Mythologisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Peter43
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 06.12.20 14:01

Exkurs:  Die  Prozession  des Kalathos  der  Demeter

Zum großen Thema der Demeter gehört unbedingt die folgende  Münze:

Titus,  79-81 n.Chr.
AR -  Denar, 3.22g, 18.14mm, 180°
         Rom,  Januar - Juni 79 (als Caesar)
Av.: T CAESAR IMP VESPASIANUS (von rechts unten gegen den Uhrzeigersinn)
        belorbeerte  Büste  n.r.
Rv.: TRP VIII COS VII
        langsame Quadriga n.l., darauf hoher, girlanden-verzierter  Korb  mit  Getreideähren
Ref.: RIC II, (Vepasian) 206var. (dort Quadriga  n.r.); CBN (Vespasian) 226-7 und <pl.> XXXIV; C.336; BMC  256
nicht  häufig, gutes SS, alte  Kabinettönung
Pedigree:
ex coll. Lawrence M. Woolslayer (mit Zertifikat von David Sear, 13.12.2005)

'"Die Quadriga mit dem Getreidekorb zeigt die Prozession des Kalathos der Demeter, besungen von Kallimachos in seiner Hymne an Demeter. Sie war bereits e-schienen auf Münzen der Münzmeister des Augustus 17 v.Chr. (cf. BMC 38). Sie ist zweifellos abgeleitet von Alexandria und bezeugt die Bedeutung Ägyptens als Kornkammer Roms, sogar trotz aller Anstrengungen des Kaisers, die Landwirtschaft in Italien wieder-zubeleben"  (Mattingly, p.xIii, BMCRE)

"[Beginnt zu singen], ihr Jungfrauen, und singt den Refrain, ihr Mütter: 'Demeter, herzlich willkommen, du vielernährende, du vielschefflige!' Und so, wie die lichthaarigen Stuten den heiligen Korb heranführen, vier an der Zahl, so wird uns die große Göttin kommen, weithinherrschend, einen herrlichen Frühling, einen lichten Sommer und Winter bringen und den Herbst, ein  Jahr  aufs  andere  wird  sie  uns  schirmen."
(Kallimachos, Hymnos VI, 118. Übersetzung von Markus  Asper,  Kallimachos,  Werke,  2004  WBG)

Anmerkung:
Kallimachos von Kyrene (305-240 v.Chr.,) war ein bedeutender hellenistischer Dichter und Gelehrter.

Mit freundlichem Gruß
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titus_206var.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 07.12.20 10:47

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von justus » Di 08.12.20 02:36

Peter43 hat geschrieben:
Do 12.03.20 21:23
Luna Lucifera - Die römische Mondgöttin
In meiner römischen Votivgaben-Sammlung befinden sich auch einige "lunulae", also kleine Luna-Amulette. Wie sind diese Amulette zu interpretieren? Luna Lucifera oder Luna/Selene? Welche Schutzfunktion erwartete der/die Amulett-Träger/in?
Hier z. B. eine Votivgabe als Luna-Symbol aus Blei.
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VG 040.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 08.12.20 08:42

Ich bin kein Experte für Amulette, kenne mich aber etwa mt antiker Mythologie aus. Und da war mein erster Gedanke, daß Dein Luna-Amulett etwas mit Geburten zu tun hat. Also gedacht entweder als Hilfe für eine leichte Geburt oder überhaupt bei (unerfülltem) Kinderwunsch für eine Geburt.

Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von justus » Di 08.12.20 09:33

Peter43 hat geschrieben:
Di 08.12.20 08:42
Ich bin kein Experte für Amulette, kenne mich aber etwa mt antiker Mythologie aus. Und da war mein erster Gedanke, daß Dein Luna-Amulett etwas mit Geburten zu tun hat. Also gedacht entweder als Hilfe für eine leichte Geburt oder überhaupt bei (unerfülltem) Kinderwunsch für eine Geburt.

Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Fr 18.12.20 14:25

Ahura Mazda – der Herr der Weisheit

Ich wollte schon lange einen Artikel über Ahura Mazda schreiben, habe mich aber immer gescheut, weil es mir als ein zu umfangreiches Unternehmen erschien. Nun in meiner Corona-Karenzzeit habe ich mich entschlossen, endlich damit zu beginnen. Für diesen Artikel gilt der Untertitel meines Mythologiebuches ganz besonders: "Reise in ein fernes Land"! Ich habe 3 Münzen in meiner Sammlung, die sich auf Ahura Mazda beziehen, und die eng miteinander verwandt sind, wie wir sehen werden. Die Münze, die zu Beginn des Artikels steht, habe ich bereits einmal in einem Artikel über Hormisdas vorgestellt. Aber da ging es um den sassanidischen Großkönig. Das Sassanidenreich war nach dem Reich der Achämeniden das 2. persische Großreich und ging unter im 7.Jhdt. n.Chr. durch die Expansion der islamischen Araber.

Münze  #1:
Sassanidenreich, Hormizd  II., 309-309  n.Chr.
AR - Drachme, 3.48g, 27,2mm, 90°
Av.: Legende  in  Pahlevi,  abgekürzt  und  verderbt:
       ly. .KLM n . KLM [ydzmrhw'] y gb n s d [y?]z m
  (= "Der Verehrer des Mazdahs, der göttliche Hor-
mizd, der König der  Könige  des  Iran,  der  von 
den Göttern  herabgestiegen  ist")
  Bärtige Büste n.r., Krone mit Adler n.r.,
der in seinem  Schnabel  eine  Perle  trägt,  darüber  Korymbos
       (Göbl  Kronentyp  I)
Rv.:  Girlandenverzierter  Feueraltar,  in  den  Flammen
        des  Altars  die  bärtige  Büste  des  Ahura  Mazda  n.l.,              
auf der li. Seite Hormizd mit Adlerkrone und Ko-   
        rymbos
n.r. und re. ein bärtiger Priester mit Mau-              
erkrone n.l. stehend, beide mit Pluderhosen und in              
beiden  Händen ein Schwert haltend (Göbl Revers              
1a); hinter den Figuren in Pahlevi 'Feuer des Hor-   
         mizd',  auf der Basis des Altars 3 Globuli überein-
        ander.
Ref.:  cf. Göbl 83; cf. Mitchener
ACW 867; cf. Paruck 176  (haben  alle  nur  einen  Globulus)
fast  SS,  dünner  Stempelbruch  auf  der  Rs.

Erläuterungen  zur  Münze:
Der Korymbos (nicht Globus!) war eine typische Haartracht der sassanidischen Könige. Es bestand aus einer kugelförmigen Zusammenfassung des Haupthaares, das mit einem Seidentuch umgeben war. Jeder Sassanidenkönig hatte seine eigene Krone, woran man sie auf Münzen gut unterscheiden kann. Dank an T.K.Mallon (1956-2014) von grifterrec.com für die Übersetzung der  Pahlevi-Legende.

Münze  #2:
Nezak  Hunnen,  Napki  Malka,  475-576
AE  27  (Drachme),  3.8g,  27.31mm,  90°
Kapisa  (Kabul),  sog.  Bull  crown  type
Av.: Büste mit Flügelhelm und Büffelprotome, drapiert
       und  mit  Ohrringen
      re.  'NPK  MLK,  li.  A  (alles  in  Pahlevi)
Rv.:  Feueraltar mit je einem stark stilisierten Diener re.
        und  li.,  über  jedem  ein  Sonnenrad
Ref.:  Göbl  Typ  198;  Mtchener  1510-12
SS/S+, mit hübscher grüner Patina, perfekt zentriert

Bemerkungen:
Die Nezak Hunnen, nicht zu verwechseln mit den Weißen Hunnen (Hephthaliten), waren die letzten der 5 Hunnenvölker am Hindukusch und verdrängten die Alchon-Hunnen von Kapisa, dem heutigen Kabul. Nach der Niederlage des Sassanidenkönigs Peroz I. 474 gegen die Hephthaliten errichteten sie ein Reich in Nordafghanistan, bis sie selbst durch die islamischen Araber untergingen. Sie taten sich durch eine umfangreiche Münzprägung hervor. Diese Münze ahmt die Sassaniden-Münzen nach. Einige meinen, daß Napki Malka, die Legende auf der Vs., nicht der Name eines Königs ist,  sondern  ein  Titel.

Zum Unterschied zur Münze der Sassaniden, erscheint hier nicht die Büste des Ahura Mazda in den Flammen des Altars. Vielleicht war dies ein Unterschied zur sur-vanistishen Variante des Zorastrismus der Sassaniden?

Die nächste ist die älteste der 3 Münzen. Die Sassaniden hatten ihr Reich bis zum Indus ausgedehnt. Auch Baktrien im heutigen Nord-Afghanistan stand unter ihrer Kontrolle. Dort setzten sie Statthalter ein, die Kushan-Sassaniden, die das Land für sie regierten. Auch sie gingen unter durch die Expansion des Islam.

Münze  #3:
Kushan-Sassaniden, Hormizd I., "Kuschanschah", ca. 265-295  n.Chr,
AE  16  (Drachme)
Av.:  Legende  in  Pahlevi
         Bärtige  Büste  mit  Löwen-Kopfschmuck  n.r., darü-
         ber  segmentierte  Kugel;  dahinter  lange  Bänder,  die
       von  den  Haaren  emporfliegen
Rv.:  Legende  in  Pahlevi
        Girlandenverzierter Altar, aus dem Ahura Mazda
        emporsteigt,  in  der  li.  Hand  Szepter,  in  der  re. 
        Hand  Kranz  mit  langen  Bändern
Ref.:  Mitchiner  ACW  1280-87
S/SS,  dunkelgrüne  Patina

Bemerkungen:
Die Figur, die aus dem Altar steigt, wird regelmäßig Ahura Mazda genannt. rifterrec.com nennt sie allerdings  „Anahita(?)“,  eine alte iranische Göttin des Wassers und der Fruchtbarkeit, die später mit der semitischen  Ishtar  verschmolz.

Etymologie:
Im 8.Jhd. tauchte in Medien zuerst der Name Ahura auf, verwandt mit dem vedischen Wort "asura" für "Herr". Mazda ist verwandt mit dem vedischen Wort "medh" für "Verstand, Weisheit" Beide Begriffe stammen also aus dem Proto-Indo-Iranischen. Zunächst wurden sie getrennt benutzt, so z.B. auch unter Zarathustra. Erst unter dem Achaemeniden Dareios I. (522-486 v.Chr.) wurden sie zu Ahura Mazda vereinigt, was dann "Weiser Herr" bedeutet. Das geht hervor aus der Behistun-Inschrift in einem großen Felsrelief in der Nähe von Kermanschah. Diese Inschrift spielte für die Entzifferung der Keilschrift eine ähnlich überragende Rolle wie der Stein von Rosette für die Entzifferung der Hieroglypen). Man sieht hier, wie eng Etymologie auch mit  politischer  Geschichte  verbunden  ist.

Mythologie:
Als im Zusammenhang mit dem Sesshaftwerden eine Verschmelzung der Nomaden- mit der Ackerbaukultur einherging, bildete sich auch eine neue Religion. Der Zoroastrismus ist wahrscheinlich in Baktrien (im heutigen Nord-Afghanistan) entstanden und hatte enge Beziehungen zu alt-indischen Vorstellungen. Ahura Mazda  selbst  ist  bereits  vorzoroastrisch bekannt.

Er spaltete sich auf in Mazdaismus und Parsismus, die im Achaemenidenreich alle nebeneinander bestanden, Im Sassanidenreich entstand dann noch eine survanistische Variante, Während der Zoroastrismus zu-nächst eher monotheistisch war, wurde er im Survanismus dualistisch. In dieser Form hatte er großen Einfluß auf das Judentum, das während der babylonischen Gefangenschaft z.B. die Endzeitvorstellungen und die Hölle von ihm übernahm, was später auch vom Christ-entum  aufgenommen  wurde,

(1)  Zarathustra
Zarathustra (griech. Zoroaster,), 2.-1.Jh. v. Chr., war ein Philosoph und Religionsstiifter im Nordostiran. Seine Lehre ist aufgeschrieben in der Avesta, dem heiligen Buch des Zoroastrismus, von dem es aber nur noch Abschriften gibt, und in Kommentaren, dem Zend. Diese sind in der Zeit der Sassaniden entstanden. Die ältesten Teile, die Gathas, soll Zarathustra selbst geschrieben haben. Als der Islam das persische Reich überrannte, flohen die Parsen mit den heiligen Büchern nach Indien. 1907 wurden von Sir Aurel Stein Abschriften erworben und so der westlichen Wissenschaft  zugänglich  gemacht.

Unter Dareios I., dem 1. Herrscher der Achaemeniden, wurde der Zoroastrismus zur Staatsreligion. Im Mittelpunkt stand bei ihm der Schöpfergott Ahura Mazda (deshalb auch oft Mazdaismus genannt) oder Ormuzd, auch Schöpfer der sittlichen Ordnung, deren Schwerpunkt auf der Wahrheit lag. Ihm untergeordnet waren die beiden dualistischen Geistwesen Spenta Manju (hochbringender Gott) und Angra Manju (böser Geist), in mittelpersishen Texten Ahriman genannt. Unter den Sassaniden entwickelte sich die Variante des Survanismus heraus, bei der Survan, die Personifizierung der Zeit, Vater der beiden war. Hieraus entstand die dualistische Vorstellung vom ewigen Kampf des Guten gegen das Böse. Eigentlich widersprach dies der Lehre des Ahura Mazda, die im Kern monotheistisch war. Aber unter den Sassaniden bestanden alle Religionsvarianten friedlich nebeneinander. Nach der Lehre des Mazdaismus und des Parsismus vernichtet Ahura Mazda am Ende der Zeiten Ahriman. Es findet ein Weltgericht statt, die Bösen werden bestraft und die Guten belohnt mit einem ewigen Leben im Reich des Ahura Mazda. Im Grunde ist diese Religion am Ende nicht  dualistisch,  wie  oft  behauptet  wird.

(2)  Mani
Mani (216-276) war ein persischer Religionsstifter unter den Sassaniden, der die synkretistische Religion des Manichäismus als Offenbarungsreligion erfand.. Sie setzte sich zusammen aus orientalischen, hellenistischen, christlichen Elementen, und insbesondere der Gnosis. Sie war nun ganz abgestellt auf den ewigen Kampf der 2 dualistischen Mächte Ormuzd (des Guten) und Ahriman (des Bösen). An beiden hat der Mensch Anteil. Erlösung gelingt ihm nur durch die Zuführung seiner Lichtteile ins Reich des Lichts, während das Dunkle, Materielle der Finsternis überlassen wird.. Am Ende der Zeit geht das Böse durch Feuer unter (Ekpyrosis, die bereits Heraklit bekannt war). Mani wurde von den zoroastrischen Priestern bekämpft, die erreichten, daß er unter Bahram I. ins Gefängnis geworfen wurde, wo er starb. Der Manichäismus wurde wegen seiner Dualltät vom Christentum vehement bekämpft, hatte aber auch großen Einfluß auf ihn, z.B. auf Augustinus  mit  seiner  Zwei-Reiche-Lehre.

Zoroastrismus  heute
Anhänger des Zoroastrismus gibt es auch heute noch.In Indien, dem Iran, den USA und Kanada leben ca. 150000 Zoroastrier, davon allein 10000 in der irani- schen Wüstenstadt Yazd, die sich aber alle z.T. beträchtlich  unterscheiden.

Berühmte Anhänger waren der Achämenide´Xerxes I. (519-465 v.Chr,) und der Sassanide Shapur I. der Große (gest. um 270 v.Cht.). Zoroastrier in der Gegenwart waren z.B. Feroze Gandhi, der Ehemann von Indira Ganhi, und der Rockmusiker Freddie Mercury von den Queens.

Kunstgeschichte:
(1) Ahura Mazda war eher eine geistige Wesenheit, als ein körperlicher Gott, im Gegensatz z.B. zu Mithras, So gab es laut Herodot im alten Iran keine Bilder von ihm. Sein Symbol war das Feuer. So stellt der bekannte Faravahar auch nicht Ahura Mazda dar! Er ist ein Symbol für die 3 zoroastrischen Prinzipien Gutes Denken, Gutes Sprechen und Gutes Tun. Wegen seiner großen Bedeutung wurde er im Achaemenidenreich zu einem nationalen Hoheitszeichen, das in Palästen und Denkmälern eingemeißelt wurde. Das erste Bild zeigt das Faravahar-Relief  in  Persepolis.

(2) Nach der Bilderstürmerei (Ikonoklasmus) unter den Parthern durfte Ahura Mazda unter den Sassaniden wieder dargestellt werden. Das Relief von Naqsch-e Radschab, 3.Jh. n.Chr. zeigt Ahura Mazda, der Ardashir I., dem Gründer der Sassanidendynastie, den Herrschaftsring (Cydaris) überreicht. Diese Szene wird aber auch anders interpretiert: Ardashir I., erhält den Herrschaftsring vom Geist des Dareios I. aus der Achämeniden-Dynastie. Unter dem Pferd des Ardashir liegt Artabanus, der letzte Partherkönig, unter dem Pferd von  Dareios  I.  der  Magier  Gautama,  ein  Usurpator.

Literatur
(1)  Regenbogen/Meyer,  Wörterbuch  der  philosophischen  Begriffe,  WBG  1998
(2)  Friedrich  Nietzsche,  Also  sprach  Zarathustra
(3)  Wikipedia
(4)  http://grifterrec.rasmir.com/coins.html

Mit freundlichen Grüßen
Dateianhänge
hormizdII_Göbl_I.1a.jpg
Sassaniden, Hormizd II.
nezak_huns_Göbl198_hell.jpg
Nezak Huns, Napki Malka
NCa27iD8A7y34PbomtG5b6HL9MfxcF.jpg
Indo-Skythen, Hormizd I.
Persepolis_-_carved_Faravahar.jpg
Faravahar von Persepolis
Naqsh_i_Rustam._Investiture_d'Ardashir_1.jpg
Relief von Naqsch-e Radschab
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Fr 18.12.20 14:30

Exkurs:  Nietzsche,  Also sprach  Zarathustra

In diesen Zusammenhang gehört unbedingt Nietzsches „Also sprach Zarathustra“. Dieses sprachgewaltige Werk Friedrich Nietzsches (1844-1900) ist leider von den Nazis mißbraucht worden. Und dieser Schatten schwebt immer noch über Nietzsche, insbesondere aber  über  diesem  Werk. Doch zunächst muß gesagt werden, daß Nietzsches Zarathustra außer dem Namen nichts mit dem historischen Zarathustra aus dem vori-gen  Artikel  gemeinsam  hat.

Inhalt:
Nachdem er 10 Jahre als Einsiedler gelebt hat, beschließt Zarathustra, seine gewonnene Weisheit den Menschen zu verkündigen. In einem Dorf, dessen Einwohner gerade auf den Auftritt eines Seiltänzers warten, beginnt er über den „Übermenschen“ zu predigen: „Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. Was  habt  ihr  getan,  ihn  zu  überwinden?“

Vom höhnischen Gelächter der Dorfbevölkerung abgewiesen, beschließt er, nicht mehr zum Volk, sondern nur noch zu hervorragenden Persönlichkeiten zu sprechen. Er setzt seine Reise fort und beginnt eine lange Reihe von Predigten, Gesängen und lyrischen Selbstgesprächen, mit denen er seine Lehre dem Leser offenbart. Dabei bleibt kein Lebensbereich ohne Kritik: Kirche, Staat, Wissenschaft und Künste. Seine Rhetorik ist gewaltig, er benutzt alle Stilelemente und Ausdrucksmittel. Die ewige Wiederkehr des immer Gleichen ende im Nihilismus. Nur der Wille zur Macht könne ihn überwinden. Der Dekadente gehe unter, nur der wahrhaft Starke nehme sein Schicksal bejahend an (amor fati). So lasse sich die Stärke des Menschen nur an seinem Abfall vom Hergebrachten und seiner Liebe zur  Existenz  messen.

Zarathustra schwankt dabei ständig zwischen seinem Wunsch zum Einsiedlertum, das ihm die Möglichkeit zum erfüllenden Denken geben könnte, und seinem Sendungsbewußtsein. Als er aber sieht, wie seine Jünger seine Lehre vom Übermenschen verbreiten, zieht er sich in seine Höhle zurück.

Am Ende wird er dort von einer letzten Verführung heimgesucht. „Höhere Menschen“, die um die Dekadenz der Welt wissen, bitten ihn um Mitleid, da ihnen die Kraft fehlt, sie zu überwinden. Zarathustra aber erkennt im Mitleid ihre Versuchung, weist sie ab und tut so den letzten Schritt zur Vollendung des Übermenschen. Zarsthustras „großer Mittag“ ist gekommen. Er verläßt seine Höhle „glühend und stark, wie eine Morgensonne,  die  aus  dunklen  Bergen  kommt.“

Nietzsche  und  die  Nazis
„Also sprach Zarathustra“ wurde neben Hitlers „Mein Kampf“ und Rosenbergs „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“ im Grabgewölbe des Tannenberg-Denkmals niedergelegt. Besonders Nietzsches Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche hatte eine Affinität zu den Nazis. Zur Trauerfeier bei ihrem Begräbnis erschien Hitler persönlich. Und natürlich wurde der „Übermensch“ als „Herrenmensch“ im Sinne der Nazis aufgefaßt. Aber bereits bei den Nazis war die Meinung nicht einhellig. Z.T. wurde seine Philosophie als unvereinbar mit dem Nationalsozialismus angesehen. So sei Nietzsche ein Gegner des Sozialismus, ein Gegner des Nationalismus und ein Gegner des Rassegedankens gewesen. Wenn er sich von diesen Ideen verabschiedet hätte, so stand in einem Artikel einer Zeitung, dann wäre er vielleicht ein guter Nationalsozialist geworden. Auch seine Judenfreundlichkeit wurde ihm vorgeworfen, und daß er nie ein Verständnis für die Arbeiterfrage gehabt hätte. So bestand also ein deutlicher Widerspruch zwischen der Nietzscheverehrung durch die Nazi-Institutionen und der individuellen Rezeption seiner Philosophie.

In der heutigen Forschung waren es insbesondere Marxisten und Linksliberale, denen Nietzsche als Mitverantwortlicher des Nationalsozialismus gilt. Dieser Ansicht sind auch einige Konservative. Die Deutschen taten sich insgesamt nach 1945 mit Nietzsche schwer. In Frankreich und Italien hingegen wurde er rehabilitiert. Bedeutende Philosophen, z.B. Deleuze oder Montinari, machten sich für ihn stark und sahen eine Verfälschung durch den Nationalsozialismus (Wikipedia)

Inzwischen ist er der Philosoph, zu dem heute die meisten Arbeiten erscheinen. Die aktuelle Nietzsche-forschung in Deutschland geht inzwischen ebenfalls nahezu einhellig von einem Missbrauch Nietzsches aus. Ein Missbrauch, der sich fortsetzt bei heutigen Rechtsextremisten!

Hinzugefügt habe von Edvard Munch das Bild "Friedrich Nietzsche", 1906

Literatur:
(1)  Friedrich  Nietzsche,  Also  sprach  Zarathustra
(2)  www.zeit.de
(3)  Wikipedia

Mit freundlichem Gruß
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Munch_Friederich_Nietzsche.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Fr 18.12.20 14:32

Herakles und der Erymanthische Eber

Endlich habe ich meiner Sammlung wieder eine Münze zu den 12 Taten des Herakles hinzufügen können.

Münze:
Thrakien, Hadrianopolis, Geta, 209-212
AE 27, 11.2g
Av.: AVT K Π CEΠT - IMIOC ΓETAC
        Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert,  n.r.
Rv.: AΔPIANO - ΠOΛITΩ
        Herakles, nackt, nach rechts gehend, auf der li. Schulter den Erymanthischen Eber, re. vor ihm Eurystheus in einem Speichergefäß kauernd und ihm die Arme abwehrend entgegenstreckend
Ref.: Varbanov 3687 corr. (stempelgleich, schreibt aber ΓETA); Jurukova 436
sehr  selten, S+,  dunkelgrüne Patina
Pedigree:
ex Coin Galleries NYC 28.10.1961

Anmerkung:
Diese Münze zu bekommen, war mit Schwierigkeiten verbunden. Andrew Caldarone von Aegean Numismatics sendet nicht nach Deutschland wegen der idiotischen Bestimmung, daß ausländische Händler Mitglied der deutschen Verpackungsordnung werden müssen. Ich danke meinem Freund Peter Burbules in den USA, der sie auf meine Bitte für mich gekauft hat.

Mythologie:
Im Katalog der 12 Arbeiten des Herakles gilt der Fang dws Erymanthischen Ebers als seine 4. Arbeit.

Erymanthos ist ein Gebirge in Arkadien und war ein ursprüngliches Revier der Artemis (Homer, Odyssee). In der Regel schickten die Götter ein Wildschwein im Zorn, um die Menschen zu bestrafen. Dies war hier nicht so. Der Eber verwüstete die Gegend um Psophis und bedrängte die dort lebenden Bauern. Eurystheus beauftragte Herakles, diesen Eber lebend zu fangen und ihn  nach  Mykene  zu  bringen.

Eigentlich war Erymanthos ein Flußgott, der in Psophis in einem Tempel mit einer Statue verehrt wurde. Nach ihm war dann auch das benachbarte Gebirge benannt worden. Er war der Sohn des Arkas, der Vater des Xanthos und der Großvater des Psophis, des Gründers der Stadt, nach anderen der Sohn des Aristas und der Vater  des  Arrhon.

Dieser Erymanthos sollte nicht verwechselt werden mit Erymanthos, dem Sohn des Apollo, der von Aphrodite geblendet wurde, weil er sie einmal beim Baden nackt gesehen hatte, und der, um seinen Sohn zu rächen, einen Eber schickte, der den Adonis, den Geliebten der Aphrodite, tötete. Diesen Fehler hat z.B. von Ranke-Graves  gemacht.

Die Mutter des Erymanthishen Ebers war Phaia, die Krommyonische Sau, ein Abkömmling von Typhon und Echidna, und die Mutter auch des Kalydonishen Ebers. Sie verwüstete die Gegend um Krommyon bei Korinth und wurde shließlich von Theseus erlegt.

An der Geschichte um den Erymanthischen Eber ist seltsam, daß der Fang des Ebers nur ihren kleinsten Teil ausmacht. Im Vordergrund steht die Vorgeschichte mit der Begegnung und dem Kampf mit den Kentauren, dessen Ereignisse detailliert geschildert werden.

Als Herakles in die Gegend von Psophis gekommen war, wurde er von seinem Freund, dem Kentaur Pholos, einem Sohn des Silen, herzlichst in dessen Höhle aufgenommen und bewirtet. Es wird berichtet, daß er dem Herakles gebratenes Fleisch vorsetzte, während er es roh aß. Ihr Verhängnis war, daß in seiner Höhle der Pithos mit Wein stand, den die Kentauren gemeinsam von Dionysos geschenkt bekommen hatten. Herakles erinnerte ihn daran, daß der Wein gerade für solche Gelegenheiten wie die ihrige gedacht wäre, öffnete ihn und schenkte den Wein aus. Auf den Geruch des starken Weins hin kamen von allen Seiten die Kentauren zu ihnen gelaufen, bewaffnet mit Keulen und Felsbrocken. Pholos versteckte sich ängstlich, aber Herakles empfing sie mit einem Hagel von Pfeilen, und erschoß Ankios und Agrios, ihre beiden Anführer. Obwohl Nephele, die Mutter der Kentauren, einen heftigen Regen sandte, der den Bogen des Herakles unwirksam machte, erschlug er weitere mit seiner Keule, so daß sie zu Cheiron flohen, der von den Lapithen nach Malea, einem Kap am südlichsten Zipfel der der lakonischen Halbinsel, vertrieben worden war.

Dabei hatte ein Pfeil den Arm des Elatos durchbohrt und war im Knie des Cheiron steckengeblieben. Obwohl Herakles den Pfeil sofort aus der Wunde seines Freundes herauszog und Cheiron, der bekanntermaßen selbst ein großer Arzt war, ein Heilmittel (Centaurea) auf die Wunde legte, gab es keine Heilung; denn die Pfeile des Herakles waren alle in das tödlich giftige Blut der Lernäischen Hydra getaucht worden. Heulend vor Schmerz verkroch sich Cheiron in seine Höhle. Aber sterben konnte er auch nicht, weil er als Sohn des Kronos selbst unsterblich war. Erst später durfte er mit Erlaubnis des Zeus seine Unsterblichkeit mit Prometheus tauschen und wurde als Sternbild an den Himmel versetzt. Seitdem heißen unheilbare Wunden Ξειρωνειον ελκος. Dies wurde von Aulus Cornelius Celsus (um 25 v.Chr.- 50 n.Chr.) als Chironium vulnus benutzt und bezeichnete später auch im übertragenen Sinn ein unheilbares Übel.

Inzwischen hatte Pholos seine toten Verwandten begraben und einem den tödlichen Pfeil des Herakles herausgezogen. Er betrachtete ihn und wunderte sich, daß so ein kleines Ding ein so starkes Wesen töten konnte. Dabei fiel ihm der Pfeil aus der Hand, verletzte seinen Fuß und tötete ihn auf der Stelle. Herakles bestattete ihn mit großen Ehren am Fuß des Berges, der jetzt nach ihm Pholoe heißt. Dann machte er sich auf, den Eber zu fangen.

Er jagte ihn aus seinem Dickicht am Fluß Erymanthos auf den Berg in ein tiefes Schneefeld und sprang ihm auf den Rücken. Dann fesselte er das Untier mit Ketten, nahm es auf den Rücken und brachte es nach Mykene zu Eurystheus. Dieser hatte sich aus Furcht in einem großen Pithos versteckt, in den er sich bei Gefahr zurückziehen konnte wie in einen Bunker. Herakles warf den Eber vor ihn hin und wandte sich um, um mit seinem Geliebtem Hylas am Argonautenzug teilzunehmen.

Wer den Eber schließlich getötet hat, ist nicht überliefert. Aber seine Hauer sollen im Apollotempel in Cumae zu sehen gewesen sein (Pausanias)

Anmerkung:
Der Pithos ist ein großes Vorratsgefäß der Antike für Wein, Öl oder Getreide, das im gesamten mediterranen Kulturraum vorkam. Die Herstellung solcher bis zu mannshohen Vasen oder Krüge erforderte besonderes Können  des  Töpfers

Kunstgeschichte:
Während Darstellungen des Herakles und seiner Taten uralt sind, begegnen uns Darstellungen mit dem Motiv des Erymanthischen Ebers erst in der späteren archaischen Kunst ab der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts. Dabei ist der Typus völlig festgelegt und entspricht genau der Darstellung auf der Münze:

Herakles trägt nach rechts ausschreitend das lebende Schwein auf seiner linken Schulter, vor ihm steht ein Pithos, in dem sich der erschreckte Eurystheus versteckt, von dem nur Kopf und Arme zu sehen sind. Das Bild zeigt diese Szene auf einer attischen schwarzfigurigen Amphore, das dem Londonmaler zugeschrieben wird. Aus der archaischen Periode, ca. 540-530 v.Chr., gefunden in Vulci/Italien, heute im Britischen Museum in London.

Quellen:
(1) Homer, Odyssee
(2) Apollodor, Bibliotheke
(3) Diodorus Siculus, Bibliotheca  historica
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Hyginus, Fabulae

Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770 (auch online)
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 1896 (auch online)
(3) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(4) Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie

Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia

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Hadrianopolis_Caracalla_Moushmov2652.jpg
M23_3Erymanthian.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Fr 15.01.21 11:49

Exkurs: Das Schwein in der Antike

Etymologie:
(1) griechisch:
sys, Wildschwein, Hausschwein
choiros, Schwein allgemein
delphax, Jung-Sau
sybros, Eber
molobrion, kolybrion, Frischling = Wildschweinferkel
(2) lateinisch:
sus, porcus Schwein
aper, Wildeber
scrofa, Muttersau
verres, Eber (männl. Hausschwein)
Allein die goße Anzahl an verschiedenen Bezeichnungen zeigt uns die Bedeutung des Schweins für die Menschen der Antike. Und es wurde bereits deutlich zwischen Wildschwein und Hausschwein unterschieden.

Das Wildschwein (Sus scrofa) kam in der ganzen alten Welt nördlich des Mittelmeers vor, aber nicht in Nordafrika. Homer zählte es zu den vom Adel besonders geschätzten Tieren, weil seine Jagd gefährlich war und man sich so als tapferer Held beweisen konnte. Man jagte es mit Hunden und benutzte Netze, Spieße und Gruben. Es ist in viele Sagen eingegangen. Am bekanntesten sind die von Herakles und dem Erymanthischen Eber, von Theseus und der krommyonischen Sau, der Jagd auf den Kalydonischen Eber und vom Tod des Adonis.

Bedeutender war die Rolle des Hausschweins (Sus scrofa domesticus), das seit dem Neolithikum bei allen uns bekannten Kulturvölkern bekannt war. Es war bereits im 3. Jt. aus dem Wildschwein domestiziert worden und da es leicht zu züchten war, war es ein bedeutender Nahrungsspender. Bei Hesiod wird es nie erwähnt, in Homers Ilias nur selten, dann aber häufig in der Odyssee. So war der treueste Freund des Odysseus auf Ithaka der "göttliche" Eumaios, der als Sauhirt des Laertes über eine Herde von über 1000 Schweinen gebot, für die er 4 Hirten brauchte Er selbst war Sohn des Königs Ktesios von Syria, war dann aber als Sklave nach Ithaka gekommen, bis Telemachos, der Sohn ds Odysseus, ihm die Freiheit wiedergab.

Aber das Schwein war als Herdentier nicht nur im Besitz von Adligen, sondern gehörte auch zum Besitz des sog. "kleinen Mannes". Dies galt auch für die Länder des Vorderen Orients, wo es aus religiösen Gründen im Allgemeinen als unrein gilt. Es war ein Hauptnahrungsmittel, besonders die Ferkel waren natürlich beliebt, und es gab besondere Schweinefleisch-Verkaufsstellen. Das Kochbuch des Apicius enthält dazu eine große Anzahl von Rezepten. Von ihm stammt auch die Idee, Schweine mit Feigen zu mästen, um eine besonders wohlschmeckende Leber zu erhalten. Dieses lat. ficatum ist dann über ital. fegato zu franz. foie geworden, was sich heute noch im Namen für die Gänseleberpastete findet.

Ursprünglich waren die Schweine Waldtiere, die sich besonders an Bucheckern und Eicheln sattfressen konnten. Diese "Eichelmast" wurde z.B. im Reinhardswald in Hessen ausgenutzt, in den als sog. "Hutewald" vor 200 Jahren noch annähernd 6 000 Schweine und 20 000 Schafe und Ziegen gleichzeitig getrieben wurden, neben 3000 Pferden und 6000 Stück Rindvieh! Aber schon in der Antike sind Schweineställe bekannt. In der Odyssee solche bis 50 Tiere, später in Rom bis 150. Römische Autoren empfahlen bereits Koben, in denen Muttertiere mit ihren Ferkeln isoliert werden konnten. Auch die Kastration zur Erzielung eines höheren Lebendgewichts war üblich.

Schweine waren überall als Opfertiere bekannt. Sie waren auch keinem speziellen Gott zugeordnet. Bei den Römern wurden sie als Sühneopfer geschlachtet und zur Bekräftigung eines Eides beim Abschluß eines Vertrages aller Art, bei Staatsbündnissen, aber auch beim Ehevertrag. Als Gruppenopfer waren es die Suovetaurilia. Im Gegensatz zum Rind gehörte das Schwein wie Schaf und Ziege zum religiösen Privatbereich.

Das Schwein kommt schon in der Antike in Fabeln (Äsop!) und Sprichwörtern vor, einerseits als Inbegriff des Schmutzigen, andererseits aber auch als etwas Wertvolles. Die Athener kannten als altes Schimpfwort "böotische Sau" (Pindar), συοβοιωτος

Hier will ich auch die Skrofulose erwähnen, eine Erkrankung, die ihren Namen von scrofa, Mutterschwin hatte. Damit bezeichnete man früher mehrere unterschiedliche Erkrankungen des Lymphdrüsensystems mit Geschwüren besonders des Halses und des Gesichtes, an der Muttersauen öfter gelitten haben, eine Bezeichnung die heute obsolet ist. Im Mittelalter war das Königtum, z.B. der Merowinger, mit dem göttlichen Heil verbunden, so daß diese Könige durch Handauflegen auch die Skrofulose heilen konnten. So kamen jährlich tausende Kranke an den Königshof, um sich heilen zu lassen. Diese königlichen Handlungen waren noch üblich unter Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, und bei englischen Königen, wie den Stuarts.

Addendum: Das Porzellan
Die wahre Etymologie des Wortes "Porzellan" wird den meisten wohl unbekannt sein. Aber zur Abrundung dieses Artikels über das Schwein will ich es hier anführen,, obwohl es etwas obszön ist. Dieser Name wurde im 15. Jh. entlehnt aus dem gleichbedeutenden porcellana, dem italienischen Wort für die Kauri- oder Porzellanschnecke. Diese heißt so nach dem italienischen porcellano, einer obszönen Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan, weil dieses in seiner Form an sie erinnert. Eigentlich heißt es "Schweinchen" zu italienisch porco "Schwein". Nachdem die Europäer das Porzellan aus China kennengelernt hatten und dessen Herstellung von den Chinesen geheimgehalten wurde, glaubten viele, daß es wegen der glänzenden Schale aus den Kaurischnecken hergestellt wurde. Es soll dazu sogar Versuche gegeben haben. Also sind die Porzellanschnecken nicht nach dem Porzellan benannt, sondern es  ist  genau  umgekehrt.

Angehängt habe ich
(1) das Bild des Denars des Ti. Veturius aus der römischen Republik, das eine Schwurszene mit Schwein zeigt. Crawford 234/1
(2) ein Photo der Kaurischnecke Cypraea tigerina. Bauchseite

Quellen:
(1) Apicius, Kochbuch
(2) Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deuschen Sprache, 1989
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wikipedia
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Veturia 1.jpg
Cypraea_tigris_#1.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Sa 16.01.21 21:42

Die Familie des Maiandros

Münze #1:
Phrygien, Apameia, pseudo-autonom, 2.-3-Jht. n.Chr.
AE 15, 3.76g, 14.6mm, 180°
Av.: AΠAME - ΩN
Büste der Athena, mit korinthischem Helm, drapiert und mit Ägis, n.r.
Rv.: MAIANΔPOC
Flußgott in Hüftkleid n.l. gelagert, hält in der vorgestreckten Rechten lange
Wasserpflanze und im li. Arm Cornucopiae; ruht mit dem li. Ellbogen auf
umgedrehtem Gefäß, aus dem Wasser n.l. fließt
Ref.: BMC 116; Imhoof Phrygien 115; Prowe III, 1643; SNG München 132-133;
nicht in Falter
selten, SS, Reste von Sandpatina

Apameia, zum Unterschied zu anderen Städten mit dem selben Namen auch Apameia Kibotos genannt, wurde vom Seleukidenkönig Antiochos I Soter (324-261) an der Stelle einer älteren Residenz Kelainai gegründet, und nach seiner Muter Apame benannt. Apameia lag an den Quellen des Maiandros und des Marsyas.

Mythologie des Maiandros
Maiandros war als Flußgott bereits bei Hesiod bekannt. Wie alle großen Flüsse galt er als Sohn des Okeanos und der Thetys. Um ihn herum gab es eine vielseitige Familienmythologie. Eine seiner Töchter, der Najaden, war die Nymphe Kynee, und als Söhne werden Kalamos (Nonn. Dion.) und Marsyas genannt.

Kyanee
Kyanee, die Tochter des Maiandros, war die Nymphe einer Quelle oder eines Brunnens bei Milet. Sie war die Gemahlin des Miletos, des Gründers von Milet. Miletos war ein Sohn des Apollo und der Aireia auf Kreta. In ihn hatten sich Minos, Rhadamanthys und Sarpedon verliebt und stritten um ihn. Als er sich für Sarpedon entschied, wurde er von Minos aus Kreta vertrieben, segelte mit Sarpedon nach Karien und gründete dort die Stadt Milet (Apollodor). Kyanee gebiert dem Miletos die Zwillinge Byblis und Kaunos.

Byblis und Kaunos
Die Geschichte von Byblis ist die Geschichte ihrer blutschänderischen Liebe zu ihrem Zwillingsbruder Kaunos. Von dieser Mythologie gibt es verschiedene Versionen:

(1) Die wunderschöne Byblis wurde von vielen vornehmen Kariern begehrt. Sie aber lehnte alle ab und begann ihren Zwillingsbruder Kaunos zu lieben. Sie hielt das aber geheim, was sie so belastete, daß sie in ihrer ausweglosen Liebe beschloß, sich umzubringen, um ihr Leiden zu verkürzen, und sie stürzte sich von einem hohen Felsen. Aber die Nymphen hatten Mitleid mit ihr und fingen sie auf. Dann versenkten sie sie in einen tiefen Schlaf und machten sie dann als Hamadryade (Baumnymphe) zu einer ihrer Gefährtinnen und unsterblich (Nicander)

(2) Ovid erzählt, tatsächlich habe sie ihrem Bruder durch einen Boten ihre verbotene Liebe gestanden. Der aber floh entsetzt vor ihr in die Fremde, wo er die Stadt Kaunos gründete. Byblis habe sich darauf auf die Suche nach ihm gemacht und Karien, Lykien und andere Länder wie von Sinnen durchstreift, bis sie endlich erschöpft zu Boden gefallen sei und keine Nymphen ihr mehr helfen konnten. Sie löst sich in Tränen auf und wird in einen Brunnen verwandelt (Ovid. Metam. IX, v.452). Dieser Brunnen habe ihren Namen getragen und sei noch lange Zeit am Fuße einer Eiche in Milet bekannt gewesen (Strabon, lib. VII)

(3) Andere erzählen, nachdem ihr Bruder vor ihr in das Land der Lelegen (Nachbarn der Karer) geflohen sei, habe sie sich in ihrer Verzweiflung mit einem Gürtel an einer Eiche erhängt. Aus ihren Tränen aber sei der Byblis-Brunnen entstanden (Aristokritos)

(4) Es gibt auch die Version, daß Kaunos sich in sie verliebt habe, aber da diese Liebe unmöglich gewesen sei, habe er sie geflohen und sich verzweifelt in die Ferne begeben. Byblis aber habe sich auf den Weg gemacht, ihn zu suchen. Als sie ihn nicht finden konnte, habe sie sich an einem Nußbaum erhängt (Conon. Narr.)

Der Mythos hängt wohl mit den Traditionen des Aphroditekults in der Nähe von Milet zusammen und wurde durch die kretischen Kolonisten dieser Stadt genealogisch mit Minos verknüpft (Roscher). Nach Stephanos von Byzanz soll die Stadt Byblos in Phönikien nach Byblis benannt sein.

Kalamos
Kalamos, der Sohn des Maiandros, hatte einen Gefährten Karpos, einen Sohn des Zephyr und einer Hore, den er über alles liebte. Als dieser bei einem Wettschwimmen im Maiandros durch eine bösartige Bö zurückgeworfen wurde und ertrank, wollte er nicht mehr leben und bat Zeus, auch sterben zu dürfen, um mit seinem Geliebten wieder vereinigt zu sein. Zeus hatte Mitleid mit ihm und verwandelt ihn in ein Schilfrohr (Calamus). Es heißt, der Klang des raschelnden Schilfes sei die Wehklage des Kalamos über den Tod seines Geliebten. Karpos wurde zu einer Feldfrucht. Diese Geschichte erzählt Eros dem Dionysos, um ihn über den Verlust seines Geliebten Ampelos hinwegzutrösten (Nonn.Dion. 11, 370ff).

Geographie:
Der Maiandros (Mäander), heute Menderes, ist der längste Fluß im südwestlichen Kleinasien. Er entspringt bei Kelainai und nimmt nach kurzem Lauf den Marsyas auf. In stark gewundenem Lauf mündet er nahe Priene durch ein breites Anschwemmungsgebiet in das ikarische Meer. Das Μαιανδρου Πεδιον , die vom Maiandros durchströmte Talebene, war berühmt für seine Fruchtbarkeit. Der Maiandros war schon früh bekannt. Homer erwähnt ihn bereits in seiner Ilias (II, 869), als er zum Ende des Schiffskatalogs berichtet, daß Nastes die Karer, ein Volk barbarischer Mundart, führte, das Milet umwohnt und die Fluten des Maiandros.

Am Auffälligsten am Maiandros ist sein sich schlängelnder Verlauf, der dem ähnlichen Verhalten anderer Flüsse den Namen Mäandrieren gegeben hat. Bei den Flußschleifen unterscheidet man Prallhang und Gleithang, wobei sich im Laufe der Zeit die Prallhänge zweier Schleifen immer mehr annähern, bis es zu einem Durchbruch kommt. Dann nimmt der Fluß den kürzeren Weg und die alte Schleife wird zum Altarm oder verlandet vollständig. Befand sich in der Mitte der Schleife eine Erhöhung bildet sich ein Umlaufberg, beliebt als Standort für eine Burg.

Ich habe folgende Bilder angehängt:
(1) Byblis, Gemälde von William-Adolphe Bouguereau (1825-1905).
(2) Karte des Maiandros in der Antike
(3) Photo, das den Umlaufberg an der Neckarburg im oberen Neckartal zeigt. In der flachen Schleife um den Hügel herum floß einmal der Neckar. Jetzt nimmt er eine Abkürzung im Hintergrund des Bildes.

(wird fortgesetzt)
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apameia_BMC116_2.jpg
1024px-William-Adolphe_Bouguereau_(1825-1905)_-_Biblis_(1884).jpg
DSC04322.JPG
Ansichten_RegionRottweil_Neckarburg_Umlaufberg_Umlaufberg_2000_03_21_03.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von rosmoe » Sa 16.01.21 21:58

Einfach hervorragend deine kleinen Aufsätze zu mythologischen Themen. Und vor allem wesentlich interessanter und anschaulicher beschrieben als z. B. im Kleinen Pauly. Danke!
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 26.01.21 19:40

(Fortsetzung)

Kunstgeschichte:
Das Mäandermuster ist bereits seit der Jungsteinzeit bekannt. Es wurde als Ornament in den Bordüren von Gewändern benutzt, auf Tongefäßen, als Relief oder Fries in der Architektur. Es gibt den Mäander auch gerundet als sog. Laufender Hund oder als Doppelmäander aus 2 entgegengesetzt laufenden Mäandern, z.B. in der pompejanischen Wandmalerei der Villa dei Misteri.

Ursprünglich aber ist es ein Kennzeichen der griechischen Kunst. In der Antike stand es für die Erlangung der Ewigkeit durch Wiederholung. Es ist eine Anspielung auf den ewig jungen Gott Eros und den sich ewig erneuernden Kosmos. Das Mäandermuster war das Kennzeichen mehrerer Städte am Mäander. So findet es sich häufig als Ethnikon auf Münzen.

Münze #2:
Phrygien, Apameia, cs. 88-40 v.Chr.
AE 25, 7.88g, 180°
geprägt unter dem Magistrat Andronikos, Sohn des Alkios
Av.: Büste der Athena mit korinthischem Helm, drapiert und mit Ägis, n.r.
Rv.: oben AΠAMEΩ[N]
unten in 2 Zeilen ANΔPONIKO[V] / AΛKIOV
Adler, der sich von einem Mäandermuster n. r. erhebt, 8-strahliger Stern hinter
seinem Kopf, auf beiden Seiten der Pileus eines Dioskuren mit einem 8-strahligen
Stern darüber
Ref.: SNG Copenhagen 163; SNG Tübingen 3955-2956; SNG München 109; SNG
Lewis 1010; Weber 7024; Hunter 3; Walcher 2474; BMC 37-39; HGC 7, 670;
SS, Flußpatina

Angehängt habe ich den Ausschnitt "Verlesung des Rituals der Brautmysterien" aus dem Fresko in der Villa dei Misteri, Pompeji, ca. 60 v.Chr. (Wikipedia). Oberhalb des Gemäldes sieht man den Fries des doppelten Mäanders.

Von Hederich zitierte Autoren:
(1) Aristokritos, aus Milet(?), 1. Jhdt. v. Chr. (jedenfalls vor Parthenios aus Nikaia, gest. 73 v.Chr.), schrieb ein Buch "Peri Miletou"
(2) Konon, um 30 v. Chr., schrieb "Diegeseis", 50 mythologische Erzählungen, bekannt nur durch Photius' "Myriobiblon"'
(3) Nikander aus Kolophon, 197-133 v.Chr., erhalten 2 Lehrgedichte über Heilmittel und Gifte, nicht erhalten "Metamorphosen", aus denen sich Ovid bediente, und "Georgika", aus denen sich Vergil bediente.
(4) Stephanos von Byzanz, ein spätantiker griechischer Grammatiker aus der Frühzeit des Justinian I., wirkte an der Universität von Konstantinopel. Schrieb 50-60 Bücher "Ethnika". Die Qualität seiner Werke ist eher schwankend, dennoch stellen seine Exzerpte eine nicht unwichtige Quelle dar (Wikipedia).

Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Apollodor, Bibliotheke
(3) Hesiod, Theogonie
(4) Strabon, Geographika
(5) Nonnos, Dionysiaka
(6) Plinius, Naturalis historiae
(7) Ovid, Metamorphosen

Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und
römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Robert von Ranke-Graves, Römische Mythologie
(5) Westermanns Atlas zur Weltgeschichte

Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) theoi.com

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Roman_fresco_Villa_dei_Misteri_Pompeii_001.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 26.01.21 19:42

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Altamura2 » Di 26.01.21 21:50

Netter Artikel, der bei mir allerlei schöne Erinnerungen weckt :D .

Vielleicht ein paar Ergänzungen:

Neben dem Großen Mäander, von dem Du hier erzählst, spricht man im Deutschen (und vor allem im Türkischen) auch noch vom Kleinen Mäander, dem antiken Kaystros. Die muss man also gegebenenfalls schön auseinanderhalten.
Peter43 hat geschrieben:
Sa 16.01.21 21:42
... In stark gewundenem Lauf mündet er nahe Priene durch ein breites Anschwemmungsgebiet in das ikarische Meer. ...
Der (Große) Mäander mündete vielleicht früher mal nahe Priene ins Meer, heute fließt er an der südlichen Seite der Mündungsebene (Priene liegt an der nördlichen) direkt an Milet vorbei und dann etwa zehn Kilometer westlich in die Ägäis. Steht man in Priene, so braucht man schon klares Wetter, um den Mäander heute sehen zu können (abgesehen davon, dass er heute auch eher einem etwas größeren Dorfbach gleicht :D ).
Peter43 hat geschrieben:
Sa 16.01.21 21:42
... Dann nimmt der Fluß den kürzeren Weg und die alte Schleife wird zum Altarm oder verlandet vollständig. ...
Das wiederum kann man auf Google Maps unterhalb von Priene schön sehen:
https://www.google.de/maps/place/Priene ... 9305?hl=de
(ich hoffe mal, dass das mit dem Link funktioniert :? ).

Peter43 hat geschrieben:
Di 26.01.21 19:40
Münze #2:
Phrygien, Apameia, cs. 88-40 v.Chr.
AE 25, 7.88g, 180°
geprägt unter dem Magistrat Andronikos, Sohn des Alkios
Diese Athena-Adler-Münzen aus Apameia gehören übrigens mit zu den ersten, die aus Messing geprägt wurden (und nicht aus Bronze). Siehe z.B. Tatjana N. Smekalova (2009), “The Earliest Application of Brass and “Pure” Copper in the Hellenistic Coinages of Asia Minor and the Northern Black Sea Coast”:
https://antikmuseet.au.dk/fileadmin/www ... kalova.pdf

Der "Flusspatina" stehe ich eher kritisch gegenüber, in meinen Augen soll das meist nur eine Entpatinierung kaschieren. Gerade bei diesem Typ aus Apameia findet man diesen Zustand sehr häufig, und so breit ist der Mäander dort noch nicht :D .

Ein ganzes Buch speziell zum historischen Mäander ist übrigens von Peter Thonemann, "The Maeander Valley - A Historical Geography From Antiquity to Byzantium", New York 2011. Es auch zu lesen hab' ich aber leider noch nicht geschafft :? .

Gruß

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 27.01.21 00:10

Hallo Altamura!

Herzlichen Dank für Deine Ergänzungen. Die Beschreibung des Flußlaufes stammt aus der Antike. Das mit den Messingmünzen war mir neu.

Jochen
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