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von Tobias DMark Show » Do 20.03.25 17:45
Kurz vorweg zur Entstehung dieses Threads: Ich hatte im Thread „Bayerisches Hauptmünzamt auf Social Media“ geantwortet. Jemand (ich nehme an: Numis-Student) hat daraus einen eigenen Thread gemacht. Der Anfang erscheint dadurch „holprig“.
Nun zum eigentlichen Thema:
Das Bayerische Hauptmünzamt bringt ein Anlageprodukt zu 1 Unze Feinsilber heraus. So weit, so gut.
Motiv: Wappen mit Umschrift BAYERISCHES HAUPTMÜNZAMT MÜNCHEN auf der einen Seite. Schloss Neuschwanstein mit „Wertangabe“ 1 BAYERN THALER und Jahreszahl sowie der Umschrift BAVARIAN STATE MINT – NEUSCHWANSTEIN CASTLE auf der anderen Seite.
So weit, so schlecht. Ein Nominal, das niemals existierte. Kombiniert mit einem Englisch-Deutsch-Mischmasch.
Der Preis für diese Medaille in Stempelglanz (ohne Etui und ohne Kapsel) aktuell 44,99 Euro.
Der Preis für eine Münze zu 1 Unze Feinsilber (Maple Leaf oder Philharmoniker) aktuell ca. 37 Euro.
Mehrpreis der Medaille 8 Euro bzw. relativ über 20%
So weit, so sehr schlecht.
Das Ganze wird noch getoppt von der Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen und Heimat. Hier Auszüge:
Finanz- und Heimatminister Albert Füracker:
„Diese Münze ist nicht nur ein Symbol für bayerische Tradition, sondern auch ein wertvolles Sammlerstück, das die Herzen von Münzliebhabern und Touristen gleichermaßen erobern wird!“
Finanz- und Heimatstaatssekretär Martin Schöffel:
„Mit der Bullion-Münze ‚Neuschwanstein‘ zeigen wir, dass unser Bayerisches Hauptmünzamt Tradition pflegt und gleichzeitig am Puls der Zeit agiert. ... Lassen Sie uns gemeinsam in eine neue Ära der Geldanlage starten und die bayerische Münzgeschichte neu schreiben!“
Reinhard Riffel, Leiter des Bayerischen Hauptmünzamts:
„Mit den Bayern Thaler Münzen schaffen wir eine hochwertige deutsche Alternative für Anleger, die in physische Edelmetalle investieren möchten – in erstklassiger Metall- und Prägequalität sowie zu wettbewerbsfähigen Preisen.“
Wenn selbst der Finanzminister, der Staatssekretär und der Leiter der Münze den Unterschied zwischen Münze und Medaille nicht kennen, dann gute Nacht, Bayern! Das ist unter BILD-Niveau.
Und wo ist die „bayerische Tradition“?
Mit dem Thaler haben die Bayern gefremdelt, haben stattdessen in Gulden und Kreuzer gerechnet und bezahlt.
Schloss Neuschwanstein liegt zwar in Bayern, ist als neuromanischer Bau aber nichts typisch Bayerisches. Und mehr oder weniger fertiggestellt wurde das Schloss 1892, da gab es schon seit über 20 Jahren die Mark, der letzte Thaler wurde 1871 geprägt. Passt also zeitlich auch nicht zueinander.
Auf vieles in Bayern ist man dort stolz, die englische Sprache gehört wohl nicht dazu - und auch nicht zur bayerischen Tradition.
Und dass es auch nur ein annähernd ähnliches Motiv auf bayerischen Münzen gegeben hätte, wäre mir neu.
Überspitzt formuliert: Diese Medaille hat für mich nichts mit bayerischer Tradition zu tun.
Dass die Medaille die Herzen von Münzliebhabern erobern wird, glaube ich nicht. Auf mich bezogen kann ich sagen: Definitiv nicht.
Die Herzen von Touristen wird sie eher erfreuen. Im Souvenir-Shop von „Neuschwanstein Castle“ wird sie unter fernöstlichen oder amerikanischen Touristen ein Renner werden können. Und nur dort gehört sie hin. Daher wohl auch die englischen Teile der Umschrift.
Als Anlageprodukt ist diese Medaille angesichts des hohen Aufschlags auch nicht zu gebrauchen.
Eine neue Ära der Geldanlage? Halte ich für einen schlechten Witz.
Bayerische Münzgeschichte neu schreiben? War denn die bisherige Münzgeschichte falsch, so dass man sie neu schreiben muss? Selbst für ein Fortschreiben der Geschichte wird es nicht reichen.
Mein Fazit in Schulnoten von 1 bis 6:
Medaille 6
Pressemitteilung 7