Stempelfehler oder Prägefehler ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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drakenumi1
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Stempelfehler oder Prägefehler ?

Beitrag von drakenumi1 » Di 11.11.08 13:59

Weil aus Meinungsäußerungen in dem noch aktuellen Thread über Kunst der Motive auf röm. Münzen zu entnehmen ist, daß sowohl erhebliche Kenntnislücken als auch Zurückhaltung, eigene Auffassungen zu vertreten, bestehen, was solche häufig beobachteten und qualitätsmindernden Erscheinungen betrifft, wie
Stempelfehler und Prägefehler,
habe ich mir vorgestellt, daß wir in einem Thread mal versuchen, an Beispielen aus unseren Sammlungen solche Erscheinungen zusammenzutragen, vorzustellen, ihre Herkunft versuchen zu beschreiben und ggf. zu diskutieren.
Zwar reichen meine Kenntnisse nicht so weit, hier einen umfangreichen Alleingang absolvieren zu können, aber ich bin überzeugt, daß wir gemeinsam eine ganze Menge zusammentragen können, was letzten Endes uns allen und ganz besonders unseren Einsteigern in dieses schöne Hobby auch Nutzen bringen kann.
Wer möchte z.B. nicht gerne wissen, welche Ursache eine prägefreie Zone auf einer Münze hat, ob es sich um eine Schlagstelle handelt oder um eine Prägeschwäche während des Prägeprozesses?

Da es wohl verpflichtend ist, in der Hoffnung auf anderweite interessante Beispiele von Euch hier den Anfang zu machen, stelle ich vor einen Republikdenar von 42 v. Chr. des
P. Clod. M. f. Turrinus
Av. Apollokopf r. dah. Lyra.
Rv. Diana m. Bogen u. Köcher u. 2 Fackeln in d. Händen.
re. P CLODIVS, li. MF.
Crw. 494/23; Alb. 1583; Syd. 1117.

Das Charakteristische an dieser Prägung ist nicht zu übersehen und mindert das Aussehen und den Preis nicht unerheblich: Die prägefreie Zone auf dem Av. in Apollos Haartracht und genau gegenüber auf dem Rv. etwa auf 8:00 Uhr ebenfalls ein freier Fleck.
Daß es sich hier um keine spätere Beschädigung der Münze handeln kann, ergibt sich aus der Feststellung, daß keinerlei noch so flache Reste einer Prägung mehr sichtbar sind, was man aber selbst bei einem sehr starken Schlag, auch wenn die Prägung völlig flachgequetscht wäre, immer könnte.
Also bleibt eine Prägeschwäche als Ursache übrig, anders gesagt, der Prägeschlag war nicht stark genug, um das fließende Münzmetall bis in die tiefsten Stellen des tiefen Profiles hineinzutreiben. Ebenso auf dem Rv. Was am Bild nicht zu erkennen ist: Der Stempelschneider hat den Rv-Stempel stark ballig, fast leicht kugelförmig gefertigt, was das Münzmetall des Schrötlings bevorzugt in diese dickste Partie der Münze pressen sollte. Aber es hat trotzdem nicht ausgereicht.
Welche Fehler machte die Münzstätte?
- Die Schrötlingsform war nicht optimal
- Die Vorwärmtemperatur war zu gering
- Der Prägeschlag war zu schwach
- Die Fließfähigkeit des Münzmetalls war nicht optimal
Hier nun das Objekt:

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Beitrag von Chippi » Di 11.11.08 14:24

Weiter:

-der Stempel war verschmutzt

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von drakenumi1 » Di 11.11.08 14:51

Das scheint prinzipiell wohl möglich zu sein, aber dagegen spricht rein statistisch die Beidseitigkeit dieser Erscheinung. Ich gehe davon aus, daß die Stempel bei so starker Verschmutzung umgehend gereinigt worden wären. Übrigens "Schmutz": Das wären sicherlich Reste von Münzmetall, die beim nächsten Schlag sich wieder mit dem neuen Schrötling verbunden und den Stempel verlassen hätten (Pressschweißen).

Grüße von

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Beitrag von Numis-Student » Di 11.11.08 21:51

Hallo,
ich würde sagen, es ist der "tote Fleck" der entsteht, wenn auf beiden Seiten der Münze an den gleichen Stellen hohe Reliefs ausgefüllt werden müssen. Da aber der Schrötling dazu zu dünn ist, werden Teile des Bildes nicht ausgeprägt.

Ich werde mal einen Gallienus zu diesem Thema heraussuchen. Habe das Bild gefunden und bearbeitet. Man sieht auf der Rs sehr schön den toten Fleck.

Schöne Grüße,
MR
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Beitrag von drakenumi1 » Di 11.11.08 22:41

Danke, MR,
Du hast mit wenigen Worten das wiederholt und bestätigt, was ich oben unter dem landläufig benutzten Begriff "Prägeschwäche" ausgeführt habe und was natürlich auch auf Deinem Gallien zu sehen ist.

Gute Nacht wünscht

drakenumi1
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Beitrag von Numis-Student » Di 11.11.08 22:50

Hallo Drakenumi,
ich denke, dies Phänomen ist doch noch von einer Prägeschwäche zu unterscheiden. Eine Prägeschwäche kann ja durch einen verkanteten Stempel, einen verschmutzten Stempel, einen unregelmäßig starken Schrötling oder einen zu schwachen Prägeschlag begründet sein.
Der tote Fleck hingegen entsteht ja nur, wenn zwei hohe Reliefteile deckungsgleich sind und an dieser Stelle des Schrötlings zu wenig Metall vorhanden ist.

Schöne Grüße,
MR
Zuletzt geändert von Numis-Student am Di 11.11.08 23:37, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von curtislclay » Di 11.11.08 23:25

Die hohen Reliefteile sind aber fast immer deckungsgleich, nicht? Und wenn man stärker darauf geschlagen hätte, wäre zumeist doch genug Metall vorhanden gewesen, und der tote Fleck wäre verschwunden, bilde ich mir ein?

So könnte man mit gutem Grund auch den toten Fleck als eine Prägeschwäche bezeichnen!

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Beitrag von Numis-Student » Di 11.11.08 23:36

Hallo Curtis,
bei meinem Gallienus ist der gesamte Schrötling im Vergleich mit andreren Münzen dieser Zeit auffallend dünn. Ich denke nicht, dass ein stärkerer Prägeschlag etwas daran geändert hätte.
Die hohen Reliefteile sind natürlich oft deckungsgleich, aber gerade bei dem zuerst gezeigten Denar ist "dem Bild nach" der Kopf besonders plastisch.

Also, ich möchte behaupten, dass dieses Phänomen nicht mit der Stärke des Prägeschlages zu tun hat, sondern nur mit der Reliefhöhe, der Schrötlingsstärke und der "Breite" der Darstellung (eine schlanke, stehende Gottheit verbraucht weniger Material als eine sitzende, die wesentlich kompakter ist).
Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Beitrag von cepasaccus » Mi 12.11.08 00:32

Es hat schon mit der Praegestaerke zu tun. Man faengt halt beim flachen Rohling an und dann wird das Material in die Form gedrueckt. Dort wo die Forma am tiefsten ist kommt es als letztes an. Wenn Vertiefungen im anderen Stempel vorhanden sind "klauen" die auch noch Metall und es geht noch langsamer vorwaerts. Bei meiner Kitty ist die Problemstelle logischerweise die Backe. Der Consecatio-Adler ist selbst nicht so wahnsinnig tief, aber er liegt halt gegenueber dem tiefen Katzenkopf, so dass hier z. B. an den Schenkeln das Metall auch recht spaet ankommt. Wenn ich zu schwach schlage fehlt an diesen Stellen das Silber. Nachschlagen fuellt es dann noch auf.

Prinzipiell koennte es natuerlich auch sein, dass der Schroetling zu duenn ist. Bei einem Republikdenar halte ich das aber fuer ausgeschlossen. Bei deinem Gallienus ist es schon magerer, aber auch da ist im Feld noch Metall, das in das Muenzbild geschlagen werden koennte. Das mag schwieriger gehen als bei einer dickeren Muenze, aber es ist moeglich.

Malte, deine Punkte mt Reliefhoehe, Schroetlingsstaerke und Strichbreite sind richtig, aber diese Punkte beeinflussen halt einfach die notwendige Schlagstaerke.

Ich schau mal, ob ich was schlecht gepraegtes noch rumliegen hab.

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Beitrag von Numis-Student » Mi 12.11.08 08:08

Hallo Matthias,
gut, wenn du sagst, es hängt doch mit der Stärke des Prägeschlages zusammen, muss ich dir das ja glauben. Daher nehme ich die Äusserungen weiter oben in diesem Punkt zurück.
Aber ich denk trotzdem, dass man dieses Phänomen von der "normalen" Prägeschwäche trennen sollte, oder ?
Schöne Grüße,
MR

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Beitrag von cepasaccus » Mi 12.11.08 08:51

Es ist auf jeden Fall etwas anderes wie ein schief angeschlagener Stempel, was um so auffaelliger wird, je duenner der Schroetling (im Verhaeltnis zum Durchmesser) ist. Wie man das am besten begrifflich fasst weiss ich nicht. Bei einem verschmutzten Stempel faende ich den Begriff "Praegeschwaeche" aber seltsam.

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Beitrag von cepasaccus » Mi 12.11.08 21:01

So, mal ein Beispiel aus eigener Herstellung. Auf dem Avers ist die Schnauze und die Wange nicht voll ausgepraegt (schwarz markiert), was jetzt hier leider nicht so gut sichtbar ist. Auf dem Revers sind die Schenkel des Adlers ganz lausig ausgepraegt (schwarz markiert), was hier sehr gut erkennbar ist. Die Schenkel sind nicht so tief/hoch, aber es liegt auf der anderen Seite der fuellige Kitty-Kopf, der das ganze Silber aufsaugt.

Auf dem Avers hab ich noch etwas markiert, dem ihr auch mal begegnen koenntet. Hier hat der verrutschende/verspringende Oberstempel die gepraegte Muenze an den Unterstempel geschlagen, so dass er eine Macke bekam.

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Beitrag von Julianus v. Pannonien » Do 13.11.08 07:47

Hallo cepasaccus

Sehr intressant deine selbstprägeversuche!
Ich habe mir auch mal einen Stempel geschnitten damit jedoch nur eine einseitige Zinnmünze Beschlagen :-)
Werde Sie bei gelegenheit gerne Mal vorstellen :-)
Ist ne Fantasie RS mit der Legende DACIA CAPTA glaube Schild an Stein gelehnt und Sterne im Feld habs ewig nicht mehr vorgeholt


PS. Der Adler ist die Sehr gut Gelungen!!

Grüsse Simon
"VICTORIOSO SEMPER"

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Re: Stempelfehler oder Prägefehler ?

Beitrag von Numis-Student » Do 13.11.08 08:29

drakenumi1 hat geschrieben:Das Charakteristische an dieser Prägung ist nicht zu übersehen und mindert das Aussehen und den Preis nicht unerheblich:
Ich muss aber gestehen, dass dies für mich ein typischer Herstellungsfehler ist, so dass ich mich kaum daran störe (wenn nicht gerade die wichtigsten Details fehlen) und daher kaum die Preise anders gestalte (entweder gefällt mir eine Münze und der Preis ist ok, oder mir gefällt eine Münze und der Preis ist zu hoch. Ja, "die Münze gefällt mir nicht und der Preis interessiert mich nicht" gibt es auch noch...).
Schöne Grüße,
MR

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Beitrag von drakenumi1 » Do 13.11.08 12:44

Nun ja, das Besondere Deiner Aussage liegt wohl im Wörtchen "kaum" begründet. Da spielen die individuellen Ansichten, was als mehr oder weniger störend empfunden wird, eine große Rolle. Und letzten Endes sichern sie dem Schnäppchenjäger seinen Jagderfolg für Qualitäten, die andere ablehnen würden. Jedem das Seine! -
Zum Sachverhalt "Prägeschwäche" sollte durch das Gesagte oder auch durch Stillschweigen das Haptsächliche gesagt worden sein. Und ob nun "Toter Fleck" oder "Prägeschwäche", ist eigentlich nur eine Frage des gewählten Wortes für ein und die gleiche Sache. Belassen wir es bei der eingeführten Bezeichnung "Prägeschwäche".?
In meinem nächsten Beitrag werde ich einen Licinius Macer vorstellen mit gleich 2 verschiedenen Stellen (Randbereiche) von Prägeschwäche und überleiten in das wohl noch recht strittige Kapitel "Fließlinien", in der Hoffnung auf regen sachlichen Meinungsaustausch und im Ergebnis einen allseitigen Konsens. Ich habe, pardon, insgeheim den Verdacht, daß hierzu recht konträre Meinungen vorliegen, diese jedoch zurückgehalten werden. Aber das kann sich ja ändern, denkt

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