Mythologisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Providentia
Münze #1:
Trajan, 98-117
AR – Denar, 3.26g, 19.33mm, 180°
Rom, 114-117
Av.: IMP CAES NER TRAIAN OPTIMO AVG GERM DAC
Büste, drapiert, n. r.
Rv.: PARTHICO P M TR P COS VI P P S P Q R
Providentia n l. stehend, stützt sich mit dem li. Ellenbogen auf schmale Säule, hält in
der erhobenen li. Hand Szepter und zeigt mit der Rechten auf großen Globus li. zu
ihren Füßen
im Feld li. und re. der Säule PRO - VID
Ref.: RIC II, 365; C. 317; BMCR III, 640, Pl. 20, 20 Providentia ist die vorausschauende Fürsorge des Staatsmannes, und gehört religionsgeschichtlich zu den Qualiätsbegriffen wie z. B. Concordia, Fides u.a. Wegen ihrer Bedeutung für das Menschengeschlecht (Cicero) wurde sie als göttlich empfunden, personifiziert und kultisch verehrt Pauly). Providentia auf römischen Provinzialmünzen ist selten. Denn im Griechischen gibt es sie nicht als Kultfigur. Sie ist eine rein römische Gestalt.
Providentia hat zwei verschiedene Bedeutungen:
(1) Sie ist die Verkörperung der über dem Kaiser waltenden Vorsehung, der Providentia deorum, der 183 die Arvalbrüder unter Commodus ein Gelübde machten. Das schönste Beispiel dafür findet sich auf einer Münze des Hadrians (Wildwinds):
Münze #2:
Hadrian, 117-138
AE - Sesterz, 26.08g, 22mm
Rom
Av.: IMP CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG P M TR P COS III,
Belorbeerter Kopf n. r., Draperie auf der li. Schulter (sog. heroische Büste)
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM
im li. und re. Feld S - C
Der Kaiser in Toga frontal stehend, Kopf n. l., aufwärtsblickend zu einem Adle,
der n.r. fliegt, die re. Hand erhoben, um von ihm ein Szepter zu erhalten, und in der
li. Hand eine Rolle haltend
Ref.: RIC II 589b; BMCR 1020; C. 120 Der Kaiser erhält das Herrschaftsszepter von Zeus. Über dem Menschen waltet die göttliche Vorsehung, die sein Schicksal (wohlwollend) bestimmt. Pauly schreibt von der über den Kaiser wachenden Providentia deorum.
(2) Dann war Providentia die Verkörperung der Fürsorge des Kaisers für Rom und die Römer und hatte zur Zeit des Augustus einen Altar, der auch auf Münzen abgebildet ist. Sie wurde zur monarchischen Tugend schlechthin (Dion Chrysostomos), die für die Erhaltung der Pronoia Theon zu sorgen hatte (Cicero). Providentissimus princeps wurde zum Titel und die divina providentia Caesaris fester Teil der imperialen Terminologie des Kaiserkultes, zwar zunächst mit dynastischem Akzent auf Münzen des Tiberius und Inschriften, dann im Sinne von Plinius paneg. 80 als Sorge für alle Nöte der Untertanen. Nach dieser Auffassung wurde die Providentia als Providentia Augusta zu einer persönlichen Eigenschaft des Kaisers. Nicht mehr eine höhere Macht bestimmte das Schicksal der Menschen, sondern der Kaiser in Person, wie man es an der folgenden Münze deutlich sieht:
Münze #3:
Severus Alexander, 222-235
AE - Sesterz, 19.92g, 29mm, 0°
Rom, 231
Av.: IMP ALEXAN - DER PIVS AVG
belorbeerte Büste n. r., Drapierung auf der li. Schulter
Rv.: PROVIDENTIA AVG
Annona, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der Linken auf einen Anker und
hält in der herabhängenden Rechten Getreideähren über einen Modius mit drei
Füßen, aus dem 3 Ähren ragen
im li. und re. Feld großes S - C
Ref.: RIC IV/2, 645; C. 509; BMC 815-7 Durch die sorgende Vorsehung des Kaisers ist die Getreideversorgung des Volkes gesichert. Der Anker steht wie üblich für Sicherheit.
In der späten Kaiserzeit gibt es unter Diocletian und Maximian noch eine Münze mit der seltsamen Zusammenstellung von Providentia und Quies, bei der der alte Sinn der Providentia noch durchschimmert. Dabei handelt es sich um die Altersweisheit abgeklärter Kaiser.
Münze #4:
Diocletian, 284-305
AE - Follis, 8.12g, 27mm, 135°
Ticinum, 3. Offizin, ca. 305
Av.: D N DIOCLETIANO BAEATISSIMO(sic!) SEN AVG
belorbeerte Büste in Imperialmantel n. r., Olivenzweig in der li. und Mappa in der re. Hand
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG
Providentia n. r. stehend, streckt Hand zur Quies aus, die n. l. steht, sich mit der
Linken auf Szepter stützt und in der re. Hand Olivenzweig nach unten hält.
im Feld re. kleines Kügelchen (pellet)
im Abschnitt: TT
Ref.: RIC VI, Ticinum 56(a); C. 422
Pedigree:
ex. Tony Hardy coll. Zu dieser Münze:
Die Legende lautet übersetzt: „Ruhe der beiden Kaiser durch die Vorsehung der Götter (Ablativ!)“. Ein wunderschönes Beispiel für diesen Typ!
Der Begriff der Vorsehung ist eng mit der Prädestination verknüpft, der Frage nach der Selbstbestimmung des Menschen, und der Frage der Theodizee, warum die Götter das Böse zulassen. Als erster hat sich Seneca in seinen Briefen über die Providentia mit diesen Fragen befaßt. Seneca war Anhänger der Stoa, die davon überzeugt war, daß die Welt durch die Vernunft, den Logos, gelenkt wurde und alles vorherbestimmt war. Im Christentum spielt dann die Diskussion über die Prädestinationslehre von Augustinus bis Luther eine zentrale Rolle. Der Benediktinermönch Notker (um 950-1022), der viele antike Texte ins Deutsche übersetzt hat, hat die Providentia aus dem „Trost der Philosophie“ des Boethius mit Zuversicht übersetzt und ihr damit einen christlichen Sinn gegeben. Daran erinnert auch Providence, der Name der Hauptstadt von Rhode Island in den USA.
Mißbraucht wurde der Begriff der Vorsehung von Politikern wie Hitler oder heute von modernen Autokraten, die sie verlogenerweise einsetzten, um die Ziele ihrer Politik religiös zu unterstreichen.
Quellen:
(1) Cicero, de natura deorum
(2) Ovid, Fastes
(3) Seneca, Über dieVorsehung
(4) Dion Chrysostomos, Sämtliche Reden, Artemis
(5) Boethius, Trost der Philosophie
(6) Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
Liebe Grüße
Jochen
Münze #1:
Trajan, 98-117
AR – Denar, 3.26g, 19.33mm, 180°
Rom, 114-117
Av.: IMP CAES NER TRAIAN OPTIMO AVG GERM DAC
Büste, drapiert, n. r.
Rv.: PARTHICO P M TR P COS VI P P S P Q R
Providentia n l. stehend, stützt sich mit dem li. Ellenbogen auf schmale Säule, hält in
der erhobenen li. Hand Szepter und zeigt mit der Rechten auf großen Globus li. zu
ihren Füßen
im Feld li. und re. der Säule PRO - VID
Ref.: RIC II, 365; C. 317; BMCR III, 640, Pl. 20, 20 Providentia ist die vorausschauende Fürsorge des Staatsmannes, und gehört religionsgeschichtlich zu den Qualiätsbegriffen wie z. B. Concordia, Fides u.a. Wegen ihrer Bedeutung für das Menschengeschlecht (Cicero) wurde sie als göttlich empfunden, personifiziert und kultisch verehrt Pauly). Providentia auf römischen Provinzialmünzen ist selten. Denn im Griechischen gibt es sie nicht als Kultfigur. Sie ist eine rein römische Gestalt.
Providentia hat zwei verschiedene Bedeutungen:
(1) Sie ist die Verkörperung der über dem Kaiser waltenden Vorsehung, der Providentia deorum, der 183 die Arvalbrüder unter Commodus ein Gelübde machten. Das schönste Beispiel dafür findet sich auf einer Münze des Hadrians (Wildwinds):
Münze #2:
Hadrian, 117-138
AE - Sesterz, 26.08g, 22mm
Rom
Av.: IMP CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG P M TR P COS III,
Belorbeerter Kopf n. r., Draperie auf der li. Schulter (sog. heroische Büste)
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM
im li. und re. Feld S - C
Der Kaiser in Toga frontal stehend, Kopf n. l., aufwärtsblickend zu einem Adle,
der n.r. fliegt, die re. Hand erhoben, um von ihm ein Szepter zu erhalten, und in der
li. Hand eine Rolle haltend
Ref.: RIC II 589b; BMCR 1020; C. 120 Der Kaiser erhält das Herrschaftsszepter von Zeus. Über dem Menschen waltet die göttliche Vorsehung, die sein Schicksal (wohlwollend) bestimmt. Pauly schreibt von der über den Kaiser wachenden Providentia deorum.
(2) Dann war Providentia die Verkörperung der Fürsorge des Kaisers für Rom und die Römer und hatte zur Zeit des Augustus einen Altar, der auch auf Münzen abgebildet ist. Sie wurde zur monarchischen Tugend schlechthin (Dion Chrysostomos), die für die Erhaltung der Pronoia Theon zu sorgen hatte (Cicero). Providentissimus princeps wurde zum Titel und die divina providentia Caesaris fester Teil der imperialen Terminologie des Kaiserkultes, zwar zunächst mit dynastischem Akzent auf Münzen des Tiberius und Inschriften, dann im Sinne von Plinius paneg. 80 als Sorge für alle Nöte der Untertanen. Nach dieser Auffassung wurde die Providentia als Providentia Augusta zu einer persönlichen Eigenschaft des Kaisers. Nicht mehr eine höhere Macht bestimmte das Schicksal der Menschen, sondern der Kaiser in Person, wie man es an der folgenden Münze deutlich sieht:
Münze #3:
Severus Alexander, 222-235
AE - Sesterz, 19.92g, 29mm, 0°
Rom, 231
Av.: IMP ALEXAN - DER PIVS AVG
belorbeerte Büste n. r., Drapierung auf der li. Schulter
Rv.: PROVIDENTIA AVG
Annona, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der Linken auf einen Anker und
hält in der herabhängenden Rechten Getreideähren über einen Modius mit drei
Füßen, aus dem 3 Ähren ragen
im li. und re. Feld großes S - C
Ref.: RIC IV/2, 645; C. 509; BMC 815-7 Durch die sorgende Vorsehung des Kaisers ist die Getreideversorgung des Volkes gesichert. Der Anker steht wie üblich für Sicherheit.
In der späten Kaiserzeit gibt es unter Diocletian und Maximian noch eine Münze mit der seltsamen Zusammenstellung von Providentia und Quies, bei der der alte Sinn der Providentia noch durchschimmert. Dabei handelt es sich um die Altersweisheit abgeklärter Kaiser.
Münze #4:
Diocletian, 284-305
AE - Follis, 8.12g, 27mm, 135°
Ticinum, 3. Offizin, ca. 305
Av.: D N DIOCLETIANO BAEATISSIMO(sic!) SEN AVG
belorbeerte Büste in Imperialmantel n. r., Olivenzweig in der li. und Mappa in der re. Hand
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG
Providentia n. r. stehend, streckt Hand zur Quies aus, die n. l. steht, sich mit der
Linken auf Szepter stützt und in der re. Hand Olivenzweig nach unten hält.
im Feld re. kleines Kügelchen (pellet)
im Abschnitt: TT
Ref.: RIC VI, Ticinum 56(a); C. 422
Pedigree:
ex. Tony Hardy coll. Zu dieser Münze:
Die Legende lautet übersetzt: „Ruhe der beiden Kaiser durch die Vorsehung der Götter (Ablativ!)“. Ein wunderschönes Beispiel für diesen Typ!
Der Begriff der Vorsehung ist eng mit der Prädestination verknüpft, der Frage nach der Selbstbestimmung des Menschen, und der Frage der Theodizee, warum die Götter das Böse zulassen. Als erster hat sich Seneca in seinen Briefen über die Providentia mit diesen Fragen befaßt. Seneca war Anhänger der Stoa, die davon überzeugt war, daß die Welt durch die Vernunft, den Logos, gelenkt wurde und alles vorherbestimmt war. Im Christentum spielt dann die Diskussion über die Prädestinationslehre von Augustinus bis Luther eine zentrale Rolle. Der Benediktinermönch Notker (um 950-1022), der viele antike Texte ins Deutsche übersetzt hat, hat die Providentia aus dem „Trost der Philosophie“ des Boethius mit Zuversicht übersetzt und ihr damit einen christlichen Sinn gegeben. Daran erinnert auch Providence, der Name der Hauptstadt von Rhode Island in den USA.
Mißbraucht wurde der Begriff der Vorsehung von Politikern wie Hitler oder heute von modernen Autokraten, die sie verlogenerweise einsetzten, um die Ziele ihrer Politik religiös zu unterstreichen.
Quellen:
(1) Cicero, de natura deorum
(2) Ovid, Fastes
(3) Seneca, Über dieVorsehung
(4) Dion Chrysostomos, Sämtliche Reden, Artemis
(5) Boethius, Trost der Philosophie
(6) Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Die griechische Pronoia
Münze:
Ägypten, Alexandria, Hadrian, 117-138
AE 25 (Billon-Tetradrachme), 13.59g, 24.89mm, 330°
geprägt 137-139 (RY 22)
Av.: ΑΥΤ ΚΑΙϹ ΤΡΑ ΑΔΡΙΑΝΟϹ ϹΕΒ
Belorbeerter Kopf n. r., leichte Drapierung auf der li. Schulter
Rv.: Π-P-ONOIA
Pronoia in Chiton und Peplos frontal stehend, Kopf n. l., hält im li. Arm langes
Szepter und auf der ausgestreckten re,. Hand Phönix
im unteren li. Feld KB / L (Jahr 22)
Ref.: Milnem 1560; BMC 598; Curtis 490-491; Geissen 1243; SNG Copenhagen 414f;
Dattari cf. 1450; Emmett 881; RPC III, 6252
Pedigree:
ex Naville Numismatics Zu dieser Münze:
Vogt (1928) sah in dieser Münze einen Hinweis auf Hadrians Voraussicht bezüglich seiner Nachfolge und der Adoption des Antoninus Pius im Februar 138. Yves Roman (2008) nannte sie eine „erstaunliche Prägung“, sah diesen Hinweis aber nicht, sondern hielt sie für „die Ankündigung der Eröffnung eines neuen Großen Jahres“. Und damit sind wir bereits mitten in der Diskussion über diese Münze.
Ethymologie:
Pronoia, von griech. noos, nous, (aus *snofos, vgl. got. snutrs, ahd. sinn, aus *senwo) Sinn. 1. Voraussicht, Vorsicht, 2. Vorhersehung, Vorsehung, 3. Fürsorge
Mythologie:
Pronaia war ein Epitheton der Athena in Delphi und bedeutet eigentlich den Eingang zum Hauptheiligtum. Unter attischem Einfluß wurde es in Pronoia umgeändert, was ihr auch eine höhere Bedeutung verschafft hat (Roscher). Pronaia, oder Pronaos, hat keinen eigenen Tempel besessen, sondern soll nur ein Kultbild am Eingang des Apollotempels gewesen sein. Aber diese Statue wird Kephisodotos dem Älteren, dem Vaters des Praxiteles, zugeschrieben. Allerdings wird in den Eumeniden des Aischylos Pallas Pronaia angerufen, was wohl einen Tempel voraussetzt. 1838 wurden Substruktionen der von Pausanias erwähnten Tempel auf der sogenannten Marmaria gefunden. Die dann noch ausgegrabenen aufrecht stehenden Säulen des Athenatempels wurden bei Erdbeben 1905 zerstört. Delphi, heiliger Bezirk (Temenos) der Athena Pronaia
Auch sonst erhält Athena entsprechend ihrer Deutung als Abstraktion der Einsicht und göttlichen Fürsorge den Beinamen Pronoia, ein Gedanke, der auch durch den Namen ihrer Mutter Metis (Klugheit) und die Sage von der Geburt aus dem Haupte des Zeus ausgedrückt wird. Alexander der Große hatte jenseits des Hyphasis neben anderen Göttern auch der Αθηνά Πρόνοια einen Altar errichtet. Als selbständige Göttin erscheint Pronoia in den orphischen Hymnen, und beim Neuplatoniker Iamblichos aus Chalkis und dem Stoiker Chrysipp galt sie sogar als Weltseele.
Hintergrund:
Auf alexandrinischen Münzen der Kaiserzeit findet sich eine nicht unbedeutende Anzahl von römischen Personifikationen. Da diese bei den Griechen eher ungewöhnlich waren, handelt es sich bei ihnen um die Umbildung römischer Gestalten. So wird auf unserer Münze sicherlich nicht die mythologische Pronoia abgebildet sein (warum auch?), sondern es ist die Übertragung vom Lateinischen ins Griechische, wie z.B. auch bei der Verherrlichung des Kaisers Nero oder der Iulia, der Mutter des Tiberius, als θεά Σεβαστή Πρόνοια. Die Zugabe des Phönix als Symbol der Ewigkeit gibt ihr hier aber einen griechischen Touch. Es ist also die Providentia des Kaisers und drückt die Fürsorge des Kaisers für seine ägyptische Provinz aus.
Quellen:
(1) Hesiod, Theogonie
(2) Pausanias, Reisen durch Griechenland
(3) Orphische Hymnen
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, 1954
(3) Joseph Vogt, Die alexandrinischen Münzen, 1924
(4) Yves Roman, Hadrien. L'empereur virtuose, 2008
Liebe Grüße
Jochen
Münze:
Ägypten, Alexandria, Hadrian, 117-138
AE 25 (Billon-Tetradrachme), 13.59g, 24.89mm, 330°
geprägt 137-139 (RY 22)
Av.: ΑΥΤ ΚΑΙϹ ΤΡΑ ΑΔΡΙΑΝΟϹ ϹΕΒ
Belorbeerter Kopf n. r., leichte Drapierung auf der li. Schulter
Rv.: Π-P-ONOIA
Pronoia in Chiton und Peplos frontal stehend, Kopf n. l., hält im li. Arm langes
Szepter und auf der ausgestreckten re,. Hand Phönix
im unteren li. Feld KB / L (Jahr 22)
Ref.: Milnem 1560; BMC 598; Curtis 490-491; Geissen 1243; SNG Copenhagen 414f;
Dattari cf. 1450; Emmett 881; RPC III, 6252
Pedigree:
ex Naville Numismatics Zu dieser Münze:
Vogt (1928) sah in dieser Münze einen Hinweis auf Hadrians Voraussicht bezüglich seiner Nachfolge und der Adoption des Antoninus Pius im Februar 138. Yves Roman (2008) nannte sie eine „erstaunliche Prägung“, sah diesen Hinweis aber nicht, sondern hielt sie für „die Ankündigung der Eröffnung eines neuen Großen Jahres“. Und damit sind wir bereits mitten in der Diskussion über diese Münze.
Ethymologie:
Pronoia, von griech. noos, nous, (aus *snofos, vgl. got. snutrs, ahd. sinn, aus *senwo) Sinn. 1. Voraussicht, Vorsicht, 2. Vorhersehung, Vorsehung, 3. Fürsorge
Mythologie:
Pronaia war ein Epitheton der Athena in Delphi und bedeutet eigentlich den Eingang zum Hauptheiligtum. Unter attischem Einfluß wurde es in Pronoia umgeändert, was ihr auch eine höhere Bedeutung verschafft hat (Roscher). Pronaia, oder Pronaos, hat keinen eigenen Tempel besessen, sondern soll nur ein Kultbild am Eingang des Apollotempels gewesen sein. Aber diese Statue wird Kephisodotos dem Älteren, dem Vaters des Praxiteles, zugeschrieben. Allerdings wird in den Eumeniden des Aischylos Pallas Pronaia angerufen, was wohl einen Tempel voraussetzt. 1838 wurden Substruktionen der von Pausanias erwähnten Tempel auf der sogenannten Marmaria gefunden. Die dann noch ausgegrabenen aufrecht stehenden Säulen des Athenatempels wurden bei Erdbeben 1905 zerstört. Delphi, heiliger Bezirk (Temenos) der Athena Pronaia
Auch sonst erhält Athena entsprechend ihrer Deutung als Abstraktion der Einsicht und göttlichen Fürsorge den Beinamen Pronoia, ein Gedanke, der auch durch den Namen ihrer Mutter Metis (Klugheit) und die Sage von der Geburt aus dem Haupte des Zeus ausgedrückt wird. Alexander der Große hatte jenseits des Hyphasis neben anderen Göttern auch der Αθηνά Πρόνοια einen Altar errichtet. Als selbständige Göttin erscheint Pronoia in den orphischen Hymnen, und beim Neuplatoniker Iamblichos aus Chalkis und dem Stoiker Chrysipp galt sie sogar als Weltseele.
Hintergrund:
Auf alexandrinischen Münzen der Kaiserzeit findet sich eine nicht unbedeutende Anzahl von römischen Personifikationen. Da diese bei den Griechen eher ungewöhnlich waren, handelt es sich bei ihnen um die Umbildung römischer Gestalten. So wird auf unserer Münze sicherlich nicht die mythologische Pronoia abgebildet sein (warum auch?), sondern es ist die Übertragung vom Lateinischen ins Griechische, wie z.B. auch bei der Verherrlichung des Kaisers Nero oder der Iulia, der Mutter des Tiberius, als θεά Σεβαστή Πρόνοια. Die Zugabe des Phönix als Symbol der Ewigkeit gibt ihr hier aber einen griechischen Touch. Es ist also die Providentia des Kaisers und drückt die Fürsorge des Kaisers für seine ägyptische Provinz aus.
Quellen:
(1) Hesiod, Theogonie
(2) Pausanias, Reisen durch Griechenland
(3) Orphische Hymnen
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, 1954
(3) Joseph Vogt, Die alexandrinischen Münzen, 1924
(4) Yves Roman, Hadrien. L'empereur virtuose, 2008
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Pronoia
Im Laufe der Jahrhunderte hat die Pronoia einen Bedeutungswandel durchgemacht, der sich weit von der Bedeutung auf unserer Münze entfernt hat.
(1) Pronoia als Pfründe
Im späten byzantinischen Reich war die Pronoia die Vergabe des Ertrages oder der Steuer eines Landstücks an Personen, besonders als Entgelt für militärische Verpflichtungen. Das konnten die Abgaben oder Lohnarbeiten abhängiger Bauern sein, oder die Steuern von Fischteichen, Bergwerken oder Hafenanlagen. Die Vergabe erfolgte durch den Kaiser persönlich. Die Empfänger waren Mitglieder der Oberschicht oder des Adels. Die Dienstverpflichtung konnte auch durch fremde Personen wahrgenommen werden.
Geschichte:
Im 11. Jh. hatte der Adel seine Macht verloren und versuchte durch Ehrentitel aufgrund seiner Verwandtschaft zum Kaiser an Macht in der Regierung zu kommen. Einzelne begannen sogar, Steuern für sich selbst einzutreiben und Aufstände gegen den Kaiser zu planen. Alexios I. (1081-1118) versuchte eine Adelsreform, indem er Land ohne Erblichkeit unter sie verteilte. Die meisten Begünstigten waren Familienangehörige. Damit kontrollierte er ihren Landbesitz und hielt sie von Konstantinopel fern.
Sein Enkel Manuel I. (1143-1180) führte dieses System fort und erweiterte es auf adelige Offiziere, denen er dann kein reguläres Gehalt mehr zu zahlen brauchte. Die Pronoia wurde so zur Lizenz, selbst Steuern bei den Bürger dieser Gebiete, den paroikoi, zu erheben und die Pronoiaren wurden zu Steuereintreibern, die einen Teil behalten durften. Die paroikoi waren aber keine Leibeigenen wie die Bauern im feudalistischen Westeuropa und brauchten keine Frondienste zu leisten. Der Besitzer des Bodens blieb weiterhin der Kaiser und der Pronoiar hatte ihm Militärdienst zu leisten, was oft nur widerwillig geschah.
Im Kaiserreich Nikaia bestand das Pronoia-Sytem fort. Jetzt gab es auch Pronoia an die Kirche und adelige Frauen. Als Michael VIII. Palaiologos (1259-1282) Konstantinopel zurückerobert hatte, wurde Pronoia erblich. Aber der Kaiser erhielt größeren Zugriff auf die Pronoia. Andronikos III. (1328-1341) benutzte das von den Pronoiaren konfiszierte Geld für seine Feldzüge gegen die Bulgaren. Die Pronoiaren konnten jetzt aber selbst Pronoia an ihre Anhänger vergeben. Die Osmanen setzten das Pronoia-System in den von ihnen eroberten Gebieten fort.
Quelle: Wikipedia
(2) Pronoia in der Psychologie
Zum erstenmal hat der Psychologe Fred H. Goldner vom Queens College in New York dieses Phänomen 1982 beschrieben. Man versteht darunter heute eine Wahnvorstellung, bei der der Betroffene glaubt, daß das ganze Universum auf sein Wohl ausgerichtet sei: „Selbst die Winde und Gezeiten sind auf unserer Seite“. Sie findet sich häufig bei spirituell eingestellten Menschen und ist verwandt mit der Paranoia, wo der Betroffene glaubt, daß die Welt sich gegen ihn verschworen habe. Damit ist sie aber nicht das Gegenteil von Paranoia, sondern nur eine andere Form mit umgekehrtem Vorzeichen.
Diese verzerrte Sicht auf die Realität führt zu einer Abhängigkeit von der Meinung anderer. Man liefert sich einer unsichtbaren Macht aus und verliert die Kontrolle über sein Leben. Aber das ganze ist hochprofitabel, wie ein Blick ins Internet beweist.
Begonnen hatte es Ende des 20.Jh. mit dem Begriff des positiven Denkens, mit dem die Welt verändert werden sollte.
Aber auch heute gilt noch unverändert, was Karl Jaspers in seiner Eröffnungsrede 1945 in Heidelberg zur „Erneuerung der Universität“ gesagt hat: Der Einbruch des Nationalsozialismus in die Medizin hätte nicht stattfinden können, wenn die beiden Pfeiler Wissenschaft und Humanität fest gewesen wären. Ein Strom von Unwissenschaftlichkeit sei durch den größeren Teil der wissenschaftlichen und der medizinischen Literatur gegangen. Dieser Geist der Unwissenschaftlichkeit erst habe dem Nationalsozialismus die Tore geöffnet. Wissenschaftlichkeit und Humanität seien unlösbar verbunden und er endete mit den Worten: Die Unwissenschaftlichkeit ist der Boden der Inhumanität.
Literatur:
(1) Fred H. Goldner, Pronoia, Social Problems 30,1982
(2) Karl Jaspers, Eröffnungsrede, Heidelberg 1945
(3) GWUP
Liebe Grüße
Jochen
Im Laufe der Jahrhunderte hat die Pronoia einen Bedeutungswandel durchgemacht, der sich weit von der Bedeutung auf unserer Münze entfernt hat.
(1) Pronoia als Pfründe
Im späten byzantinischen Reich war die Pronoia die Vergabe des Ertrages oder der Steuer eines Landstücks an Personen, besonders als Entgelt für militärische Verpflichtungen. Das konnten die Abgaben oder Lohnarbeiten abhängiger Bauern sein, oder die Steuern von Fischteichen, Bergwerken oder Hafenanlagen. Die Vergabe erfolgte durch den Kaiser persönlich. Die Empfänger waren Mitglieder der Oberschicht oder des Adels. Die Dienstverpflichtung konnte auch durch fremde Personen wahrgenommen werden.
Geschichte:
Im 11. Jh. hatte der Adel seine Macht verloren und versuchte durch Ehrentitel aufgrund seiner Verwandtschaft zum Kaiser an Macht in der Regierung zu kommen. Einzelne begannen sogar, Steuern für sich selbst einzutreiben und Aufstände gegen den Kaiser zu planen. Alexios I. (1081-1118) versuchte eine Adelsreform, indem er Land ohne Erblichkeit unter sie verteilte. Die meisten Begünstigten waren Familienangehörige. Damit kontrollierte er ihren Landbesitz und hielt sie von Konstantinopel fern.
Sein Enkel Manuel I. (1143-1180) führte dieses System fort und erweiterte es auf adelige Offiziere, denen er dann kein reguläres Gehalt mehr zu zahlen brauchte. Die Pronoia wurde so zur Lizenz, selbst Steuern bei den Bürger dieser Gebiete, den paroikoi, zu erheben und die Pronoiaren wurden zu Steuereintreibern, die einen Teil behalten durften. Die paroikoi waren aber keine Leibeigenen wie die Bauern im feudalistischen Westeuropa und brauchten keine Frondienste zu leisten. Der Besitzer des Bodens blieb weiterhin der Kaiser und der Pronoiar hatte ihm Militärdienst zu leisten, was oft nur widerwillig geschah.
Im Kaiserreich Nikaia bestand das Pronoia-Sytem fort. Jetzt gab es auch Pronoia an die Kirche und adelige Frauen. Als Michael VIII. Palaiologos (1259-1282) Konstantinopel zurückerobert hatte, wurde Pronoia erblich. Aber der Kaiser erhielt größeren Zugriff auf die Pronoia. Andronikos III. (1328-1341) benutzte das von den Pronoiaren konfiszierte Geld für seine Feldzüge gegen die Bulgaren. Die Pronoiaren konnten jetzt aber selbst Pronoia an ihre Anhänger vergeben. Die Osmanen setzten das Pronoia-System in den von ihnen eroberten Gebieten fort.
Quelle: Wikipedia
(2) Pronoia in der Psychologie
Zum erstenmal hat der Psychologe Fred H. Goldner vom Queens College in New York dieses Phänomen 1982 beschrieben. Man versteht darunter heute eine Wahnvorstellung, bei der der Betroffene glaubt, daß das ganze Universum auf sein Wohl ausgerichtet sei: „Selbst die Winde und Gezeiten sind auf unserer Seite“. Sie findet sich häufig bei spirituell eingestellten Menschen und ist verwandt mit der Paranoia, wo der Betroffene glaubt, daß die Welt sich gegen ihn verschworen habe. Damit ist sie aber nicht das Gegenteil von Paranoia, sondern nur eine andere Form mit umgekehrtem Vorzeichen.
Diese verzerrte Sicht auf die Realität führt zu einer Abhängigkeit von der Meinung anderer. Man liefert sich einer unsichtbaren Macht aus und verliert die Kontrolle über sein Leben. Aber das ganze ist hochprofitabel, wie ein Blick ins Internet beweist.
Begonnen hatte es Ende des 20.Jh. mit dem Begriff des positiven Denkens, mit dem die Welt verändert werden sollte.
Aber auch heute gilt noch unverändert, was Karl Jaspers in seiner Eröffnungsrede 1945 in Heidelberg zur „Erneuerung der Universität“ gesagt hat: Der Einbruch des Nationalsozialismus in die Medizin hätte nicht stattfinden können, wenn die beiden Pfeiler Wissenschaft und Humanität fest gewesen wären. Ein Strom von Unwissenschaftlichkeit sei durch den größeren Teil der wissenschaftlichen und der medizinischen Literatur gegangen. Dieser Geist der Unwissenschaftlichkeit erst habe dem Nationalsozialismus die Tore geöffnet. Wissenschaftlichkeit und Humanität seien unlösbar verbunden und er endete mit den Worten: Die Unwissenschaftlichkeit ist der Boden der Inhumanität.
Literatur:
(1) Fred H. Goldner, Pronoia, Social Problems 30,1982
(2) Karl Jaspers, Eröffnungsrede, Heidelberg 1945
(3) GWUP
Liebe Grüße
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Quies
Quies, die Göttin der Ruhe, gehört zu den sog. kleinen Göttern der Römer. Auf Münzen wird sie nur einmal auf Folles des Diocletian und des Maximian nach deren Abdankung abgebildet:
Münze:
Diocletian, 284-305
AE - Follis, 8.12g, 27mm, 135°
Ticinum, 3. Offizin, ca. 305
Av.: D N DIOCLETIANO BAEATISSIMO(sic!) SEN AVG
belorbeerte Büste in Imperialmantel n. r., Olivenzweig in der li. und Mappa in der re. Hand
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG
Providentia n. r. stehend, streckt Hand zur Quies aus, die n. l. steht, sich mit der Linken auf Szepter stützt und in der re. Hand Olivenzweig nach unten hält.
Im Feld re. kleines Kügelchen (pellet)
im Abschnitt: TT
Ref.: RIC VI, Ticinum 56(a); C.422
Pedigree:
ex. Tony Hardy coll. Zu dieser Münze:
Die Legende lautet übersetzt: „Ruhe der beiden Kaiser durch die Vorsehung der Götter (Ablativ!)“. Ein wunderschönes Beispiel für diesen Typ!
Erwähnt wird Quies zum ersten Mal von Livius, der von einem Heiligtum an der Via Labicana spricht, die sich im Südosten Roms befindet. Wahrscheinlich befand es sich außerhalb der Stadt. Der Hinweis auf die Porta Collina, die sich in einer Notiz des Augustinus in seiner "De civitate Dei" findet, kann nicht stimmen, da dieses Tor im äußersten Nordosten der Stadt stand. Nach Wissowa ist dies wohl einer mißverständlichen Auffassung der Stelle des Livius zuzuschreiben. Ob es sich bei dem fanum Quietis um ein öffentliches oder ein privates Heiligtum gehandelt hat, ist ungewiß (Pauly).
Quies, etis, ist die Personifikation der Ruhe, eine besondere Göttin der Römer, die ihnen Ruhe verschaffen sollte. Über ihre Bedeutung wird diskutiert. Nach Preller-Jordan war sie eine Göttin "des Ausruhens am Wege und der stillen Sammlung von der Mühe des Lebens", z.B. der auf dem Felde arbeitenden Bauern. Diese allgemeine Auffassung wird von Wissowa als für zu modern gehalten. Die Erklärung für diesen Gottesdienst müssen Ereignisse im Leben des Stifters gewesen sein und er verweist dabei auf die Legende auf den Münzen: Quies Augustorum, die sich auf die Kaiser bezieht.
Aber immer schwingt dabei die Vorstellung der Ruhe für die Verstorbenen mit. Der spanische Humanist Vives, der mit Hilfe des Erasmus einen bedeutenden Kommentar zu Augustinus verfaßte, hielt sie für eine Göttin für die Verstorbenen, weswegen auch ihr Tempel außerhalb der Stadt stand. Neben der Weihung "Dis Manibus" findet sich öfter der Zusatz "et bonae Quieti" und auch die Manes selbst erhalten das Epitheton "quieti" (Ausonius)
Ammianus Marcellinus nennt sie "dea salutaris", was man mit "tröstender Göttin" übersetzen kann und das auch in diese Richtung weist.
Quietalis war ein Beiname des Pluto, vermutlich weil er, als ein Gott der Toten, diese zur ewigen Ruhe bettete (Festus)
Statius (90 n.Chr.) erwähnt Quies mehrmals. In seiner Thebais erscheint sie im Gefolge des Traumgottes Somnus. Er schreibt, daß die zwielichtige Quies und die langweilige Oblivio (die Gottheit des Vergessens) zusammen mit der trägen Ignavia (der Faulheit) mit ihrem schläfrigen Gesichtsausdruck die Schwelle zur Höhle des Somnus bewachen.
Apuleius schreibt in seinen Metamorphosen, auch bekannt als "Der goldene Esel", daß Lucius, der Protagonist, nach vielen anstrengenden Arbeiten und Stürmen des Schicksals endlich den Hafen der Quies erreicht hat.
Augustinus von Hippo verspottete in seinem Hauptwerk De civitate Dei die heidnischen Bräuche der Römer und machte sich lustig über ihre zahlreichen Gottheiten, die für alle möglichen Geistesbewegungen zuständig waren. Er nennt Agenoria, die zum Handeln anregt, Stimula, die zu ungewöhnlichem Handeln auffordert, Murcia, die die Menschen träge und untätig macht, Strenus, die ihren Eifer antreibt, und bemängelt dann, daß die Römer, obwohl sie diese alle anbeteten, nicht bereit waren, die Quies öffentlich anzuerkennen, sondern ihr einen Tempel außerhalb der Stadt errichteten. Und er fragt, ob dies nicht ein Zeichen dafür war, daß jemand, der alle diese Dämonen anbetete, nicht in Ruhe leben konnte?
Anmerkungen:
(1) Juan Luis Vives (1492-1540) war ein spanischer Humanist, Philosoph und Lehrer. Sein Vater wurde als getaufter Jude durch die Inquisition auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Bei seinem Studium an der Sorbonne in Paris kam er mit dem Humanismus in Kontakt. In den Niederlanden erhielt er die Lehrerlaubnis an der Universität Löwen und lernte Erasmus von Rotterdam kennen. Mit seiner Hilfe erstellte er einen Kommentar zu Augustinus' De civitate Dei, der 1512 veröffentlicht wurde. Er erregte Anstoß, weil er sich gegen Aristoteles stellte, der als unfehlbare Autorität galt.
Später wurde er an den Hof in London gerufen, wo er die Tochter Heinrichs VIII., die spätere Königin Maria I., unterrichtete. In Oxford lehrte er Jurisprudenz und Philosophie. Als er sich gegen die Scheidung des Königs von Katharina von Aragon aussprach, kam es zum Zerwürfnis und schließlich wurde er des Landes verwiesen.
In seinen Werken wurde er zum Begründer der modernen Pädagogik. Er setzte sich für die Bildung der Frauen ein und faßte die Wissenschaft als eine Bestätigung des Christentums auf. Er war aber gegen die Reformation und gegen die Spaltung der Kirche.
Er war im 16. und. 17. Jh. neben Erasmus der meistgelesene Autor. Heute beginnt das Interesse an ihm wieder zu steigen.
(2) Decimus Magnus Ausonius (um 310-393/94) war ein hoher gallo-römischer Staatsbeamter aus dem heutigen Bordeaux und Dichter der Spätantike. Valentinian I. rief ihn an den Hof nach Trier, wo er Erzieher seines ältesten Sohns Gratian wurde. Heute ist er vor allem für seine in Versform verfaßte Reisebeschreibung Mosella bekannt (Wikipedia)
Quellen:
(1) Livius, Ab urbe condita
(2) Statius, Thebais; Silvae
(3) Apuleius, Metamorphosen
(4) Augustinus von Hippo, De civitate Dei
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Preller-Jordan, Römische Mythologie
(4) Georg Wissowa, Religion und Kultus der Römer
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
Quies, die Göttin der Ruhe, gehört zu den sog. kleinen Göttern der Römer. Auf Münzen wird sie nur einmal auf Folles des Diocletian und des Maximian nach deren Abdankung abgebildet:
Münze:
Diocletian, 284-305
AE - Follis, 8.12g, 27mm, 135°
Ticinum, 3. Offizin, ca. 305
Av.: D N DIOCLETIANO BAEATISSIMO(sic!) SEN AVG
belorbeerte Büste in Imperialmantel n. r., Olivenzweig in der li. und Mappa in der re. Hand
Rv.: PROVIDENTIA DEORVM QVIES AVGG
Providentia n. r. stehend, streckt Hand zur Quies aus, die n. l. steht, sich mit der Linken auf Szepter stützt und in der re. Hand Olivenzweig nach unten hält.
Im Feld re. kleines Kügelchen (pellet)
im Abschnitt: TT
Ref.: RIC VI, Ticinum 56(a); C.422
Pedigree:
ex. Tony Hardy coll. Zu dieser Münze:
Die Legende lautet übersetzt: „Ruhe der beiden Kaiser durch die Vorsehung der Götter (Ablativ!)“. Ein wunderschönes Beispiel für diesen Typ!
Erwähnt wird Quies zum ersten Mal von Livius, der von einem Heiligtum an der Via Labicana spricht, die sich im Südosten Roms befindet. Wahrscheinlich befand es sich außerhalb der Stadt. Der Hinweis auf die Porta Collina, die sich in einer Notiz des Augustinus in seiner "De civitate Dei" findet, kann nicht stimmen, da dieses Tor im äußersten Nordosten der Stadt stand. Nach Wissowa ist dies wohl einer mißverständlichen Auffassung der Stelle des Livius zuzuschreiben. Ob es sich bei dem fanum Quietis um ein öffentliches oder ein privates Heiligtum gehandelt hat, ist ungewiß (Pauly).
Quies, etis, ist die Personifikation der Ruhe, eine besondere Göttin der Römer, die ihnen Ruhe verschaffen sollte. Über ihre Bedeutung wird diskutiert. Nach Preller-Jordan war sie eine Göttin "des Ausruhens am Wege und der stillen Sammlung von der Mühe des Lebens", z.B. der auf dem Felde arbeitenden Bauern. Diese allgemeine Auffassung wird von Wissowa als für zu modern gehalten. Die Erklärung für diesen Gottesdienst müssen Ereignisse im Leben des Stifters gewesen sein und er verweist dabei auf die Legende auf den Münzen: Quies Augustorum, die sich auf die Kaiser bezieht.
Aber immer schwingt dabei die Vorstellung der Ruhe für die Verstorbenen mit. Der spanische Humanist Vives, der mit Hilfe des Erasmus einen bedeutenden Kommentar zu Augustinus verfaßte, hielt sie für eine Göttin für die Verstorbenen, weswegen auch ihr Tempel außerhalb der Stadt stand. Neben der Weihung "Dis Manibus" findet sich öfter der Zusatz "et bonae Quieti" und auch die Manes selbst erhalten das Epitheton "quieti" (Ausonius)
Ammianus Marcellinus nennt sie "dea salutaris", was man mit "tröstender Göttin" übersetzen kann und das auch in diese Richtung weist.
Quietalis war ein Beiname des Pluto, vermutlich weil er, als ein Gott der Toten, diese zur ewigen Ruhe bettete (Festus)
Statius (90 n.Chr.) erwähnt Quies mehrmals. In seiner Thebais erscheint sie im Gefolge des Traumgottes Somnus. Er schreibt, daß die zwielichtige Quies und die langweilige Oblivio (die Gottheit des Vergessens) zusammen mit der trägen Ignavia (der Faulheit) mit ihrem schläfrigen Gesichtsausdruck die Schwelle zur Höhle des Somnus bewachen.
Apuleius schreibt in seinen Metamorphosen, auch bekannt als "Der goldene Esel", daß Lucius, der Protagonist, nach vielen anstrengenden Arbeiten und Stürmen des Schicksals endlich den Hafen der Quies erreicht hat.
Augustinus von Hippo verspottete in seinem Hauptwerk De civitate Dei die heidnischen Bräuche der Römer und machte sich lustig über ihre zahlreichen Gottheiten, die für alle möglichen Geistesbewegungen zuständig waren. Er nennt Agenoria, die zum Handeln anregt, Stimula, die zu ungewöhnlichem Handeln auffordert, Murcia, die die Menschen träge und untätig macht, Strenus, die ihren Eifer antreibt, und bemängelt dann, daß die Römer, obwohl sie diese alle anbeteten, nicht bereit waren, die Quies öffentlich anzuerkennen, sondern ihr einen Tempel außerhalb der Stadt errichteten. Und er fragt, ob dies nicht ein Zeichen dafür war, daß jemand, der alle diese Dämonen anbetete, nicht in Ruhe leben konnte?
Anmerkungen:
(1) Juan Luis Vives (1492-1540) war ein spanischer Humanist, Philosoph und Lehrer. Sein Vater wurde als getaufter Jude durch die Inquisition auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Bei seinem Studium an der Sorbonne in Paris kam er mit dem Humanismus in Kontakt. In den Niederlanden erhielt er die Lehrerlaubnis an der Universität Löwen und lernte Erasmus von Rotterdam kennen. Mit seiner Hilfe erstellte er einen Kommentar zu Augustinus' De civitate Dei, der 1512 veröffentlicht wurde. Er erregte Anstoß, weil er sich gegen Aristoteles stellte, der als unfehlbare Autorität galt.
Später wurde er an den Hof in London gerufen, wo er die Tochter Heinrichs VIII., die spätere Königin Maria I., unterrichtete. In Oxford lehrte er Jurisprudenz und Philosophie. Als er sich gegen die Scheidung des Königs von Katharina von Aragon aussprach, kam es zum Zerwürfnis und schließlich wurde er des Landes verwiesen.
In seinen Werken wurde er zum Begründer der modernen Pädagogik. Er setzte sich für die Bildung der Frauen ein und faßte die Wissenschaft als eine Bestätigung des Christentums auf. Er war aber gegen die Reformation und gegen die Spaltung der Kirche.
Er war im 16. und. 17. Jh. neben Erasmus der meistgelesene Autor. Heute beginnt das Interesse an ihm wieder zu steigen.
(2) Decimus Magnus Ausonius (um 310-393/94) war ein hoher gallo-römischer Staatsbeamter aus dem heutigen Bordeaux und Dichter der Spätantike. Valentinian I. rief ihn an den Hof nach Trier, wo er Erzieher seines ältesten Sohns Gratian wurde. Heute ist er vor allem für seine in Versform verfaßte Reisebeschreibung Mosella bekannt (Wikipedia)
Quellen:
(1) Livius, Ab urbe condita
(2) Statius, Thebais; Silvae
(3) Apuleius, Metamorphosen
(4) Augustinus von Hippo, De civitate Dei
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Preller-Jordan, Römische Mythologie
(4) Georg Wissowa, Religion und Kultus der Römer
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Hesychia
Das griechische Gegenstück zur Quies ist Hesychia, die Personifikation der Ruhe als Folge der Ordnung. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Erfindung des Dichters Pindar. Sie kommt in mehreren seiner Oden vor. Sie wird als Tochter der Dike, der Göttin der Ge-rechtigkeit, bezeichnet.
Er beschreibt sie zwar als sanft, aber gegen Unruhestifter tritt sie unnachgiebig auf. Der Grund ist, daß ihre Ruhe immer das Ergebnis einer Anstrengung ist. Pindar schreibt, "Mühsal bringt Ruhe". Dabei ist sie aber nicht bloß eine Atempause zur Erholung, sondern das Gegenteil des Chaos. Als Tochter der Dike verteidigt sie diesen Zustand gegen den Aufruhr mit großer Härte. Mich erinnert das an die Worte des Grafen von Schulenburg 1806 nach der verlorenen Schlacht gegen Napoleon bei Jena und Auerstädt: "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht".
Der Euhemerist Mnaseas von Patrai machte die Galene zur Tochter des Ichthys und seiner Schwester Hesychia.
Galene, die Seelenruhe, ist einer der Zentralbegriffe des pyrrhonishen Skeptizismus' und spielt auch in der sto-ischen Philosophie eine Rolle.
Anmerkung:
Euhemeros von Messana (um 300 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph, Schriftsteller und Mythograph. In seinem philosophischen Reiseroman "Heilige Schrift" erzählt er von der fiktiven Insel Panichaia und ihren frühen Königen, die später als Götter Uranos, Kronos und Zeus verehrt wurden. Das sollte wohl nicht als rationalistische Kritik verstanden werden, sondern seinen Mäzen, den makedonischen König Kassander ehren.
Diese Vermenschlichung der Götter ist heute unter dem Begriff Euhemerismus bekannt und hatte in der Neuzeit seit der Religionskritik der Aufklärung zahlreiche Anhänger gefunden, in neuerer Zeit z. B. auch Robert von Ranke-Graves (Wikipedia).
Quellen:
(1) Pindar, Oden
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
Liebe Grüße
Jochen
Das griechische Gegenstück zur Quies ist Hesychia, die Personifikation der Ruhe als Folge der Ordnung. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Erfindung des Dichters Pindar. Sie kommt in mehreren seiner Oden vor. Sie wird als Tochter der Dike, der Göttin der Ge-rechtigkeit, bezeichnet.
Er beschreibt sie zwar als sanft, aber gegen Unruhestifter tritt sie unnachgiebig auf. Der Grund ist, daß ihre Ruhe immer das Ergebnis einer Anstrengung ist. Pindar schreibt, "Mühsal bringt Ruhe". Dabei ist sie aber nicht bloß eine Atempause zur Erholung, sondern das Gegenteil des Chaos. Als Tochter der Dike verteidigt sie diesen Zustand gegen den Aufruhr mit großer Härte. Mich erinnert das an die Worte des Grafen von Schulenburg 1806 nach der verlorenen Schlacht gegen Napoleon bei Jena und Auerstädt: "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht".
Der Euhemerist Mnaseas von Patrai machte die Galene zur Tochter des Ichthys und seiner Schwester Hesychia.
Galene, die Seelenruhe, ist einer der Zentralbegriffe des pyrrhonishen Skeptizismus' und spielt auch in der sto-ischen Philosophie eine Rolle.
Anmerkung:
Euhemeros von Messana (um 300 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph, Schriftsteller und Mythograph. In seinem philosophischen Reiseroman "Heilige Schrift" erzählt er von der fiktiven Insel Panichaia und ihren frühen Königen, die später als Götter Uranos, Kronos und Zeus verehrt wurden. Das sollte wohl nicht als rationalistische Kritik verstanden werden, sondern seinen Mäzen, den makedonischen König Kassander ehren.
Diese Vermenschlichung der Götter ist heute unter dem Begriff Euhemerismus bekannt und hatte in der Neuzeit seit der Religionskritik der Aufklärung zahlreiche Anhänger gefunden, in neuerer Zeit z. B. auch Robert von Ranke-Graves (Wikipedia).
Quellen:
(1) Pindar, Oden
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
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Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Moneta
Münze #1:
Septimius Severus, 193-211
AR – Denar, 3.45g, 18.33mm, 0°
Laodicea ad Mare, 198-200
Av.: L SEPT SEV AVG IMP XI PART MAX
Belorbeerter Kopf n. r
Rv.: MONETA – AVGG
Moneta n. l. thronend, hält im li. Arm Cornucopiae und in der vorgestrecktem Rechten Waage
Ref.: RICIV/1, 510(a); BMCR IV, 699 (Pl. 44, 11); RSC 342
selten Moneta ist ein Epithet (Beiname) der Iuno, die unter diesem Namen einen Tempel auf der Burg (in arce) hatte. Diesen Tempel hatte 345 v.Chr. der Diktator L. Furius Camillus im Kriege gegen die Auruncer, ein latinisches Volk, gelobt. Der Senat wählte daraufhin zwei Männer, die den Tempel ein Jahr später an derselben Stelle, an der das Haus des M. Manlius Capitolinus auf dem Tarpejischen Felsen gestanden hatte und niedergerissen worden war, erbauten, „so wie es der Hoheit des römischen Volkes angemessen war" (Livius).
Ihren Namen Moneta, die Mahnende, soll sie erhalten haben, als bei einem Erdbeben aus ihrem Tempel eine mahnende Stimme ertönte, daß´man ihr eine trächtige Sau opfern sollte, um sie zu versöhnen (Cicero).
In diesem Tempel wurden die sogenannten Libri lintei aufbewahrt, eine alte Chronik des römischen Volkes.
Während des Krieges gegen Pyrrhos und die Tarentiner litten die Römer an Geld und flehten Iuno an. Diese habe ihnen geantwortet, an Geld würde es ihnen nie fehlen, wenn sie ihre Waffen mit Gerechtigkeit führen würden. Als ihr Wunsch in Erfüllung gegangen war, hätten sie die Iuno Moneta verehrt und beschlossen, die Münzen in ihrem Tempel zu prägen (Suidas). Es wird erzählt, daß ihre Statue von Veji nach Rom gebracht worden sei. Als ein Soldat sie zum Scherz anredete, ob sie mit nach Rom kommen wolle, soll sie geantwortet haben, ja, sie wolle (Lactanz). Ihr Fest fand am 1. Juni statt, weil an diesem Tag ihr Tempel geweiht worden war (Macrobius). Heute steht an dieser historisch be-deutsamen Stätte die Kirche Santa Maria in Aracoeli.
Seit dieser Zeit bedeutet Moneta soviel wie Münzprägeanstalt und seit Domitian tritt sie auf Münzen als deren Personifikation auf. Das Wort Moneta ist in die romanischen und viele germanischen Sprachen für Münzen und Geld übernommmen worden. Das um-gangssprachliche „Moneten“ stammt aus der Studentensprache.
Münze #2:
Diocletianus, 284-305
AE - Follis (AE 2), 10.50g, 25mm, 180°
Ticinum, 2. Offizin(?)
Av.: IMP C DIOCLETIANVS P F AVG
bärtiger, belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: SACRA MONET AVGG - ET CAESS NOSTR
Moneta, drapiert und diademiert, steht n. l., hält im li. Arm Cornucopiae und in der
vorgestreckten re. Hand Waage
im Abschnitt: ST und Punkt
Ref.: RIC VI, Ticinum 43(a) Zu dieser Münze:
Auf dieser Münze wird Moneta als sacra, heilig, bezeichnet. Stevenson schreibt dazu: Die Bezeichnung als sacra ist der Ausdruck für die große Bedeutung, die das Prägen der Münzen für die Menschheit hat. Und im Umkehrschluß bedeutet es, daß diese Institution vor jedem Verstoß geschützt werden muß und jede Beeinträchtigung, wie z. B. die Verfälschung des Metalls oder die Verminderung des Gewicht, genauso bestraft wird wie ein Sakrileg, ein Frevel gegen eine Gottheit.
Einen weiteren Tempel der Iuno Moneta gab es noch auf den Albanerbergen. Diesen hatte der Prätor Cicereius 173 v. Chr. während einer Schlacht gegen die Korsen geweiht und gebaut.
Anmerkungen:
(1) Marcus Manlius Capitolinus (gest. 384 v.Chr.) war 292 Consul. Die Manlii waren eine der führenden patrizischen Familien, die die frühe Republik dominierten. Als nach der vernichtenden Niederlage an der Allia die Gallier unter Brennus 390 v. Chr. Rom belagerten, hielt Marcus Manlius mit einer kleinen Schar auf der Burg aus. Als die Gallier die Burg erstürmen wollten, wurde er durch das Geschnatter der heiligen Gänse aufgeschreckt und konnte den Angriff abwehren.
Die Plünderung Roms aber ließ die Plebejer in einer elenden Lage zurück. Manlius, der gerade die Republik gerettet hatte, kämpfte für sie. Er verkaufte sogar seinen Besitz, um armen Schuldnern zu helfen, und beschuldigte den Senat der Veruntreuung von Geldern. Livius spricht von dem ersten patrizischen Popularen.
Daraufhin wurde er angeklagt, nach der königlichen Macht zu streben, aber erst, als sich die Versammlung an einen Ort begeben hatte, von dem man das Capitol nicht sehen konnte, den Ort seines Ruhms. 385 v.Chr. wurde er zum Tode verurteilt und vom Tarpejischen Felsen gestürzt. Sein Haus auf dem Capitol wurde dem Erdboden gleichgemacht und der Senat erließ die Verfügung, daß kein Patrizier mehr dort wohnen dürfte. Das war das Schicksal eines der größten Helden Roms!
(2) Die Libri lintei (Leinenrollen, eine etruskische Technik) waren eine Sammlung von Büchern, die aus Aufzeichnungen von Notizen bestanden, die von Beamten auf ihre Leinenkleidung geschrieben wurden und angeblich antike Listen jährlicher Staatsbeamter und Aufzeichnungen zu anderen Themen enthielten. Erhalten geblieben ist nur ein einziger etruskischer Liber Linteus, der als Mumienhülle verwendet worden war.
Wir kennen sie durch Erwähnungen römischer Autoren, die sie als Quelle für ihre historischen oder mythologischen Schriften heranzogen. Aufbewahrt wurden aie angeblich im Tempel der Iuno Moneta. Basilica Santa Maria in Aracoeli (links), Wikimedia
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Cicero, De divinatione
(3) Plutarch, Naturae historia
(4) Ovid, Fastes
(5) Macrobius, Saturnalia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Seth William Stevenson, Dictionary of Roman Coins
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Wikimedia
Liebe Grüße
Jochen
Münze #1:
Septimius Severus, 193-211
AR – Denar, 3.45g, 18.33mm, 0°
Laodicea ad Mare, 198-200
Av.: L SEPT SEV AVG IMP XI PART MAX
Belorbeerter Kopf n. r
Rv.: MONETA – AVGG
Moneta n. l. thronend, hält im li. Arm Cornucopiae und in der vorgestrecktem Rechten Waage
Ref.: RICIV/1, 510(a); BMCR IV, 699 (Pl. 44, 11); RSC 342
selten Moneta ist ein Epithet (Beiname) der Iuno, die unter diesem Namen einen Tempel auf der Burg (in arce) hatte. Diesen Tempel hatte 345 v.Chr. der Diktator L. Furius Camillus im Kriege gegen die Auruncer, ein latinisches Volk, gelobt. Der Senat wählte daraufhin zwei Männer, die den Tempel ein Jahr später an derselben Stelle, an der das Haus des M. Manlius Capitolinus auf dem Tarpejischen Felsen gestanden hatte und niedergerissen worden war, erbauten, „so wie es der Hoheit des römischen Volkes angemessen war" (Livius).
Ihren Namen Moneta, die Mahnende, soll sie erhalten haben, als bei einem Erdbeben aus ihrem Tempel eine mahnende Stimme ertönte, daß´man ihr eine trächtige Sau opfern sollte, um sie zu versöhnen (Cicero).
In diesem Tempel wurden die sogenannten Libri lintei aufbewahrt, eine alte Chronik des römischen Volkes.
Während des Krieges gegen Pyrrhos und die Tarentiner litten die Römer an Geld und flehten Iuno an. Diese habe ihnen geantwortet, an Geld würde es ihnen nie fehlen, wenn sie ihre Waffen mit Gerechtigkeit führen würden. Als ihr Wunsch in Erfüllung gegangen war, hätten sie die Iuno Moneta verehrt und beschlossen, die Münzen in ihrem Tempel zu prägen (Suidas). Es wird erzählt, daß ihre Statue von Veji nach Rom gebracht worden sei. Als ein Soldat sie zum Scherz anredete, ob sie mit nach Rom kommen wolle, soll sie geantwortet haben, ja, sie wolle (Lactanz). Ihr Fest fand am 1. Juni statt, weil an diesem Tag ihr Tempel geweiht worden war (Macrobius). Heute steht an dieser historisch be-deutsamen Stätte die Kirche Santa Maria in Aracoeli.
Seit dieser Zeit bedeutet Moneta soviel wie Münzprägeanstalt und seit Domitian tritt sie auf Münzen als deren Personifikation auf. Das Wort Moneta ist in die romanischen und viele germanischen Sprachen für Münzen und Geld übernommmen worden. Das um-gangssprachliche „Moneten“ stammt aus der Studentensprache.
Münze #2:
Diocletianus, 284-305
AE - Follis (AE 2), 10.50g, 25mm, 180°
Ticinum, 2. Offizin(?)
Av.: IMP C DIOCLETIANVS P F AVG
bärtiger, belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: SACRA MONET AVGG - ET CAESS NOSTR
Moneta, drapiert und diademiert, steht n. l., hält im li. Arm Cornucopiae und in der
vorgestreckten re. Hand Waage
im Abschnitt: ST und Punkt
Ref.: RIC VI, Ticinum 43(a) Zu dieser Münze:
Auf dieser Münze wird Moneta als sacra, heilig, bezeichnet. Stevenson schreibt dazu: Die Bezeichnung als sacra ist der Ausdruck für die große Bedeutung, die das Prägen der Münzen für die Menschheit hat. Und im Umkehrschluß bedeutet es, daß diese Institution vor jedem Verstoß geschützt werden muß und jede Beeinträchtigung, wie z. B. die Verfälschung des Metalls oder die Verminderung des Gewicht, genauso bestraft wird wie ein Sakrileg, ein Frevel gegen eine Gottheit.
Einen weiteren Tempel der Iuno Moneta gab es noch auf den Albanerbergen. Diesen hatte der Prätor Cicereius 173 v. Chr. während einer Schlacht gegen die Korsen geweiht und gebaut.
Anmerkungen:
(1) Marcus Manlius Capitolinus (gest. 384 v.Chr.) war 292 Consul. Die Manlii waren eine der führenden patrizischen Familien, die die frühe Republik dominierten. Als nach der vernichtenden Niederlage an der Allia die Gallier unter Brennus 390 v. Chr. Rom belagerten, hielt Marcus Manlius mit einer kleinen Schar auf der Burg aus. Als die Gallier die Burg erstürmen wollten, wurde er durch das Geschnatter der heiligen Gänse aufgeschreckt und konnte den Angriff abwehren.
Die Plünderung Roms aber ließ die Plebejer in einer elenden Lage zurück. Manlius, der gerade die Republik gerettet hatte, kämpfte für sie. Er verkaufte sogar seinen Besitz, um armen Schuldnern zu helfen, und beschuldigte den Senat der Veruntreuung von Geldern. Livius spricht von dem ersten patrizischen Popularen.
Daraufhin wurde er angeklagt, nach der königlichen Macht zu streben, aber erst, als sich die Versammlung an einen Ort begeben hatte, von dem man das Capitol nicht sehen konnte, den Ort seines Ruhms. 385 v.Chr. wurde er zum Tode verurteilt und vom Tarpejischen Felsen gestürzt. Sein Haus auf dem Capitol wurde dem Erdboden gleichgemacht und der Senat erließ die Verfügung, daß kein Patrizier mehr dort wohnen dürfte. Das war das Schicksal eines der größten Helden Roms!
(2) Die Libri lintei (Leinenrollen, eine etruskische Technik) waren eine Sammlung von Büchern, die aus Aufzeichnungen von Notizen bestanden, die von Beamten auf ihre Leinenkleidung geschrieben wurden und angeblich antike Listen jährlicher Staatsbeamter und Aufzeichnungen zu anderen Themen enthielten. Erhalten geblieben ist nur ein einziger etruskischer Liber Linteus, der als Mumienhülle verwendet worden war.
Wir kennen sie durch Erwähnungen römischer Autoren, die sie als Quelle für ihre historischen oder mythologischen Schriften heranzogen. Aufbewahrt wurden aie angeblich im Tempel der Iuno Moneta. Basilica Santa Maria in Aracoeli (links), Wikimedia
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Cicero, De divinatione
(3) Plutarch, Naturae historia
(4) Ovid, Fastes
(5) Macrobius, Saturnalia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Seth William Stevenson, Dictionary of Roman Coins
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Wikimedia
Liebe Grüße
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
- Peter43
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- Registriert: Mi 11.08.04 02:01
- Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
- Hat sich bedankt: 360 Mal
- Danksagung erhalten: 2457 Mal
- Kontaktdaten:
Re: Mythologisch interessante Münzen
Fors, der unberechenbare Zufall
Münze:
Galerius, 293-305 Caesar, 305-311 Augustus
AE – Follis, 4.46 22x24mm, 0°
Siscia, 2. Officina, Mitte 312
geprägt unter Licinius zum Tod des Galerius
Av.: DIVO GAL AL MAXIMIANO
Kopf, verschleiert, n. r
Rv.: FORTI FOR-TVNAE
Fortuna n. r. stehend, hält im li. Arm Cornucopiae und in der vorgestreckten
Rechten Ruder, das auf Globus steht; re. zu ihren Füßen Rad
im re. Feld Mondsichel mit Stern über einem B
im Abschnitt SIS
Ref.: RIC VI, Siscia 226 Zu diese Münze:
Galerius Valerius Maximianus war Kaiser in der Tetrachie unter Diocletian, zunächst als Caesar, dann als Mitkaiser im Osten. Er war berüchtigt wegen seiner Christenverfolgungen, erließ dann aber kurz vor seinem Tod das Toleranzedikt, das den Christen erlaubte, ihren Glauben öffentlich zu praktizieren.
Etymologie:
Die Münze, die einzige mit dieser Legende, ist mir aufgefallen, weil Fors Fortuna mit zwei Begriffen praktisch zweimal dasselbe audrückt. Lateinisch fors, fortis bedeutet „Schicksal, Geschick, Zufall“ und personifiziert „Schicksalsgöttin“ und damit das gleiche wie fortuna. Beide stammen vom lateinischen ferre ab, das „tragen, bringen, hervorbringen“ bedeutet, und bezeichnen somit „das, was die Zukunft bringt"
Fors ist die Personifikation des unberechenbaren Zufalls (Cicero). Zum Rad paßt das Zitat von Tibull: versatur celeri Fors levi orbe rotae (Das leichte Rad des Schicksals dreht sich in schnellen Kreisen). Damit ist Fors eng verwandt mit Fortuna, mit der sie gewöhnlich zu Fors Fortuna verschmolzen ist. Im Kultus tritt die Göttin nur unter diesem Doppelnamen auf. Der Fortunakult wird Servius Tullius zugeschrieben. Nach Varro und Dionysios von Halikarnassos soll Servius Tullius ein Heiligtum jenseits des Tibers gebaut und im Juni geweiht haben. Ovid schreibt dem Servius Tullius sogar die Gründung mehrerer Fortunaheiligtümer zu.
Nach Livius errichtete Spurius Carvilius Maximus 461 v. Chr. nach seinem Sieg über die Samniten und Etrusker einen weiteren Tempel, wozu er die Beute benutzte, die er von den Samniten erhalten hatte. Beide befanden sich in der XIV. Region (Transtiberim), also auf der anderen Seite des Tibers. Nun lagen nach den Fasti Amiternini und Esquilini an der via Portuense (oder nach Wilhelm Henzen an der via Campana) zwei Heiligtümer der Fors Fortuna, eines beim ersten, das andere beim sechsten Meilenstein, der Festtag beider war der 24. Juni. Dabei muß unentschieden bleiben, ob einer dieser Tempel der von Livius dem Carvilius zugeschriebene Tempel war, oder es sich bei diesem nur um die Restauration des alten gehandelt hat (Roscher)
Von diesen Tempeln ist der Tempel der Fors Fortuna zu unterscheiden, den Tiberius 17 n. Chr. in den Gärten des Cäsars, also auch jenseits des Tibers, weihte. Nach den Tempeln ist der vicus Fortis Fortunae in der 14. Region benannt. Aus Tacitus geht hervor, daß die Dedikation des tiberianischen Tempels Ende des Jahres erfolgte, also keinen Bezug zum Fest am 24 Juni hatte.
Das Fest am 24. Juni wurde überwiegend von niederen Volksschichten gefeiert, Ovid schildert die ausgelassene Lustbarkeit, zu der das Volk teils zu Fuß, teils auf Kähnen über den Tiber hinauszog.
Nach Varro verehrten die Sabiner die gleiche Göttin unter etwas verändertem Namen. Sie als Göttin des Land- und Gartenbaus zu bezeichnen, ist nicht gerechtfertigt. Die Ernte, von der Columella spricht, fiel um die Zeit des 24. Juni, so daß ein Opfer an die Göttin für die Feldfrucht sehr natürlich erscheint. In späterer Zeit wurde Fors Fortuna mit Nemesis gleichgesetzt.
Anmerkung:
Lucius Iunius Moderatus Columella (gest. 70 n. Chr.) stammte aus Gades in Spanien, dem heutigen Cadiz, und war ein römischer Schriftsteller und Gutsbesitzer. Sein Hauptwerk sind die 12 Bände de Rustica, neben Catos de agri cultura das bedeutendste Werk über die römische Landwirtschaft
Quellen:
(1) Cicero, de leges
(2) Ovid, Fastes
(3) Titus Livius, Ab urbe condita
(4) Tibull, Elegien
(5) Tacitus, Annalen
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikonder griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologischesLexikon
Anmerkung: Dieser Artikel ist der Vorspann zu einem langen Artikel über die Fortuna.
Liebe Grüße
Jochen
Münze:
Galerius, 293-305 Caesar, 305-311 Augustus
AE – Follis, 4.46 22x24mm, 0°
Siscia, 2. Officina, Mitte 312
geprägt unter Licinius zum Tod des Galerius
Av.: DIVO GAL AL MAXIMIANO
Kopf, verschleiert, n. r
Rv.: FORTI FOR-TVNAE
Fortuna n. r. stehend, hält im li. Arm Cornucopiae und in der vorgestreckten
Rechten Ruder, das auf Globus steht; re. zu ihren Füßen Rad
im re. Feld Mondsichel mit Stern über einem B
im Abschnitt SIS
Ref.: RIC VI, Siscia 226 Zu diese Münze:
Galerius Valerius Maximianus war Kaiser in der Tetrachie unter Diocletian, zunächst als Caesar, dann als Mitkaiser im Osten. Er war berüchtigt wegen seiner Christenverfolgungen, erließ dann aber kurz vor seinem Tod das Toleranzedikt, das den Christen erlaubte, ihren Glauben öffentlich zu praktizieren.
Etymologie:
Die Münze, die einzige mit dieser Legende, ist mir aufgefallen, weil Fors Fortuna mit zwei Begriffen praktisch zweimal dasselbe audrückt. Lateinisch fors, fortis bedeutet „Schicksal, Geschick, Zufall“ und personifiziert „Schicksalsgöttin“ und damit das gleiche wie fortuna. Beide stammen vom lateinischen ferre ab, das „tragen, bringen, hervorbringen“ bedeutet, und bezeichnen somit „das, was die Zukunft bringt"
Fors ist die Personifikation des unberechenbaren Zufalls (Cicero). Zum Rad paßt das Zitat von Tibull: versatur celeri Fors levi orbe rotae (Das leichte Rad des Schicksals dreht sich in schnellen Kreisen). Damit ist Fors eng verwandt mit Fortuna, mit der sie gewöhnlich zu Fors Fortuna verschmolzen ist. Im Kultus tritt die Göttin nur unter diesem Doppelnamen auf. Der Fortunakult wird Servius Tullius zugeschrieben. Nach Varro und Dionysios von Halikarnassos soll Servius Tullius ein Heiligtum jenseits des Tibers gebaut und im Juni geweiht haben. Ovid schreibt dem Servius Tullius sogar die Gründung mehrerer Fortunaheiligtümer zu.
Nach Livius errichtete Spurius Carvilius Maximus 461 v. Chr. nach seinem Sieg über die Samniten und Etrusker einen weiteren Tempel, wozu er die Beute benutzte, die er von den Samniten erhalten hatte. Beide befanden sich in der XIV. Region (Transtiberim), also auf der anderen Seite des Tibers. Nun lagen nach den Fasti Amiternini und Esquilini an der via Portuense (oder nach Wilhelm Henzen an der via Campana) zwei Heiligtümer der Fors Fortuna, eines beim ersten, das andere beim sechsten Meilenstein, der Festtag beider war der 24. Juni. Dabei muß unentschieden bleiben, ob einer dieser Tempel der von Livius dem Carvilius zugeschriebene Tempel war, oder es sich bei diesem nur um die Restauration des alten gehandelt hat (Roscher)
Von diesen Tempeln ist der Tempel der Fors Fortuna zu unterscheiden, den Tiberius 17 n. Chr. in den Gärten des Cäsars, also auch jenseits des Tibers, weihte. Nach den Tempeln ist der vicus Fortis Fortunae in der 14. Region benannt. Aus Tacitus geht hervor, daß die Dedikation des tiberianischen Tempels Ende des Jahres erfolgte, also keinen Bezug zum Fest am 24 Juni hatte.
Das Fest am 24. Juni wurde überwiegend von niederen Volksschichten gefeiert, Ovid schildert die ausgelassene Lustbarkeit, zu der das Volk teils zu Fuß, teils auf Kähnen über den Tiber hinauszog.
Nach Varro verehrten die Sabiner die gleiche Göttin unter etwas verändertem Namen. Sie als Göttin des Land- und Gartenbaus zu bezeichnen, ist nicht gerechtfertigt. Die Ernte, von der Columella spricht, fiel um die Zeit des 24. Juni, so daß ein Opfer an die Göttin für die Feldfrucht sehr natürlich erscheint. In späterer Zeit wurde Fors Fortuna mit Nemesis gleichgesetzt.
Anmerkung:
Lucius Iunius Moderatus Columella (gest. 70 n. Chr.) stammte aus Gades in Spanien, dem heutigen Cadiz, und war ein römischer Schriftsteller und Gutsbesitzer. Sein Hauptwerk sind die 12 Bände de Rustica, neben Catos de agri cultura das bedeutendste Werk über die römische Landwirtschaft
Quellen:
(1) Cicero, de leges
(2) Ovid, Fastes
(3) Titus Livius, Ab urbe condita
(4) Tibull, Elegien
(5) Tacitus, Annalen
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikonder griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologischesLexikon
Anmerkung: Dieser Artikel ist der Vorspann zu einem langen Artikel über die Fortuna.
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ich kann leider nicht so schnell lesen, wie du schreiben kannst, lieber Jochen.
Die Quies war mir absolut unbekannt.
Grüsse
Rainer
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Nach meinem Wissen steht FORTIS für kräftig stark,Peter43 hat geschrieben: ↑Mo 14.07.25 09:43Fors, der unberechenbare Zufall
Die Münze, die einzige mit dieser Legende, ist mir aufgefallen, weil Fors Fortuna mit zwei Begriffen praktisch zweimal dasselbe audrückt. Lateinisch fors, fortis bedeutet „Schicksal, Geschick, Zufall“ und personifiziert „Schicksalsgöttin“ und damit das gleiche wie fortuna.
Fors ist die Personifikation des unberechenbaren Zufalls (Cicero).
tapfer, energisch, mutig. Und hat doch eigentlich gar nichts mit FORS (Schicksal) zu tun. Die Deutung der Reverslegende wäre doch besser mit tatkräftiges Glück zu übersetzen, oder?
Eine Anspielung auf die Fors Fortuna halte ich für ausgeschlossen - einem Vergötterten, von der göttlichen Vorsehung bestimmt, mit der "Personifikation des unberechenbaren Zufalls" in Verbindung zu setzen hat einen sonderbaren Beigeschmack.
Gruss
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Jetzt bin ich etwas verwirrt. Hatte Juno den Beinamen Moneta nicht deswegen erhalten, weil die ihr geheiligten Tiere, die Gänse, beim Galliereinfall 390 v.Chr. mit ihrem Geschnatter den nächtlichen Sturm auf die Burg vereitelten?Peter43 hat geschrieben: ↑Sa 12.07.25 09:49
Moneta ist ein Epithet (Beiname) der Iuno, die unter diesem Namen einen Tempel auf der Burg (in arce) hatte. Diesen Tempel hatte 345 v.Chr. der Diktator L. Furius Camillus im Kriege gegen die Auruncer, ein latinisches Volk, gelobt. ...
Ihren Namen Moneta, die Mahnende, soll sie erhalten haben, als bei einem Erdbeben aus ihrem Tempel eine mahnende Stimme ertönte, daß´man ihr eine trächtige Sau opfern sollte, um sie zu versöhnen (Cicero).
Gruss
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Das ist wohl nur eine von mehreren GeschichtenLucius Aelius hat geschrieben: ↑Do 17.07.25 06:59... Hatte Juno den Beinamen Moneta nicht deswegen erhalten, weil die ihr geheiligten Tiere, die Gänse, beim Galliereinfall 390 v.Chr. mit ihrem Geschnatter den nächtlichen Sturm auf die Burg vereitelten? ...


Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen
In Pierre Bastien, "Aeternae Memoriae Galeri Maximiani", RBN 1968, S. 15-43, geht es ab Seite 21 auch um diesen Münztyp: http://www.numisbel.be/1968_2.pdf#page= ... o,-323,529Lucius Aelius hat geschrieben: ↑Do 17.07.25 05:38... Die Deutung der Reverslegende wäre doch besser mit tatkräftiges Glück zu übersetzen, oder? ...
Da lässt sich Bastien ausführlich über die Bedeutung des Revers aus

Gruß
Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Genau so soll es sein. Ich freue mich, wenn ich euch etwas neues erzählen kann.
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Zur Benennung der Moneta:
Natürlich war mir die Geschichte mit den schnatternden Gänse im Gedächtnis. Aber ich habe hier die Erklärung von von Cicero übernommen.
Liebe Grüße
Jochen
Natürlich war mir die Geschichte mit den schnatternden Gänse im Gedächtnis. Aber ich habe hier die Erklärung von von Cicero übernommen.
Liebe Grüße
Jochen
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