Gestern traf dieser Denar ein:
RIC 218
Jan. - Juni 191 n.Chr.
2,9 g / 18 mm
Kopf mit Lorbeerkranz n.r.
M COMM ANT P FEL AVG BRIT P P
Apollo mit langen Gewand und Lorbeerkranz steht frontal mit n.r. gewendeten Kopf, in der Rechten Plectrum, in der Linken hält er eine auf Säule abgesetzte Lyra.
APOL PAL P M TR P XVI COS VI
Die Motivwahl des
Apollon Palatinus steht vielleicht in Verbindung mit den ludi Apollinares, die ihm zu Ehren vom 6.-13. Juli abgehalten wurden. Der vielseitige Apollon wurde hier aber nicht als Herr der Künste angesprochen, sondern als Gott der Heilkunst. Der Grund hierfür war eine grässliche Epidemie, welche ab der zweiten Jahreshälfte 189 n.Chr. vor allem in Rom und in den Militärlagern entlang des Donaulimes auftrat. Ein Zusammenhang zwischen Seuche und Apollon zeigt sich bspw. schon 208 v.Chr.: damals wütete die Pestilenz in Rom und das an Apollon gerichtete Flehen um Beendigung derselben wurde mit dem Gelöbnis unterstrichen, fortan seine Spiele jährlich begehen zu wollen. Das 189/190 n.Chr. ebenso plötzlich auftretende wie abebbende Massensterben dauerte wohl bis zur ersten Jahreshälfte 190 n.Chr. und war die Schlussphase jener „Antoninischen Pest“, welche 166 n.Chr. ausgebrochen war. Den Symptomen nach handelte es sich um die Pocken. Cassius Dio sprach im Zeitabschnitt 189 n.Chr. von täglich bis zu 2.000 Toten im Rom. Dieser Zahl darf man sicherlich Glauben schenken (die HA erwähnt die Seuche immerhin viermal!) und eine zeitgleiche Hungersnot (Stichwort Cleander) leistete der hochinfektiösen Krankheit noch Vorschub.
Weil man damals glaubte, die Ursache der furchtbaren Seuche läge an einer Verpestung der Luft (hartnäckig hielt sich dieser Irrglaube noch bis über das Mittelalter hinaus und fand bspw. seine Widerspiegelung in den Schnabelmasken des venezianischen Karnevals), setzte sich Commodus 189 n.Chr. aus Rom ab.
Die schreckliche Epidemie von 189/190 n.Chr. könnte wohlmöglich viel weitreichendere Folgen auf das historische Geschehen gehabt haben als bisher angenommen. Immerhin zeigt das Beispiel der Pest von 1347-1349, dass sich im Anschluss daran tief greifende Veränderungen vollzogen (Umstrukturierung der Gesellschaft, Anstieg der Arbeitskosten infolge Entvölkerung, Erschütterung des religiösen Glaubens & Hinwendung zu mystischen Sekten u.s.w.) – all das lässt sich auch ab dem Ende des 2. nachchristlichen Jahrhunderts verstärkt bei den Römern feststellen.
Und es stellen sich noch andere neue Fragen in diesem Zusammenhang, etwa diese: Sind die vielen Ernennungen von Suffektkonsuln anno 190 n.Chr. (auch als Jahr der 25 Konsuln bezeichnet) vielleicht gar nicht auf profitgierige Postenverschacherung zurückzuführen, sondern auf Erkrankung oder Tod der Amtsinhaber?
Zum Revers: Aus statischen Gründen (Lyra auf Säule) könnte es sich vielleicht um die Abbildung einer Statue aus dem Apollotempel handeln.