Tesserae / Amulette (Sterne/Mondsichel)

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Xanthos
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Tesserae / Amulette (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von Xanthos » Mo 05.01.15 17:52

Auf Wunsch von Tilos verlagere ich unsere Diskussion über die Tesserae mal in diesen neuen Thread. Dabei geht es in erster Linie um die Tesserae des Typs "Sterne/Mondsichel", da das Gebiet der Tesserae im allgemeinen relativ gross ist.

Und hier die Tessera, welche die Diskussion angestossen hat:

AE Tessera, ca. 3-4 Jh. n. Chr.
Pferd/Esel (?) nach rechts.
Drei Sterne über Mondsichel.
0.72g, 12mm
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tessera.jpg

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tilos
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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von tilos » Mo 05.01.15 19:56

Danke Xanthos!

Was bisher geschah :D :

@Xanthos: ...Interessant ist auch die Tessera; da gibt es ja etliche ähnliche Stücke, alle mit Mondsichel und Sternen auf der Rückseite und einem intakten oder ausgerissenen Loch. Ich habe ein Stück sehr ähnlich wie Deines und eines mit Vs. Mercur mit Börse und Caduceus. Was für ein Tier, meinst, Du, ist das - ich sehe am ehesten einen Stier (bei meinem Exemplar sind die Hörner evtl. ein bißchen deutlicher), bin nicht sicher, ob es ein Apisstier sein soll.
Viele Grüße,
Homer

Hallo Rupert,
ebendiese Tesserae mit Mondsichel und drei Sternen auf der Rückseite sind ein Teilgebiet meiner Sammlung. Allerdings konnte ich bisher erst 5 Typen zusammentragen:
- Reiter auf Pferd nach rechts
- Merkur mit Börse und Caduceus frontal
- Serapiskopf nach rechts
- Telesphoros frontal
- Pferd/Esel(?) nach rechts
Bei dem gezeigten Stück ging ich bisher immer von einem Pferd/Esel(?) aus (siehe Hals-Kopf-Partie). Ist aber schwierig zu sagen, da man in der Hand nicht mehr erkennt, als auch auf dem Bild.
Gruss,
Simon

Nicht zu vergessen die Hera- und Hermes-Rückseiten!
Bei mir verdichtet sich allerdings immer mehr der Verdacht, dass es sich bei dieserart Metallscheibchen nicht nur um - als Besatz nachverwendete - Münzlein handelt (deren Zuordnung i.Ü. völlig ungeklärt ist), sondern um Besatzscheibchen (mit talismanartiger oder ritueller oder ... Bedeutung) die primär als solche gefertigt und verwendet wurden. Wir haben das ja schon gelegentlich diskutiert, z.B. hier:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... s&start=15
Eine Verwendung als Tesserae scheint mir allein schon wegen des relativ winzigen Formats, und der damit verbundenen schlechten Handhabung, auszuscheiden.
Gruß
Tilos

Hallo Tilos,
deine Hermes Rückseite deckt sich mit Homer's und meiner Merkur Rückseite. Neben den bereits aufgezählten Motiven kenne ich noch folgende:
- Weibliche Figur mit Viktoria (?) und Zepter frontal (deine Hera Rückseite)
- Verhüllte weibliche (?) Figur nach rechts stehend
- Schlange auf Basis nach links, daneben Stern
- Hekate
- Reiter zu Pferd mit erhobener Rechten nach rechts geloppierend
- Löwe nach links schreitend
- Jugendliche männliche Büste (drapiert) nach rechts, dahinter ω
Ich bin sicher, es gibt noch viele mehr.
Zum damaligen Verwendungszweck kann ich nicht viel sagen. Man geht allerdings davon aus, dass diese "Tesserae" aus dem 3-4 Jh. stammen, als Münzen auch nicht mehr (viel) grösser waren. Darüberhinaus gab es z.B. bei den Griechen Münzen, die noch wesentlich kleiner waren. Nur aufgrund der Grösse würde ich Tessera als Verwenungszweck also nicht ausschliessen.
Gruss
Simon
Zuletzt geändert von tilos am Di 06.01.15 11:54, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von tilos » Di 06.01.15 00:41

Format, Größe und die immer vorhandene Lochung sprechen eher für Schmuckscheiben, die an Kettchen oder als Kleidungsbesatz getragen wurden - so meine Überzeugung. Tesserae sind überwiegend größer bzw. dicker und schwerer und tragen vor allem keine Lochung am Rand - wofür auch. Sehr gut vergleichbar sind "unsere" Stücke mit den sogen. Gypsy Coins - finde ich.

Gruß
Tilos

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von justus » Di 06.01.15 06:36

Ich halte den Vergleich mit "Tesserae" in diesem Fall auch für etwas problematisch, schon alleine auf Grund der Frage nach dem vermutlichen Verwendungszweck. Tilos Ansatz in Richtung Schmuckscheiben und ein Vergleich mit Stücken aus meiner "Votivgaben-Sammlung" hat mich auf eine andere Idee gebracht. Ich denke daher, dass es sich bei diesen Stücken eher um so etwas wie "Amulette oder Glücksbringer" handeln könnte.

Als Anhang eine entsprechende "Votivscheibe" aus Blei ----->
VG.56 av.jpg
Votivspiegel
Römisch, Blei, 1./2. Jahrhundert n. Chr.
Av. Rand strahlenförmig gezackt. Doppelkreis mit Leiterstruktur. Darin waagrechte Mondsichel. Darüber drei Sterne. Unten Ansatz von Griff noch erkennbar.
Rv. Blankes Metall. Innerhalb des gezackten Randes ein Perlkranz und ein Linienkreis.
Gewicht 16,45 g, Durchmesser ca. 40 mm. Dunkle, olivgrüne Patina.
VG.56 rv.jpg
Anmerkung: Die Verwendung des Begriffs "Votivspiegel" ist hier auf die spiegelartige Form (runde Scheibe mit Griff) bezogen.
mit freundlichem Gruß

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von Xanthos » Di 06.01.15 10:59

justus hat geschrieben:Ich halte den Vergleich mit "Tesserae" in diesem Fall auch für etwas problematisch, schon alleine auf Grund der Frage nach dem vermutlichen Verwendungszweck.
Der Verwendungszweck ist eben bisher unbekannt und Tessera nur eine Möglichkeit, daher auch häufig mit (?) gekennzeichnet. Darüberhinaus habe ich das Gefühl, dass "Tessera" häufig als Synonym für "Münzförmig, Verwendungszweck unbekannt" verwendet wird.

Zum Vergleich mit deiner Votivscheibe: Das einzige was die beiden miteinander verbindet, ist das Motiv (Sterne/Mond). Ansonsten sehe ich keine Übereinstimmungen (Grösse, Gewicht, Metall, Stil, etc.), die eine schlüssige Folgerung vom einen auf den anderen Verwendungszweck zulassen würden. Und das Motiv an sich kommt z.B. auch auf Münzen vor, sagt also über den Verwendungszweck (Tessera vs. Amulett/Glücksbringer) ebenfalls nicht sehr viel aus.

Ich denke eher, dass die systematische Lochung dieser "Metallscheibchen" nahelegt, dass diese in irgend einer Form getragen wurden, und somit deine Theorie (Amulett/Glücksbringer) am ehesten unterstützt. Andere Tesserae (frühe Kaiserzeit, diversen Zahlen auf der Rückseite) weisen zwar auch vereinzelt Lochungen auf, aber eben nicht systematisch.

EDIT: @Tilos, hatte deinen Post leider gar nicht gesehen. Bezüglich Lochung decken sich unsere Meinungen ja :)

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von tilos » Di 06.01.15 11:51

Xanthos hat geschrieben:...
EDIT: @Tilos, hatte deinen Post leider gar nicht gesehen. Bezüglich Lochung decken sich unsere Meinungen ja :)
Sag (schreib) ich doch schon seit Jahren. :lol:

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von Xanthos » Di 06.01.15 12:03

Kennst du spezifische Literatur zu dieser Thematik? Ich habe leider bei keinem der auf acsearch verfügbaren Stücke eine Referenz gefunden.

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von Homer J. Simpson » Di 06.01.15 14:14

Auch ich bin da, sprachlich gesehen, schlampig - alles, was rund und geprägt ist und keine Münze ist, ist bei mir erst mal eine Tessera (im Sinne von "Marke"). Zumal man ja über den Verwendungszweck ja sowieso oft nur spekulieren kann.
Da die mir bekannten Stücke durchweg gelocht sind und die Löcher nicht selten ausgerissen sind, liegt mir der Gedanke nahe, daß sie - z.B. als Glücksbringer - getragen wurden, und zwar über längere Zeit. Da die Stücke selbst wie auch die Löcher klein sind, erscheint es mir möglich, daß man sie z.B. kleinen Kindern an einem dünnen Kettchen um den Hals gehängt hat (Schutz gegen Schadzauber, bösen Blick o.ä.).
Hier jetzt mal meine beiden Stücke. Jeweils 13 mm Durchmesser, Gewicht 0,70 und 0,91 g, Stempelachse 6 Uhr. Links Hermes, rechts, wie ich meine, ein Stier, evtl. mit einer Mondsichel auf der Flanke, was ihn zu einem Apisstier machen würde.

Viele Grüße,

Homer
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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von tilos » Di 06.01.15 15:31

Danke Homer & weiter so - an alle! Vielleicht bekommen wir hier mal einen richtigen Material-Korpus zusammen.

Bei Wildwinds finden sich auch fünf Stücke dieses Typus, soweit ich korrekt gezählt habe:

http://www.google.de/imgres?imgurl=http ... L4BEK0DMDE

Ansonsten ist die Auflistung dort ein ziemliches Durcheinander von Tesserae, Plomben, Siegeln, Anhängern, Gewichten... aber nicht uninteressant!

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von emieg1 » Di 06.01.15 15:57

Ich würde die 'Verwendung' nicht auf Kinder beschränken, aber Mond und Sterne hatten sicherlich eine ganz besondere Bedeutung, wobei ich da eher an eine 'kultische' Verwendung denke als an einen Glücksbringer. Immerhin hat man nicht nur diese 'Tesserae', sondern auch entsprechende Münzen getragen, wie diese gefasste Domna zeigt.
Dateianhänge
normal_domna_bezel.jpg

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von justus » Di 06.01.15 16:01

Xanthos hat geschrieben:Ich denke eher, dass die systematische Lochung dieser "Metallscheibchen" nahelegt, dass diese in irgend einer Form getragen wurden, und somit deine Theorie (Amulett/Glücksbringer) am ehesten unterstützt. Andere Tesserae (frühe Kaiserzeit, diversen Zahlen auf der Rückseite) weisen zwar auch vereinzelt Lochungen auf, aber eben nicht systematisch.
Wenn man bei dem/r von mir vorgestellten Votivspiegel/-scheibe genauer hinschaut, so kann man erkennen, dass auch dieses Stück oben so etwas, wie eine jetzt ausgebrochene Öse aufweist, um offenbar ebenfalls als Anhänger/Amulett verwendet zu werden. Dann ergibt auch der fehlende Griff einen Sinn. Vermutlich wurde er gewaltsam abgebrochen, um eine Zweitnutzung als Anhänger zu ermöglichen. Damit hätten wir in beiden Fällen eine mögliche Verwendung als Amulett, unabhängig von Größe und/oder Durchmesser.
mit freundlichem Gruß

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von justus » Di 06.01.15 16:48

Um die These von der Verwendung als Amulett oder Glücksbringer zu verdeutlichen, möchte ich einige Anmerkungen aus dem „Kleinen Pauly“ (vgl. Band 3, S. 779/2) zitieren.

Hier wird ein Amulett in Halbmondform, die sog. „Lunula“ (nhd. kleiner Mond) erwähnt, dessen magische Kraft auf der Form (nicht auf dem Stoff/Material), also einem Halbmond beruht haben soll und der insbesondere von Frauen und Kindern bis in die christliche Zeit als Schmuck (Isid. Orig. 1931, 17. Tert. de cultu fem. 2,10,4.) getragen wurde.
mit freundlichem Gruß

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Re: Tesserae (Sterne/Mondsichel)

Beitrag von Xanthos » Di 06.01.15 21:54

@Homer, auf deinem Stück erkennt man die Hörner ganz deutlich, also eine Kuh oder ein Stier. Auf meinem Stück erkennt man leider zu wenig, als dass man es sicher sagen könnte.

Leider habe ich von den 4 anderen Tesserae/Amuletten in meiner Sammlung noch keine Bilder. Sobald sie abgelichtet sind, werde ich sie hier auch noch zeigen.

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Die Mondsichel als Amulett

Beitrag von Perinawa » Sa 26.03.22 22:50

Vor einiger Zeit hatte ich mal angemerkt, dass mir insbesondere Denare mit der Mondsichel/Sterne-Kombi auf der Rückseite als solche aufgefallen sind, die besonders gerne in antiker Zeit gefasst wurden. Ich habe selbst ein Stück in meiner Sammlung.

P1240155.JPG
P1240156.JPG

Im Buch "Dark Rome" von Michael Sommer bin ich auf eine interessante Zeile gestossen, die eine mögliche Erklärung liefert:

"Auch viele Mädchen trugen einen Anhänger um den Hals, die mondsichelförmige Lunula, die vor der Hochzeit den Hausgöttern geweiht wurde. In einem symbolischen Akt trennte sich die Braut von ihrem Spielzeug, das im elterlichen Haushalt verblieb."

Übrigens kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen. Interessante, tiefgründige und wissenschaftlich fundierte Erklärungen erzählt der Autor in einer verständlichen und gefälligen Art und Weise - die nötige Ernsthaftigkeit, und doch mit einem Augenzwinkern. So was gefällt mir.

Grüsse & einen schönen Samstagabend aus der Eifel
Rainer
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Re: Die Mondsichel als Amulett

Beitrag von toke4390 » So 27.03.22 16:25

Lieber Rainer,
danke für die Blumen. Die Mondsichel auf dem schönen Denar hat aber nichts mit dem Amulett zu tun. Hier handelt es sich um eine astronomische Konstellation: Der Mond, der durch das Siebengestirn, die Plejaden, zieht und sie verdeckt. Die gleiche Konstellation ist übrigens auch auf der Scheibe von Nebra abgebildet. Näheres hier: https://www.forumancientcoins.com/board ... ic=23167.0
Herzlich
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