Mythologisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Lucius Aelius
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » Mi 27.01.21 06:21

Altamura2 hat geschrieben:
Di 26.01.21 21:50

Der "Flusspatina" stehe ich eher kritisch gegenüber, in meinen Augen soll das meist nur eine Entpatinierung kaschieren.
Ganz deiner Meinung!
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Georg5 (So 12.12.21 22:13)
Gruss
Lucius Aelius

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Peter43
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 01.02.21 14:00

Artemis Anaitis

Wir wissen, das insbesondere Phrygien den Einflüssen östlicher Kulte ausgesetzt war. Dafür ist Artemis Anaitis ein ausgezeichnetes Beispiel.

Münze #1:
Phrygien, Apameia, 88-40 v.Chr.
AE 22, 7.52g, 21.59mm, 0°
geprägt unter den Magistraten Heraklei und Eglogistes
Av.: Belorbeerter Kopf des Zeus n.r.
Rv.: re. von oben mach unten AΠAM[E]
li. in 2 Zeilen von oben nach unten HPAKΛE / EΓΛO
Kultstatue der Artemis Anaitis mit bodenlangem Schleier und Polos
frontal stehend
Ref.: SNG von Aulock 3470; BMC 67-71; Weber 7028; SNG Copenhagen 183;
Mionnet VII, 127; SNG München 123; HGC 772
60.-, SS+, feine Sandpatina
Mionne schreibt "Junon Pronuba"!

Anaitis ist die griechische Übersetzung von Anahita, dem Namen einer iranischen Göttin. Wenn wir an die Bedeutung von Anaitis herankommen wollen, müssen wir also bei Anahita anfangen.

(1) Ursprung und Bedeutung
Die Verehrung der Anahita geht bis ins 4.Jht. v. Chr. zurück. In einem avestischen Yasht wird sie Ardvi Sur Anahita genannt. Dieser Name scheint zusammengesetzt zu sein und hat ursprünglich 2 verschiedene Gottheiten gemeint. Ardvi Sura ist der iranische Name für die himmlische Flußgöttin des fruchtbaren Wassers, die in den Rigveda Sarasvati genannt wird. Dies ist der Indus, der Weltfluß, aus dem alles stammt. Es heißt aber auch von ihr, daß sie "gewaltig dahinströmt vom Berge Hukarja zum See Vorukascha", und daß sie "tausend Arme und tausend Kanäle hat" (Roscher), eine Beschreibung, die nur auf das Pamirgebirge und den Oxus (heute Amudarja) paßt (Geiger). Es sind jedenfalls die ungeheuren Berge und die von ihnen strömenden Wasser, die zum Ursprung dieser Naturgottheiten wurden,

Die andere Gottheit ist Anahita. Deren Kult war besonders in Nordostpersien verbreitet, ihr Ursprung ist aber ungewiss. Ihr Name bedeutet "unberührt, rein", sowohl im moralischen als auch im physischen Sinn. In den Yashts wird sie detatilreich geschildert, besonders in Bezug auf ihre Kleidung und ihren Schmuck, als hätte es einen Kleiderkult gegeben. Ungewöhnlich ist die Betonung der Bekleidung mit Biberfell. Jedenfalls gehörte zu jedem ihrer Kultstätten eine Wasserquelle. So galt lange Zeit als ihr größter Tempel der in Kangavar in der Provinz Kermanschah. Dies ist jetzt aber fragwürdig, da u.a. kein Wasserbecken vorhanden ist, was für einen Anahitatempels zwingend erforderlich wäre.

Anmerkung:
Die 21 Yashts bilden den 3. Abschnitt der Avestas, der heiligen Schrift der Zoroastrier. Sie enthalten Hymnen an alt-iranische Gottheiten und fanden Eingang in das Werk des persischen Dichters Firdausi (940-ca. 1020 n.Chr,). Das 5. Yasht (Aban Yasht) besteht aus Hymnen an das Wasser und Anahita.

(2) Reformierung durch den Zoroastrismus:
Der Zoroastrismus war eine sehr abstrakte Religion, die ohne Bilder oder Statuen auskam. Von allen vorzoroastrischen Gottheiten überlebte nur Anahita die religiösen Reformen des Zoroaster (ca. 1500-1000 v.Chr.), aber eher als eine Emanation des Ahura Mazda als der Göttin, die sie zuvor war. Aber sie wurde auch als seine Tochter ausgegeben. Dies ist ein Beweis dafür, daß die Gläubigen im Religiösen auch eine sinnliche Erfahrung wünschen und nicht nur die blutleere Theorie. Dies ist z.B. auch vom Christentum bekannt, besonders vom Katholizismus mit seinem Marienkult und den vielen Heiligen.

(3) Verbreitung durch die Achämeniden:
Es ist bekannt, daß der Achämenidenkönig Artaxerxes II. (404-358 v.Chr.) nach er Eroberung Babyloniens für ihre Ausbreitung im persischen Reich sorgte. Er ließ viele Bilder von ihr herstellen und im gesamten Reich verbreiten (Berosus). Bedeutende
Tempel wurden errichtet in Susa, Ekbatana und Babylon. Dabei werden Anleihen bei der mesopotamischen Ishtar gemacht worden sein und es auch Beziehungen zur sumerischen Inanna gegeben haben. Ishtar und Anahita besaßen Ähnlichkeiten: Ishtar war die Beschützerin des Palastes und Anahita war besonders in der post-achämenidischen Zeit eng mit dem Königstum verbunden.

Anmerkung:
Berosus, auch Berossos, (ca. 290 v.Chr.), war ein Chaldäischer Priester des Bel in Babylon, der 3 Bücher in Griechisch über die Geschichte und Kultur Babylons geschrieben und sie Antiochos I. (324-261 v.Chr.) gewidmet hat. Sie waren von Bedeutung für das Wissen der Griechen über die Ursprünge Babylons und wurden benutzt z.B. von Eusebius von Caesarea oder Josephus.

(4) Die Parther und die Sassaniden
Unter den Parthern änderte sich der Charakter der Anahita. Von einer Göttin der Fruchtbarkeit, des Wassers und der Weisheit wurde sie zur Kriegsgöttin, der vor Beginn eines Kriegszuges geopfert wurde. Da die Parther ihr Reich nicht so streng zentralistisch wie die Achämeniden regierten, wurde sie zur Göttin, die die Einheit des Reiches anstelle einer Zentralmacht symbolisierte. Diese Rolle spielte sie dann auch unter den Sassaniden.

Münze #2:
Kushan-Sassaniden, Hormizd I. Kushanschah, ca, 265-295 n.Chr.
AE 15, 1.85g, 15.15mm
Münzstätte Harid
Av.: Gekrönte Büste n.r., mit Löwenskalp auf dem Kopf, Mondsichel im li. oberen
Feld
Rv.: Hormizd re. stehend, hält in der re. Hand Krönungskranz über einen Altar und
hat die li. Hand in segnender Gebärde zu Anahita erhoben, die sich nach links
vom Thron erhebt, Krönungskranz in der erhobenen re. Hand und Szepter in der
Linken (sog. Investiturszene)
Ref.: Carter 10; Cribb 23; Mitchiner ACW 1269; Göbl KM 1044, Zeno #30921
selten, SS+

Anmerkung:
Die Kushano-Sassaniden waren sassanidísche Fürsten, die das alte Kushanland in Baktrien, das Kabultal und Gandhara, als sassanidische Vasallen regierten. Eine zeitlang waren diese Kushan-Schahs mehr oder weniger unabhängig, wie z.B. dieser Herrscher, Hormizd I. Kushanshah, der ca. 295-325 n.Chr. (oder nach Cribb 270-295) herrschte. Die Münzstätte wird das Kabultal gewesen sein. Die Darstellung auf der Rückseite zeigt die enge Verbindung der Anahita zum Königtum und zum Schah.

Ref.:
(1) M. L. Carter; "A numismatic reconstruction of Kushano-sasanian history", 1985
(2) Joe Cribb; "Numismatic evidence for Kushano-sasanian chronology".

(5) Verbreitung im Westen:
Durch die Ausbreitung des persischen Großreiches verbreitete sich der Kult der Anahita weiter nach Westen. Zahlreiche Tempel und Kultstätten entstanden, besonders in Phrygien, Lydien, Pontus und Armenien. Dabei ist zu bemerken, daß die Ausbildung ihres Kultes starken lokalen Einflüssen unterlag. In Lydien und Kappadokien war sie der Artemis Tauropolis gleichgesetzt, wodurch das Taurobolium nach Europa gekommen ist. In Philadelphia und Hypaipa war ihr Kult mit Spielen verbunden. Die berüchtigte Tempelprostitution, die in Persien unbekannt war, ist nur für Armenien beschrieben. Strabo erzählt: »Wenn die Mädchen eine Zeitlang in dem Tempel der Göttin sich ihrem Dienste gewidmet hätten, würden sie verheiratet, und niemand halte es für eine Schande, solch ein Mädchen, das jahrelang sich einem jeden preisgegeben, zur Gattin zu wählen.«

Als die Griechen Anahita kennenlernten, versuchten sie, wie es üblich war, sie mit einer eigenen Göttin ihres Pantheons zu identifizieren. Das scheint nicht einfach gewesen zu sein. Es gibt Bezeichnungen wie Aphrodite Anaitis, was darauf hinweist, daß sie Merkmale der Ishtar oder der phönikischen Astarte getragen haben muß. Mionnet nennt sie Junon Pronuba. Tacitus (Annalen 62) bezieht sich auf die synkretistische Göttin einfach mit "Persischer Diana", die einen Tempel in Lydien besaß "gewidmet während der Regierung des Kyros" (wahrscheinlich Kyros der Große).

Schließlich wurde sie zur Artemis. Ihr Charakter als jungfräuliche und kriegerische Göttin hatte sich gegenüber der erotischen Fruchtbarkeitsgöttin durchgesetzt. Die Darstellungen auf den griechischen Münzen sind offensichtlich der Artemis Ephesia nachempfunden. Deshalb sehen die unteren Abschnitte ihres bodenlangen Schleiers oft aus wie die Stützen der Ephesia. Die Interpretation als Mondgöttin scheidet damit auch aus. Sie hat aber niemals die Bedeutung und die Verbreitung erfahren wie Mithras.

Angehängt habe ich
(1) Ein Bild des sog. Anahita-Tempels in Kangavar
(2) Ein Bild des Kopfes der Anahita von einer Bronzekultstatue aus Satala, Armenia minor, hellenistisch, ca. 200- 100 v.Chr., heute im Britischen Museum in London. Sie wurde in einem römischen Legionslager bei Satala in Armenia minor gefunden, stammt aber wahrscheinlich aus Artaxata, der Hauptstadt. Dargestellt ist sie hier in der Gestalt der Aphrodite. Dies zeigt, daß in Armenien der (erotisch/sexuelle) Bezug zur Fruchtbarkeitsgöttin vorherrschte.

Quellen:
(1) Tacitus, Annalen
(2) Strabon, Geographie
(3) Pausanias, Periegesis
(4) Plutarch, Biographien
(5) Plinius, Naturalis Historiae

Literatur:
(1) Der Kleine Pauly
(2) Vollmer's Mythologie aller Völker
(3) Realenzyklopädie
(4) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(5) Wilhelm Heinrich Roscher, Vollständiges Lexikon der griechisch und römischen Mythologie
(6) Wilhelm  Geiger, Ostiranische Kultur im Altertum, 1882
(7) Payam Nabarz, Anahita: Ancient Persian Goddess and Zoroastrian Yazata, 2013
(8) Manya Saadi-nejad, Anahita: Transformations of an Iranian Goddess, Dissertation 2019

Online-Quellen:

Mit freundlichen Grüßen
(1) Wikipedia
Dateianhänge
apameia_SNGaulock3470_klein.jpg
Artemis Anaitis
Psc4G6Qf7iSSRz2qxEt35nFYM9oK8Z.jpg
Anahita
Anahita_temple_Iran.jpg
sog. Anahita-Tempel von Kangavar
satala_anahita_aphrodite.jpg
Anahita Aphrodite
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 01.02.21 14:02

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Altamura2 » Mo 01.02.21 17:44

Peter43 hat geschrieben:
Mo 01.02.21 14:00
...
Phrygien, Apameia, 88-40 v.Chr.
AE 22, 7.52g, 21.59mm, 0°
geprägt unter den Magistraten Heraklei und Eglogistes
...
Auf diesem Münztyp aus Apamea steht immer nur der Name eines einzelnen Magistraten. Das kann in Form eines Namens alleine sein, eines Namens mit Patronym (also dem Vatersnamen) oder eines Namens mit der Amtsbezeichnung.
(edit: Es gibt auch ein paar wenige Münzen aus Apameia, auf denen nur die Amtsbezeichnung steht, ohne weiteren Namen.)

Du hast hier den letzteren Fall erwischt, denn Eglogistes (auch Eklogistes geschrieben) war die Amtsbezeichnung eines mit der Steuer oder Finanzen befassten Magistraten. Das findet man z.B. schon in Rudolf Münsterberg, "Verkannte Titel auf griechischen Münzen", Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien XVIII 1915, Beiblatt Seite 311: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/digli ... 320/scroll
Ein ganzes Kapitel dazu gibt es in Pierre Fröhlich, "Les cités grecques et le contrôle des magistrats (IVe-Ier siècle avant J.-C.)", Paris 2004, von dem man ein paar Schnipsel hier sehen kann: https://books.google.de/books?id=W2-oXo ... &q&f=false
Peter43 hat geschrieben:
Mo 01.02.21 14:00
...
Ref.:
(1) M. L. Carter; "A numismatic reconstruction of Kushano-sasanian history", 1985
(2) Joe Cribb; "Numismatic evidence for Kushano-sasanian chronology".
...
Die findet man auch beide online hier:
https://archive.org/details/ANSMusNotes ... 7/mode/2up
https://www.academia.edu/542387/Numisma ... tes_I_VIII

Gruß

Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 01.02.21 21:40

Herzlichen Dank für die Information über Eglogistes.

Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.12.21 21:55

Apollo und die Hyperboreer

Die Hyberboreer und ihre Beziehung zu Apollo hat mich schon immer interessiert. Es wird Zeit, mich damit zu beschäftigen. Die meisten Münzen zu diesem Thema zeigen auf der Vorderseite den Kopf des Apollo und auf der Rückseite einen Schwan. Die Münze , die ich als Ausgangspunkt genommen habe, ist etwas besonderes: Sie zeigt Apollo, wie er auf einem Schwan reitet! Es gibt auch Münzen, z.B. aus Alexandreia Troas, auf denen er auf einem Greifen reitet, der auch einen Bezug zu den Hyperboreern hat. Aber diese Darstellungen stammen aus dem Hellenismus, also aus einer viel späteren Zeit als die von Apollo und den Schwänen.

Münze #1:
Bithynien, Chalkedon, Tranquillina, 238-244
AE 26, 7.30g, 26.28mm
Av.: CAB TPA - NKVΛΛEINAC
       Büste, drapiert und mit Stephane, n.r.
Rv.: KAΛXAΔO / NIΩN
        Apollo, nackt,  den Kopf in die re. Hand gestützt, in der li. Hand seine Lyra haltend, auf dem
        Rücken eines Schwans sitzend, der ihn im Flug nach li. mit sich trägt
Ref.: Rec. Gen. 115; SNG Copenhagen 368; Corsten 42
Selten, fast SS, grüne Patina, Patinaschäden besonders auf der Rs.

Anmerkung:
Chalkedon, auch Kalchedon, war eine Hafenstadt genau gegenüber von Byzantium am Eingang vom Marmarameer zum Bosporus. Der Name stammt vom phönizischen qart-hadasht, Neue Stadt, ähnlich wie bei Karthago. Bekannt ist, daß Kalchedon einen Apollotempel mit einem Orakel besaß.

Daß Apollon kein einheitlicher Gott ist, wird als bekannt vorausgesetzt. Anders ist es nicht zu verstehen, daß er als Delphios in der Nachfolge der Pytho aus den Gasen einer Erdspalte Vorhersagen kundtat, und andererseits als strahlender Sonnengott Phoibos erscheint. Er war ursprünglich wohl ein Gott der Dorer, den sie bei ihren Wanderungen aus dem Norden nach Griechenland mitbrachten. Das geht auch aus seinen vielen Epiklesen hervor, die zunächst eigenständige Gottheiten waren, wie etwa der Smintheus in der Troas, mit denen er dann verschmolz. Die Verbindung zu den Schwänen und den Hyperboreern gehört zum delischen Apollo mit den Mythen von den Letoiden, d.h. von Leto und ihren Zwillingen.

Etymologie:
Die Hyperboreer waren die Einwohner von Hyperborea. einem sagenhaften Land ganz im Norden der bewohnten Welt. Die bekannteste Erklärung für den Namen Hyperborea ist die Herkunft von griech. hyper boreas. Boreas war in der griechischen Mythologie der winterliche Nordwind. Er war der Sohn des Titanen Astraios und der Göttin Eos. Seine Heimat war Thrakien, wo er kultisch verehrt wurde. Er wird bereits bei Homer erwähnt. Hyper Boreas bedeutet demnach im engsten Sinn "nördlich von Thrakien". Diese Ableitung ist aber wissenschaftlich nicht bewiesen. Eine andere Erklärung geht aus vom nordgriechischen boris, Berg, was dann "jenseits der Berge" bedeutet. Mit denen sind die Riphäen gemeint, ein sagenhaftes Gebirge zwischen Europa und Asien. Einige Wissenschaftler ziehen eine Ableitung von hyperphero (überbringen) vor. Das bezieht sich auf die Erzählung, daß die Hyperboreer seit altersher Geschenke nach Delos gebracht hätten und demnach "Überbringer" wären.

Die Riphäen:
Die Riphäen sind ein sagenhaftes Gebirge der Antike. Es spielt eine große Rolle als Grenze zu den Hyperboreern. Es galt als kalt und schneereich. Griechisch riphe heißt so viel wie "stürmischer Nordwind". Zunächst wurde es nördlich der Skythen verortet. Aus ihm sollten alle großen Ströme entspringen, z.B. der Tanais (der heutige Don), aber auch der Ister, die Donau. Geographisch gemeint waren entweder die Waldaihöhen oder nach Ptolemaios, wo es auch auftaucht, der Nordural. Es wurde aber auch mit dem Hercynischen Wald identifiziert. Mit dem immer größer werdenden Wissen der Griechen verschob sich seine Lage immer mehr nach Norden. Es hieß, daß nördlich des riphäischen Gebirges die Sonne des nachts von Westen nach Osten wandere, so daß sie am Morgen wieder im Osten aufgehen konnte. Dadurch sei das Land der Hyperboreer sehr sonnig und warm und konnte jährlich mehrere Ernten hervorbringen.

Die 1. angehängte Karte zeigt die Welt nach Herodot, die Hyperboreer ganz oben re

Die 2. angehängte Karte stammt aus der Renaissance und zeigt Osteuropa nach der Geographia des Ptolemaios. Die Riphäen und die Hyperborean Berge ganz rechts oben (Bernardo Silvano, Venedig 1511)

Mythologie:
Der Schwan ist ein mit der Hyperboreersage zusammenhängendes, seit alter Zeit dem Apollo heiliges Symbol. Auf Schwänen kommt Apollo. zum Helikon gezogen (Pindar) und auf einem Schwanenwagen fährt er in der Hyperboreersage nach Norden.

(1) Kyknos und die Schwäne:
Von einem Kyknos (griech. Schwan) erzählen verschiedene griechische Mythologien. Aber nur eine von ihnen erwähnt den Eridanos und gehört damit zum hyperboreischen Sagenkreis.

Dieser Kyknos (lat. Cygnus), Sohn des Sthenelos, war König der Ligurer (deshalb auch Kyknos Ligurios genannt) und Freund (oder Liebhaber) von Phaeton, dem Sohn des Sonnengottes. Als Phaeton mit dem Sonnenwagen seines Vaters abstürzt und brennend im Eridanos versinkt, springt Kyknos in de Fluß, um den Freund zu retten. Aber vergeblich. Helios versetzt daraufhin den treuen Freund als Schwan an den Sternenhimmel. Die Schwestern Phaetons, die Heliaden, sollen lange am Eridanos verweilt haben, um ihren toten Bruder zu beweinen. Ihre Tränen wurden zu Bernstein, fielen in den Fluß und wurden an den Strand gespült. Sie selbst aber wurden in Pappeln verwandelt. Dies alles habe sich im heiligen Land der Hyperboreer abgespielt (Apoll. Rhod.)

Eine andere Version erzählt, daß Kyknos in einem Pappelwäldchen am Ufer des Eridanos mit traurigen Liedern seines toten Freundes gedachte, bis die Götter ihn aus Mitleid als Schwan an den Sternenhimmel ver-setzten. Seit der Zeit werde der Gesang des Schwanes mit Kyknos verbunden und der Sterbegesang als Schwanengesang bezeichnet.

Münze #2:
Ionien, Leukai, 350-300 v. Chr.
AE 14, 3.01g
Av.: Kopf des Apollo n. l.
Rv.: li. MΗETROΔ, unten ΛEO
        sich putzender Schwan n. l. stehend
Ref.: BMC 2ff. var.; SNG Copenhagen 799 var.; Slg. Klein 395f.
Selten, S-SS, schwarze Patina

Anmerkung:
Leukai, gegenüber von Klazomenai, wurde 352 v.Chr. vom persischen Admiral Tachos gegründet und fiel kurz danach in die Hände der Klazomener. Für deren Einfluß legt das Motiv des Schwans Zeugnis ab. Metrodoros scheint ein Magistrat aus Klazomenai gewesen zu sein

Der Singschwan (Cygnus cygnus) brütet hoch im europäischen und asiatischen Norden und verbringt dann den Winter an weiter südlich gelegenen Binnengewässern oder an den britischen und deutschen Meeresküsten. Wenn der Schwan in der griechischen Mythologie eine Rolle spielt, so muß sein Bild als eines in Griechenland ursprünglich nicht heimischen Vogels von  Einwanderern importiert worden sein.

Der Eridanos ist ein sagenhafter Fluß. Falls er mit einem irdischen Fluß identisch ist, weist die Sage wieder in den europäischen Norden: Bernstein gibt es nur im nördlichen Europa. Es ist nicht ausgeschlossen, daß mit dem Eridanos die Eider gemeint ist. Ovid spricht bei dem tritonischen Teich von einem bituminösen Sumpf, in den sich die Hyperboreer stürzten, um dann als Schwäne aus ihm emporzusteigen. Dies ist vermutlich der mythische Sumpf des Eridanos und wenn wir uns daran erinnern, daß Ovid den Eridanos fälschlicherweise mit dem Po identifiziert, klingt das doch eher stark nach Wattenmeer.

(wird fortgesetzt)
Dateianhänge
kalchedon_tranquillina_RecGen115.jpg
Herodot_Weltkarte.jpg
Herodot
Sarmatia,_Ptolemy's_Geographia_(Bernardo_Silvano,_1511).jpg
Ptolemaios
Leukai_BMC2var.jpg
Münze #2
Zuletzt geändert von Peter43 am So 12.12.21 22:52, insgesamt 2-mal geändert.
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jschmit (So 12.12.21 21:58) • Zwerg (So 12.12.21 22:22) • stmst (So 12.12.21 23:25) • chevalier (So 12.12.21 23:36) • Amentia (Mo 13.12.21 10:43) • Numis-Student (Sa 18.12.21 20:48)
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.12.21 22:10

(Fortsetzung)

(2) Leto und die Zwillinge
Leto war die Tochter der Titanen Koios und Phöbe. Nach Diodor stammte Leto (lat. Latona) aus Hyperborea. Zeus verliebte sich in sie, verwandelte sich selbst und sie in Wachteln und zeugte mit ihr Apollo und Artemis. Die eifersüchtige Hera schickte die Schlange Python, die sie verschlingen sollte, was Zeus verhindern konnte. Daraufhin nahm sie der Erde den Eid ab, der schwangeren Leto keine Stätte zum Gebären zu geben, welche je von der Sonne beschienen wurde. Da ließ Poseidon die schwimmende Insel Delos aus dem Wasser auftauchen, wohin Hermes Leto auf Befehl von Zeus brachte. Nachdem Eileithya, die Göttin des Gebärens, bestochen worden war, konnte Leto zuerst Artemis zur Welt bringen und dann mit deren Hilfe Apollo. Die Kureten schlugen dabei mit den Schwertern auf ihre Schilde und machten einen solchen Lärm, daß Hera nichts hörte. Die Schwäne aber flogen nach seiner Geburt singend siebenmal um die Insel Delos.

Ursprünglich war Leto eine kleinasiatische Göttin in Lykien. Ihr Name ist verwandt mit Leda, was "Frau" bedeutet, und als Zwillingsmutter ist sie eine alte Fruchtbarkeitsgöttin. Als sich ihr Kult ausdehnte, kam er in Kontakt mit dem hyperboreischen Apollonkult von Delos. So ist auch die Letomythologie aus zwei verschiedenen Quellen entstanden, was man noch leicht erkennen kann. Die Römer übernahmen Leto als Lato von den süditalienischen Dorern und machten sie zu Latona.

(3) Alte Kontakte zu den Hyperboreern
Nicht nur Athen, sonderns insbesondere Delos hatten gute Kontakte zu den Hperboreern. Herodot erzählt, daß beim ersten Mal zwei Mädchen namens Hyperoche und Laodike, die von einer Eskorte aus fünf Männern begleitet wurden, Weihegeschenke der Hyperboreer nach Delos brachten. Aber diese kehrten niemals zurück. Um das zu vermeiden verwendeten die Hyperboreer von da an eine andere Methode: Sie brachten die Geschenke an ihre Grenze und baten dann die Nachbarn, diese ins nächste Land zu bringen und so weiter, bis sie in Delos ankamen. Und so wurden sie, in Stroh verpackt(!), von Stamm zu Stamm weitergereicht, bis sie nach Dodona kamen und von dort zu anderen griechischen Völkern, bis sie endlich den Apollotempel in Delos erreichten.

Herodot erzählt auch von zwei anderen Mädchen, Arge und Opis, die vorher bereits einmal von Hyperborea nach Delos gekommen waren, um der Göttin Eileithyia für die Leichtigkeit des Gebärens zu danken. Sie hatten Kultbilder des Apollo und der Artemis dabei. Die Jungfrauen wurden in Delos hoch geehrt und die Frauen sangen Hymnen auf sie. Allerdings soll Orion versucht haben, Opis zu vergewaltigen, worauf er von Artemis getötet wurde (Apollodor). Als Opis starb, wurde ihr Grab kultisch verehrt.

(4) Besuche von Heroen in Hyperborea:
Aber auch große Helden besuchten Hyperborea:
(a) Nach Apollodor soll sich der Garten der Hesperiden mit den goldenen Äpfeln in Hyperborea befunden haben und auch Atlas soll dort, in der Nähe des nördlichen Pols, das Himmelsgewölbe getragen haben. Herakles habe aus dem Land der Hyperboreer den Ölbaum nach Olympia gebracht.. Erst seitdem erhielten die Sieger in Olympia ihre Kränze aus den Zweigen des Ölbaum.

(b) Nach Pindar habe Perseus an den Festen der Hyperboreer teilgenommen und von ihnen für seinen Kampf gegen die Gorgonen geflügelte Sandalen, einen Beutel, der immer so groß war wie das, was man in ihn hineinsteckte, und einen Mantel, der unsichtbar machte zum Geschenk bekommen haben.

(c) Apollonius von Rhodos erzählt, daß die Argonauten bis zur heiligen Bernsteininsel gelangten, nahe der Mündung des Eridanos. In meiner Ausgabe ist der Eridanos nach H. Fränkel als der Po in Norditalien ein-gezeichnet. Welches Mißverständnis: Dort gab es keine heilige Bernsteininsel!

(5) Kunstgeschichte:
(1) Das folgende Bild zeigt ein Detail des attischen rot-figurigen Kraters, der den "Wettkampf zwischen Apollo und Marsyas" darstellt, zugeschrieben dem Meleager Maler, spätklassisch, ca. 400-380 v.Chr., heute im Britischen Museum in London. Es zeigt Apollo, der auf dem Rücken eines großen Schwans reitet. Er hält eine Lyra und ist bekränzt mit einem Lorbeerkranz. Unter ihm hockt ein Hase und vor ihm steht ein Palme (theoi.com).

(2) Das nächste Bild zeigt einen von Wasservögeln gezogenen Votivwagen aus Ton mit einer anthropomorphen Gottheit aus der Bronzezeit (2000-600 v.Chr.). Gefunden wurde er in den 30er Jahren bei Dupljaja in der Vojvodina in Serbien, heute im Nationalmuseum in Belgrad. Gefunden wurde er in den 30er Jahren bei Dupljaja in der Vojvodina in Serbien, heute im Nationalmuseum in Belgrad.

Der Wasservogel war ein zentrales Element der Urnenfelder-Symbolik. Da er jeden Herbst mit dem Frost verschwindet und jedes Jahr mit dem Frühling zurückkehrt, spiegelt er den Lebenskreislauf einer landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft wieder. Seine häufigste Form war die "Vogelsonnenbarke". Diese Szene wird in der Regel mit dem Mythos von Apollo in Verbindung gebracht, der 6 Monate des Jahres im Land der Hyperboreer weilt, weit im Norden in einem nebelverhangenen Gebiet, und die anderen 6 Monate in der sonnigen griechischen Welt (Bilic). Nach Bilic könnte das Land der Hyperboreer übrigens in Pannonien und dem unteren Donaugebiet zu finden sein.

Quellen:
(1) Herodot
(2) Diodoros, Bibliotheke
(3) Apollonios von Rhodos, Argonautika
(4) Plinius, Historia naturalis
(5) Strabo
(6) Ovid, Metamorphosen
(7) Claudius Ptolemaios
(8) Cicero, De natura deorum
(9) Hekataios von Abdera, Über die Hyperboreer (Fragmente)

Literatur:
(1) Pauly, Realenzyklopädie
(2) Der Kleine Pauly
(3) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(4) Jürgen Spanuth, Die Atlanter
(5) Tomislav Bilic, The swan chariot of a solar deity, Documenta Praehistorica XLIII (2016)

Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia

Mit freundlichen Grüßen
Dateianhänge
K5.17Apollon.jpg
Schwanenwagen von Dupljaja 2.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.12.21 22:11

Exkurs: Hyperborea und die Nazis

Zu Beginn ein Photo von Schensky, Helgoland bei Sturm (eigene Sammlung)

Anmerkung:
Der Helgoländer Franz Schensky (1871 - 1957) gehört zu den Pionieren der Schwarzweißfotografie und hat einen festen Platz in der deutschen Lichtbild-Gschichte. 2003 wurden 1400 seiner verschollen ge-glaubten Glasnegative in einem Keller auf Helgoland gefunden und inzwischen aufbereitet und digitalisiert. Das abgebildete Photo ist wohl sein berühmtes.

Wir haben gehört, daß in mykenischer Zeit ein enger Kontakt zwischen den Griechen und den Hyperboreern bestanden hat. Mädchen haben Geschenke gebracht, die in Weizenstroh eingewickelt waren. Man muß aber wissen, daß Thrakien und selbst Nordgriechenland für den Athener ein unbekanntes Land weit im Norden gewesen ist. Je größer die geographischen Kenntnisse wuchsen, um so mehr rutschte Hyperborea nach Norden. Zunächst hinter das Rypäische Gebirge (die Alpen?), dann nach dem Bericht des Hikataios nach Südengland. Aber immer war es mit Bernstein verbun-den. Und damit kommt auch Helgoland ins Spiel. Unser baltischer Bernstein wurde erst später bekannt. Als die Römer Britannien eroberten und kennen lernten, wanderte es nach Thule, das auf Island oder Grönland vermutet wurde. Es ist ein Utopia und wurde, je weiter es nach Norden verschoben wurde, um so mehr zu einem Ort der Seligen. Aber als Fazit muß man mit Pindar feststellen: "Weder zu Lande noch zu Wasser 
wirst du zu den Hyperboreern finden,"

Die Vorstellung des "edlen Wilden" des Rousseau gab es auch schon bei den Griechen. Obwohl Alexander die gesamte Welt bis zum äußersten Ozean mit den Errungenschaften der griechischen Kultur, Wissenschaft, Technik, Kunst und Bildung beglücken wollte, gab es bei ihnen auch das Gefühl, den Bezug zum natürlichen Leben verloren zu haben. Es gab bereits eine antike Zvilisationskritik. Und als Gegenbild zu ihrer hochentwickelten Stadtkultur (der Polis) dienten ihnen die Hyperboreer. Sie waren vielleicht auch identisch mit Platons Atlantern. Dabei gab es aber auch die Angst, ihrer jugendlichen Kraft nicht gewachsen zu sein.

In der Rensaissance und insbesondere in der Aufklärung wurden die Hyperboreer wiederentdeckt. Dabei dienten sie dem tragischen Weckherlin (1739-1792) als Vorbild für eine aufgeklärte, friedliche und gerechte Welt. Doch das änderte sich bald.

Nachdem die Französische Revolution die Aussicht auf Freiheit, Gleicheit, Brüderlichkeit versprochen hatte, kam es im deutschen Bürgertum durch die ausbleibende Reform zu einer Abwendung von der Politik und zu einer Hinwendung zur apolitischen Innerlichkeit. Es bildeten sich zwei verschiedene Reiche (Schiller). In der deutschen Romantik wurde der Norden zum Mythos schlechthin. Nur von dort konnte eine lichte und klare Vernunft kommen, wie sie der Hyperboreer Apollo darstellte. Hier konnte die nordische Rassenideologie des Nationalsozialismus später nahtlos an-knüpfen.

Während die Hyperboreer für Nietzsche nur ein schönes Bild waren, eine Metapher, die ihm half, die Unerträglichkeit des Daseins anzunehmen, nahmen sich esoterische Spinner der Hyperboreer an.

Die wichtigsten Vertreter waren die Theosophen, an der Spitze die Okkultistin Helena Petrowna Blavatsky (1831-1891), die von sieben Wurzelrassen schwadronierte. Aus der 2. Wurzelrasse, den Hyperboreern, entwickelten sich über die Lemurier die Atlanter. Nach dem Untergang von Atlantis konnten sich einige retten, aus denen zukünftig die göttliche 7. Wurzelrasse hervorgehen würde, die Arier.

Daraus schöpfte auch Rudolf Steiner (1861-1925), der Begründer der Anthroposophie, seine Anthropologie. Beide sind antizivilisatorisch und antiwissenschaftlich. Ihre Theorien entstammen einer inneren Schau, einer Art Offenbarung, über die man nicht rational diskutieren kann. Der Hyperboreer, schreibt er, sei von seltsamer Gestalt gewesen. Als Sonnenmensch stand er auf dem Kopf und das Licht schien ihm auf den Kopf. Auf dieser Stufe sei die Pflanze stehengeblieben. Erst in der Atlantischen Epoche richtete er sich in die Senkrechte auf. Diese Atlanter konnten sogar durch die organische Samenkraft der Pflanze fliegen. Sie erlagen jedoch ihrer Überheblichkeit und mußten untergehen. Nur die Ur-Semiten hätten überlebt. Die eigentliche zukünftige Rasse aber seien die Weißen.

Waren beide Rassisten? Das muß man wohl bejahen. Und das machte sie so interessant für die Ariosophen. Die übernahmen von ihnen das Führer-prinzip, das Bewußtsein, einer höheren Elite anzugehören, den Rassismus und sogar das Hakenkreuz, bei den Theosophen das Symbol uralter Geistigkeit.

In Wien waren es Guido von List (1848-1919) und Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954), die sich einig waren in der Ablehnung der westlichen Zivilisation und die den Rationalismus und die Wissenschaft ersetzen wollten durch "Erb-Erinnern", Sie feierten den Kult der arischen Rasse und die Hyperboreer waren ihre "arischen Urahnen". Hier finden sich überdeutliche Ähnlichkeiten mit dem SS-Staat, der Himmler vorschwebte. Bei Liebenfels findet sich bereits die Forderung nach Deportation, Zwangsarbeit und Ausrottung der Mischrassigen und Juden. Auch Lebensborn-Pläne gab es bereits. Vermutlich hat Hitler die von ihm herausgegebenen "Ostara"-Hefte gelesen.

Im Dunstkreis der Ideen Blavatskys bildeten sich völkische Geheimbünde und Logen, die jeder Form des Rationalismus und der Aufklärung, dem Liberalismus, Sozialismus und der Demokratie entgegentraten, insbesondere aber den Juden, die für sie den alles zersetzenden Fortschritt bedeuteten. Der wichtigste unter ihnen war der antisemitische Germanenorden, aus dem die "Thule-Gesellschaft" hervorging, die als seine Tarn-organisation wirkte. Der Name Thule war Programm (Strohmeyer). Als Hauptstadt der Hyperboreer war es die Urheimat der blonden, blauäugigen Arier. Der "Führer"-Stellvertreter Rudolf Hess war Mitglied, dort verkehrten der NS-Ideologe Alfred Rosenberg und Dietrich Eckart, der Mann der Hitler "gemacht" hatte. Zu ihrem Umkreis gehörte auch Hans Frank, der spätere berüchtigte Generalgouverneur von Polen.

Alfred Rosenberg ("Der Mythus des 20. Jahrhunderts"), der NS-Ideologe des Regimes, über den selbst Angehörige der Nazi-Elite spotteten, schöpfte seine Rassenphilosophie ebenfalls aus "hyperboreischen Tiefen". Sein Idealbild war der dorische Apollo, der im Gegensatz zum vorderasiatishen Bastard Dionysos stand.

Bekannt ist, daß Himmler in seiner Arierbesessenheit Tauchexpeditionen bei Helgoland unterstützte und 1937 2 Expeditionen nach Tibet schickte, um dort die letzten Menschen von Atlantis zu finden, deren direkte Nachfahren die Deutschen seien.

Diese Wahnideen blieben aber nicht Theorie. Im Krieg im Osten wurden sie brutale Realität. In den dortigen Gewaltorgien, besonders in Weißrußland, wurden etwa 1.7 Millionen Menschen umgebracht: Kriegsgefangene, Juden, Partisanen, ganze Dorfbevölkerungen. Die Hyperboreer: hier sind es die Henkersknechte der NS-Mordmaschinerie. Schließlich endete alles in Auschwitz.

Natürlich war der Nationalsozialismus keine esoterische Bewegung. Dazu waren seine politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wurzeln zu wichtig. Aber es zeigt sich, daß er eine deutliche esoterische Komponente besessen hat, die sich ausdrückte in der Ablehnung der "dekadenten" westlichen Zivilisation und ihres Rationalismus. Dazu gehörte auch die Ablehnung der wissenschaftlichen Medizin, die als "Schulmedizin" und als "jüdisch" diffamiert wurde, und die Hinwendung zur "völkischen" Medizin der Heilpraktiker. Das sollten sich alle diejenigen hinter die Ohren schreiben, die heute noch noch den Ausdruck "Schulmedizin" verwenden. Und hier muß man auch die erschreckend große Zahl der Corona-Impfgegner einordnen.

1945 sagte Karl Jaspers: "Unwissenschaftlichkeit ist der Boden der Inhumanität.” Und: “Erst der Geist der Unwissenschaftlichkeit hat dem Nationalsozialismus Tür und Tor geöffnet.”

Daß diese verquasten Ideologien auch heute nicht ausgestorben sind, beweist u.a. Robert Charroux, bei dem die Hyperboreer von außerirdischer Herkunft sind. Apoll ist jetzt ihr oberster Astronaut und ihre blonden Nachfahren – Charroux ist Franzose – sind die Kelten. Und dann kehrt dort alles wieder, was bereits vor dem 1.Weltkrieg waberte, jetzt aber in modernisierter Form, angereichert mit Kernenergie und gelenkten Strahlen.
"Videant consules...!"

Über dem Tempel in Delphi, dem Tempel des Hyperboreers Apollo standen die Worte: Μηδὲν ἄγαν (Nichts im Übermaß) und Γνῶθι σαυτόν (Erkenne dich selbst). Nichts könnte dem braunen Pöbel ferner sein als diese Forderung nach Selbstbescheidenheit!

“Uns ist die Welt der griechischen Götter lange entrückt. Der Olymp ist leer geworden. Geblieben ist der ewig junge Apoll als vollkommenes Inbild des Griechentums. Und wo auch immer er herkam, seine Weisheit – ordnungsstiftender Geist und grenzensetzendes Maß, die beide aus dem Einklang mit der Natur und dem Kosmos kommen – braucht unsere Zeit heute nötiger denn je.” (Arn Strohmeyer, Roter Fels und Brauner Mythos, Epilog)

Literatur:
(1) Hekateios, Über die Hyperboreer (Fragmente)
(2) Platon,
(3) Günther Kehnscherper, Wanderwege der Nord- und Seevölker, 1969
(4) Pär Sandin, Scythia or Elysium? The Land of the Hyperboreans in early Greek Literature,
(5) Jürgen Spanuth, Die Atlanter, Volk aus dem Bernsteinland, Grabert Verlag 1989
(6) Arn Strohmeyer, Roter Fels und Brauner Mythos, Eine deutsche Reise nach Atlantis, R.G.Fischer 1990
(7) Arn Strohmeyer, Von Hyperborea nach Auschwitz - Wege eines antiken Mythos, PapyRossa 2005
(8) Wikipedia-

Mit freundlichem Gruß
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Helgoland Schensky.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 21.12.21 19:06

Der Heilige Gemeinderat

Trapezopolis_SNGTübingen3505.jpg
Die Münze:
Karien, Trapezopolis, pseudo-autonom, 150-250 n.Chr.
AE - AE 18, 3.29g, 18.44mm, 180°
Av.: IEPA - BOVΛH
       Büste der Boule, drapiert und verschleiert, n. r.
Rv.: TPAΠE - ZOΠOΛI
       Kybele, in gegürtetem Doppelchiton, mit Kalathos frontal stehend, die nach außen gedrehten Hände        über 2 Löwen haltend, die re. und li. neben ihr mit erhobener Pranke nach außen sitzen
Ref.: SNG Tübingen 3505; Martin 12; Mionnet Supp.6, 554; RPC IV.2 online, 9243
selten, SS, braungrüne Patina

Unsere Münze stammt aus Trapezopolis in Karien in der heutigen Provinz Denizli in der Türkei Auf der Rückseite ist die Göttin Kybele abgebildet mit 2 Löwen an ihrer Seite.

Was uns hier aber interessiert, ist die Vorderseite, die die weibliche Büste der Boule zeigt, drapiert und verschleiert n. r. Der Schleier ist dabei der Ausdruck ihrer Ehrwürdigkeit. Die Legende IEPA - BOVΛH ist ins Deutsche übersetzt der "Heilige Gemeinderat". Ja, das waren Zeiten, als der Gemeinderat noch heilig war! Zwar benimmt er sich auch heute noch oft so, als sei er sakrosankt und unangreifbar, aber glücklicherweise sind diese Zeiten vorbei. Und man sollte bedenken, daß es als Gegenstück zum Heiligen Gemeinderat auch den IEPOΣ ΔHMOΣ gab, das Heilige Staatsvolk oder die Heilige Gemeinschaft der Bürger, von dem unser Begriff Demokratie herrührt.

Die Boule stammt ursprünglich aus Athen und gehört zum Beginn der attischen Demokratie. Zunächst waren es ausschließlich Adlige, aber dann durfte jeder unbescholtene Bürger Mitglied werden. Er entschied über den Haushalt, die Flotte und Amtsenthebungen. In der römischen Zeit herrschte wieder das Prinzip der Oligarchie, die Mitgliedschaft war nur einem Kreis wohlhabender Bürger möglich. Und ihre Kompetenzen beschränkten sich auf lokale Aufgaben. Die Zusammenkunft der Boule fand in einem besonderen Gebäude statt, dem Bouleuterion, einem reichgeschmückten Gebäude meist in der Nähe der Agora, dem Marktplatz und Zentrum der Stadt.
Bouleuterion_-_Aphrodisias_(7471667232).jpg
Das Bild zeigt das Bouleuterion von Aphrodisias in Karien (eigene Aufnahme 2011).

In Inschriften wird zwar die Boule immer zuerst genannt, wo es z.B. heißt "Die Boule und der Demos haben die folgende Verordnung erlassen". Auffallend aber ist, daß auf Münzen die Boule immer auf den kleineren Nominalen abgebildet ist als der Demos. Da in dieser Zeit nichts zufällig war, wie es heute so oft der Fall ist, kann das nur bedeuten, dass der Demos, das Volk, in der Hierarchie über der Boule, der Ratsver-sammlung, stand, was ja auch eigentlich verständlich ist, da diese nur aus einem Teil des Stadtvolkes bestand.

Die abgebildete Münze stammt aus Kleinasien zur Zeit des römischen Kaiserreiches. Die Darstellungen der Boule, des Demos und anderer Institutionen der griechischen Polis, sollten die Botschaft vermitteln, daß auch diese späthellenisierten (Martin) Städte in der großen Tradition der griechischen Geschichte standen und sich trotz ihres Eingebundenseins in die römische Provinzialverwaltung sich nicht vor den berühmten, klassischen Städten zu verstecken brauchten.

Die Münze zeigt nicht das Abbild eines Kaisers und heißt deshalb “pseudo-autonom”. Sie spiegelt eine Autonomie vor, die tatsächlich längst nicht mehr vorhanden war.

Die Begriffe “Heiliger Gemeinderat” oder “Heilige Gemeinschaft der Bürger” erinnern noch an die alten Traditionen, aber tatsächlich waren die Rechte der Städte und ihrer Einrichtungen stark beschnitten. Auch das kennen wir heute. Da kann der Gemeinderat nicht selbst bestimmen, wie hoch ein geplantes Haus in Alt-Oberndorf sein darf, oder ob sich die Autos auf der Straße nach Oberndorf-Boll überholen dürfen oder nicht. Die Zeiten scheinen sich doch nicht geändert zu haben. Um so mehr muß der heutige Gemeinderat aufpassen, daß er seiner Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren, nachkommt und sich nicht zur Bedeutungslosigkeit erniedrigt. Diesen Artikel hatte ich aus aktuellem Anlaß einmal als Leserbrief veröffentlichen lassen, da unser Gemeinderat dadurch bekannt ist, daß er alle Anträge der Verwaltung kritiklos abnickt.

Literatur:
(1) Der Kleine Pauly
(2) Katharina Martin, Demos.Boule.Gerousia: Personifikationen städtischer Institutionen auf kaiserzeitlichen Münzen aus Kleinasien, Münster 2013
      (Das Standardwerk!)
(3) Katharina Martin, Demos und Boule auf Münzen phrygischer Städte. Überlegungen zu Ikonographie und Funktion von Münzbildern,
(4) Wikipedia

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 28.12.21 19:04

Gerusia – der Ältestenrat

Antiochia_ad_Maeandrum_BMC18.jpg
Die Münze:

Karien, Antiocheia ad Maeandrum, pseudo-autonom, 3.Jh. n. Chr.
AE - AE 20, 4.93g, 19.68mm, 180°
Av.: IEPA Γ[E - POVCIA]
       Büste  der Gerusia, drapiert, n  r.
Rv.: ANTIO - XEΩN
        Athena in Doppelchiton und mit Helm n. l. stehend, hält im li. Arm Schild und Speer und in der vorgestreckten Rechten Patera
Ref.: BMC 18; nicht in RPC
sehr selten, SS-

Die Gerusia, der Ältestenrat, stammt ursprünglich aus Sparta. Er bestand aus 28 Bürgern Spartas, den Gerontes (von griech. γέρων = Greis), die mindestens 60 Jahre alt sein mußten. Damit entsprach es etwa dem römischen Senat (von lat. senex = Greis). Die beiden Könige gehörten immer dazu. Im 7. Jh. wurde die Gerusia neben den Ephoren und der Volksversammlung zu einem der zentralen Staatsorgane gemacht. Der Text dieser ältesten griechischen Verfassung wird dem Lykurg zugeschrieben und ist uns von Plutarch überliefert. Ihm zufolge war es ein Orakelspruch aus Delphi, der dem Lykurg präsentiert wurde. Plutarch selbst versah ab 95 n.Chr. ein Priesteramt am Apollotempel in Delphi.

739px-Lycurgus_of_Sparta,_Jean-Jacques_Le_Barbier.jpg
Das Bild zeigt das Ölgemälde “Lykurg von Sparta”, 1791, von Jacques-Louis David (748-1825), Musee des Beaux-Arts de Blois (Wikidata).

Nach heutigem Forschungsstand ist Lykurg wahrscheinlich keine historische, sondern eine mythische Person. Tatsächlich hat es sich aber nicht um einen einzelnen Akt gehandelt, sondern hat sich allmählich entwickelt. Durch die messenischen Kriege hatte sich das spartanische Herrschaftsgebiet so weit vergrößert, daß es einer neuen Herrschafts- und Verwaltungsstruktur bedurfte. Gleichzeitig sollte es einer Machtkonzentration in den Händen Weniger entgegenwirken. Die Geronten wurden auf Lebenszeit gewählt. Sie entschieden, welche Anträge der Volksversammlung vorgelegt wurden und welche nicht. Sie hatten das Recht, Beschlüsse der Volksversammlung zu widerrufen oder zu verhindern. Damit bildeten sie eine wichtige politische Schnittstelle im spartanischen Staat. Es ist aber historisch bekannt, daß sie bestechlich waren.

In der klassischen Zeit trat die Gerusia jedoch nicht häufig auf. Durch demokratische Entwicklungen, die auch Sparta berührten, wurde ihre Funktion politisch immer weniger bedeutend. Aristoteles kritisierte die spartanische Gerusia auf das Heftigste und bemängelte insbesondere das viel zu hohe Alter ihrer Mitglieder und das "kindische" Auswahlverfahren (Wikipedia). Das bestand nämlich darin, möglichst laut zu Schreien! Ein Verfahren, das leicht zu manipulieren war.

Die Personifikation der Gerusia hat in der Klassischen und Hellenistischen Kunst keinen Vorläufer. Münzen mit ihrer Darstellung erscheinen erst zur Zeit der Flavier, wobei diese Darstellungen eine größere Variationsbreite zeigen als die der Boule (Martin). Während auf unserer Münze Gerusia als ältere Matrone erscheint, ist sie auf anderen Münzen ein Jüngling(!). Dies gibt es auch in Aphrodisias. Es ist möglich, daß diese unterschiedliche Darstellung auch unterschiedliche Instititutionen bezeichnete. In Ephesos z.B. weihte ein C. Vibius Saltutaris zur Zeit der Antoninen eine Silberstatue der Heiligen Gerusia, unter der er die Boule der Stadt verstand (Martin)

Literatur:
(1) Plutarch, Leben des Lykurg
(2) Katharina Martin, Boule.Demos.Gerousia, Münster 2013
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wikipedia

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 28.12.21 19:05

Eros und die Keule des Herakles

Anlaß für diesen Artikel war diese Münze aus Hadrianopolis. Im Laufe meiner Recherchen hat er sich aber langsam zu einem größeren Überblick über das Verhältnis von Eros zu Herakles entwickelt, so daß der alte Titel eigentlich zu eng gefaßt ist. Trotzdem habe ich mich entschlossen, ihn beizubehalten.
img9312a.jpg
Münze #1:
Thrakien, Hadrianopolis, pseudo-autonom, Zeit des Commodus, ca. 181-192
AE – AE 19, 2.92g, 18.92mm, 210°
Av.: TON KT-I-CTHN
Büste des Herakles, bärtig, n.r.
Rv.: AΔPIANO-ΠO-ΛEIT-ΩN
Eros n .l. stehend, hält die Keule des Herakles, die von einem zweiten Eros
gestützt wird, der gebückt n.r. steht
Ref.: Jurukova, Hadrianopolis 711 (V299/R669); nicht in SNG Copenhagen
selten, S+, grüne Patina

Die Vorderseite zeigt das Porträt des erwachsenen Herakles, der als Gründer (ktistes) von Hadrianopolis gilt. Die Legende steht hier im seltenen Akkusativ im Sinne von "(Wir ehren) den Ktistes"
Interessanter aber ist die Darstellung auf der Rückseite. Sie zeigt 2 kleine Eroten, die mit der Keule des Herakles spielen, für sie ein riesiges Objekt. Diese Szene paßt nahtlos in eine Reihe von Bildern, in denen Eros oder mehrere Eroten sich mit Attributen des Herakles beschäftigen, mit ihnen spielen oder sie gar stehlen und sich aneignen. Dazu gehört auch die hübsche Münze mit Herakles auf einem Löwen und Eros über ihm schwebend, die shanxi uns kürzlich gezeigt hat. Was steckt dahinter?

Entwickelt wurde diese Typographie im Hellenismus und der römischen Periode. Aber Eros war nicht der erste, der sich Attribute des Herakles aneignete. Bereits in der mythologischen Vorgeschichte gab es kleine Kreaturen, die Herakles bestahlen, z.B. die Kerkopen.

Mythologie:
(1) Die Kerkopen, Söhne der Theia und des Okeanos, waren kleine, affenähnliche Kreaturen, die Zeus gegen die Titanen beigestanden hatten. Sie lebten als Diebe und Schwindler. Aber ihre Mutter hatte sie gewarnt: "Meine kleinen weißen Hintern, ihr müsst erst den großen schwarzen Hintern treffen!“. Einst trafen sie auf Herakles, der unter einem Baum schlief, und versuchten sofort seine Rüstung zu stehlen. Herakles aber fing die Diebe und, um sie zu bestrafen, trug er sie über seiner Schulter an einem Ast, von dem sie kopfunter herabhingen. Dabei konnten die Kerkopen sein schwarzes und behaarten Gesäß sehen und machten sich darüber lustig. Da mußte auch Herakles lachen und schließlich ließ er sie frei. Dies geschah zu der Zeit als er Sklave bei Omphale war.

(2) Am Ende der archaischen Periode traten Satyrn auf den Plan. Es gibt sogar die Meinung, daß das erste Satyrspiel vom Diebstahl von Herakles' Waffen handelte; denn dies scheint auf einem Krater von 510/500 v.Chr. dargestellt zu sein.
Bei späteren Darstellungen werden die Satyrn nicht nur gezeigt, wie sie die Ausrüstung des Herakles stehlen, sondern sich auch in deren Besitz als Herakles verkleiden. Dabei wird oft die Müdigkeit und Erschöpfung des Herakles betont, die nicht Folge seiner Kämpfe ist, sondern seiner Völlerei und Trunkenheit.

Kunstgeschichte:
Im 5. Jh. v.Chr. wird Eros gezeigt mit Gegenständen, die ihm nicht gehören. Am einducksvollsten war wahrscheinlich der Schild des Alkibiades, der mit einem Eros geschmückt war, der das Blitzbündel des Zeus trug. Dies war natürlich als Provokation gemeint. Das Blitzbündel des höchsten und mächtgsten Gottes war natürlich nicht für die zarten Hände dieses jugendlichen Gottes gemacht. Die Tatsache, daß ein Bild einen logischen Widerspruch verkörpern konnte, war damals eine große Entdeckung (Susan Woodford). Dies eröffnete den Künstlern einen Weg, auch bisher verborgene Wahrheiten zu enthüllen. Mit der Zeit verschwand das Neuartige daran und solche Abbildungen wurden zum Gemeinplatz und einfach zu dekorativen Motiven. Aber im 5. und 4. Jh. waren sie noch frisch und beeindruckend.

Der Bildhauer Lysipp war ein sehr innovativer Künstler, der bekannt dafür war, alte Motive auf eine neue Art zu sehen. In zwei Gedichten der Greek Anthology of Hellenistic Epigrams wird eine Statue des Herakles beschrieben, in der Lysipp den Heroen traurig dargestellt haben soll, ohne sein Löwenfells, seine Keule und seinen Köcher. Diese seien ihm alle von Eros gestohlen worden.

Lukian schreibt, daß im 4.Jh. v.Chr. der Maler Aetion eine Gruppe von kleinen Eroten entworfen habe, die auf seinem Gemälde "Die Hochzeit von Alexander und Roxane" mit Alexanders Waffen spielen, zu zweit seinen Speer tragen, während 2 andere seinen Schild an den Griffen mit sich ziehen. Dieses Motiv wurde in der Renaissane wieder aufgegriffen, z.B. von Giovanni Antonio Bazzo, genannt Sodoma (1477-1549) in seinem Fresko um 1511/18 in der Villa Farnesina in Rom.
Marriage-Alexander-Roxane-Sodoma-Villa-Farnesina-Rome.jpg

Eros stielt die Waffen des Herakles
Dieses Thema wird in pompejanischen Wandmalereien wreiterentwickelt, die Herakles und Omphale zeigen. Das Auftauchen von Omphale, der Herakles als Sklave dienen mußte, zeigt, daß der mächtigste Held sowohl von zarten Gottheiten als auch von einer Frau bezwungen werden konnte. Einige Eroten scheinen die gestohlenen Waffen zu einem Altar zu tragen, und A. Greifenhagen (1965) meint, daß sie die Waffen Aphrodite weihen wollen, so daß die Gemälde den Triumpf der Liebe feiern.

Ein drittes Gemälde in der Casa del Sirico in Pompeji zeigt oben die sitzende Figur des Dionysos. Die Macht des Weines zusammen mit der Macht der Liebe kann den Held entwaffnen und uns damit zeigen, daß auch Herakles nicht gegen die Versuchungen des Fleisches gewappnet ist.

Alle 3 Bilder zeigen Herakles jugendlich, bartlos, bekleidet und zusammen mit Omphale.

Es gibt aber noch einen dritten Bildtyp, auf dem Herakles beraubt wird: Da ist Herakles älter, bärtig, nackt und allein mit den kleinen Räubern. Im ältesten Beispiel aus dem 3.-1. Jh. v.Chr. schläft Herakles, auf den anderen ist er aufgewacht, manchmal versucht er einen Eroten zu ergreifen. Wie auf den Bilder mit Omphale wird auch hier mit Kontrasten gespielt: alt und jung, passiv und aktiv, groß und klein.

Eros mit den Waffen des Herakles
Im Laufe der Zeit haben sich 3 Hauptvarianten entwickelt:

(1) Mehrere kleine Eroten sind dabei die Ausrsüstung des Herakles wegzuschleppen oder sich an ihnen schaffen zu machen, alleine oder in Gegenwart des Helden. Zu diesem Typ gehört unsere 1. Münze!

(2) Eros als Säugling schläft auf dem Löwenfell des Herakles mit der Keule neben sich, auch Fackel!
Zu diesem Typ gehört unsere nächste Münze:
#010_nikopolis_commodus_HrHJ(2021)8.10.14.4cf.jpg
Münze #2:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Commodus, 177-192
AE 17, 3.89g
Av.: AV M AVPH - KOMODOC
Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: NEIKOΠOΛI / ΠPOC-I / CTPON
Eros, mit gekreuzten Beinen auf Löwenfell n.l. liegend, stützt seinen Kopf in die
li. Hand; li. vor ihm die Fackel
Ref.: a) nicht in AMNG
b) nicht in Varbanov
c) nicht in Hristova/Hoeft/Jekov (2020):
Rs. nicht gelistet
Vs. z.B. No. 8.10.14.4
wahrscheinlich unpubliziert
extrem selten, SS, dunkelgrüne Patina
Pedigree:
ex Gorny&Mosch Auction 265, Lot 726
ex coll. Erwin Link (Stuttgart)

(3) Der kindliche Eros stehend gekleidet in Löwenfell und die Keule haltend, ein Typ, den es auch ohne Flügel gibt und einen Kind-Herakles repräsentiert in einer nichtmythologischen Form. Als Beispiel zeige ich hier die Terracotta-Statuette aus dem Museum of Fine Arts Boston (MFA): Eros, geflügelt, hat sich als Herakles verkleidet. Sie stammt aus der Hellenistischen oder Imperialen Periode, 1 Jh. v.Chr, - 1. Jh. n.Chr., und wurde 1892 in Myrina, Türkei, gefunden.
eros_terracotta.jpg
Diese spielerische Darstellung des Eros bezieht sich auf ein Hellenistisches Epigram, das eine Statue des Herakles von Lysipp beschreibt (siehe oben). Hier hält Eros seine Hände auf dem Rücken wie der berühmte Herakles Farnese mit den Äpfeln der Hesperiden.

Natürlich können Bilder des Eros mit den Attributen des Herakles einfach Spielerei sein, aber auf einer tieferen Ebene dienen sie dazu, in Erinnerung zu bringen, daß die alles beherrschende Macht des Eros nur verdeckt wird durch seine geringe Größe und sein zartes Alter. Terenz: Omnia vicit amor!

Quellen:
(1) Nonnus, Dionysiaka
(2) Lukian

Literatur:
(1) Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Istrum, 2020
(2) Francis Jarman, Eros in Coinage
(2) Susan Woodford, Herakles' Attributes and their appropriation by Eros, The Journal
of Hellenistic Studies, Vol. 109, November 1989
(3) Adolf Kaegi, Kurzgefasste griechische Schulgrammatik, 1957
(5) Wikipedia

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 04.01.22 11:31

Die Schildkröte

Die Schildkröte ist das charakteristische Bild auf den antiken Münzen von Aigina/Attika. Aber es gibt auch andere. So z. B. die folgende:

Münze #1:
Kilikien, Mallos, 440-380 v. Chr.
AR - Obol, 0.73g
Av.: Schildkröte von oben
Rv.: androkephale Stierprotome n. l. in quadratischem Incus
Ref.: in den Standardwerken nicht aufgeführt
         Vs. cf. SNG Levante 186
         Rs. cf. SNG Ashmolean 1735; cf. Rauch 96, 2014, Los 107; CNG e-Sale 380, 2016, Los 272
sehr selten, SS, etwas Hornsilberbelag
10921_10921-2_c.jpg
Mythologie:
Chelone war eine Nymphe, die am Ufer eines Flusses am Berg Chelydorea in Arkadien im Süden von Griechenland lebte. Zu seiner Hochzeit mit Hera ließ Zeus durch Hermes alle Götter, Menschen und Tiere einladen. Alle folgten dieser Einladung, bis auf Chelone, die sich spöttisch über diese Hochzeit ausließ. Als Hermes dies bemerkte, begab er sich zurück auf die Erde und stürzte sie zusammen mit ihrem Haus in den Fluß und verwandelte sie so in eine Schildkröte, die ihr Gehäuse auf dem Rücken tragen mußte. Wegen ihres Spotts wurde sie zu ewiger Stummheit verdammt (Servius, Kommentar zu Vergil, Aeneis). Die Schildkröte war in Griechenland ein Symbol der Stille.

Äsop in seinen Fabeln weiß noch Näheres zu berichten: Zeus wußte nicht, warum sie nicht anwesend sei, und fragte Chelone nach dem Grund. Sie antwortete: "Sei es auch noch so bescheiden, es gibt keinen Ort wie das eigene Zuhause.".

Inzwischen habe sich auch Feministinnen dieses Themas angenommen. Ihre Erklärung: Chelone durchschaute, daß diese Eheschließung dem patri-archalischen Zweck der Festlandgriechen dienen sollte, und daß damit die Rechte und die Bedeutung der allumfassenden und alten Muttergöttin Hera empfindlich beschnitten werden sollte. Sieh an!

Hermes erfindet die Lyra
Chelydorea war in der Antike der Name für ein 1759m hohes Gebirge in Arkadien und in der achaeischen Pellene, ein nach Norden vorgeschobener Teil des Kyllenegebirgszuges. Der Name bedeutet "Entschalung der Schildkröte". Es war bekannt für seinen Reichtum an Landschildkröten (Pausanias). Auf ihm läßt die Sage Hermes die Lyra erfinden.

Hermes wurde von Maja, die Jupiter verführt hatte, in einer Höhle des Kyllenegebirges geboren. Bereits am Tage seiner Geburt stahl er mehreren Göttern ihre Werkzeuge, selbst dem Zeus dessen Szepter. Er schlich sich aus der Wiege und trieb dem Apollo die Rinder weg, die der gerade hütete. Damit sie keine Geräusche machten, zog er ihnen Schuhe über. 2 schlachtete und verzehrte er. Auf dem Weg zurück nach Kyllene fand er eine Schildkröte, säuberte ihren Panzer und spannte die Sehnen der geschlachteten Rinder als Saiten darüber. Apollo suchte seine Rinder und erfuhr, daß Hermes der Dieb gewesen war. Als der die Tat, unterstützt von Maja, leugnete, trug Apollo ihn vor Zeus, wo er aber auch nichts zugab. Daraufhin gab Zeus die Rinder dem Apollo zurück. Als Apollo dann den Hermes auf der gerade erfundenen Lyra spielen hörte, gefiel es ihm so sehr, daß er ihm für die Lyra seine Rinder gab. Später schenkte Apollo die Lyra seinem Sohn Orpheus. Im Hellenismus war die Lyra ein Symbol der Dichter und Denker, woraus sich später der Begriff Lyrik entwickelte.

Ein antikes Rätsel lautete:
κριον εχω γενεθρα, τεκεν δε με τωδε γελωνη; τικτομενη δ'αμφω πεφνον ερνους  γονεας.
Vater ist mir der Widder, die Schildkröt' ist mir die Mutter, aber bei der Geburt gab ich beiden den Tod.

Antwort: Natürlich ist dies die Lyra, griechisch auch Chelys genannt, was poet. Schildkröte heißt und dann auch die aus dem Schildkrötenpanzer gefertigte Lyra. Ihre Arme bestanden oft aus Widderhörnern. Sie ist oft schwierig von der Kithara zu unterscheiden, Aber diese hat im Unterschied zur Lyra einen Fuß.

Münze #2
Syrien, Antiochia ad Orontem, pseudo-autonom, 54-68 (Zeit des Nero)
AE 16, 4.55g, 0°
geprägt 59/60 (Jahr 108 der Cäsarischen Ära)
Av.: Kopf des Apollo, mit Diadem und Halskette, n .r., in Perlkreis
Rv.: ANTIOXE - ET HP (Jahr 108)
        Chelys
Ref.: BMC 88; RPC 4293; SNG Copenhagen 108; SNG München 679; SNG Righetti 1899
SS+, Sandverkrustungen auf schwarzer Patina
antiochia_ad_orontem_pseudoautonom_BMC88_#2.jpg
Wir haben gesehen, daß Hermes eng mit der Schildkröte verbunden ist. Deshalb ist es kein Wunder, daß er oft mit ihr zusammen abgebildet wird. Ein berühmtes Standbild des Lysipp (um 330 v. Chr,) ist der sog ”Sandalenbinder”, dessen Kopie in der Villa Adriana in Tivoli gefunden wurde. Inzwischen wissen wir dank vom Mosch, daß es kein “Sandalenbinder”, sondern ein “Sandalenlöser” ist. Auf Großbronzen aus Markianopolis wird er abgebildet.

Münze #3:
Moesia inferior, Markianopolis, Philipp II. als Caesar & Serapis, 244-247
AE 27, 13.94g, 26.96mm, 30°
geprägt unter dem Statthalter Prastina Messalinus
Av.: M I[OVLIOC] FILIPPOC KAI / CAR AVG
        sich gegenüberstehende Büsten von Philipp II.,
        drapiert und cürassiert, n. r., und Serapis, drapiert,
        mit Kalathos, n. l.
Rv.: VP PRACT MECCALEI[NOV MARK]IANOPOLITWN
        Hermes, nackt, n. l. Vorgebeugt stehend und nach  vorn blickend, den re. Fuß auf einen Widderkopf         gesetzt, den mit der Chlamys bedeckten li. Arm  auf das re. Knie gestützt; am Boden zwischen sei nen Füßen eine Schildkröte n. r., hinter ihm ein Baumstumpf mit einem Kerykeion davor und einem zweiten undeutlichen Gegenstand
        im li. Feld E (für Pentassarion)
Ref.: a) AMNG I/1, 1209, Taf. XVI, 25, Rs. Stempelgleich (2 Ex., Philippopel, Sophia Tacchella  revue num. 1893, 73, 23)
         b) Varbanov 2107
         c) Hristova/Jekov (2014) No. 6.44.10.3. (stempelgleich)
selten, fast SS, glänzende, dunkelgrüne Patina
Pedigree:
ex  CNG electronic auction 215, lot 390
ex coll. J.P.Righetti, No. 10008
markianopolis_44_philippII&serapis_HrJ(2013)6.44.10.03_#2.jpg
Auf dem Standbild des Lysipp sind Widderkopf und Schildkröte nicht vorhanden. Hier hat der Künstler dankenswerterweise beide hinzugefügt!

Die Schildkröte beim Militär:
Die griechische Chelone war ein Belagerungsmaschine, die oben zum Schutz gegen Beschießung mit einem Dach versehen war. Sie wurde auch von den Römern eingesetzt.

Am bekanntesten aber ist die römishe Schildkrötenformation (latein. testudo = „Schildkröte“), die zur Zeit des Gaius Iulius Caesars entwickelt wurde. Sie bestand aus einer viereckigen Formation von Soldaten mit eckigem Schild (scutum). Die erste Reihe hielt ihre Schilde nach vorne, die folgenden hoch über ihre Köpfe, do daß sie sich überlappten. So konnte sich die Formation auch unter starkem Beschuß vorwärtsbewegen, allerdings nur langsam, weil sie sehr schwerfällig war. Die testudo nur von sorgfältig trainierten Soldaten ausgeübt werden und mußte vor allem wieder rechtzeitig aufgelöst werden; denn sonst wäre sie im Nahkampf ein hilfloses Opfer des Feindes geworden. Das Bild stammt von der Trajanssäule.
1024px-Roman_turtle_formation_on_trajan_column.jpg
Wikipedia (Cristian Chirita)

Der Tod des Aischylos
Eine unglückliche Rolle spielte eine Schildkröte nach Valerius Maximus beim Tod des Aischylos 456 v. Chr.
Aischylos (525 - 456 v. Chr.) war der älteste der großen griechischen Tragödiendichter. Leider sind die meisten seiner Werke verloren gegangen. Aber seine letzten (z. B. “Die Eumeniden”) sind in ihrer Tragik und Gedankentiefe kaum übertroffene Dramen der Weltliteratur. Weil ihm prophezeit worden war, daß er durch fallende Gegenstände sterben würde, hielt er sich bei seiner letzten Sizilienreise bei Gela auf den Feldern auf. Dort wurde er von einer Schildkröte erschlagen, die ein Adler fallen ließ. Der Vogel hatte den Kopf des Aischylos mit einem Fels verwechselt und benutzte ihn zum Aufbrechen des Schildkrötenpanzers.

Quellen:
(1) Pausanias, Reisen in Griechenland
(2) Äsop, Fabeln
(3) Plinius, Naturalis Historia

Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Christian von Mosch, Der Hermes von Lysipp(?) auf den Münzen von Trapezous, Amastris und Markianopolis, in Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 63, 2013
(4) K. Ohlert, Rätsel und Rätselspiele der alten Griechen, Berlin 1912
(5) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul. und Handwörterbuch, 1954
(6) Der Kleine Pauly
(7) theoi.com
(8) Wikipedia

Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 19.01.22 22:18

Exkurs: Der Wettlauf zwischen Achill und der Schildkröte

Das wohl bekannteste Paradoxon aus der Antike ist der Wettlauf zwischen Achill und der Schildkröte, bekannt unter dem Namen “Achilles”. Dieses Paradoxon stammt von Zenon von Elea (ca. 490 - ca. 430 v.Chr.), dem Begründer der Dialektik, und ist uns von Aristoteles in seiner 
"Physik" überliefert worden
achill.gif
achill.gif (11.55 KiB) 662 mal betrachtet
Achilles war als der schnellste Läufer der Antíke bekannt. Als er zu einem Wettlauf mit der Schildkröte antrat, gab er der Schildkröte fairerweise einen Vorsprung. Das hätte er nicht tun sollen, denn Zenon konnte beweisen, daß er dann die Schildkröte niemals einholen, geschweige denn überholen konnte. Denn wenn er die Schildkröte überholen wollte, mußte er ja zunächst den Ort erreichen, an dem die Schildkröte vorher gewesen war. Aber jedesmal, wenn Achilles den Ort der Schildkröte erreicht hatte, war diese ein Stück weiter gekrochen. Zwar wurde der Vorsprung der Schildkröte immer kleiner, aber er blieb immer bestehen. Dies widerspricht offensichtlich unserer Beobachtung. Aber wo ist der Fehler in Zenons 
Beweiskette?

Nun kann man in jedem besseren Mathematikbuch nachlesen, wie man mit Hilfe von Reihenentwicklungen oder Grenzwertbetrachtungen berechnen kann, wann und wo Achill die Schildkröte einholt. Aber das ist zu kurz gedacht. Es geht um die Logik! Was ist an der Logik falsch, daß Achill immer - und zwar immer - erst zu dem Punkt gelangen muß, an dem die Schildkröte vorher war? Da stellt sich die Frage, ob der Raum unendlich teilbar ist. In der Logik als Gedankenspiel wohl, aber in der Wirklichkeit nicht. Da gibt es das Plancksche Wirkungsquantum, das der Realität Grenzen aufzeigt. Damit zeigt sich, daß dieses Paradoxon nicht in der Realität angesiedelt ist, sondern im geistigen Raum. Und deshalb muß es auch dort gelöst werden.

In der letzten Zeit haben sich eine Reihe von Philosophen mit dem “Achilles” beschäftigt und haben erstaunliche Ergebnisse erzielt. Der britische Philosoph James Thomson (1921–1984) hat 1954 die Theorie der "Supertasks" entwickelt. Dazu gehören verschiedene “Maschinen”, die natürlich nur als Gedankenexperimente gedacht sind. Zu denen gehört z.B. die sog. “Thomson's lamp”: Eine brennende Lampe wird nach einer Zeit t ausgeschaltet, dann nach einer Zeit t/2 wieder angeschaltet, nach t/4 wieder ausgeschaltet und sofort. Wir wissen, daß die Lampe mathematisch nach einer endlichen Zeit in ihren Endzustand übergeht. (siehe “Achilles”). Aber wir wissen nicht, in welchem Zustand sie dann ist.

Eine andere Überlegung führte zur "Pi-Maschine." Eine Gedankenmaschine errechnet nacheinander die unendlich vielen Nachkommastellen von Pi. Dabei benötigt sie für jede weitere Ziffer nur halb so viel Zeit wie für die Ziffer davor. Wir wissen, daß diese Maschine mathematisch gesehen nach endlicher Zeit anhalten muß. Das Paradox besteht dann in der letzten Ziffer von Pi, die es mathematisch aber nicht geben kann. Das ist schon spannend!

Der amerikanische Philosoph Paul Benacerraf widerlegte 1962 die Überlegungen von Thomson, was zu neuem Interesse an unendlichkeitsbezogenen Problemen führte.

Inzwischen hat sich herausgestellt, daß diese Problematik nicht nur philosophisch ist, sondern auch in der realen Welt eine Rolle spielt. Dies zeigten 1994 Messungen an der Ludwigs-Maximilians-Universität München, die dieses Paradoxon für Messungen in der Quantenwelt bestätigten: Die Bewegung eines Quantensystems wurde nachweislich alleine durch eine Folge dichter Messungen zum Stillstand gebracht, was zur theoretischen Modellierung des Quanten-Zeno-Effekts führte (Wikipedia)

Die Paradoxien des Zenon haben unsere Vorstellung von Bewegung, Zeit und Raum in Frage gestellt; der Weg zu einer Antwort war voller 
Überraschungen.

Das Bild stammt aus “Meinstein, Schulfächer einfach erklärt”

Quellen:
(1) Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker,  Rowohlts Klassiker 1957
(2) Die Vorsokratiker, herausgegeben von Wilhelm Capelle, Kröner 1968

Literatur:
(1) Adolf Grünbaum, Modern Science and Zeno's Paradoxes of Motion, in “Zeno's Paradoxes”, edited     by Wesley C. Salmon, The Bobbs-Merrill Company, Inc.
(2) William I. Laughlin, Eine Lösung für Zenons Paradoxien, Spektrum der Wissenschaft, Januar 1995
(3) Nick Huggett, Zeno's Paradoxes, 2004, in “Stanford Encyclopedia of Philosophy”
(4) Wikipedia

Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 19.01.22 22:20

Homonoia

Eine der am häufigsten auf Provinzialmünzen abgebildeten Gottheiten ist Homonoia, was allein schon ihre große Bedeutung belegt.

1. Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Elagabal, 218-222
AE 28, 14.32g, 26.97mm, 30°
geprägt unter dem Statthalter Novius Rufus
Av.: AVT M AVP - [A]NTΩNEINOC
       Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: VΠ NOBIOV POVΦOV NI - KOΠOLITΩN ΠPOC ICTPW
       Homonoia, in langem Gewand und Mantel, mit  Kalathos, frontal stehend, n. l. blickend, hält 
       Cornucopiae im li. Arm und in der ausgestreckten Rechten Patera..
Ref.: a) So nicht in AMNG:
             Vs. nicht in AMNG I/1
             Rs. AMNG I/1, 1913 var. (Legende, andere Trennung)
              AMNG I/1, 1968 (Abb.)
      b) cf. Varbanov 4037 (zitiert AMNG 1968)
      c) Hristova/Hoeft/Jekov (2021) No. 8.26.36.3 (diese Münze)
selten, SS+, schwarzgrüne Patina, Portrait!
nikopolis_26_elagabal_HrHJ(2021)8.26.36.3.jpg
Anmerkung:
(1) Cornucopiae = Füllhorn, Symbol des Überflusses. Auf Münzen aus Alexandria wird sie auch manchmal mit Doppelcornucopiae abgebildet. Aber Ägypten war auch die Getreidekammer Roms.
(2) Kalathos: Ursprünglich ein geflochtener Korb mit Früchten des Feldes, Symbol des Wohlergehens und des Überflusses.
(3) Die Patera hat hier in der Mitte eine Erhebung. Es handelt sich also um eine Phiale mesomphalos, wie sie beim Opfern benutzt wurde.

2. Münze:
Thrakien, Tomis, pseudo-autonom, 2. Jh., Zeit der Antonine(?)
AE 17, 2.71g, 16.81mm, 225°
Av.: EYETHPIA – OMONOIA
       Brustbilder der Eueteria und der Homonoia, hintereinander, n. r., beide drapiert und mit Haarknoten
Rev. TO / MI – TW / N
        Cornucopiae mit Trauben und Früchten
Ref.: AMNG I/2, 2576 corr., Taf. VI, 19 (Legende nicht lesbar); RPC I 1823; Moushmov 1786
selten, S+
Tomis_1.jpg
Anmerkungen:
(1) Regling (AMNG I/2) hat die hintere Büste für Augustus gehalten und deshalb diese Münze zu Augustus(?) gestellt. Da seine Beschreibung nicht
korrekt war, ist natürlich auch die zeitliche Zuschreibung zu Augustus nicht haltbar. Diese Münze gehört in die Gruppe V. Münzen der römischen Zeit ohne Kaiserköpfe, wahrscheinlich zu “b) Antoninenzeit”
(2) Eueteria ein abstrakter Begriff, der aus griech ευ = gut und griech. ετος = Jahr, gebildet ist, und wörtlich „Gutjährigkeit“ bedeutet, also soviel wie „gutes, gesegnetes Jahr“ oder „Überfluß an Lebensmitteln“. Damit hat "Eueteria" eine ähnliche Bedeutung wie etwa „Eubosia“, die "gute Ernte". Der Sinn ist natürlich: Wohlergehen gibt es nur durch Einigkeit. Damit steht er in einer Linie mit dem berühmten Standbild des
Kephisodotos des Älteren, des Vaters des Praxiteles, “Eirene mit dem jungen Plutos auf dem Arm”, dessen Marmorkopie heute in der Glyptothek in München steht.

Diese Legende gibt es nur noch ein einziges anderes Mal auf einer seleukidischen Tetradrachme, BMC 1, 126-125 v. Chr., wo Kleopatra Thea selbst als Eueteria bezeichnet wird.

Mythologie:
Homonoia, von griechisch "ομος = gleich" und "νους = Sinn, Vernunft", war keine Göttin im eigentlichen Sinn, sondern die Personifikation der Eintracht und der Gleichsinnigkeit. Deshalb erscheint ihre Mythologie, wie oft bei Personifikationen, etwas gekünstelt. Unsere Quellen sind die orphischen Hymnen und die Suda, dieses große byzantinische Werk, das alles Wissen der damaligen Zeit ohne große Wertung aufzeichnen wollte. Allerdings finden sich auch noch Spuren bei Aischylos. Hier also die komplizierten Familienverhälnisse der Homonoia:

Demnach war Homonoia die Tochter der Praxidike und des Soter, ihres Bruders. Ihre Geschwister waren Ktesios (Schützer des Eigentums), und Arete, die Tugend.

Ihre Mutter Praxidike, die Vollstreckerin der Gerechtigkeit, war die Tochter des Ogygos. Ogygos war ein uralter König von Boiotien und der Gründer von Theben. Unter ihm trat die erste große Sintflut ein. Ursprünglich war er wohl ein Gott und der Vater der Praxidikai, der boiotischen Eidhelferinnen. Dieser Eid wurde in Haliartos unter freiem Himmel abgehalten (Pausanias). Durch diese Abstammung war Homonoia eng verbunden mit der thebanischen Harmonia, der Gemahlin des Kadmos, die als "Vereinigende" die Schutzgöttin des Bürgerverbandes war (Plutarch).

Nach Mnaseas wurde alle drei Geschwister zusammen nach ihrer Mutter Praxidikai genannt. In den orphischen Hymnen wurde Praxidike mit Persephone und die Praxidikai mit den Erinyen, den Rachegöttinnen, identifiziert.

Menelaos hatte nach seiner Rückkehr aus Troja bei Gutheion in Lakonien, dort wo Paris und Helena, bevor sie nach Troja aufbrachen, ihre erste Nacht verbracht hatten, eine Statue der Praxidike errichtet, aber sonst wurde sie nur in der Form eines Kopfes verehrt (Mnaseas, Europa).

Ihr Vater war Soter, die Personifizierung der Sicherheit und der Rettung, der später von Dionysos und Christus als Heiland übernommen wurde. Nach Aischylos ("Sieben gegen Theben") hatte er von Peitharchia, der Gehorsamkeit, noch eine Tochter Eupraxia, Erfolg, Soter selbst, aber auch Ktesios, sein Sohn, waren Epiklesen des Zeus. Epiklesen sind Kultnamen unter denen ein Gott ebenfalls angerufen wurde.

Anmerkungen:
(1) Die orphischen Hymnen sind eine Sammlung von 87 religiösen Gedichten, die entweder in der späten hellenistischen oder der frühen römischen Zeit verfaßt worden sind. Sie basieren auf dem Glauben der Orphik, eines Mysterienkults oder religiösen Philosophie, die sich auf den mythischen Sänger Orpheus beruft.
(2) Die Suda, entstanden um 970 n. Chr, ist das umfassendste byzantinische Lexikon. Es ist alphabetisch gegliedert und umfaßt 30000 Lemmata (Einträge). Es wurde von verschiedenen Autoren kompiliert.
(3) Mnaseas von Patara war ein griechischer Historiker und Geograph des späten 3.Jh. v. Chr. Er war ein Schüler des Eratosthenes in Alexandria. Seine geographischen Werke („Periegeseis“) waren nach Landschaften geordnet.

Homonoia als politisches Konzept:
Der Beriff der Homonoia war ein altgriechisches Konzept, das traditionell nicht über ihre eigene Kultur hinaus angewendet wurde. Das entsprach der Auffassung des Aristoteles.

Alexander der Große hatte in kurzer Zeit ein Reich erobert, das den größten Teil der damals bekannten Welt umfaßte mit einer Unzahl verschiedener Völker. Wenn man sich fragt, welches Verhältnis Alexander zu diesen asiatischen Völkern hatte, muß man sich mit Alexanders Konzept der Einheit der Menschen, der Homonoia, beschäftigen und damit, wie er versuchte, diese durch die Organisation seines Reiches zu verwirklichen.

Die Griechen der klassischen Periode teilten die Menschheit grob gesprochen in zwei Klassen ein: Griechen und Nicht-Griechen; letztere nannten sie Barbaren und betrachteten sie als minderwertige Menschen, obwohl gelegentlich jemand wie Herodot oder Xenophon anmerkte, daß einige Barbaren Qualitäten besaßen, die Beachtung verdienten, wie etwa die Weisheit der Ägypter oder der Mut der Perser. Diese Meinung vertrat auch Aristoteles.

Aber im 3. Jh. kamen neue Ideen auf: Alle Menschen wären gleich und sollten Brüder sein. Das entsprang der Idee der Homonoia. Allerdings bezog die sich zunächst nur auf die politischen Fraktionskämpfe innerhalb der griechischen Städte.

Isokrates erweiterte diesen Begriff auf die gesamte griechische Welt, was Kriege unter den Griechen unmöglich machen sollte. Diese Auffassung stellte er Philipp II. vor, der sie übernahm für einen heiligen Krieg der Griechen gegen die Perser. Nach dem Tod von Philipp wuchs wieder der Einfluß von Aristoteles, der Alexander riet, Griechen als Freunde, Barbaren aber wie Tiere zu behandeln. Alexander aber war klüger als sein Lehrer und zog es vor, die Menschen, ohne auf ihre Rasse zu achten, in gute und schlechte zu unterteilen. Er erkannte wohl, daß es einfacher sein würde, die Probleme der Verwaltung zu bewältigen, wenn er die Bewohner der eroberten Länder nicht als Sklaven, sondern als freie Menschen behandelte. Und er wollte diese Ideen des Griechentums in der ganzen bekannten Welt verbreiten. So unterwarf er sein Handeln vollständig dem Ziel der Homonoia. Dies wurde verstärkt, durch seine Überzeugung, daß Gott ihm den Auftrag erteilt habe, die Menschheit zu harmonisieren.

"Alexander wurde der Große genannt wegen der Dinge, die er tat, aber das Größte an ihm war diese Idee", so schreibt Tarn am Ende seiner Alexanderbiographie.

Sein Reich sollte seinem Wesen nach “griechisch-orientalisch” sein, und soweit wie möglich ein gemeinsames Unternehmen. So behielt er die persischen Satrapien bei und besetzte sie mit Irakern. Die neu gebildeten Ämter für Steuern und Finanzen aber besetzte er mit Makedoniern. An der Spitze der Militäreinheiten standen natürlich auch Makedonier. Aber Perser und Makedonier dienten zusammen in den selben Einheiten.

Als wichtigen Schritt zur Einheit verstand er seinen Aufruf an die Makedonier, einheimische Frauen zu heiraten. 324 fand in Susa eine Massenhochzeit seiner Offiziere statt, die Perserinnen zur Frau nahmen. Er selbst vermählte sich mit der schönen Roxane, einer baktrischen Prinzessin.
Alexander.jpg
Das alles verstärkte die Unzufriedenheit seiner Makedonen, die nicht einsehen konnten, daß sie einem besiegten Volk gleichgestellt werden sollten. Der Höhepunkt aber war, als Alexander an seinem Hofe, der inzwischen dem Hof des Großkönigs glich, die Proskynese, einführte. Damit ist der persische Brauch gemeint, sich vor dem Herrscher auf den Boden zu werfen, um ihn zu ehren. Nach griechischer Meinung stand dies nur einem Gott zu.

Im Sinne der Homonoia sollten die Griechen mit den persischen Sitten und die Perser mit den griechischen Sitten bekannt gemacht werden. Tatsächlich aber lief diese “Angleichung” darauf hinaus, daß die Perser von der griechischen Kultur, ihrer Kunst und Literatur und ihrer Wissenschaft, überrollt wurden. Die Wirkung der griechischen Kultur kann noch hunderte von Jahren nach dem Zerfall von Alexanders Reich an der orientalischen Architektur abgelesen werden, die immer noch den griechischen Einfluß widerspiegelt.

Zusammenfassend muß man aber feststellen, daß nicht nur die Makedonen unzufrieden waren, sondern genauso die Perser. Die konnten nicht verstehen, daß sie jetzt auf die gleiche soziale Stufe gestellt wurden wie die Baktrier, die Sogdier, die Syrer und andere, die sie traditionell als minderwertig betrachtet hatten. Und die Makedonen fühlten sich im Stich gelassen, weil Alexander sie mit den Besiegten gleichstellte.

Letzten Endes ist sein Konzept gescheitert. Aber es wurde übernommen und weitergeführt von den großen Weltreligionen des Christentums und des Islams. Letzten Endes ist es eine utopische und – wie ich glaube - auch unmenschliche Idee. Man denke nur an die Versuche des Bolschewismus, der Mao-Zeit oder des Pol-Pot-Regimes, die Menschen zur Gleichheit und zum Glück “zu erziehen”. Freiheit und Gleichheit sind Gegensätze. Diese beide gleichzeitig zu fordern, war der große Fehler der Französischen Revolution, auf die sich alle späteren Revolutionen beriefen und die alle in einem Blutbad endeten.

In Kleinasien unter römischer Herrschaft spielte die Homonoia eine wichtige Rolle als Symbol zur Beilegung innerstädtischer Spannungen und zur Verbindung mit anderen Poleis. Mit der Legende "Homonoia" wurden Münzen geprägt, die regionale Allianzen verkünden und diese unter den Schutz lokaler Gottheiten sollten. Große politische Bedeutungen hatten sie wohl nicht. Hier ein schönes Beispiel:

Ionien, Ephesos und Alexandria, Gordian III., 238-244
AE 29, 8.47g
sog. Homonoia-Prägung
Av.: AVT K.M.AN - T.ΓOPΔIANOC.
Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, n.r.
Rv.: EΦECIΩN / TYXH / KAI A - ΛEΞ - ANΔPEΩN
Stadtgöttin (Tyche), mit hohem Kalathos, lehnt aufgepolsterter Kline n.l., stützt den Kopf in ihre
Linke, hält im li Arm Cornucopiae und in der ausgestreckten Linken Kultstatue der Artemis Ephesia
Ref.: BMC 425; Franke/Nolle Homonoia 450 sog. Ty-
pus VI (1 Ex., London)
sehr selten (2. bekanntes Ex.!), SS, blau-grüne Patina
ephesos_gordianIII_BMC425.jpg
Eine Rolle spielte die Homonoia in der 38. Rede des Dion Chrystostomos (nach 40 – vor 120 n.Chr.) Zwischen den Städten Nikomedia und Nikaia in Bithynien gab es einen alten Streit, welche von ihnen die Metropolis sei. In seiner Rede versuchte Dion durch die Etablierung der Homonoia den Streit beizulegen.

In Olympia soll Homonoia einen Tempel gehabt haben (Pausanias).

Quellen:
(1) Aischylos, Sieben gegen Theben
(2) Orphische Hymnen
(3) Isokrates, Panegyrikos
(4) Suda
(5) Pausanias, Reisen in Griechenland
(6) Dion Chrysostomos, Discourses 37-60 (Übers. von      Lamar Crosby)

Sekundärliteratur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches  Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon  der griechischen und römischen Mythologie
(3) Henry M. de Mauriax, Alexander the Great and the Politics of "Homonoia", 1949
(4) William Woodthorpe Tarn, Alexander the Great, 1948
(5) Der Kleine Pauly
(6) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch

Online-Quellen
(1) theoi.com
(2) acsearch.info
(3) Wikipedia

Viel Spaß beim Lesen!
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Fr 28.01.22 22:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 26.01.22 12:04

Die römische Concordia

Concordia ist ein altrömischer Tugendbegriff, wie Fides, Spes, Iustitia, Pax oder Libertas, der von den Römern personifiziert wurde. Ursprünglich wurden diese Gottheiten nicht in Bildern oder Statuen verehrt. Die Vorstellung von Göttern in Menschengestalt haben die Römer erst von den Griechen und Etruskern übernommen.

Concordia ist die Personifikation der Eintracht und entspricht damit der griechischen Homonoia. Sie fördert und erhält die Eintracht und die Einheit der römischen Bürger. Im Unterschied zur griechischen Homonoia aber hat die römische Concordia immer einen engen Bezug zur Res publica.

Der erste Tempel (Aedes) soll 367 v.Chr. von M. Furius Camillus am clivus Capitolinus errichtet worden sein und das Ende der Ständekämpfe zwischen Patriziern und Plebejern symbolisieren. Die Versöhnung wurde 367 v. Chr. mit den Gesetzen des Gaius Licinius Stolo und des Lucius Sextus Lateranus abgeschlossen, den sog. Licinischen Gesetzen (leges Liciniae Sextiae). In ihnen wurde die weitgehende politische Gleichberechtigung beider Stände festgelegt. Camillus hatte die Notwendigkeit einer Einigung erkannt und entscheidend zu diesen Gesetzen beigetragen.

Camillus, die erste historisch faßbare Gestalt der römischen Geschichte, war die bedeutendste Persönlichkeit im Rom des 4. Jh. Wegen seiner Erfolge gegen Veji, die Falisker und die Gallier galt er als "2. Gründer Roms". Ihm wurde aber auch vieles zugeschrieben, was historisch nicht wahr ist. Manches davon wurde bereits in der Antike angezweifelt (Livius). Es steht fest, daß er das römische Heer so organisiert hat, daß Rom damit die Vormachtstellung in Mittelitalien erreichen konnte. Aber der Bau des 1. Concordiatempel gehört leider zu den unbewiesenen Erzählungen. Baureste aus dieser Phase sind nicht erhalten.

Ein zweiter Tempel wurde 218 v. Chr. während einer Meuterei des Heeres beim Krieg gegen die Boier vom Praetor L. Manlius Vulso gelobt, nach der Beilegung des Aufstandes in arce (der Burg) gebaut und am 5.2.216 geweiht (Livius).

Nach der blutigen Gracchenverfolgung, die mit der Ermordung der Gracchen endete, wurde von L. Opimius ein Tempel der Concordia in der Nähe des von Camillus gestifteten Heiligtums errichtet. Dieser Tempelbau wird oft als Erneuerung des Tempels des Camillus bezeichnet. Aber nach den Quellen kann es sich nur um einen neuen Tempel handeln.

Er war mit zahlreichen Kunstschätzen reich ausgestattet und hier tagte zeitweise der Senat. Hier hielt Cicero seine 4. Rede gegen Catilina.

Das Fest der Concordia wurde am 16. Januar gefeiert. Dieser galt nämlich als Gründungstag des 1. Tempels. Heute ist von diesem Tempel mit Ausnahme des Podiums nichts mehr erhalten. Selbst das Podium ist zum Teil unter einer Treppe, die zum Kapitol hinaufführt, verborgen.
RomanForumWest1.jpg
Reste des Concordiatempels. Die drei Säulen links gehören zum Vespasiantempel, Vom Concordiatempel ist nur noch links hinter diesen Säulen das Podium erhalten.

Alle diese Tempel standen in der Nähe des Platzes, wo Romulus und Titus Tatius sich verbanden, als Römer und Sabiner sich verbündeten. Ein republikanischer Denar des L. Mussidius Longus von 42 v.Chr. zeigt den Schrein der Venus Cloacina (von lat. cluere = reinigen). Der Kult der Cloacina spielte eine wichtige Rolle bei der Versöhnung der Sabiner mit den Römern. Auf der Vorderseite wird die Concordia noch verschleiert abge-bildet. So erscheint hier die politische Concordia als Nebenform jener Bundesgöttin, die ihrerseits nichts anderes ist als eine Form der Venus (Roscher).
mussidius_Cr494.42a.jpg
Mussidia 6b

Später schließt sich die gewöhnlich verschleierte Concordia der Venus Victrix an. Ein Denar des L. Vinicius (Vinicia 1a), ca. 54 v. Chr., mit der Venus Victrix auf der Rückseite, zeigt sie bereits mit einem Lorbeerkranz. Das Bild stammt von wildwinds.com
vinicia1a.jpg
Berichtet wird, daß 164 v.Chr. der Censor Q. Marcius eine Concordiastatue öffentlich hatte aufstellen lassen. Diese wurde 154 vom Censor C. Cassius in die Curia gebracht. Als er die Curia aber gleichzeitig der Concordia widmen wollte, verhinderten die Pontifices die Dedikation.

Nach dem Sieg des Iulius Caesars über Pompeius gelobte der Senat 44 einen Tempel der Concordia Nova. Ob dieser Tempel tatsächlich verwirklicht wurde, ist ungewiß.

In der Kaiserzeit gehörte der Kult der Concordia zu den angesehensten überhaupt. Augustus errichtete 9 v.Chr. einen Altar, auf welchem am 30. März dem Ianus, der Salus, Concordia und Pax geopfert wurde. Livia weihte in der porticus Livia 7 v. Chr. am 11. Juni ein Heiligtum der Concordia zur Ehre ihrer Ehe mit Augustus (Ovid). Tiberius gelobte in demselben Jahr die Erneuerung des von Camillus gestifteten Heiligtums und weihte ihn am 16. Jan. 12 n. Chr. anläßlich seines Triumphes über die Pannonier und Dalmatier, allerdings als Tempel der Concordia Augusta. Das Bild der Göttin in diesem Tempel trug einen Lorbeerkranz. Noch in späterer Zeit restaurierte der Senat den Tempel

Nach der Entdeckung der Verschwörung des M. Libo 16 n. Chr. erhielt mit anderen Göttern auch Concordia reiche Geschenke

Auf Münzen erscheint die Legende Concordia Augusta zuerst unter Nero. Da wird sie abgebildet als eine sitzende Frau mit Patera in der vorgestreckten Rechten und mit einem Cornucopiae im li. Arm. Aber sie erscheint auch stehend und an einem Altar opfernd, wie hier bei Aquilia Severa (RIC IV/2, 226), der 2. und 4. Ehefrau des Elagabal.
aquilia_ severa_226.JPG
Concordia ist in der Kaiserzeit hauptsächlich die Schutzgöttin der kaiserlichen Ehe und des kaiserlichen Hauses. Die Verbindung zweier Füllhörner im Arm der Göttin scheint auf die Verbindung der beiden Mitglieder des kaiserlichen Hauses bezogen werden zu müssen und den aus dem Ehebunde hervorgehenden Kindersegen (Roscher). Gerade im Arm der Concordia ist das Doppelcornucopiae ein stehendes Symbol geworden. Die auf die Ehe gesetzte Hoffnung wird ausgedrückt durch eine der Concordia beigestellte Statue der Spes, auf die sie zuweilen den linken Arm legt.
sabina_398.jpg
Sabina, RIC III, (Hadrian) 398

Die Kaiser loben auf den Münzen besonders oft die Concordia exercitum und die Concordia militum, dies außerordentlich häufig auf Münzen der späteren Kaiserzeit. Dies war eine Zeit, in der die Kaiser auf das Wohlwollen ihrer Soldaten angewiesen waren. Ihr Schicksal war von ihren Armeen abhängig. Diese setzten Kaiser ab und erhoben andere auf ihre Schilde. So war dies eher ein Wunsch, als die Beschreibung von Tatsachen. Nicht umsonst finden sich diese Legenden besonders häufig bei den Soldatenkaisern.

Die Standarddarstellung war Concordia Militum mit je einem Feldzeichen in den Händen. Dies ist ein Antonian des Probus (276-282), RIC V/2, 480
probus_(ticinum)480_E.jpg
Die nächste Münze wurde von Aureolus unter Kaiser Postumus geprägt. Aureolus war unter Valerian dux equitum, griff später Postumus an und nahm 268 n.Chr. selbst die Kaiserwürde an. Die Legende Concordia Equitum sagt nichts anderes, als daß er von seiner Reitertruppe abhängig war und ein gutes Verhältnis zu ihr erhoffte. Bezeichnend ist die Fortuna auf der Rückseite, die ihm ebenfalls günstig gesonnen sein sollte. Am Ende dieses Jahres wurde er von seiner eigenen Prätorianergarde getötet.
postumus(aureolus)_373.jpg
Aureolus unter Postumus, RIC V/2, 373

Nach einer Vermutung von Hübner drückt der Ausdruck Concordia Augusti die Eintracht des Kaisers mit dem Volke aus. Bei dem folgenden Solidus des Honorius mit der Legende Concordia Avggg schwingt aber das Versprechen oder der Wunsch nach Eintracht der Kaiser untereinander mit. Diese war selbst unter Brüdern nicht selbstverständlich, wie wir aus der Zeit des Constantins wissen.
honorius_arcadius_24.jpg
Honorius, RIC X, Arcadius 24

Außerhalb von Rom wurde Concordia vor allem in Spanien, Africa und Gallia cisalpina verehrt (Pauly)

Quellen:
(1) Plutarch
(2) Sallust, Historiae
(3) Livius, Ab urbe condita
(4) Sueton, Kaiserviten
(5) Cassius Dio, Römische Geschichte
(6) Ovid, Fasti

Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon  der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wikipedia

Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Di 01.02.22 12:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Perinawa (Di 01.02.22 12:24)
Omnes vulnerant, ultima necat.

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