Reinigung antiker Münzen - Methoden-Besprechung

Tipps zur Reinigung, Konservierung und Photographie von Münzen

Moderator: Homer J. Simpson

emieg1
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Beitrag von emieg1 » So 01.03.09 09:44

Frank, die von Pscipio vorgestellte Münze überzeugt wirklich, ergo nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil :wink:
Das war aber doch sicher mühevolle mechanische Arbeit unter dem Mikroskop, wenn ich mir die Verkrustungen im Vorher-Bild so ansehe, oder?!

Sicherlich kann man fast endlos weiter darüber diskutieren, welche Reinigungsmethode nun die beste bzw. schonendste darstellt, aber es kommt ja im Grunde immer erst einmal auf die Münze selbst an bzw. auf den Ursprungszustand. Und wegen der Vielfalt der verschiedenen Auflagen, Verkrustungen und Verschmutzungen kann/darf man kaum eine allgemeingültige Aussage treffen.

Mein Plädoyer für Wasser bezog sich auf AE-Münzen, die zwar verdreckt sind, aber deren Patina fest und unbeschädigt ist. Münzen, deren Patina schon beim Ansehen abbröckelt, würde ich auch nicht ins Wasser werfe. Ansonsten halte ich die Reinigung mit Wasser für absolut unbedenklich, wenn man die Münze anschliessend GUT trocknet, d.h. mindestens drei Tage auf die Heizung legt. Dann dürfte aber auch der letzte Tropfen Feuchtigkeit verdunstet sein! In dem Zusammenhang glaube ich nicht, das Wasser einer INTAKTEN Patina irgendwelchen Schaden zufügt oder diese sogar anlöst.

hjk, zu den Rasierklingen: Du kannst sie mit einer herkömmlichen Haushaltsschere in Stücke schneiden und diese anschliessend in einen Uhrmacherschraubendreher einspannen. Die kleinsten von denen fassen Schraubspitzen von 0,5 mm, die mit einer Konterschraube im Griff befestigt werden, und kosten ca. 4 Euro.
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Lojoer
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Beitrag von Lojoer » So 01.03.09 10:31

Hi zusammen,
da ich die letzten Jahre meine römischen Münzen nicht kaufe sondern alle selbst suche, bin ich ständig mit der Herausforderung der Münzreinigung konfrontiert.
Nachfolgend spreche ich ausschließlich über die Reinigung von kupferlegierten Münzen.
Die meisten Fundmünzen aus dem Acker sind in einenm bemitleidenswerten Zustand. Die Patina ist durch die Mechanische und anschließenden chemischen Belastung, weich und pulvrig, dass sie meist nur noch vom Schmutz zusammengehalten wird.
Meine Fundmünzen werden generell zuerst unter Wasser mit einem feinen Marderhaarpinsel vorgereinigt. Nach dem trocknen schau ich mit die Patina unter dem Stereomikroskop an und teste deren Konsistenz. Bei weicher und pulvriger Patina kann man, wie frank eigendlich auch schon ausführte, nicht mehr viel machen und meine Intension geht dahin durch eine mechanische Reinigung wenigsten Reste der Prägung sichtbar zu machen, um vorrangig die Münze bestimmen zu können. Hierbei schrecke ich auch vor einer Entpatinierung nicht zurück.
Bei positivem Test der Patina reinige ich diese grundsätzlich mechanisch. Auch mild wirkende ätzende Lösungen wie Olivenöl, Natron usw. kommen nicht in Frage.
Unter dem Stereomikroskop werden lediglich Stichel und Schaber verwendet, die ich mir selbst herstelle. Basis der Stichel und Schaber sind Ledernadeln, deren Spitze ich mit dem Dremel unterschiedlich ausforme. Am häufigsten verwende ich eine Spitze, die schräg zu einem kleinen, ungefähr 1/4 mm² großen Oval ausgeformt bzw. abgeschliffen ist. Mit der Spitze können unter dem Mikroskop kleine Sandkörner abgehoben werden, mit dem kleinen, rauhen Oval wird die Schmutzschicht soweit ausgedünnt (raspelartig), bis diese bei leichter Berührung abplatzt. Dabei wird die Münze mit abgekochtem Wasser (Chlorentfernung) ständig feucht gehalten um die Transparenz der Schmutzschicht zu erhöhen. Hierdurch erkennt man sehr schnell die verbleibende Schmutzdicke und weiß ab wann Vorsicht angesagt ist.
Dieses Reinigungsverfahren ist äußerst zeitaufwendig (bei einem As sind mal schnell 4 Std. vorbei), hat sich bei mir aber am besten bewert.
Gruß Jörg

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chinamul
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Beitrag von chinamul » So 01.03.09 12:22

Über einen Punkt sollte beim Thema Münzreinigung unbedingt Klarheit bestehen: Es gibt keine Verfahren, die sich unterschiedslos auf sämtliche mit Auflagerungen behafteten Münzen anwenden lassen. Vielmehr erfordert jeder Einzelfall eine gründliche Diagnose, und wie beim Arztberuf braucht der treffsichere Diagnostiker eine Menge Erfahrung mit unterschiedlich gearteten Krankheitsbildern. Beim Reinigen von Münzen gilt cum grano salis dasselbe. Der Anfänger kann Glück haben und mit seinen Bemühungen die Münze nicht verderben. Wahrscheinlicher aber ist, daß er sein Stück unwiederbringlich ruiniert. Und wie beim Arzt auf die korrekte Diagnose sinnvollerweise die geeignete Therapie folgen muß, sollte auch beim Versuch der Münzreinigung ein ganzes Arsenal an persönlich erprobten Verfahren zur Verfügung stehen.
Jeder wird jedoch beim Sammeln solcher Erfahrungen Lehrgeld zahlen, und mitunter habe auch ich anfangs nach mißglückten Reinigungsversuchen das klägliche Ergebnis für immer entsorgt, um es nicht als Beweis meines Scheiterns weiter vor Augen zu haben. Allmählich aber entwickelt man ein Gefühl dafür, welches Potential noch in einer verschmutzten Münze schlummert, und das bewahrt einen in der Regel vor den schlimmsten Enttäuschungen.
Diesen Lernprozeß können jedoch kluge Bücher und fachkundige Ratschläge, die einzeln genommen durchaus praktikabel sein mögen, keinesfalls gleichwertig ersetzen.

Gruß

chinamul
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Beitrag von justus » So 01.03.09 13:00

helcaraxe hat geschrieben:denn das Ergebnis schaut dem Ergebnis Deiner Ballistolreinigung schon verdammt ähnlich!
Stimmt ! Aber wo keine Patina mehr vorhanden ist, kann eben auch keine entfernt werden. Wie meine Vorredner schon geschrieben haben, gilt es in diesen Fällen nur noch das Münzbild sichtbar zu machen.

mfg Justus

P.S. Alles klar, Frank !
mit freundlichem Gruß

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Beitrag von diwidat » So 01.03.09 13:21

Bei den Reinigungs-Brutalmethoden ist die Entscheidung - ob Bunsenbrenner oder Vorschlaghammer - immer schwer. Was führt zum besseren Ergebnis?

In dem Vorliegenden Fall wurde der Hammer eingesetzt, der die Krusten, die die ganze Metallscheibe (es sah nicht nach Münze aus) einschlossen, zur Vernunft brachte und zu Gehen veranlasste.

Das Ergebnis hat mich überrascht, - einen Münzmeister Dupondius des Augustus von Plicinius Stolo mit Gegenstempel.

Die Krustenstücke - rechts auf dem ersten Bild - konnte ich gerade noch für das Foto einfangen, bevor sie zerbröselten.
Unter der Kruste war eine weiche pulvrige rote Schicht, die sich bei der anschließenden Alkohol Spülung auflöste.

Der Diskussion folge ich mit wachsendem Vergnügen. Hier scheiden sich offensichtlich die Geister in handwerklich erfahrene Reiniger mit chemischen Grundkenntnissen und Andere.
Der Handwerker, ob gelernter oder durch Erfahrung angenommen (Bastler), hat mit Sicherheit die größeren Vorteile.
Er weiß, dass er nicht mit spitzen Nadel oder Rasierklingen (Schraubendrehern) auf einer Kupferfläche rumkratzen kann, ohne böse Spuren zu hinterlassen, die er nie mehr beseitigen kann.

Bei der chemischen Behandlung von Metallen und ihren Zersetzungsprodukten ist genau so eine solide Grundkenntnis der Vorgänge erforderlich, wenn man keine größeren Schäden als die Korrosion schon angerichtet hat verursachen will.

Warum man eine Münze, die schon 1500 Jahre im Wasser gelegen hat, nicht mehr mit diesem Element in Verbindung bringen darf, ist mir etwas schleierhaft.
Daher bade ich auch alle meine Münzen in Alkohol, damit der Trennungsschmerz von dem teils sehr anhänglichen Schmutz nicht so groß wird.

Alle potentiellen Reiniger, die meinten sie könnten es nicht - sollten es also besser bleiben lassen.
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emieg1
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Beitrag von emieg1 » So 01.03.09 13:49

diwidat, hoffentlich liest das jetzt nicht jemand, der gerade sein erstes Häuflein spätrömischer Krustenplättchen vor sich liegen hat... ich sehe jenen schon mit leuchtenden Augen in der Werkzeugkiste wühlen :crazyeyes:

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Beitrag von dionysus » So 01.03.09 14:29

Hallo,

passend zum Thema möcht ich auch hier mal Vorher- und Nachherbilder einer von mir gereinigten Münze einstellen. (Ich hatte sie schon mal bei den Byzantinern gezeigt.)
Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass diese Münze noch Details im Gesicht der Kaiserin Sophia zeigen würde.

Gereinigt habe ich mit einer in eine Halterung eingespannten Kanüle unter Zuhilfenahme einer 10-fach Lupe (Ein Mikroskop besitze ich leider bisher nicht, das wird sich aber noch ändern.)

Grüße
Maico
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Beitrag von helcaraxe » So 01.03.09 14:47

diwidat hat geschrieben:Daher bade ich auch alle meine Münzen in Alkohol.
:drinking: Die haben es gut... :drinking:
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von muenzenputzer06 » So 01.03.09 20:39

Ich nehm lieber 2 bis 3 Gläser guten Rotwein bei der Reinigung. :oops:

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Wie reinigen?

Beitrag von kalle123 » Mo 09.03.09 10:02

Hallo,
da ich heute Nachtschicht habe, hatte ich zeit die ganzen Berichte einmal durchzulesen. Da ich ja kürzlich durch entpatinierte Münzen auf mich aufmerksam machte und auf Kritik stieß, bin ich natürlich an Reinigungsmethoden, insbesonders bei Bronzemünzen, interessiert. Ich habe herausgelesen, dass anscheinend die erfolgreichste Methode die ist, dass man eine solche Münze zunächst (bis zu 3 Tage) in milder Seifenlösung, evtl. Natronlösung, badet und den Schmutz dann mit einem Pinsel oder einer Zahnbürste entfernt und anschließend die Münze trocknet. Danach mechanische Reinigung, am Besten unter dem Mikroskop. Es wird in anderen Beiträgen einmal erwähnt, dass bei Gold- und Silbermünzen die Patina vollständig entfernt wird. Stimmt das? Bei Gold- und Silbermünzen werden auch andere Reinigungsmethoden beschrieben. Erkennt Ihr von vornherein, dass sich unter der Kruste eine Gold- oder Silbermünze befindet? Abgebildete Münzen weisen fleckige grüne Stellen mit Grünspan oder Grünfrass auf. Ist das so gewollt, dass man die Echtheit der Münze erkennen kann? Es gäbe doch die Möglichkeit die Münze bei 170 - 180° C (Schmelzpunkt von Zinn oder Zink soll nicht überschritten werden) für 45 min in den Backofen zu legen und die grünen Stellen wären verschwunden (lt. andersweitiger Beschreibung). Keiner von Euch erwähnt eine Reinigung der Münze mit Oliven- oder Rapsöl. Dafür wird mit Waffenöl experimentiert. In den Fachkreisen gehen die Meinungen ja ganz schön auseinander.
Es grüßt Euch kalle

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Beitrag von areich » Mo 09.03.09 10:38

Bei Gold ist es einfach, Gold bildet nie eine Kruste also wird sich unter einer Kruste nie eine Goldmünze befinden.

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Beitrag von kalle123 » Mo 09.03.09 11:09

Wusste ich nicht. Danke.
Schöner Gruß
kalle

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Beitrag von areich » Mo 09.03.09 11:23

Ungereinigt sieht Gold wohl so aus:

http://www.vcoins.com/ancient/holyland/ ... roduct=975

Also maximal etwas getönt aber immer eindeutig als Gold erkennbar.

Aber es gibt ja noch Messing, das Gold des armen Mannes. ;)

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Beitrag von Peter43 » Mo 09.03.09 11:57

Manchmal gibt es bei Gold rote Auflagerungen.

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von schnecki » Mo 09.03.09 11:58

Die rötliche färbung bekommt Gold auch nur dann , wenn Begleitmetalle in der Legierung vorhanden sind ( AG , CU ua. ) , ansonsten ist Gold ohne Patina ! ich habe so etwas in der Giesserei und als Fräser gelernt , glaube ich noch zu wissen !!!

m.f.g Alex
SI DEVS PRO NOBIS , QVIS CONTRA NOS ?

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