach C. Sallustius Crispus)

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Beitrag von elgi » Sa 22.12.07 18:32

Hallo aquilifer,
ich weiß natürlich, wie ein Kouros aussieht :wink:
Für mich sieht der Mars auf meinem Denar trotz seiner Dynamik viel urtümlicher (ist das hier vielleicht der besser angebrachte Ausdruck als der Fachbegriff "archaisch"?) aus als der doch recht urbanisiert wirkende Mars aus dem Link, aber sei´s drum. Danke trotzdem für den Hinweis auf den echten Kouros!
Viele Grüße,
elgi

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Beitrag von klausklage » Sa 22.12.07 18:35

Der Antoninus Pius gefällt mir auch sehr. Aber wen hat dieser friedliebende Kaiser denn eigentlich gerächt, um so eine "martialische" Rückseite prägen zu lassen?
Gruß
Olaf
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Beitrag von antoninus1 » Sa 22.12.07 19:11

Vielleicht wollte er an alte Traditionen erinnern und an das bevorstehende 900-jährige Jubiläum Roms.

Unter den Rückseitendarstellungen, die 140-144 geprägt wurden (COS III) befinden sich auch (im Dativ) IOVI STATORI, IUNONI SISPITAE, OPI AUG, ROMAE AETERNAE, ROMULO AUGUSTO und ohne Umschrift noch einmal Ops, Aeneas, die Lavinische Sau, die Wölfin, der Tiber, usw.

Alles traditionelle römische "Themen", di er darstellen wollte.
Gruß,
antoninus1

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