Reinigung antiker Münzen - Methoden-Besprechung

Tipps zur Reinigung, Konservierung und Photographie von Münzen

Moderator: Homer J. Simpson

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drakenumi1
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Beitrag von drakenumi1 » Mo 16.11.09 22:28

Hallo, diwidat,

Warst Du es, der, ob im Spaß oder ernsthaft das Fehlen solcher Verfahren, wie das Sandstrahlen (und auch den Kärcher) hier vermerkt hat? Eigentlich schade, und ich muß feststellen, daß Dein Rückzieher hier in der Breite einen Eindrück hinterlassen hat, als wären diese Verfahren, die sich zugegebenermaßen recht brutal anhören, in Anwendung auf wenigstens antike Münzen in hohem Maße suspekt.
Richtig ist nämlich, daß solche Reinigungsmethoden für verschiedene Münztypen mit starken Verkrustungen (und ich denke hier zB. an unsere beliebten "Spätrömer") mit teilweise verblüffendem Erfolg angewendet werden. Ich meine das Sandstrahlen und das "Trommeln" der Münzen in unterschiedlichen körnigen Medien.
Hintergrund der besonderen Wirksamkeit des Strahlens mit meist rundkörnigen gehärteten Sanden oder auch manchmal metallischen und gehärteten Kügelchen ist die Tatsache, daß spröde und leicht splitternde Krusten beim Auftreffen der Kügelchen zerplatzen, während das dem Münzmetall wegen ihrer gewissen metallischen Zähigkeit überhaupt nichts anhaben kann. Gewiß, feine Abrundungen von spitzen Prägeprofilen (zB. Bart- oder Kopfhaare) muß man in Kauf nehmen, auf der anderen Seite ergibt sich die angenehme Wirkung, daß feine Korrosionsnarbigkeit auch fast völlig beseitigt werden kann (diese Mikro-Kraterlandschaft wird einfach egalisiert).
Ich hatte vor Jahrzehnten während meiner beruflichen Tätigkeit häufig mit solchen Technologien zu tun und kann nur sagen, daß es einfach fantastisch ist, was ein Kenner solcher Verfahren damit alles bewirken kann!
Also, diwidat: So abwegig war Deine Idee überhaupt nicht. Allerdings ist die Zugänglichkeit zu solcher Technik natürlich begrenzt und ich kann mir kaum vorstellen, ob evtl. angebotene Geräte für den Hausgebrauch auch das Denkbare leisten können.

Grüße von

drakenumi1

Ergänzend fällt mir ein - um mal die Wirksamkeit des Verfahrens begreiflich zu machen - daß wir unterschiedlichste gußeiserne historische Zaunsegmente gesandstrahlt haben, die teilweise fast 100 Jahre Zeit hatten, Rost anzusetzen. Und das mit brachialer Gewalt!. Das Ergebnis: eine völlig rostfreie mittelgraue Oberfläche, der man auch unter der Lupe die Mikro- Krater der einschlagenden Kügelchen nicht ansah. Und die Rostnarben waren angenehm egalisiert. Schlußfolgernd: Das geht bei Münzkrusten auch (wenn man's versteht):
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)

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Beitrag von diwidat » Di 17.11.09 00:50

Hallo drakenumi1,

mein Rückzieher basierte nicht darauf, dass ich von den beschriebenen Techniken nicht überzeugt bin, ich wende sie ja selber an - sondern für mich zeichnete sich eine aufkommende Seelenqual bei einigen Postern ab, die ich nicht weiter schüren wollte.
Unvoreingenommene Dikussionen auf diesem Gebiet sind sehr schwer zu führen.

Die Münzstätte Karlsruhe verwendet z.B. die Sandstrahltechnik, um bei polierten Stempeln die matten Reliefs herzustellen. (zu deren Maschinen hätte ich gerne Zugang)

Es wird auch angeboten für externe Kunden verkrustete Medaillen oder Münzen aufzuarbeiten - einschließlich fachgerechter Patinierung, wie es bei Medaillen sonst üblich ist.

Deine Erfahrungen mit geschickt ausgeführten Sandstrahlarbeiten kann ich nach 45jähriger Berufserfahrung nur bestätigen.
Das entsprechende Strahlgut vorausgesetzt (von Stahlspänen, Kesselschlacke über weiche Glasperlite hin bis zu gemahlenen Walnusschalen) lässt sich fast jede Oberflächenstruktur erzeugen - je nach Bedarf.

Und nun fröhliches Münzenputzen - wünscht diwidat

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Master-Jeffrey
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Beitrag von Master-Jeffrey » Di 17.11.09 18:10

Guten Abend

anhängend habe ich es endlich geschafft, die Münze zu normaler Uhrzeit und ein wenig Tageslicht während des Jobs einmal zu fotografieren.

So sieht die Münze aus, nachdem sie einige Stunden in Essig gelegen hat und zwischendurch immer mal wieder mit Fingern und Silberdrahtbürste bearbeitet wurde.

Wie man sieht, ist, gerade auf der Vorderseite, nicht alles "runtergekommen". Die Rückseite sieht schon besser aus.

Ich werde die Münze jetzt ultimativ noch einmal in Natriumhydroxid tunken und morgen noch einmal weitere Bilder machen.

Wenn schon, denn schon :evil:

@ diwidat: Wenn ich hier die Methoden betrachte, mit der ich der freundlicherweise von drakenumi1 zur Verfügung gestellen Münze zu Leibe rücke, dann denke ich, dass die Leser dieses Threads nichts mehr schocken, :)

Wenn du ein Beispielbild einer sandgestrahlten Münze mit vorher und nacher Bild hier einstellen würdest, würde ich persönlich mich auf jeden Fall freuen. :P

So weit, jetzt erst einmal die Bilder.

mfg
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Beitrag von beachcomber » Di 17.11.09 18:17

du hättest sie ruhig etwas länger im essig lassen können, und etwas erwärmen beschleunigt's auch noch mal :)
aber im grossen und ganzen wird's doch so langsam.
grüsse
frank

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Beitrag von areich » Di 17.11.09 18:55

Und ich dachte tatsächlich, das wären Scherze, habe mich auch immer sehr amüsiert. Zeig doch mal bitte ein paar dieser Reinigungsmethoden mit vorher/nachher Bildern.

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Beitrag von diwidat » Mi 18.11.09 16:36

Hallo,

mit dem - zeig doch mal bitte - könntest Du mich gemeint haben (wenn nicht -> wird wieder gelöscht!)

Ob Reinigen Glückssache ist - oder ein gerüttelt Maß an Erfahrung, hängt auch vom Objekt ab.
Meinen Trajan hatte ich vor Jahren schon fast abgeschrieben, dann überwältigte mich auch die Reinigungswut - siehe selbst:
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Trajan-RV.jpg
Trajan-AV.jpg
Trajan-gereinigt.jpg
Trajan-gebeizt.jpg
Trajan-roh.jpg

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Beitrag von diwidat » Mi 18.11.09 16:42

Mit den anderen Münzen gehe ich nicht ganz so grob um:
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Papua-Münzen-1978-PP.jpg
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Beitrag von quisquam » Mi 18.11.09 16:57

Danke für die Bilder, ich hätte nicht gedacht dass sich sogar PP-Münzen mechanisch reinigen lassen.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Beitrag von Master-Jeffrey » Mi 18.11.09 17:25

Guten Abend

da bin ich wieder.

Diesmal mit dem Ergebnis der Natriumhydroxidmethode.
Nachdem die Stunde eine halbe Stunde in der Lösung lag, war der Rest der Auflagen verschwunden. Ich persönlich halte die Natrium methode für besser als die mit dem Essig. Es kommt in kürzerer Zeit mehr runter und die Münze greift es auch nicht an. (Es darf natürlich nicht das kleinste bißchen Silber an der Münze sein) Ich habe vor kurzem einen Licinius damit gereinigt und das Ergebnis der eigentlich schon abgeschriebenen Münze war phänomenal. (Ich werde morgen auch einmal ein Bild des Licinius einstellen)

Ich würde sagen, beim Constantius geht nichts mehr runter, also werde ich im nächsten Schritt die Münze wieder ein wenig abdunkeln und ihr eine gleichmäßige Tönung geben (Wenn ich es hinbekomme). Dunkler und gleichmäßiger wird das Bild der Münze wieder ein wenig augenfälliger werden - so meine Hoffnung.

@diwidat: wirklich einige wunderbare Beispiele für die Wiederherstellung der Schönheit der Münzen.

So, jetzt erst einmal die Bilder und morgen die neuen Bilder der abgedunkelten Münze. Wenn ich es hinbekomme :)

Einen angenehmen Abend

mfg
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constantius vs natrium1.JPG

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Beitrag von areich » Mi 18.11.09 19:22

Ich meinte tatsächlich Dich, diwidat, ich sehe keinen Grund, warum man nicht alle Reinigungsmethoden besprechen können sollte.

Was mich persönlich nervt ist, wenn es keine vorher / nachher Bilder gibt.
Was bringt mir z.B. ein Bild einer mit Elektrolyse behandelten Münze, wenn ich nicht weiß, wie sie vorher aussah oder wieviele Münzen mit der gleichen Methode verschlechtert bzw. zerstört wurden?

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Beitrag von Master-Jeffrey » Fr 20.11.09 17:38

So, jetzt noch einmal die Münze, ein wenig abgedunkelt. Man erkennt ganz klar, dass die Unebenheiten das Bild der Münze nachhaltig beeinträchtigen, in der Hand und mit der gleichmäßigen dunklen Tönung sieht sie in natura sehr nett aus.

Sollte ich demnächst noch einmal eine Münze haben, bei der ich mir sicher bin, sie mit einer wie auch immer gearteten Reinigung schöner aussehen lassen zu können, werde ich den Prozess einmal einstellen. Vorher packe ich mir aber Adobe Photoshop auf mein Netbook und sorge für eine bessere Beleuchtung.

In diesem Sinne ein angenehmes Wochenende.

mfg
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Beitrag von DerTommi » Sa 28.11.09 13:00

Hallo in die Runde,
ich möchte an dieser Stelle ein Stück zeigen, welches den Weg heute in meinen Briefkasten gefunden hat.
Es hat diverse Anhaftungen, wo ich Euch um Eure Meinung bitte, was das sein kann bzw. ob und / oder wie man diese schonend entfernen könnte.
Insbesondere die "Kappe", die die Antilope hier auf dem Kopf hat, wäre zu entfernen, damit das arme Tier endlich mal wieder was sieht. :lol:
Andererseits könnte man es eben auch so belassen, dann verschiebe ich das Bild in den "Sachen zum Lachen" Thread, schliesslich hats ja was zum Lachen...
Danke für Eure Meinungen schonmal.
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Beitrag von beachcomber » Sa 28.11.09 16:52

unter dem mikroskop mit einer stahlnadel die auflagen absprengen :)
grüsse
frank

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Beitrag von drakenumi1 » Sa 28.11.09 17:19

Wie man's auch anfangen würde: Ob chemisch oder mechanisch: Wollte man die Krusten völlig entfernen, blieben in allen Fällen erhebliche Krater zurück, die in extremem Widerspruch zu der übrigen sehr schön glatten Oberfläche stünden. Ich gebe einem solchen Unternehmen wenig erfolgreiche Chancen.

Grüße von

drakenumi1
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
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Beitrag von DerTommi » Sa 28.11.09 17:26

Danke Euch beiden, ich denke mal, wenn ich die Tarnkappe der Antilope wirklich mechanisch entfernt bekomme, dann würde das sicher ausreichen. Je mehr ich mir die Münze aber so betrachte, desto mehr komme ich zu dem Schluß, daß ich wohl mehr kaputt machen könnte, als ich an Fortschritt erziele.
Nennen wir es mal "Belegstück" in der Kategorie Kuriositäten. Ich glaub, ich lasse die Münze wie sie ist. Immerhin zaubert sie mir ein Grinsen ins Gesicht und das ist ja auch eine Menge wert.

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