jschmit hat geschrieben: ↑So 13.11.22 09:36
Genau das ist das Problem. Hier in Luxemburg braucht man eine Genehmigung, die man mittlerweile nur noch nach einer Ausbildung bekommt. Mit dieser Genehmigung darf man dann auch nicht einfach losgraben sondern muss, in Absprache mit dem zuständigen Bereich, Luftbilder oder andere Quellen auswerten. Die Strafen sind auch recht hoch.
Ich persönliche finde das gut. Es gehen soviele Infos verloren. Jemand kommt, gräbt Münzen aus und gibt nicht weiter wo er sie gefunden hat. Der ganze Fundkontext geht verloren. Man hat mir gesagt, dass man an den Fundstücken kein Interesse hat, bzw sie nicht behalten möchte. Man will sie nur Katalogisieren, den Fundort kennen und daraus Informationen sammeln.
Das löst aber - aus meiner Sicht - nicht das Problem. Nicht im geringsten. Was will man denn mit so einer Aktion verhindern? Raubgräber?
Aus meiner Sicht gibt es zwei Kategorien. Die einen wirklich wissenschaftlich interessierten Gräber - diese melden ob mit oder ohne "Führerschein" oder Genehmigung eh jeden Fund. Dieser Schlag "Gräber" weiß um die Wichtigkeit und würde Bodenfunde eh melden.
Und dann hast Du die gezielten Raubgräber - deren einzige Intention es ist - einen Schatz zu finden - wie auch immer der aussieht - und diesen zu Geld zu machen.
Und wenn Du jetzt in einem Land / Bundesland anbietest - he Leute - es gibt eine Art "Führerschein" den ihr machen könnt - dann dürft ihr legal buddeln. Dann werden sich - wenn - eh nur die Personen melden die auch vorher das Ganze aus "hobby wissenschaftlicher" Sicht gesehen haben und eh jeden Fund Stolz gemeldet hätten. Aber es glaubt doch wohl niemand ernsthaft, dass durch so ein "Gesetz" und so einen "Führerschein" ein Raubgräber auf einmal sagt - ja jetzt wo es auch einen offiziellen Weg gibt - da werde ich das Raub-Buddeln aufgeben und anstatt das Zeugs heimlich bei mir im Keller zu lagern oder zu versickern - verzichte ich darauf und gebe nun in Zukunft alles ab.
Ist nicht böse gemeint Joel - aber mit so einer Ausbildung und so einem Schein - haltest Du nicht einen einzigen Raubgräber ab.
Das ist wie wenn man einem Bankräuber sagt - Du kannst jetzt ein Girokonto mit EC Karte eröffnen und musst unsere Bank mehr ausrauben.
Bei uns in BaWü gibt es übrigens auch inzwischen so einen Ausbildungsschein. Da habe ich mich tatsächlich auch mal darum bemüht. Allerdings sind die Hürden schon mal recht hoch. Erfreut sind die offiziellen Stellen übrigens auch nicht - wenn man Interesse anmeldet. Also nach dem Prinzip - ah schön, dass sie sich dafür interessieren = null. Und dann bekommst Du im Endeffekt auch nur Areale zugeteilt - da kannst Du am Ende auch gleich mitten in Stuttgart oder Karlsruhe im Stadtpark sondeln gehen.
Nochmals. Ich bin ein absoluter Gegner von Raubgräbern. Aber dieses Pauschalisieren - alles was Dinge aus dem Altertum sammelt oder sich ernsthaft privat mit Geschichte auseinander setzt - ist ein potentieller "Feind" - ist mir zu schwarz / weiß. Raubgräbern gehören bestraft - und das muss natürlich unterbunden werden. Aber nochmals im Bezug auf England - hier sind die seriösen Hobby Archäologen eben Partner der "echten" Wissenschaftler und werden dort nicht als Gefahr, sondern als Partner (!) gegen (!) die kriminellen Raubgräber gesehen!
Wenn dort ein privat Interessierter einen Fund macht - bricht er sofort ab - informiert die offiziellen Stellen und oftmals schützen sogar dann ehrenamtlich die Privaten die Fundstellen in ihrer Freizeit - bis offiziell übernommen werden kann. Das liegt aber auch an der Motivation - man bekommt eben nach Sichtung der Fundstücke - wenn kein wissenschaftliches Interesse besteht - das Fundmaterial. Oder man bekommt einen angemessenen Fundwert. Oder das Fundmaterial wandert ins Museum und man wird als Finder präsentiert - es wird über den Finder groß positiv berichtet etc. Das verhindert keine kriminellen schwarzen Schafe - aka Raubgräber - aber die Akzeptanz für Raubgräber ist dort wesentlich geringer und geächtet - und die offiziellen Stellen haben (was sie dank mangelnder Ressourcen nicht bewältigen könnten) - einen starken Partner gegen die Raubgräber - eben ehrenamtliche private Personen.
Dieser tolle "Führerschein" bei uns wurde nur halbherzig ins Leben gerufen. Man weiß man wird die unliebsamen Sondler / Gräber nicht los - also wirft man ihnen halt einen "Brocken" hin, der sie beschäftigen soll. Hier in BaWü geht man sogar soweit, dass wenn man Dich mit Schaufel oder Gerät wandern sieht - die Polizei gerufen wird und alles Gerätschaft unrechtmäßig beschlagnahmt wird. Gibt sogar auf der Webseite hier in BaWü eine nette Seite des Landesamtes, die beschreibt welche rechtlichen Schritte Dir alles drohen - hat aber ein Anwalt auseinander genommen - weil rechtlich ohne Hand und Fuß. Aber um das eigentliche das es geht - man will diese "privaten" Personen einfach nicht!
In der Villa Rustica bei Hechingen-Stein hatte ich mal das Vergnügen mit einem sehr freundlichen Gespräch mit drei Archäologen der Uni Tübingen. So lange freundlich bis ich gemeint habe, dass ich antike Münzen sammle. Danach schlug das Gespräch um - als ob ich mitten auf dem Pausenhof in der örtlichen Schule Crack an Schulkinder verkaufen würde.
Ich verstehe, dass man gegen Raubgräber und "Dealer" antiker Gegenstände in dunklen Kanälen hart vorgehen muss. Aber nicht alles muss und kann in öffentlicher Hand geschützt werden (und in den Kellern dieser Stellen versauern). Dann ist es aus meiner Sicht auch kein öffentliches Kulturgut mehr. Man sollte mehr zusammen arbeiten und beide Seiten aufeinander zugehen. DAS würde die Raubgräber viel mehr bekämpfen - als irgendwelche Gesetze von oben verordnet. Meine Meinung.
Atalaya hat geschrieben: ↑So 13.11.22 08:37
Man kann die Gesetze und Regelungen zum Schutz von Kulturgut sicher im Detail kritisieren, wie es zB Altamura oben tat, aber so zu tun, als verstünde man die ganze Aufregung nicht, wollte ich nicht unwidersprochen stehen lassen.
Das Problem in Ländern wie Italien sind ja wahrscheinlich gar nicht die Münzen an sich, sondern die Art ihrer Beschaffung, die - wie es eigentlich für jeden leicht einsichtig sein sollte - ein riesiges Problem für den Schutz von Bodendenkmälern ist.
Und auch hier. Ja verstehe ich - wenn es wirklich um die Sache an sich gehen würde - und nicht irgendein populistischer Gedankenfurz eines italienischen Politikers um sich zu profilieren - aber der wahrscheinlich sich nicht mal ernsthaft mit allen Gesichtspunkten beschäftigt hat. Hört sich aber gut in der Öffentlichkeit an - wir wollen italienisches Kulturgut schützen und im Land behalten! Italienische Kultur für Italiener! Bumms!
Verwandtschaftlich bedingt bin ich öfters in Italien und nutze dabei auch immer natürlich die freie Zeit für Ausflüge zu nahegelegenen archäologischen Hotspots. Wenn Du in Rom Sachen anschaust - oder Pompeji und Co - ja da ist alles schön restauriert und wird auch gepflegt und geschützt - da wo die Touristen durch stapfen und auch Geld liegen lassen.
Aber im restlichen Italien ist es grausam und tut der Seele weh. Wenn Du mal nur ein bisschen abseits der ganze beliebten touristischen Ziele bist - siehst Du was die Behörden in die Tat umsetzen mit "unser Kulturgut muss geschützt werden". Ich bin / war öfters immer wieder in Paestum - das tut richtig weh, wenn Du da immer wieder hin gehst. Wenn Du siehst wie Unkraut und Gras von unten Boden-Mosaike sprengen und unwiderruflich zerstören - weil keine "Sau" auf offizieller Seite interessiert was damit passiert. Überall verrottet dort das römische Erbe, das kann man jedes Jahr wie in Zeitlupe genau sehen - aber das interessiert da niemanden.
Daher - würde das Verbot wirklich auf einem ernst gemeinten Schutz des römischen Erbe zielen - könnte man darüber reden. Aber im Endeffekt ist das nur ein populistischer Schachzug von Behörden und Politik - macht sich in den Medien gut - aber hat null wirkliche Substanz und null echtes (!) Interesse am Schutz des römischen Kulturgutes.
Einen schönen Sonntag noch
