Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

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Isargold
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Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Isargold » Sa 16.01.21 03:31

Ich bewahre meine wertvollen Münzen in Papiertüten auf, da ich mit Kunststoffen böse Erfahrungen gemacht habe. Auch die sogenannten weichmacherfreien PVC-Materialen enthalten, zwar reduzierte Mengen, aber oft doch noch schädliche Mengen von Weichmachern. Die Vertreiberfirmen wissen oft selbst nicht genau, was ihre Lohnhersteller für Hilfschemikalien verwendet haben.

Jetzt möchte ich meine Sammlung doch in Münztableaus zeigen können.

Alberto Zecchi sieht ästhetisch am besten aus. Ich habe jedoch festgestellt der das verwendete „Samt“, ist gar kein echter Samt sondern Baumwollsamt. Immerhin nicht dieser Kunststoffmüll. Weiß jemand etwas über das verwendete Holz? Die Zeiten das Mahagoniholz zwanzig Jahre abgelagert wird (Swann) sind wohl vorbei.

BEBA Münztableaus wurden mir empfohlen. Ästhetisch sind sie für mich eine Katastrophe, da die Tableaus die meiste Zeit im WSschrank liegen, würde ich dies aber hinnehmen, wenn die Tableaus konservatorisch 1a wären. Wer weiß da Details? Die Deckplatten sind wohl aus Polyacrylnitril, das halte ich für konservatorisch einwandfrei, aber was ist mit dem Tableaumaterial? Welcher Kunststoff ist das? Ist es PVC? Wurde mal analysiert was da an Hilfsstoffen drin ist und was raus kommt? Was ist mit dem Filz? Säurefrei? Naturhaare? Wie mein alter Hut aus echtem Hasenfilz? Womit gefärbt?
Oder soll ich mich einfach auf den guten Ruf von BEBA verlassen?
Ich weiß nicht, die Firma Safe hat ja früher –nach meiner subjektiven Meinung- kunststoffmässig im philatelistischen Bereich total versagt.

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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von andi89 » Sa 16.01.21 11:47

Hallo.
Versuch doch mal bei Zecchi anzufragen, wie sie ihr Holz vorbehandeln und wie lange es abgelagert wird. Eventuell ist auch ein wirklich altes Münzkabinett in guter Erhaltung eine Sache für dich. Diese werden ja immer wieder in diversen Auktionen angeboten. Man muss halt Geduld haben bis was dabei ist, was von den Außen- und Innendimensionen her passt.
Grundsätzlich macht Holz natürlich schon mehr mit den Münzen als guter Kunststoff. Ob du das für deine Münzen möchtest (Tönung) oder es ohnehin egal ist (Gold) kannst nur du sagen.
Kenne einige Sammler, die BEBA jahrzehntelang ohne negativ Folgen für antike Münzen benutzt haben. Benutze sie selbst auch. Klar, schön ist was anderes. Dafür praktisch.
Beste Grüße
Andreas
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 16.01.21 12:24

Ich verwende BEBA-Kästen seit nunmehr knapp 40 Jahren ohne schlechte Erfahrung hinsichtlich eines chemischen Einflusses auf die Münzen. Die Filzunterlagen scheinen auf lange Sicht kleinen Fraßschädlingen zu schmecken. Ein weiterer Effekt bei Silbermünzen ergibt sich aus der eindringenden Raumluft: Silberpatina bildet sich zunächst am unteren Rand der Münzen. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Numis-Student » Sa 16.01.21 13:04

Hallo,

über den Geschmack lässt sich ja streiten. ;-) Aber der große Vorteil der Bebakästen ist ja, dass diese schon "ewig" auf dem Markt sind, zumindest so lange, wie Alben gebraucht haben, um ihre "schlechten Seiten" zu zeigen. Ich verwende ebenfalls diese Kästen seit mindestens 20 Jahren.

Wenn man sich nicht die Mühe macht, jede Münze grundsätzlich mit dem Avers nach oben zu legen und diesen zum Betrachter "richtig" auszurichten, hat man auch nicht das Problem der Patina, die sich dann nur im unteren Bereich des Averses bildet ;-) Regelmäßiges Wenden betreibe ich auch nicht...

Natürlich ist die Bildung von Patina von der Umgebungsluft abhängig (Stadtluft-Landluft, moderne Heizung oder Kohleofen...).

Schöne Grüße
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Isargold » So 17.01.21 05:14

Bei meinen weiteren Recherchen bin ich auf Quadrum Intercept Kapseln gestoßen. Die werden von Leuchtturm stark angepriesen. Der mit fein verteilten Kupfer durchsetzter Schaumstoff EVA soll nach Angaben von Leuchtturm weichmacher- und säurefrei sein. EVA ist Ethylen-Vinylacetat-Copolymer, ob es bei Raumtemperatur Essigsäure freisetzt weiß ich nicht, vermutlich nicht. Im Falle eines Feuers zersetzt sich EVA ziemlich schnell in CO, CO2 und Essigsäure, da wäre eine Pergamin- oder Papiertüte besser gewesen.

Das Grundprinzip von Intercept (allerdings nicht als Schaumstoff, sondern als Folie) wurde mal vom Guggenheim Museum überprüft. Sie lagerten eine Skulptur aus poliertem Kupfer in Intercept-Folie, allerdings legten sie großen Wert darauf, dass die Intercept-Folie die Oberfläche nicht berührte. Es funktionierte, die Restauratoren waren zufrieden.

Was haltet Ihr von diesen Quadrum Intercept Kapseln?? Wer hat da Erfahrungen?

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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Isargold » So 17.01.21 05:30

Danke für Eure Antworten! Da sind sehr gute Hinweise enthalten.

Ich konzentrier mich jetzt mal auf das von Euch empfohlene BEBA.
Weiß jemand von Euch aus welchem Kunststoff das BEBA-System ist und was ist mit dem Filz? Ist das echter Filz? Notfall könnte ich mir die Quadrate ja selbst aus echtem Filz zurecht schneiden.
Schöne Grüße
Isargold

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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Numis-Student » So 17.01.21 08:58

Hallo,

ich habe (wie Du auch) schlechte Erfahrungen mit "weichen Kunststoffen" gemacht... Warum möchtest Du dann wieder so aufgeschäumtes weiches Plastikzeugs ausprobieren ? ;-)

Wie lange lief der Test durch das Museum ?

Unter 30-40 Jahren würde ich das erstmal mit einer gesunden Skepsis betrachten, noch zusätzlich, weil die Folie das Objekt nicht berührte.

Zum Material der Kästen finde ich auf die Schnelle nichts, aber die Hersteller sprechen von "Echtfilz-Einlagen".

Schöne Grüße
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus? oder vielleicht doch Intercept? ;o)

Beitrag von Pflock » So 17.01.21 20:33

Isargold hat geschrieben:
So 17.01.21 05:14
... Was haltet Ihr von diesen Quadrum Intercept Kapseln?? Wer hat da Erfahrungen?
Hallo Isargold,
ich habe meine Münzen und Medaillen (Mittelalter bis Neuzeit; alle Metalle - Silber, Kupfer, Bronze, Messing, Aluminium, Zinn, Eisen, Zink ...) nun seit (ich denke mal) 7-8 Jahren in diesen Intercept-Kapseln und bis jetzt nicht bereut. Allerdings habe ich keine Ahnung, ob das notwendig ist, oder ob normale Kapseln das gleiche leisten.

Am Anfang meiner Sammlerkarriere wollte ich meine Schätzchen auch in Kästen präsentieren. Dann haben mich aber die Berichte vom Anlaufen der Münzen am Rand der Kästen abgeschreckt, wie hier ansatzweise auch von KarlAntonMartini beschrieben.
Sehr edel sind natürlich Holzkästen und Vitrinen. Aber nur, weil etwas aus Naturmaterialien (wie z.B. der von Euch genannte Filz) ist, heißt das nicht, daß es keine schädliche Wirkung auf Münzen haben kann. Auch diese dünsten aus. Um z.B. eine Patina-Bildung bei Silbermünzen zu beschleunigen, kann man sie in Eichenholz-Kästen oder -Späne legen. Ich weis nicht, wie es bei Naturfilz ist, aber ich könnte mir vorstellen, daß andere Hölzer und Materialien ähnliche Wirkungen haben können. Da vertraue ich lieber auf weichmacherfreie Kunststoffe.

So bin ich zur Überzeugung gelangt, daß nur Kapseln die Münzen vor schädlichen Einflüssen schützen können. Zusätzlich auch vor mechanischen Schäden (stellt Euch vor, Eure Katze schubst den Kastenstapel vom Tisch ... :evil:)

Auf Quadrum bin ich gekommen, weil ich etwas gesucht habe, um Münzen mit unterschiedlichsten Durchmessern (12mm - 50mm) und Formen (rund, vier-, achteckig) einheitlich präsentieren zu können, ohne daß sie in großen Mulden herumrutschen. Da sind für meinen Geschmack die quadratischen Kapseln die richtigen. Den Schaumstoff kann man sich notfalls auch zurechtschneiden (z.B. für halbe Brakteaten oder eckige Medaillen).

Ob es unbedingt Intercept sein muß, weiß ich nicht. In einer Kapsel, vorausgesetzt man öffnet sie nicht alle nasenlang, bildet sich nach kurzer Zeit eine eigene neutrale Athmosphäre (etwaige Schadstoffe in der Luft reagieren mit den Münzmetallen, was bei der geringen Luftmenge in einer Kapsel aber nicht weiter tragisch ist, und werden so neutralisiert).
Intercept soll dieses Neutralisieren durch die im Schaumstoff eingelagerten Kupfer-Partikel und ihrer größern Oberfläche erreichen, weil Kupfer leichter (und somit schneller als die Münzmetalle) mit allem Möglichen reagiert und somit bindet.

Ich hatte mal versucht mehr über Intercept herauszufinden, zumal Leuchttum damit Werbung macht, daß dies seit Jahrzenten in der Industrie zum Schützen/Verpacken eingesetzt wird. Außer die Herstellerfirma "Intercept Technology" habe ich nix weiter gefunden.
Ich habe vor Urzeiten mal Maschinenbau studiert, daher kann ich die beschriebene Funktionsweise nachvollziehen und finde sie stimmig. Aber wie gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob dies bei dem winzigen Luftvolumen einer Münzkapsel wirklich einen Mehrwert zu einer Kapsel ohne Intercept bringt.
Aber ich habe nun mal angefangen und ziehe es weiter durch.

Schade finde ich, daß Leuchtturm Intercept nur für die normalgroßen Quadrum-Kapseln anbietet und nicht für die anderen, egal ob rund oder eckig. Noch besser wäre es, wenn sie die Schaumstoffmatten als "Meter"-Ware anbieten würden, dann könnte man es auf seine Bedürfnisse zuschneiten. Es gibt noch Kästen für Münzsätze etc., welche mit Intercept beschichtet sind. So einen hatte ich mir mal bestellt, weil ich dacht, man könnte den Schaumstoff einfach abziehen und weiter verwendent. Aber Pustekuchen, das Interceptmaterial war fest mit dem Karton verbunden.
Als Privatmench habe ich auch keine Möglichkeit gefunden, solche Schaumstoffe von anders zu kaufen. Ich hatte sogar bei Intercept Technology angerufen. Der Kontakt war sehr nett, aber es führte kein Weg zum Erwerb.

Oh, wau, ist das lang geworden. 8O
Zuletzt geändert von Pflock am So 17.01.21 20:50, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Pflock

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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Numis-Student » So 17.01.21 20:49

Hallo Pflock,

bei Gold und Silber funktioniert der Korrosionsschutz durch unedlere Opfermetalle (Kupferspäne) elektrochemisch sicher...
Bei Eisen, Aluminium und Zink (und Zinn ?) ist das Spannungsgefälle andersherum, d.h., deine Medaille schützt die Kupferspäne vor Korrosion :-) Sicher nicht der gewollte Effekt.

Schöne Grüße
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Pflock » So 17.01.21 21:08

Ich bin kein Chemiker und kann daher nicht wissenschaftlich dagegen halten.
Die von mir genannten Materialien sind die aus meiner Sammlung, nur zu Dokumentation, daß ich damit auch keine Probleme habe.

Die Kupferpartikel haben keinen Kontakt mit dem Münzmaterial, sie sind im Schaumstoff verteilt. Da es vermutlich viele Partikel sind bilden sie eine sehr große Oberfläche. Ich gehe daher davon aus, daß sie schon einen Großteil der schädlichen Elemente in der Luft binden, bis zum schützenden Objekt vordringen können. Ich denke bei dieser Technologie geht es darum den schädlichen Elementen eine Alternative zum Reagieren zu bieten.

Intercept Technology beschreibt es so:
INTERCEPT besteht aus Kupferpartikeln mit vergleichsweise enormen Oberflächenstrukturen, die in einem Kunststoff-Verbund dauerhaft chemisch vernetzt sind. Die Partikel reagieren wesentlich früher mit Elementen, die in der Atmosphäre vorhanden sind und Korrosion verursachen und fördern.

INTERCEPT reagiert und bindet korrosive Gase dauerhaft und erzeugt somit eine neutralisierte Atmosphäre, die alle darin gelagerten Materialien vor Korrosion und Alterung schützt.
Und in der Industrie geht es häufig um Stahl. Siehe auch einige Anwendungsbeispiele auf der Herstellerseit, z.B. auch Museen: http://www.intercept-technology.de/de/i ... d=32&L=730

Aber wie gesagt, ich nehme an, eine normale Kapsel hat die gleiche Wirkung, da sie eine abgeschlosse Athmosphäre bildet.
Gruß Pflock

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Unterlagen : Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Isargold » Sa 23.01.21 07:41

Liebe Sammler Kollegen,

welche Münzunterlagen verwendet Ihr in den BEBA-Schubern?

Ich bin jetzt von den BEBA Kästen und Schubern konservatorisch überzeugt, deren mangelnde Schönheit muss ich wohl hinnehmen. Die Kästen und Schuber sollen aus Polystyrol 454 C bestehen. Dieses Polystyrol wurde von der BASF 2005 in neuer Version auf den Markt gebracht. Ich halte dieses Polystyrol für die Münzaufbewahrung für unbedenklich.

Die von BEBA angebotenen „Filze“ sollen aus 30 % Wolle und 70 % Viskose bestehen. Wolle enthält naturgemäß relativ viel der Aminosäure Cystein, die jeweils ein Schwefelatom enthält. Es bilden sich zwischen zwei Cysteineinheiten relativ viele Disulfidbrücken. Eine kovalente Bindung, dennoch können aus der Wolle im geringen Maße Schwefelverbindungen entweichen. Schwefelverbindungen bilden mit Silber das sehr schwerlösliche und schwarze Silbersulfid. Damit ist meiner Meinung nach der „Filz“ von BEBA zur guten Aufbewahrung von Münzen, insbesondere Silbermünzen ungeeignet. Echter Filz ist noch ungeeigneter da er zu 100% aus Wolle bzw. Tierhaaren besteht.

Was nun? Die Münzen einfach so in die BEBA-Schubladen legen? Die vorhandenen Zettelchen z.B. von den Auktionshäusern unterlegen? Die Münzen auf säurefreien ungepuffertem Karton legen der den PAT (Photographic Activity Test) bestanden hat? Die Fotosammler sind im konservatorischen anscheinend schon viel weiter als wir Münzsammler, dort gibt es eine Reihe von geprüften und zertifizierten Aufbewahrungsmaterialien. Sind diese Sachen nicht zu hart? Ich würde meinen Münzen gerne eine weiche Unterlage gönnen. Gold ist zwar chemisch inert aber ziemlich weich. Soll ich mir ungebleichten Baumwollstoff besorgen, diesen waschen, trocknen, bügeln und dann zuschneiden? Ich suchte im Internet bisher vergeblich Baumwollsamt aus ungebleichter Baumwolle, das wäre im Moment mein Favorit.

Aber bestimmt habt Ihr Lösungsvorschläge.
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Numis-Student » Sa 23.01.21 10:07

Hallo Isargold,

ich verwende die Laden teils mit, teils ohne Filze. Die Münze (bei mir in der Regel Stücke, die Jahrzehnte bis Jahrhunderte von Hand zu Hand gingen und dementsprechend Gebrauchsspuren zeigen) liegen immer auf einem Beschreibungskärtchen (sollte ein Händlerkärtchen, Auktionskärtchen oder eines von einem vorherigen Sammler dabei sein, kommt dieses unter mein eigenes).
Für die Beschreibungskärtchen verwende ich zugeschnittene Karteikarten, einerseits um etwas stabileres Papier zu haben, andererseits sind Karteikarten prinzipiell für längere Aufbewahrungszeiten gedacht und scheinen mir zumindest chemisch stabiler zu sein als das, was manche Sammler so verwenden (Kassenzettel, alte Notizzettel, Rückseiten von Werbeblättern)...
Bei den wenigen Stücken, wo aus konservatorischer Sicht der minimale Abrieb der Münze auf dem Kärtchen Bedeutung haben könnte, lege ich die Münze auf eine halbe Münzkapsel, so liegt das Stück sicher und abriebfrei, aber das Stück bekommt Luft, sprich, die Bildung einer Patina wird nicht gestört.

Schöne Grüße
MR
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 23.01.21 10:11

Danke für die chemischen Erläuterungen! - Gleichwohl kann ich berichten, daß ich seit vierzig Jahren Silbermünzen (Mittelalter bis neueste Zeit) auf blauen Filzen im BEBA-Kasten lagere. Eine deshalb verursachte Silbersulfidbildung habe ich nicht festgestellt. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Unterlagen : Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von andi89 » Sa 23.01.21 13:54

Isargold hat geschrieben:
Sa 23.01.21 07:41
Es bilden sich zwischen zwei Cysteineinheiten relativ viele Disulfidbrücken. Eine kovalente Bindung, dennoch können aus der Wolle im geringen Maße Schwefelverbindungen entweichen. Schwefelverbindungen bilden mit Silber das sehr schwerlösliche und schwarze Silbersulfid. Damit ist meiner Meinung nach der „Filz“ von BEBA zur guten Aufbewahrung von Münzen, insbesondere Silbermünzen ungeeignet.
Als Chemiker sei es mir erlaubt hier ein bisschen zu klugscheißen: Zwischen zwei Cysteineinheiten können sich nicht relativ viele sondern genau eine Disulfidbrücke bilden. Mir ist aber noch nicht klar, was die Disulfidbrücken wiederum mit "entweichenden Schwefelverbindungen" zu tun haben. Damit das passiert müsste das Cystein entweder als ganzes austreten (was eher unwahrscheinlich ist, da Peptidbindungen ziemlich stabil sind) oder es müsste H2S abgeben, was auch eher nicht passieren wird. Wo hast du denn die Info mit den entweichenden Schwefelverbindungen her?
Außerdem sind die Konzentrationen von Schwefelverbindungen in der normalen Umgebungsluft vermutlich um Größenordnungen höher als das, was aus dem Filz ( wenn überhaupt) je entweicht.
Beste Grüße
Andreas
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Re: Konservatorische Sicherheit # Alberto Zecchi oder BEBA Münztableaus?

Beitrag von Isargold » So 24.01.21 04:23

Ja, Andreas mein Satz muss richtig heißen: Es bilden sich zwischen zwei Cysteineinheiten jeweils eine, insgesamt in der Aminosäurendoppelhelix der Wolle relativ viele Disulfidbrücken. Ich hatte extra noch erwähnt, dass es sich bei der Schwefelbindung in der Disulfidbrücke um eine kovalente Bindung handelt und will damit auszudrücken, dass der Schwefel relativ fest gebunden ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass aus der Wolle im geringen Maße Schwefel¬verbindungen entweichen können. Hauptsächlich als H-S-H und ein wenig H-S-S-H.

Auf Nachfrage von Andreas zitiere ich aus einer Quelle, der Schrift: „Standards für die konservatorische Behandlung von archäologischen Funden“ des österreichisches Bundesdenkmalamt Seite 50 „Tierische Fasern wie Wolle oder Seide müssen unbedingt vermieden werden, da sie schwefelhaltige Verbindungen emittieren.“
https://bda.gv.at/fileadmin/Medien/bda. ... Funden.pdf

Unser Moderator KarlAntonMartini schrieb am 23.05.20“Ich bewahre meine Münzen seit etwa 40 Jahren in BEBA-Kästen auf. Chemische Einwirkungen des Materials auf die Münzen hat es nicht gegeben. Nur zwei Beobachtungen: Die Kästen sind nicht luftdicht, Münzen, die vorne liegen patinieren unter dem Einfluß der Raumluft und zwar so, daß sie vom unteren Münzrand her eine halbrunde Anlaufspur zeigen. Aber das dauert sehr lange und betrifft v.a. gereinigte Silbermünzen. Sonst fällt auf, daß eine (oder mehrere) unbestimmte Art von Insekten an den Einlegefilzen knabbert, nimmt man den Filz heraus, ist im Kasten ein feiner Staub aus Filz zu sehen und auf den Filzunterseiten Fraßspuren und Reste von Kokons o.ä. Aber auch das dauert Jahrzehnte, bis die Filze Löcher bekommen. Grüße, KarlAntonMartini“
Dies interpretiere ich so, dass die Unterlage Wolle enthält, die von den Insekten, eventuell Motten genüsslich verzehrt wird. Die Beobachtung: „… vom unteren Münzrand her eine halbrunde Anlaufspur zeigen. Aber das dauert sehr lange und betrifft v.a. gereinigte Silbermünzen.“ Könnte meines Erachtens doch auf die Einwirkung von Schwefelverbindungen von Unten aus der Unterlage auf die Silbermünzen deuten. Man könnte natürlich auch meinen, dass der Einfluß von der Raumluft kommt?

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