Artukiden

Asiaten und was sonst noch der Antike zuzuordnen ist

Moderator: Numis-Student

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ischbierra
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Artukiden

Beitrag von ischbierra » Fr 17.05.24 23:46

Liebe Forumulaner,
ich muß mal mit einer Bemerkung beginnen. Das Stück, welches ich zeigen will, ist genaugenommen keine antike Münze. Unter Asien will ich sie aber nicht zeigen, weil sie dort im Kontext neuzeitlicher Münzen stehen würde. Ins Mittelalter würde sie gehören, aber da geht es nur um Europa. :?
So bleibt mir aber eigentlich nur die Rubrik: sonstige antike Münzen.
Zeigen möchte ich zwei Münzen, die ich innerhalb weniger Tage erworben habe und die sich aufeinander beziehen.
Die erste ist ein AE-Dirhem der Artukiden von Hisn Kayfa und Amid; Fakhr al-Din Qara Arslan, 1144-1174 (539-570 AH), oJ, o.Mz., 7,27 gr.; S/S 2,2a
Die andere ist ein anonymer byzantinischer Follis aus der Zeit 1050-1060, 9,1 gr.; Sommer 40,6.
Man kann deutlich sehen, dass der byzantinische Follis zum Vorbild für den ca. 100 Jahre späteren AE-Dirhem der Artukiden wurde.
Für islamische Münzen sind menschliche Darstellungen ungewöhnlich, erst Recht christliche Motive. Anfangs kopierten die Omayyaden byzantinische Folles (Arabo-Byzantiner), dann wurden die Münzen bildlos. Und dann, inder ersten Hälfte des 12.Jd. bis gegen Ende des 13. Jhd. (also etwa in der Zeit der Kreuzzüge) tauchten im Vorderasiatischen Bereich Münzen mit Bildnissen auf, bei der Artukiden, Zengiden, Ayyubiden und etwas später dann auch vereinzelt bei den Rumseldschuken auf.
Vielleicht können wir hier Beispiele dieser ungewöhnlichen Münzen zusammentragen.
Dateianhänge
1144-1174 Fakhr al-Din Qara Arslan, Dirhem, oJ; oM; SS2,2a (1).JPG
1144-1174 Fakhr al-Din Qara Arslan, Dirhem, oJ; oM; SS2,2a (2).JPG
1050-1060, Follis, Klasse D; So 40,6 (1).JPG
1050-1060, Follis, Klasse D; So 40,6 (2).JPG
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minimee
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Re: Artukiden

Beitrag von minimee » Mo 28.04.25 17:07

Lieber schierra,
dies Orientalen sind schon speziell. Wie wir fast alle wissen.
Es gibt nur sehr wenige Numismatiker, die da trittsicher sind.
Einer davon ist Sebastian Hanstein in Tübingen.
Der hat mir meine Menkujakiden-Denare wunderbar bearbeitet.
Grüße
minimee

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Re: Artukiden

Beitrag von andi89 » Fr 02.05.25 20:40

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich die Idee wunderbar finde. :D
Ein paar wenige Münzen kann (und werde) ich dazu auch gerne beitragen.
Und zum Schluss: Qualitativ ganz tolle Stücke, die du da zeigst, ischbierra!
"...nam idem velle atque idem nolle, ea demum perniciosa amicitia est." (frei nach C. Sallustius Crispus)

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Re: Artukiden

Beitrag von ischbierra » Fr 02.05.25 22:20

Das erste Stück, welches ich oben zeigte, war ein AE-Dirhem von Fakhr al Din Qara Arslan. Die Artukiden beherrschten Südostanatolien. Der Dynastiegründer war ein General unter den Seldschuken. Münzmäßig sind im wesentlichen zwei der drei Linien in Erscheinung getreten. Die eine beherrschte von 1101- 1232 Hisn Kayfa und Amid, das heutige Diyarbarkir. Die andere Mardin und Maiyafariqin von 1101-1409. Weitere Stücke die ich zeige zitiere ich nach den beiden Bänden von Spengler und Sayles, Turkoman Figural Bronze Coins and their iconography, Wisconsin 1992 (Artukiden), 1996 (Zengiden).
Hier ist ein weiterer AE-Dirhem von Fakhr al-Din Qara Arslan 1144-1174 (539-570 AH) aus dem Jahr 1166 (562 AH), 12,01 gr.; S/S 7
Dateianhänge
1144-1174 Fakhr al-din Qara Arslan, Dirhem 562; S+S 7 (1).JPG
1144-1174 Fakhr al-din Qara Arslan, Dirhem 562; S+S 7 (2).JPG
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Re: Artukiden

Beitrag von andi89 » Sa 03.05.25 14:25

Hier kommt ein Artukide aus der von anderen von ischbierra erwähnten Linie; die beiden Münzherren waren Cousins.

AE-Dirham des Najm al-Din Alpi (547 - 572 / 1152 - 1176)
AV: Najm al-Dîn
Männlicher Kopf mit Diadem nach recht; laqab des al-Din Alpi
RV: Malik al-umarâ / Abû al-Muzaffar / Alpî bin // Timurtâsh bin / Îl-Ghâzî / bin Artuq
Legende in einfachem Kufisch; kunya, ism und laqabs des Alpi in drei Zeilen, Pedigree drei Generationen zurück
Durchmesser: 27,5 - 29 mm Gewicht: 12,74 g Stempelstellung: 3 h
Spengler & Sayles 27
IMG_0582f.jpg
IMG_0582g.jpg
Interessant zu erwähnen, dass das Portrait in erstaunlicher Weise denen des seleukidischen Herrschers Antiochos VII ähnelt. Das sind immerhin knapp 1300 Jahre bevor dieser Dirham geprägt wurde. "Erfunden" hat die Darstellung der Vater des Alpi, Husam al-Din Timurtash, damals aber noch ohne Inschrift am Hals. Den Typ des Vaters (und auch den des Sohnes) gibt es auch mit Gegenstempeln, mit dem selben Inhalt wie die Legende auf der Vorderseite dieses Typs.

Beste Grüße
Andreas
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Re: Artukiden

Beitrag von ischbierra » Di 06.05.25 10:33

Es folgt ein weiteres Stück vom vorher gezeigten Najm al-Din Alpi. Hier standen eine römische Provinzialmünze von Flaviopolis und eine byzantinische Pate.
AV: Najin al-Din; Malik Diyarbakr
RV: Abu al-Muzaffar Alpi/ bin/ Timurtash bin il-Ghazi bin/ Artuq
S/S 28
Dateianhänge
1152-1176 Najm al-Din Alpi  AE-Dirhem oJ,oMzst (2).JPG
1152-1176 Najm al-Din Alpi  AE-Dirhem oJ,oMzst (1).JPG
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Re: Artukiden

Beitrag von ischbierra » Sa 10.05.25 14:36

Ein weiterer Dirhem von Najm al-Din Alpi aus der Zeit 1164-1170: 12,26 gr., S/S 30.1
Dateianhänge
1152-1176 Najm al din Alpi AE-Dirhem (1).JPG
1152-1176 Najm al din Alpi AE-Dirhem (2).JPG
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Re: Artukiden

Beitrag von andi89 » So 11.05.25 12:31

Ich zeige erst mal keinen neuen Typ, sondern reihe hier mein Exemplar des zuvor gezeigten Typs mit ein.
IMG_0531f.jpeg
IMG_0531e.jpeg
Durchmesser: 29,5 - 31,5 mm Gewicht: 11,18 g Stempelstellung: 1 h
Die beiden Büsten auf der Vorderseite repräsentieren die Gemini (Castor & Pollux), während die Büste auf der Rückseite wohl Virgo darstellen soll. Ein schönes Beispiel, welch große Rolle stellare Ereignisse und Konstellationen auf diesem Prägungen spielen, zumal es sich bei den Gemini um das Tagdomizil und bei der Jungfrau (VIrgo) um das Nachtdomizil des Merkur handelt.
Auch auf dem zuvor von ischbierra gezeigten Typ findet sich diese Darstellung schon. Castor und Pollux als Büsten auf der einen Seite und die vom byzantinischen Vorbild fast exakt übernommene Darstellung der segnenden Jungfrau auf der anderen Seite.

Beste Grüße
Andreas
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Re: Artukiden

Beitrag von andi89 » Di 13.05.25 19:55

Als nächstes möchte ich einen Typ vorstellen, der in meiner Wahrnehmung deshalb aus der Prägung der Artukiden heraussticht, da er eine besondere stilistische Vielfalt aufweist. Vielleicht sind viele der anderen Typen auch im Vergleich nicht häufig genug um das gut und sicher beurteilen zu können.
AE-Dirham des Qutb al-Din Il-Gazi II (572 - 580)
AV: bin Alpî bin / Timurtâsh bin / Îl-Ghâzî / bin Artuq
Kopf nach rechts, blickt nach oben und trägt verziertes Diadem; alles in Viereck auf Perlen
RV: Îl-Ghâzî / li-Mawlânâ al-mâlik al-`âlim / al`âdil Qutb al-Dîn / Malik al-umarâ Shâh /Diyârbakr
Legende in fünf Zeilen in Naskhi-Schrift; enthält fünf laqabs und den Ism des Herrschers, beginnend in der zweiten Zeile und auf der Vorderseite fortgesetzt
gepr.: 1176 - 1184 (572 - 580 AH)
Durchmesser: 30 mm Gewicht: 9,81 g Stempelstellung: 6 h
Sayles & Spengler 31.1
IMG_0511d.jpg
Vorbild für die Darstellung war mit Sicherheit die Prägung des Constantin I ("eye to God" - https://www.acsearch.info/search.html?id=13941091)

Beste Grüße
Andreas
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