Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

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Ruford
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Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Ruford » Mi 26.03.14 15:53

Hallo,

ich wollte mal fragen, woran ich am besten eine zeitgenössische Fälschung erkennen kann, bzw. auch von einer ungewöhnlichen Stempelvariante unterscheiden kann?
Ich habe vor Kurzem diese Münze sehr günstig erworben, da sie auch gelocht ist. Dies stört mich persönlich allerdings immer nur wenig. Das Gewicht ist mit 3.08 g sehr genau auf dem Mittelwert von 3.07 g, den ich aus 12 verschiedenen Münzen des gleichen Jahres aus einem Archiv errechnet habe. Auch der Durchmesser kommt mit 28 mm gut hin. Damit ist es natürlich schon sehr schwer, etwas an der Münze zu manipulieren. Hier erstmal die Münze:
1-16-Taler-1624-Stadt-10_b.jpg
1-16-Taler-1624-Stadt-10_a.jpg
Was mich irritiert sind folgende Punkt
  • Avers ist das Münzmeisterzeichen, welches sich zwischen Langkreuz und dem C von Civi befinden sollte, nicht mal im Ansatz zu erkennen. Dort ist die Münze aber auch sehr abgenutzt - allerdings ist bei Vergleichsstücken der Abstand größer.
  • Auf der gleichen Seite sieht es so aus, als wenn das R bei IMPER vergessen und im letzten Moment noch eingeschnitten wurde. Das R ist zu klein, hängt gequetscht zwischen dem E und dem Langkreuz.
Damit Ihr es besser beurteilen könnt, hänge ich Bilder und Links von Vergleichstücken an, auf denen sowas nicht zu sehen ist. Ein Stück welches gleich war, konnte ich nicht finden:

Stadtarchiv Lübeck 1
Stadtarchiv Lübeck 2
Münzauktionen.info (Manfred Olding)
ebay.de (Auktionshaus Flemming) [hier wäre das R auch schon mal "näher" dran]
MA-Shops (Münzenhandel Knopik)

Achso, eines noch: Behrens führt auch als 335 c) desgl. falsche von 1624 an.

besten Dank und beste Grüße
Ruford

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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Numis-Student » Mi 26.03.14 16:12

Hallo Ruford,
in meinen Augen hast du nur ein Exemplar von anderen Stempeln. Gegen eine ZF sprechen eigentlich alle technischen Angaben: Gewicht, Durchmesser, Metallfarbe, Stil.
Ein Mmz wird es sicher gegeben haben, warum sollte sonst die Lücke an der Stelle so auffällig groß sein ? Nur die Abnutzungen und die zwei kleinen Einhiebe lassen die Spuren davon fast unsichtbar werden.

Schöne Grüße,

MR
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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Albert von Pietengau » Mi 26.03.14 16:29

Hi,

das sehe ich auch so.
Eine zeitgenössische Fälschung machte nur Sinn, wenn man minderwertiges Material heranzog. Wertlose Legierungen bekamen einen Silberüberzug... Das zeigt sich im spezif. Gewicht.

Mit den heutigen Fälschungen sieht das ganz anders aus: der Sammlerwert übersteigt in diesen Fällen den Materialwert um ein Vielfaches, und man setzt die richtigen Materialien ein, sofern es sich nicht um plumpe gussfälschungen für Touristen handelt.

VG
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Ruford
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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Ruford » Mi 26.03.14 16:35

Vielen Dank für Eure schnelle Einschätzung! Ich tendierte auch eher dazu diese nicht als ZF abzutun, war nur sehr verwirrt über diese Stempelvariante, die keiner gleich, die ich bisher gesehen habe. Aber so lange bin ich ja auch noch nicht dabei ;)

Daher vielen Dank und einen schönen Abend noch!
beste Grüße
Ruford

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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Numis-Student » Do 27.03.14 11:45

Hallo Ruford,
gibt es zu diesen Münzen überhaupt einen Stempelkatalog ?
Den Preisen nach scheint es ja eine eher häufige Münze zu sein, wo man durchaus viele Stempel erwarten kann ( bei häufigen Römern - speziell Antoninianen - der Preiskategorie 10-25 Euro durchaus mit 200 und mehr Stempeln rechnen)... Da würde mich ein neuer Stempel nicht verwundern ;-)

Schöne Grüße,
MR
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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Fr 23.01.15 12:19

Hallo,

auf der Suche nach einer Begründung, weshalb Münzen des ausgehenden Mittelalters und der früheren Neuzeit öfter gelocht sind, bin ich auf dieses Thema gestoßen.

Kann es nicht so sein, dass nach einer (größeren) Veränderung des Münzbildes oder der Umschrift im Handel Zweifel an der Echtheit der Münze aufgetreten sind und deshalb eine Prüfung vorgenommen wurde? Bei der vorliegenden Münze hat man bei der Prüfung festgestellt, dass sie nicht gefüttert ist und hat sie im Umlauf belassen!? Was meint Ihr?

Grüße

Lilienpfennigfuchser

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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von platinrubel » Fr 23.01.15 14:53

Eine Lochung von Münzen wurde entweder von Privat vorgenommen, oder von der Obrigkeit also von Münzherr, Münzbeamter oder sonstigen befugten Institutionen.
Eine Lochung hatte eine Entwertung einer Münze zur Folge, welche entweder auf Grund ihrer Umlaufdauer und Abnutzung nicht mehr den Anforderungen entsprach, oder aber um Fälschungen zu kennzeichnen.

Von privater Seite entstanden die Lochungen aus den unterschiedlichsten Motiven heraus.
- Verwendung als Schmuck, Talisman oder Amulett sind die häufigsten Gründe, wobei die Münzen auch an Türstöcke genagelt wurden.
Oder ein neugieriges Kind hat ein Loch reingeschlagen um zu wissen, was passiert :mrgreen: :mrgreen: in dem fall gabs wohl eine Tracht Prügel :mrgreen: :mrgreen: (Wir haben früher gern Münzen auf die Strassenbahngleise gelegt :drinking: )

Ach ja, beinahe vergessen:
Eine andere Möglichkeit ist, dass eine Münze vom Projektil einer Waffe durchschlagen wurde. Auf Schlachtfeldern werden manchmal solche Münzen gefunden.
http://www.europeana1914-1918.eu/en/contributions/2253
Zuletzt geändert von platinrubel am Fr 23.01.15 15:09, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Purzel » Fr 23.01.15 15:06

Kann es nicht so sein, dass nach einer (größeren) Veränderung des Münzbildes oder der Umschrift im Handel Zweifel an der Echtheit der Münze aufgetreten sind und deshalb eine Prüfung vorgenommen wurde ?
Unwahrscheinlich. Es hätte eine Materialprobe z.B. am Rand genügt.
Früher ging es bei Münzen oft hauptsächlich um den reinen Materialwert. In Krisenzeiten trugen viele Leute ihr weniges Hab und Gut oft bei sich und zwar so, das sie es möglichst nicht unbemerkt verlieren konnten.

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Ruford
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Re: Woran kann man eine zeitgenössische Fälschung erkennen?

Beitrag von Ruford » Sa 24.01.15 22:43

Hallo Numis-Student,

Deine Antwort hatte ich ganz übersehen. Behrens bietet zumindest eine ganz gute Übersicht über verschiedene Stempelvarianten. Leider ist es nicht ganz komplett, aber zumindest zu 90%+. Ein absolutes Werk gibt es leider nicht.

beste Grüße
Ruford

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