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von Peter43 » Di 03.01.17 12:48
Die Münze, die Caesar tötete
(1) Die Münze:
Gaius Iulius Caesar, 13.6.100-15.3.44 v.Chr., gens Iulia
AR - Denar, 3.83g, 19.7mm, 90°
Rom, Febr.-März 44 v.Chr., Münzmeister P. Sepullius Macer
Av.: CAESAR - DICT PERPETVO (von re. oben im Uhrzeigersinn)
Kopf des Caesars, verschleiert und bekränzt, n.r.
Rv.: Venus Victrix mit entblößter li. Brust n.l. stehend, hält in der vorgestreckten
Rechten Victoria mit erhobenem Kranz und stützt sich mit der erhobenen Linken
auf langes Szepter, an dem unten ein Schild lehnt.
Ref.: Crawford 480/13; Sydenham 1074; RSC I Julius Caesar 39; BMCRR I Rome
4173; SRCV I 1414; Vagi 56; Sear CRI 107d
SS, Portrait!, Kratzer, etwas getönt, etwas exzentrisch
Anm.: Diese Münze ist für Caesars geplanten Partherkrieg geprägt worden. Dieser Typ ist oft nachlässig geprägt, was zeigt, daß die Münzwerkstätte unter großem Druck arbeitete. Diese Münze ist nicht selten, aber wegen ihrer historischen Bedeutung begehrt.
(2) Ikonographie, historische Bedeutung
Die Rs. ist einfach zu verstehen: Die Julier führten sich auf Aeneas zurück, der ein Sohn der Venus (Aphrodite) von Anchises war. Venus war die Schutzgöttin der gens Iulia und damit auch Caesars. 46 v.Chr. weihte Caesar zusammen mit seinem neu erbauten Forum auch den Tempel der Venus Genetrix ein, der Stammutter seines Geschlechts. Auf dem Denar ist es mit Victoria, Speer und Schild eher die Venus Victrix.
Das Portrait auf der Vs. besticht durch seinen Realismus. Es ist das erstemal, daß auf einer römischen Münze ein lebender Herrscher abgebildet wird. Auch dies nährte den Verdacht, daß Caesar, auch wenn er sich nicht als König ausrufen lassen, sich aber wie ein solcher gerieren würde.
Beim Portrait Caesars fällt auf, daß der Kranz, mit dem Caesar geschmückt ist, auffallend weit über seine Stirn hinausragt. Zudem ist er sehr wulstig und struppig. Dies wurde bisher zu wenig beachtet. Alles spricht dafür, daß es sich hier nicht um einen der üblichen Kränze, sondern um eine corona graminea handelt, eine Gras- oder Belagerungskrone. Sie wurde von der Armee an den Feldherrn verliehen, dem es gelang, sie aus einer Einschließung zu befreien und sie vor der drohenden Vernichtung zu bewahren. Die Krone bestand aus den Blumen und Grasbündeln, die am Ort der Befreiung gepflückt wurden. Sie galt als die höchste aller Ehrenkronen. Plinius (nat. 22, 6) kannte nur 8 Personen mit dieser Auszeichnung:
1. Lucius Siccius Dentatus, Volkstribun 454 v.Chr.
2. Publius Decius Mus, 343 v.Chr. im 1. Samnitenkrieg, der sie sogar von 2 Armeen
erhielt
3. Marcus Calpurnius Flamma, 258 v.Chr.bei Camarina auf Sizilien
4. Quintus Fabius Maximus, nach dem Abzug der Punier aus Italien 203 v.Chr.
(verliehen vom Senat und dem Volk, evtl. postum)
5. Scipio Aemilianus Africanus
6. Gnaeus Petreius Atinas, ein Centurio im Krieg gegen die Kimbern
7. Lucius Cornelius Sulla, im Bundesgenossenkrieg bei Nola, 89 v.Chr., und
8. Quintus Sertorius, 97 v.Chr. als Militärtribun in Spanien unter Titus Didius
Caesar und Augustus bekamen sie vom Senat verliehen!
Den Schleier trägt Caesar als Pontifex maximus auf Lebenszeit.
(3) DICTATOR PERPETVVS
In der Republik wurde ein Diktator bestimmt, wenn der Staat sich in einer Notlage befand. Seine Stellung war immer zeitlich begrenzt, ja manchmal nur zu einer einzigen Aufgabe bestimmt.
Auch bei Caesar war die Diktatorstellung zu Beginn auf 1 Jahr begrenzt und mußte im neuen Jahr erneut ausgerufen werden. Bereits 46 v.Chr. aber hatte sich Caesar zum Diktator auf 10 Jahre ernennen lassen, was aber auch jährlich erneuert werden mußte. So gibt es Münzen mit dem Titel DICT, DICT ITER (= wiederum, zum zweitenmal), DIC TER (zum drittenmal) und DICT QVART.
Nach dem Mißlingen der Königsproklamation verschwand der Titel Dictator von den Denaren und wurde durch IMP ersetzt. Aber bald erschien hinter dem Kopf Caesars ein Stern, eine Mondsichel, oder der Speer der Venus stand auf einem Stern. Dies waren - wie alle begriffen - Zeichen der Göttlichkeit und sollte Caesar weit hoch über alle Römer erheben. Mit dem Gedanken an ein republikanisch verfaßtes Rom unvereinbar.
Der Höhepunkt dieser Reihe ist das hier vorliegende DICT PERPETVO: Jetzt ist der Diktatortitel nicht mehr zeitlich begrenzt, sondern gilt - wie auch sein Amt als Pontifex maximus - auf Lebenszeit, und muß nicht mehr jährlich bestätigt werden. Das war ein eklatanter Verfassungsbruch! Daß er zudem beim Lupercalienfest am 15. Februar 44 v.Chr. in der alten Königstracht auftrat, verstärkte den Verdacht, daß er nach dem Königstum trachtete. Er hatte zwar die Königskrone, die ihm Marcus Antonius angeboten hatte, öffentlich abgelehnt, aber seine Machtbefugnisse waren jetzt auch ohne diesen Titel einem König gleich. Das aber war der verhaßteste Titel der römischen Republik.
Er hatte jetzt eine rote Linie überschritten, was seine republikanischen Gegner nicht mehr tolerieren konnten, sollten sie noch ernst genommen werden. So führte diese Münze unmittelbar zu seiner Ermordung durch die Verschwörer. "Die Münze die Caesar tötete", ist also beileibe keine Übertreibung.
Nur wenige Wochen später, an den Iden des März (15. März) 44 v.Chr. wurde Caesar von 60 Verschwörern unter Führung von Brutus und Cassius erdolcht. Nach Plutarch hatte ein Seher ihn vor den Iden de März gewarnt. Auf dem Weg zum Theater des Pompeius, in dem er ermordet wurde, kam er an dem Seher vorbei und scherzte: "Die Iden des März sind gekommen" um damit zu sagen, daß seine Vorhersage sich nicht erfüllt habe, worauf der Seher antwortete: "Ja, Caesar, aber noch nicht vorbei." Dieses Treffen ist in Shakespeares "Julius Caesar" dramatisch geschildert worden.
(4) Der geplante Partherkrieg
Caesar plante einen Krieg gegen die Parther. Im März 44 v.Chr. wollte er zu einem Feldzug nach Osten aufbrechen. Seine Ermordung verhinderte diesen Plan. Umstritten in der Wissenschaft sind die Ziele, die Caesar damit verbunden haben soll. Die reichen von einer Grenzregulierung, wie sie Mommsen vermutete, bis zur Weltherrschaft eines Alexander des Großen, die Plutarch beschreibt: So sollte Caesar nach der Unterwerfung der Parther durch Hyrkanien am Kaspischen Meer über den Kaukasus das Schwarze Meer umgehen und in das Land der Skythen einfallen, dann Germanien angreifen und schließlich über das Land der Kelten nach Italien zurückkehren. Er hätte danach den in der Antike bekannten Erdkreis erobert und nur die Ufer des Okeanos hätten ihm Grenzen gesetzt. Vielleicht ist Sueton realistischer, der ja direkt an den Quellen saß. Und man kann Erkenntnisse gewinnen aus den Feldzügen des Marcus Antonius und des Augustus, die von seine Plänen gewußt hatten und sie wohl für sich benutzten. Sicher wollte er die Fehler des Crassus, der bei Carrhae unterging, vermeiden, und den parthischen Reitertruppen möglichst ausweichen. Deshalb hält man eine Route über Klein-Armenien am wahrscheinlichsten. Zudem hatte man Hoffnung, daß sich die Städte in Mesopotamien bei kriegerischen Erfolgen Caesars gegen die Parther erheben würden. Er hatte ein Heer von 16 Legionen aufgeboten, eine Riesenstreitmacht, die allein durch ihre schiere Größe den Sieg sichern sollte. Caesar war kein Hazardeur, eher ein vorsichtiger und überlegter Feldherr. Das berühmte "veni, vidi, vici" gab es nicht mehr. Was er tatsächlich vorgehabt hat, ist natürlich spekulativ. Aber vieles spricht dafür, daß es eine Neuordnung des Ostens gewesen sein wird. Und das eher durch die Einrichtung neuer Klientelreiche, als durch die Schaffung neuer römischer Provinzen.
Es ist wahrscheinlich, daß die Verschwörer den Partherkrieg des Caesar fürchteten, weil ein Sieg, den sie für möglich oder gar wahrscheinlich hielten, die Stellung Caesars noch mehr verstärkt und ihn praktisch unangreifbar gemacht hätte.
(5) Literatur:
- Appian
- Cassius Dio
- Livius
- Plutarch
- Sueton
- Shakespeare
- Mommsen
- Jürgen Malitz, Caesars Partherkrieg, Historia 33, 1984, S. 21-59
- Andreas Alföldi, Der Denar des P. Sepvllivs Macer mit CAESAR IMP - *,
Schweizer Münzblätter, Band (Jahr): 13-17 (1963-1967), Heft 61, S. 4-17
- Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
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Omnes vulnerant, ultima necat.