Historisch interessante Münzen
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Re: Historisch interessante Münzen
Interessant war für mich die Umbenennung von Fayum in den Gau Arsinoites.
Ich besitze auch das Werk von Imhoof-Blumer, benutze es aber selten.
Zuletzt habe ich nach einem Magistratsnamen, der auf einer Münze aus Kleinasien von Galba erscheint, gesucht und auch gefunden.
Danke an Peter43, Altamura2 und Reinhard Wien.
Zusammen habt ihr einen lehrreichen und spannenden Beitrag geleistet.
Lg Larth
Ich besitze auch das Werk von Imhoof-Blumer, benutze es aber selten.
Zuletzt habe ich nach einem Magistratsnamen, der auf einer Münze aus Kleinasien von Galba erscheint, gesucht und auch gefunden.
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Lg Larth
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (1) Timarchides von Athen
Von Pat Lawrence habe ich die Überzeugung übernommen, daß die Mehrzahl der abgebildeten Statuen auf Münzen auf reale Standbilder zurückgeht. Dafür spricht z. B., daß viele der abgebildeten Figuren sich auf Stelen, Baumstümpfe u.ä. stützen, die nur dann einen Sinn haben, wenn sie als Stützen bei den realen Standbildern gedient haben. Dabei darf man nicht vergessen, daß die griechischen Originale aus meistens aus Bronze waren, während die Römer ihre Kopien aus Marmor fertigen ließen, den sie über alles liebten. Und beim Marmor waren die Stützen aus statischen Gründen notwendig.
Oft standen diese Standbilder in den Parks und Tempeln der ausgebenden Städte und diese waren stolz, mit ihnen Werbung machen zu können.
Ich hatte bereits mehrere Münzen mit berühmten Statuen vorgestellt: Von Praxiteles den Apollo Sauroktonos aus Nikopolis und den Eros aus Parion, von Lysipp den Herakles Farnese und Hermes den Sandalenbinder, der besser Sandalenlöser heißen sollte. Vorstellen möchte ich hier vor allem einige der nicht so bekannten Statuen. Der Schwerpunkt soll dabei dem Thema gemäß nicht auf der Mythologie liegen, sondern auf den antiken Künstlern und den Kunstwerken selbst. Daneben gibt es eine große Anzahl von Münzen mit Abbildungen von Statuen, deren Schöpfer wir leider nicht kennen. Dieser Artikel soll auch ein Dankeschön an Pat Lawrence sein, die mich inspiriert hat.
Timarchides war ein griechischer Bildhauer in der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. - Anfang des 1. Jh. v. Chr., der einer Bildhauerfamilie entstammte. Plinius erwähnt seinen Vater Polykles als Mitglied der Neoklassizistischen Schule, die er um 156 v. Ch. ansetzt. Sie galten als "Erneuerer der Kunst". Von Timarchides stammt u. a. das Kultbild des Apollo Kitharoedes. Quintus Caecilius Metellus Macedonicus, der Makedonien zur römischen Provinz machte, brachte die Künstlerfamilie nach Rom, wo sie sich niederließ und wirkte.
Das Innere des Tempels des Apollo Medicus, von dem heute noch 3 Säulen am Marcellustheater auf dem Campus Martius erhalten sind, war mit zahlreichen Kunstwerken geschmückt. Viele stammten von Gaius Sosius, der ihn 34 v. Chr. erneuern ließ und dort die aus Kilikien erbeuteten Standbilder aufstellen ließ, weswegen er auch Tempel des Apollo Sosianus genannt wird. Von Plinius gibt es eine Liste von diesen Kunstwerken und unter ihnen befindet sich auch der Apollo Kitharoedes des Timarchides.
Es wird angenommen, daß die als Apollo von Kyrene bekannte Statue im Britischen Museum eine Kopie des griechischen Originals ist. Die Statue wurde in der Mitte des 19. Jh. Im Apollotempel von Kyrene gefunden und war in 121 Teile zerbrochen. Im BM wurde sie wieder zusammengesetzt. Sie zeigt eine Mischung von maskulinen und femininen Zügen, wie sie für den Hellenismus üblich war. Apollo von Kyrene, Kopie aus dem Britischen Museum
Philip Hill schreibt, daß eine etwas naive Version dieser Statue auf Antoninianen aus der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus erscheint. "Die Stempelschneider, die in dieser Zeit nie sehr effizient bei der Ausführung ihrer Rückseitenbilder waren, haben sich bei ihrem Sujet einige Freiheiten genommen. So wird Apollo hier völlig nackt dargestellt, obwohl Spuren von Faltenwürfen auf dem Gegenstand zu sehen sind, auf dem die Lyra steht. Was dieser Gegenstand sein soll, bleibt unklar, da es keine Ähnlichkeit mit dem Baumstumpf des Originals besitzt. Auf den meisten Exemplaren ähnelt er einem Cippus oder einem Tripod, obwohl Cohen ihn völlig falsch als Altar und RIC ebenso falsch als Felsen bezeichnet."
Es handelt sich auch nicht um eine Lyra. Wir wissen inzwischen, daß es eine Kithara ist. Gallienus, RIC V/1, (Mediolanum) 467 corr. (schreibt "Felsen")
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Philip Hill, The Monuments of Ancient Rome as coin types, 1989
(3) Percy H. Webb, RIC V/1, 1927
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
(6) Wikimedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Von Pat Lawrence habe ich die Überzeugung übernommen, daß die Mehrzahl der abgebildeten Statuen auf Münzen auf reale Standbilder zurückgeht. Dafür spricht z. B., daß viele der abgebildeten Figuren sich auf Stelen, Baumstümpfe u.ä. stützen, die nur dann einen Sinn haben, wenn sie als Stützen bei den realen Standbildern gedient haben. Dabei darf man nicht vergessen, daß die griechischen Originale aus meistens aus Bronze waren, während die Römer ihre Kopien aus Marmor fertigen ließen, den sie über alles liebten. Und beim Marmor waren die Stützen aus statischen Gründen notwendig.
Oft standen diese Standbilder in den Parks und Tempeln der ausgebenden Städte und diese waren stolz, mit ihnen Werbung machen zu können.
Ich hatte bereits mehrere Münzen mit berühmten Statuen vorgestellt: Von Praxiteles den Apollo Sauroktonos aus Nikopolis und den Eros aus Parion, von Lysipp den Herakles Farnese und Hermes den Sandalenbinder, der besser Sandalenlöser heißen sollte. Vorstellen möchte ich hier vor allem einige der nicht so bekannten Statuen. Der Schwerpunkt soll dabei dem Thema gemäß nicht auf der Mythologie liegen, sondern auf den antiken Künstlern und den Kunstwerken selbst. Daneben gibt es eine große Anzahl von Münzen mit Abbildungen von Statuen, deren Schöpfer wir leider nicht kennen. Dieser Artikel soll auch ein Dankeschön an Pat Lawrence sein, die mich inspiriert hat.
Timarchides war ein griechischer Bildhauer in der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. - Anfang des 1. Jh. v. Chr., der einer Bildhauerfamilie entstammte. Plinius erwähnt seinen Vater Polykles als Mitglied der Neoklassizistischen Schule, die er um 156 v. Ch. ansetzt. Sie galten als "Erneuerer der Kunst". Von Timarchides stammt u. a. das Kultbild des Apollo Kitharoedes. Quintus Caecilius Metellus Macedonicus, der Makedonien zur römischen Provinz machte, brachte die Künstlerfamilie nach Rom, wo sie sich niederließ und wirkte.
Das Innere des Tempels des Apollo Medicus, von dem heute noch 3 Säulen am Marcellustheater auf dem Campus Martius erhalten sind, war mit zahlreichen Kunstwerken geschmückt. Viele stammten von Gaius Sosius, der ihn 34 v. Chr. erneuern ließ und dort die aus Kilikien erbeuteten Standbilder aufstellen ließ, weswegen er auch Tempel des Apollo Sosianus genannt wird. Von Plinius gibt es eine Liste von diesen Kunstwerken und unter ihnen befindet sich auch der Apollo Kitharoedes des Timarchides.
Es wird angenommen, daß die als Apollo von Kyrene bekannte Statue im Britischen Museum eine Kopie des griechischen Originals ist. Die Statue wurde in der Mitte des 19. Jh. Im Apollotempel von Kyrene gefunden und war in 121 Teile zerbrochen. Im BM wurde sie wieder zusammengesetzt. Sie zeigt eine Mischung von maskulinen und femininen Zügen, wie sie für den Hellenismus üblich war. Apollo von Kyrene, Kopie aus dem Britischen Museum
Philip Hill schreibt, daß eine etwas naive Version dieser Statue auf Antoninianen aus der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus erscheint. "Die Stempelschneider, die in dieser Zeit nie sehr effizient bei der Ausführung ihrer Rückseitenbilder waren, haben sich bei ihrem Sujet einige Freiheiten genommen. So wird Apollo hier völlig nackt dargestellt, obwohl Spuren von Faltenwürfen auf dem Gegenstand zu sehen sind, auf dem die Lyra steht. Was dieser Gegenstand sein soll, bleibt unklar, da es keine Ähnlichkeit mit dem Baumstumpf des Originals besitzt. Auf den meisten Exemplaren ähnelt er einem Cippus oder einem Tripod, obwohl Cohen ihn völlig falsch als Altar und RIC ebenso falsch als Felsen bezeichnet."
Es handelt sich auch nicht um eine Lyra. Wir wissen inzwischen, daß es eine Kithara ist. Gallienus, RIC V/1, (Mediolanum) 467 corr. (schreibt "Felsen")
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Philip Hill, The Monuments of Ancient Rome as coin types, 1989
(3) Percy H. Webb, RIC V/1, 1927
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (2) Der Zeus von Olympia des Phidias
Pheidias, Phidias, der Sohn des Charmides, wurde ca. 500 v.Chr. in Athen geboren und galt schon in der Antike als der bedeutendste klassische Bildhauer Athens. Er war nicht nur Bildhauer, sondern auch Metallbildner (Toreut), Maler und Organisator. Seine Ausbildung erhielt er bei den Bildhauern Hegias und Ageladas von Argos, deren Techniken er weiterentwickelte. Sein Ruhm beruht insbesondere auf den Goldelfenbeinbildern der beiden Kolossalstatuen der Athena Parthenos in Athen und des Zeus in Olympia. Diese Statuen waren auch technische Meisterleistungen wegen der statischen Probleme, die gelöst werden mußten. Die Athena war immerhin 9m hoch, der Zeus 13.5m. Keins seiner Werke ist erhalten geblieben. Es gibt nur Beschreibungen und Kopien
Um 431/430 wurde ihm wegen Veruntreuung von Gold, das für die Athenastatue bestimmt war, der Prozeß gemacht. Er scheint im Gefängnis gestorben zu sein (Pauly). Die Kleidung und der Helm der Athena Promachos auf der Akropolis waren mit Gold bedeckt. Wenn die Sonne sie beschien, konnte man sie von See aus bereits vom Kap Sounion sehen. Es muß einen unbeschreiblichen Eindruck gemacht haben. Insgesamt waren es 44 Talente (1150kg) Gold, die alle 4 Jahre nachgewogen wurden. Finanziert wurde es wohl aus der Beute von der Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. und am Eurymedon 465 v. Chr.
Pheidias arbeitete an der Gestaltung der Akropolis mit. Perikles, mit dem er befreundet war, machte ihn zum Oberaufseher. Inwieweit er selbst Hand anlegte, ist ungewiß. Die großen Bildprogramme am Parthenon, die es früher in dieser Geschlossenheit nicht gegeben hat, scheinen aber auf ihn zurückzugehen (Pauly). De Quincy, Le Jupiter Olympien (Wikimedia)
Dem Altertum galt der Zeus von Olympia als noch bedeutender. Sie zählten ihn zu den 7 Weltwundern. Das Bild des Archäologen und Kunsthistorikers Antoine Chrysostome Quatremere de Quincy (1755-1849) gibt auch den überwältigen Eindruck wieder, den diese 13m hohe Statue auf die Betrachter gemacht haben muß.
Beschreibung:
Zeus saß auf einem hochlehnigen Thron, hielt in der erhobenen Linken ein langes Szepter und in der Rechten eine Nike. Unterhalb der Thronlehne waren Niobenreliefs angebracht, die Armlehnen wurden durch Sphingen gestützt. Die Statue war aus Gold und Elfenbein über einem hölzernen Gerüst gefertigt. Der Thron bestand aus Ebenholz. Basis und Thron waren darüber hinaus mit freiplastischen Figuren und Reliefs reich geschmückt, bemalte Schranken hielten den Besucher auf Abstand.
Caligula wollte die Statue nach Rom bringen lassen. Der Plan mißlang, da man sie vorher hätte zerstören müssen. Das Schicksal der Statue ist unbekannt. Im 4.Jh. n. Chr. brannte der Tempel ab und 522 oder 552 n. Chr. wurde der Tempel durch ein Erdbeben zerstört.
Die Zeusstatue von Olympia wird auf mehreren antiken Münzen abgebildet, hat aber auch die Zeusabbildungen auf anderen Münzen geprägt, so auch die folgende des Zeus Nikephoros. Syrien, Antiochia ad Orontem, RPC I, 4216
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Strabo, Geschichte
(3) Plutarch, Biographien
(4) de Quincy, Le Jupiter Olympien, Paris 1814
(5) Der Kleine Pauly
(6) Ulrich Sinn, Das antike Olympia. Götter, Spiel und Kunst, München 2004
(7) Wikipedia
(8) Wikimedia
Freundliche Grüße
Jochen
Pheidias, Phidias, der Sohn des Charmides, wurde ca. 500 v.Chr. in Athen geboren und galt schon in der Antike als der bedeutendste klassische Bildhauer Athens. Er war nicht nur Bildhauer, sondern auch Metallbildner (Toreut), Maler und Organisator. Seine Ausbildung erhielt er bei den Bildhauern Hegias und Ageladas von Argos, deren Techniken er weiterentwickelte. Sein Ruhm beruht insbesondere auf den Goldelfenbeinbildern der beiden Kolossalstatuen der Athena Parthenos in Athen und des Zeus in Olympia. Diese Statuen waren auch technische Meisterleistungen wegen der statischen Probleme, die gelöst werden mußten. Die Athena war immerhin 9m hoch, der Zeus 13.5m. Keins seiner Werke ist erhalten geblieben. Es gibt nur Beschreibungen und Kopien
Um 431/430 wurde ihm wegen Veruntreuung von Gold, das für die Athenastatue bestimmt war, der Prozeß gemacht. Er scheint im Gefängnis gestorben zu sein (Pauly). Die Kleidung und der Helm der Athena Promachos auf der Akropolis waren mit Gold bedeckt. Wenn die Sonne sie beschien, konnte man sie von See aus bereits vom Kap Sounion sehen. Es muß einen unbeschreiblichen Eindruck gemacht haben. Insgesamt waren es 44 Talente (1150kg) Gold, die alle 4 Jahre nachgewogen wurden. Finanziert wurde es wohl aus der Beute von der Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. und am Eurymedon 465 v. Chr.
Pheidias arbeitete an der Gestaltung der Akropolis mit. Perikles, mit dem er befreundet war, machte ihn zum Oberaufseher. Inwieweit er selbst Hand anlegte, ist ungewiß. Die großen Bildprogramme am Parthenon, die es früher in dieser Geschlossenheit nicht gegeben hat, scheinen aber auf ihn zurückzugehen (Pauly). De Quincy, Le Jupiter Olympien (Wikimedia)
Dem Altertum galt der Zeus von Olympia als noch bedeutender. Sie zählten ihn zu den 7 Weltwundern. Das Bild des Archäologen und Kunsthistorikers Antoine Chrysostome Quatremere de Quincy (1755-1849) gibt auch den überwältigen Eindruck wieder, den diese 13m hohe Statue auf die Betrachter gemacht haben muß.
Beschreibung:
Zeus saß auf einem hochlehnigen Thron, hielt in der erhobenen Linken ein langes Szepter und in der Rechten eine Nike. Unterhalb der Thronlehne waren Niobenreliefs angebracht, die Armlehnen wurden durch Sphingen gestützt. Die Statue war aus Gold und Elfenbein über einem hölzernen Gerüst gefertigt. Der Thron bestand aus Ebenholz. Basis und Thron waren darüber hinaus mit freiplastischen Figuren und Reliefs reich geschmückt, bemalte Schranken hielten den Besucher auf Abstand.
Caligula wollte die Statue nach Rom bringen lassen. Der Plan mißlang, da man sie vorher hätte zerstören müssen. Das Schicksal der Statue ist unbekannt. Im 4.Jh. n. Chr. brannte der Tempel ab und 522 oder 552 n. Chr. wurde der Tempel durch ein Erdbeben zerstört.
Die Zeusstatue von Olympia wird auf mehreren antiken Münzen abgebildet, hat aber auch die Zeusabbildungen auf anderen Münzen geprägt, so auch die folgende des Zeus Nikephoros. Syrien, Antiochia ad Orontem, RPC I, 4216
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Strabo, Geschichte
(3) Plutarch, Biographien
(4) de Quincy, Le Jupiter Olympien, Paris 1814
(5) Der Kleine Pauly
(6) Ulrich Sinn, Das antike Olympia. Götter, Spiel und Kunst, München 2004
(7) Wikipedia
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (3) Der Ares Borghese
Philippopolis, Antoninus Pius, Varbanov 747 var.
Pat Lawrence: Dies ist der Typ des Ares Borghese
Alkamenes
Alkamenes, gest. um 400 v. Chr., griechischer Bildhauer des 5. Jh., war einer der bedeutendsten Schüler, aber auch Rivale des Pheidias. Er schuf vorwiegend Kultstatuen für seine Heimatstadt Athen. Die Statuen waren aus Bronze, Chryselephantin (Goldelfenbein), aber vorwiegend aus Marmor, im Gegensatz zu den meisten anderen Künstlern, die in Bronze arbeiteten. Bezeugt sind von ihm neben dem Ares der Hermes Propylaios und die Marmorgruppe der Prokne mit Itys, die von Pausanias beschrieben wird.
Die meisten seiner Werke entstanden während des Peloponnesischen Krieges (431-403 v.Chr.). Politisch stand er so wie sein Schüler Agorakritos dem Perikles nahe. Er erhielt mehrere offizielle Aufträge für Kultstatuen der neu erbauten Tempel in Athen. Von ihm stammen auch die Eckfiguren des Westgiebels des Zeustempels in Olympia. Im Original sind nur Fragmente der Gruppe Prokne und Itys erhalten. Alle anderen Werke kennen wir nur von Kopien und Beschreibungen.
Viele ihm in der modernen Literatur zugeschriebenen Werke sind allerdings unsicher, darunter auch auch die berühmte Aphrodite in den Gärten.
Der Ares Borghese ist um 420 v. Chr. entstanden und stand zunächst als Kultstatue im Arestempel in Acharnes, einem Vorort von Athen. In augusteischer Zeit wurde der Tempel Stein für Stein abgebaut und dann auf der Agora errichtet. Die Originalbronzestatue ist verloren.
Kultstatuen für Ares sind in der griechischen Antike sehr selten. Ob die Statue wirklich Ares darstellt, ist umstritten (Werner Müller). Der Helm und der Knöchelring, den er von Aphrodite bekommen hat, sprechen aber dafür. Ob diese römische Kopie, die im 1.-2. Jh. n. Chr. entstanden ist, aber tatsächlich eine Kopie des Ares des Alkamenes ist, ist fraglich. Die Alternative wäre ein römisches Werk in neo-attischem Stil.
Zunächst befand sich die Statue in der Sammlung Borghese. 1807 verkaufte Camillo Filippo Ludovico Borghese wegen finanzieller Schwierigkeiten und auf Druck seines neuen Schwagers Napoleon Bonaparte 164 Statuen, 160 Büsten und zahlreiche andere Antiquitäten unter dem Marktpreis an den französischen Staat, darunter den Ares Borghese. Wir würden heute von Raubkunst sprechen! Heute steht der Ares Borghese im Louvre. Ares Borghese, Louvre, Paris
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Der Kleine Pauly
(4) Werner Müller, Alkamenes, in Künstlerlexikon der Antike
(5) Wikipedia
Freundliche Grüße
Jochen
Morgen werde ich die Serie fortsetzen. Ich hoffe, der eine oder andere findet sie interessant. Jochen
Philippopolis, Antoninus Pius, Varbanov 747 var.
Pat Lawrence: Dies ist der Typ des Ares Borghese
Alkamenes
Alkamenes, gest. um 400 v. Chr., griechischer Bildhauer des 5. Jh., war einer der bedeutendsten Schüler, aber auch Rivale des Pheidias. Er schuf vorwiegend Kultstatuen für seine Heimatstadt Athen. Die Statuen waren aus Bronze, Chryselephantin (Goldelfenbein), aber vorwiegend aus Marmor, im Gegensatz zu den meisten anderen Künstlern, die in Bronze arbeiteten. Bezeugt sind von ihm neben dem Ares der Hermes Propylaios und die Marmorgruppe der Prokne mit Itys, die von Pausanias beschrieben wird.
Die meisten seiner Werke entstanden während des Peloponnesischen Krieges (431-403 v.Chr.). Politisch stand er so wie sein Schüler Agorakritos dem Perikles nahe. Er erhielt mehrere offizielle Aufträge für Kultstatuen der neu erbauten Tempel in Athen. Von ihm stammen auch die Eckfiguren des Westgiebels des Zeustempels in Olympia. Im Original sind nur Fragmente der Gruppe Prokne und Itys erhalten. Alle anderen Werke kennen wir nur von Kopien und Beschreibungen.
Viele ihm in der modernen Literatur zugeschriebenen Werke sind allerdings unsicher, darunter auch auch die berühmte Aphrodite in den Gärten.
Der Ares Borghese ist um 420 v. Chr. entstanden und stand zunächst als Kultstatue im Arestempel in Acharnes, einem Vorort von Athen. In augusteischer Zeit wurde der Tempel Stein für Stein abgebaut und dann auf der Agora errichtet. Die Originalbronzestatue ist verloren.
Kultstatuen für Ares sind in der griechischen Antike sehr selten. Ob die Statue wirklich Ares darstellt, ist umstritten (Werner Müller). Der Helm und der Knöchelring, den er von Aphrodite bekommen hat, sprechen aber dafür. Ob diese römische Kopie, die im 1.-2. Jh. n. Chr. entstanden ist, aber tatsächlich eine Kopie des Ares des Alkamenes ist, ist fraglich. Die Alternative wäre ein römisches Werk in neo-attischem Stil.
Zunächst befand sich die Statue in der Sammlung Borghese. 1807 verkaufte Camillo Filippo Ludovico Borghese wegen finanzieller Schwierigkeiten und auf Druck seines neuen Schwagers Napoleon Bonaparte 164 Statuen, 160 Büsten und zahlreiche andere Antiquitäten unter dem Marktpreis an den französischen Staat, darunter den Ares Borghese. Wir würden heute von Raubkunst sprechen! Heute steht der Ares Borghese im Louvre. Ares Borghese, Louvre, Paris
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Der Kleine Pauly
(4) Werner Müller, Alkamenes, in Künstlerlexikon der Antike
(5) Wikipedia
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Jochen
Morgen werde ich die Serie fortsetzen. Ich hoffe, der eine oder andere findet sie interessant. Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Das sieht der Louvre sicherlich anders. Es ist sozusagen eine "Dauerleihgabe".
Übrigens ein sehr interessantes Thema, die Darstellung von bekannten Statuen auf römischen Münzen.
Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht ein Faktum. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit. (Marcus Aurelius)
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Re: Historisch interessante Münzen
Ich finde Hills Aussage, mit der er eine Verbindung zwischen gezeigter Statue und Gallienusrevers begründen möchte, recht suspekt. Köcher und Bogen, den Python und Apollons "Unterleibsbekleidung" wegzulassen läßt in meinen Augen nur einen Schluß zu: bei Gallienus wurde schlicht und ergreifend eine andere Statue kopiert, etwaPeter43 hat geschrieben: ↑Sa 11.05.24 19:09
Philip Hill schreibt, daß eine etwas naive Version dieser Statue auf Antoninianen aus der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus erscheint. "Die Stempelschneider, die in dieser Zeit nie sehr effizient bei der Ausführung ihrer Rückseitenbilder waren, haben sich bei ihrem Sujet einige Freiheiten genommen. So wird Apollo hier völlig nackt dargestellt, obwohl Spuren von Faltenwürfen auf dem Gegenstand zu sehen sind, auf dem die Lyra steht. Was dieser Gegenstand sein soll, bleibt unklar, da es keine Ähnlichkeit mit dem Baumstumpf des Originals besitzt. Auf den meisten Exemplaren ähnelt er einem Cippus oder einem Tripod, obwohl Cohen ihn völlig falsch als Altar und RIC ebenso falsch als Felsen bezeichnet."
https://m.wikidata.org/wiki/Q8768433
Danke Peter43 für den Artikel. Ich hab besagten Gallienus auch, aber der über den Sockel hängenden Gewandzipfel ist mir bis dato gar nicht aufgefallen.
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Gruss
Lucius Aelius
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Re: Historisch interessante Münzen
Und damit bringst du mich gerade auf den Gedanken, dass die Darstellung auf der Münze des Gallienus jenen Apollo Kitharoedes zeigt, der im palatinischen Apollo-Tempel auf dem Vorplatz gestanden hat. - vgl. viewtopic.php?f=6&t=60689&p=547861&hili ... es#p547861Lucius Aelius hat geschrieben: ↑So 12.05.24 00:27Ich finde Hills Aussage, mit der er eine Verbindung zwischen gezeigter Statue und Gallienusrevers begründen möchte, recht suspekt. Köcher und Bogen, den Python und Apollons "Unterleibsbekleidung" wegzulassen läßt in meinen Augen nur einen Schluß zu: bei Gallienus wurde schlicht und ergreifend eine andere Statue kopiert, etwa
https://m.wikidata.org/wiki/Q8768433
Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht ein Faktum. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit. (Marcus Aurelius)
- Peter43
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (4) Der Ganymed des Leochares
Troas, Dardanos, Hadrian, RPC III, 1564 (extrem selten)
Von der Entführung des Ganymeds gibt es mehrere unterschiedliche Darstellungen auf Münzen. Diese ist die, die dem Standbild des Leochares am ähnlichsten kommt. Sie ist keine 1:1-Kopie des Standbildes, aber sicherlich durch dieses beeinflußt.
Leochares aus Athen war ein griechischer Bildhauer im 4. Jh. v. Chr. zur Zeit des Philipp von Makedonien und Alexander des Großen. Nach Plinius "blühte" er 372-369. Er genoß großen Ruhm unter seinen Zeitgenosssen wegen seiner Götterbilder und insbesondere wegen seines Ganymeds. Selbst Plato erwähnt ihn: Er habe im Auftrag des Tyrannen Dionysios II. aus Syrakus von ihm eine Apollo- Statue gekauft.
Er schuf Goldelfenbeinstatuen der Familie des Philipp und seiner Familie, die von Pausanias beschrieben werden.
Leocharis arbeitete zusammen mit Skopas und Timotheos am Mausoleum in Halikarnassos, das zu den Sieben Weltwundern der Antike gehört. Durch Versuche, seine Handschrift in den dortigen Reliefs wiederzufinden und durch Analysen des Ganymeds werden ihm der Apollo von Belvedere, die Artemis im Louvre und andere Skulpturen zugeschrieben (Pauly). Die Entführung des Ganymed, Kopie, Vatikan
Er wird zur mittleren attischen Schule gezählt und arbeitete meist in Bronze, aber auch in Marmor und in Chryselephantine (Goldelfenbein). In den schlanken Proportionen, der Beweglichkeit, Leichtigkeit und Raumhaltigkeit seiner Figuren ist er an die Seite des Lysippos zu stellen (Pauly). Der Apollo von Belvedere, Vatikanische Museen
Der Apollo von Belvedere galt lange Zeit als das bedeutendste Beispiel für die Kunst der griechischen Antike. Diesen Ruhm verdankte sie insbesondere Johann Joachim Winckelmann, der sie für den erhabensten Ausdruck griechischer Kunst hielt und schrieb: "Von allen Werken des Altertums, die der Zerstörung entgangen sind, stellt die Statue des Apollo das höchste Ideal der Kunst dar".
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Pausanias, Reisebeschreibungen
(3) Barclay Vincent Head, Historia Numorum
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
Troas, Dardanos, Hadrian, RPC III, 1564 (extrem selten)
Von der Entführung des Ganymeds gibt es mehrere unterschiedliche Darstellungen auf Münzen. Diese ist die, die dem Standbild des Leochares am ähnlichsten kommt. Sie ist keine 1:1-Kopie des Standbildes, aber sicherlich durch dieses beeinflußt.
Leochares aus Athen war ein griechischer Bildhauer im 4. Jh. v. Chr. zur Zeit des Philipp von Makedonien und Alexander des Großen. Nach Plinius "blühte" er 372-369. Er genoß großen Ruhm unter seinen Zeitgenosssen wegen seiner Götterbilder und insbesondere wegen seines Ganymeds. Selbst Plato erwähnt ihn: Er habe im Auftrag des Tyrannen Dionysios II. aus Syrakus von ihm eine Apollo- Statue gekauft.
Er schuf Goldelfenbeinstatuen der Familie des Philipp und seiner Familie, die von Pausanias beschrieben werden.
Leocharis arbeitete zusammen mit Skopas und Timotheos am Mausoleum in Halikarnassos, das zu den Sieben Weltwundern der Antike gehört. Durch Versuche, seine Handschrift in den dortigen Reliefs wiederzufinden und durch Analysen des Ganymeds werden ihm der Apollo von Belvedere, die Artemis im Louvre und andere Skulpturen zugeschrieben (Pauly). Die Entführung des Ganymed, Kopie, Vatikan
Er wird zur mittleren attischen Schule gezählt und arbeitete meist in Bronze, aber auch in Marmor und in Chryselephantine (Goldelfenbein). In den schlanken Proportionen, der Beweglichkeit, Leichtigkeit und Raumhaltigkeit seiner Figuren ist er an die Seite des Lysippos zu stellen (Pauly). Der Apollo von Belvedere, Vatikanische Museen
Der Apollo von Belvedere galt lange Zeit als das bedeutendste Beispiel für die Kunst der griechischen Antike. Diesen Ruhm verdankte sie insbesondere Johann Joachim Winckelmann, der sie für den erhabensten Ausdruck griechischer Kunst hielt und schrieb: "Von allen Werken des Altertums, die der Zerstörung entgangen sind, stellt die Statue des Apollo das höchste Ideal der Kunst dar".
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Pausanias, Reisebeschreibungen
(3) Barclay Vincent Head, Historia Numorum
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (5) Der bogenspannende Eros des Lysippos
Statuen des Lysippos sind auf Münzen oft abgebildet. An der Spitze steht da wohl der Herakles Farnese (Museo Nazionale, Neapel). Aber auch Hermes der Sandalenbinder aus dem Louvre findet sich auf Münzen. Hier möchte ich den selteneren bogenspannenden Eros vorstellen: Philippopolis, Septimius Severus, Varbanov 1291 var.
Lysippos aus Sikyon, Bronzebildhauer, war der bedeutendste bildende Künstler der Peloponnes im 4. Jh. v. Chr. mit einer großen Werkstatt und Schule, der Schule von Sikyon. Geboren wurde er wohl 400/390 v. Chr. und gestorben ist er gegen Ende des Jh. Als Nachfolger des Polykleitos war er ein kühner Neuerer, Überwinder der Klassik und Vorläufer des Hellenismus und bezog bewußt optische Wirkungen mit ein. Er stellte die Menschen nicht so dar, wie sie waren (wie etwa Polykleitos), sondern so, wie sie erschienen (eigene Aussage nach Plinius). Er hielt zwar an der Ponderation fest, dem augeglichenen Gleichgewicht von Stand- und Spielbein, das Polykleitos eingeführt hatte, aber er veränderte die Proportionen. Seine Figuren wurden länger und gestreckter und die Köpfe kleiner. Das Musterbeispiel dafür ist sein "Apoxyomenos" (der Abschaber), der durch seine Körperstellung auch den Raum miteinbezieht. Dies haben seine Zeitgenossen bereits erkannt.
Er war bekannt für seine Detailversessenheit und die Details seiner Haargestaltung waren berühmt (Pauly). Im Satyrikon macht sich Petronius über ihn (anerkennend!) lustig, indem er erzählt, er sei über dem Entwurf zu einer Statue verhungert.
Er war der Hofbildhauer Alexander des Großen. Das Alexander aber gesagt habe, er wolle sich nur durch Lysippos darstellen lassen, so wie er sich nur von Apelles malen ließ, ist eine antike Mythologie. Zusammen mit Leochares hat er die "Löwenjagd des Alexander" geschaffen, eine nicht erhaltene Plastik für Delphi, die eine lebensgefährliche Situation bei einer Löwenjagd zeigte, durch die Alexander nur durch seinen General Krateros gerettet werden konnte. Der bogenspannende Eros, Louvre, Paris (Wikimedia)
Dieser bogenspannende Eros ist eine Marmorkopie aus dem 1. Jh. n. Chr. des griechischen Bronzeoriginals von Lysippos und steht heute im Louvre. Wie üblich gibt es auch von diesem Werk mehrere Kopien. Leider ist sein umfassendes Werk nur durch Kopien bekannt, was es schwierig macht, die Einzelheiten seines Stils genau zu analysieren, weil die Nachahmer seinen Stil kopiert haben. Selbst sein Sohn Euktyktates arbeitete in seinem Stil und die Arbeiten von Tysikrates sind von denen des Lysipp kaum zu unterscheiden (Plinius). Der "Apoxyomenos", Museo Pio-Clementino, Vatikan
Literatur:
(1) Plutarch, Biographien
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Petronius, Satyricon
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikimedia
(6) Wikipedia
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Jochen
Statuen des Lysippos sind auf Münzen oft abgebildet. An der Spitze steht da wohl der Herakles Farnese (Museo Nazionale, Neapel). Aber auch Hermes der Sandalenbinder aus dem Louvre findet sich auf Münzen. Hier möchte ich den selteneren bogenspannenden Eros vorstellen: Philippopolis, Septimius Severus, Varbanov 1291 var.
Lysippos aus Sikyon, Bronzebildhauer, war der bedeutendste bildende Künstler der Peloponnes im 4. Jh. v. Chr. mit einer großen Werkstatt und Schule, der Schule von Sikyon. Geboren wurde er wohl 400/390 v. Chr. und gestorben ist er gegen Ende des Jh. Als Nachfolger des Polykleitos war er ein kühner Neuerer, Überwinder der Klassik und Vorläufer des Hellenismus und bezog bewußt optische Wirkungen mit ein. Er stellte die Menschen nicht so dar, wie sie waren (wie etwa Polykleitos), sondern so, wie sie erschienen (eigene Aussage nach Plinius). Er hielt zwar an der Ponderation fest, dem augeglichenen Gleichgewicht von Stand- und Spielbein, das Polykleitos eingeführt hatte, aber er veränderte die Proportionen. Seine Figuren wurden länger und gestreckter und die Köpfe kleiner. Das Musterbeispiel dafür ist sein "Apoxyomenos" (der Abschaber), der durch seine Körperstellung auch den Raum miteinbezieht. Dies haben seine Zeitgenossen bereits erkannt.
Er war bekannt für seine Detailversessenheit und die Details seiner Haargestaltung waren berühmt (Pauly). Im Satyrikon macht sich Petronius über ihn (anerkennend!) lustig, indem er erzählt, er sei über dem Entwurf zu einer Statue verhungert.
Er war der Hofbildhauer Alexander des Großen. Das Alexander aber gesagt habe, er wolle sich nur durch Lysippos darstellen lassen, so wie er sich nur von Apelles malen ließ, ist eine antike Mythologie. Zusammen mit Leochares hat er die "Löwenjagd des Alexander" geschaffen, eine nicht erhaltene Plastik für Delphi, die eine lebensgefährliche Situation bei einer Löwenjagd zeigte, durch die Alexander nur durch seinen General Krateros gerettet werden konnte. Der bogenspannende Eros, Louvre, Paris (Wikimedia)
Dieser bogenspannende Eros ist eine Marmorkopie aus dem 1. Jh. n. Chr. des griechischen Bronzeoriginals von Lysippos und steht heute im Louvre. Wie üblich gibt es auch von diesem Werk mehrere Kopien. Leider ist sein umfassendes Werk nur durch Kopien bekannt, was es schwierig macht, die Einzelheiten seines Stils genau zu analysieren, weil die Nachahmer seinen Stil kopiert haben. Selbst sein Sohn Euktyktates arbeitete in seinem Stil und die Arbeiten von Tysikrates sind von denen des Lysipp kaum zu unterscheiden (Plinius). Der "Apoxyomenos", Museo Pio-Clementino, Vatikan
Literatur:
(1) Plutarch, Biographien
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Petronius, Satyricon
(4) Der Kleine Pauly
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (6) Der Asklepios des Phyromachos
Pergamon, SNG von Aulock, 1372
Phyromachos war ein attischer Bildhauer des 2. Jahrhunderts v. Chr., der sich aber den größten Teil seines Lebens in Asia Minor und auf den benachbarten Inseln aufhielt. Er gilt als der letzte der sieben größten griechischen Bildhauer Myron, Phidias, Polyklet, Skopas, Praxiteles und Lysipp. Seine bekanntesten Werke sind die Statue des Asklepios im Asklepieion von Pergamon und eine Porträtbüste des Philosophen Antisthenes. Als sein bedeutendstes Werk wird ihm der Entwurf des Pergamonaltars zugeschrieben.
Seine Bronzeoriginale sind verloren. Es gibt aber zahlreiche Marmorkopien aus der römischen Zeit. Welche dieser Kopien aber dem Original am Nächsten kommt, ist nicht bekannt. Von den vielen bekannten Asklepiosköpfen hält Andreae den bärtigen Kopf eines Gottes in Syrakus für die genaueste Kopie des Originals! Bärtiger Kopf eines Gottes aus Syrakus
Bei diesem Kopf handelt es sich um eine römische Marmorkopie aus der augusteischen Periode, 1. Jh. n. Chr. nach dem hellenistischen Original des Phyromachos von um 175 v. Chr. für das Asklepieion in Pergamon.
Der Stil und die Technik der Arbeit wurden mit den Figuren des Gigantomachie-Frieses auf dem Großen Altar von Pergamon verglichen. Gefunden wurde der Kopf 1804 im Amphitheater in Neapolis bei Syrakus auf Sizilien. Heute befindet es sich im Paolo Orsi Regional Archaeological Museum in Syracus. .
Nach Andreae gibt das Portrait auf der Münze den Kopf der berühmten Asklepiosstatue des Phyromachos realistisch wieder. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die Gestalt der Schläfenlocken. Siehe Andreae, Phyromachos-Probleme.
Anmerkung:
Auf der Münze sieht man übrigens schön das Netz (Agrenon), das den Omphalos überzieht
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Bernard Andreae, Laokoon und die Kunst von Pergamon, Fischer 1991
(3) Bernard Andeae, Phyromachos-Probleme, von Zabern 1990
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
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Pergamon, SNG von Aulock, 1372
Phyromachos war ein attischer Bildhauer des 2. Jahrhunderts v. Chr., der sich aber den größten Teil seines Lebens in Asia Minor und auf den benachbarten Inseln aufhielt. Er gilt als der letzte der sieben größten griechischen Bildhauer Myron, Phidias, Polyklet, Skopas, Praxiteles und Lysipp. Seine bekanntesten Werke sind die Statue des Asklepios im Asklepieion von Pergamon und eine Porträtbüste des Philosophen Antisthenes. Als sein bedeutendstes Werk wird ihm der Entwurf des Pergamonaltars zugeschrieben.
Seine Bronzeoriginale sind verloren. Es gibt aber zahlreiche Marmorkopien aus der römischen Zeit. Welche dieser Kopien aber dem Original am Nächsten kommt, ist nicht bekannt. Von den vielen bekannten Asklepiosköpfen hält Andreae den bärtigen Kopf eines Gottes in Syrakus für die genaueste Kopie des Originals! Bärtiger Kopf eines Gottes aus Syrakus
Bei diesem Kopf handelt es sich um eine römische Marmorkopie aus der augusteischen Periode, 1. Jh. n. Chr. nach dem hellenistischen Original des Phyromachos von um 175 v. Chr. für das Asklepieion in Pergamon.
Der Stil und die Technik der Arbeit wurden mit den Figuren des Gigantomachie-Frieses auf dem Großen Altar von Pergamon verglichen. Gefunden wurde der Kopf 1804 im Amphitheater in Neapolis bei Syrakus auf Sizilien. Heute befindet es sich im Paolo Orsi Regional Archaeological Museum in Syracus. .
Nach Andreae gibt das Portrait auf der Münze den Kopf der berühmten Asklepiosstatue des Phyromachos realistisch wieder. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die Gestalt der Schläfenlocken. Siehe Andreae, Phyromachos-Probleme.
Anmerkung:
Auf der Münze sieht man übrigens schön das Netz (Agrenon), das den Omphalos überzieht
Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Bernard Andreae, Laokoon und die Kunst von Pergamon, Fischer 1991
(3) Bernard Andeae, Phyromachos-Probleme, von Zabern 1990
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
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Re: Historisch interessante Münzen
Münzen mit Bildern von Statuen: (7) Der Hermes von Olympia des Praxiteles
Philippopolis, Septimius Severus, unpubliziert (cf. Varbanov 2552)
Dargestellt ist Hermes, der den illegitimen Zeussohn vor der Rache der eifersüchtigen Hera in Sicherheit bringt und dem Knaben während einer Rast ein Weintraubenbündel reicht.
Da diese Münze unpubliziert ist, habe ich Ulrike Peters, die für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften das Corpus für Philippopolis bearbeitet, am 9.10.08 angemailt. Auch sie hatte diese Münze noch nicht in ihrer Abdrucksammlung.
Praxiteles, der Sohn des Bildhauers Kephisodotos des Älteren wurde ca. 390 v. Chr. in Athen geboren und starb dort ca. 320. Er war ein Zeitgenosse und Konkurrent des Skopas. Er hatte die Söhne Kephisodotos den Jüngeren und Timarchos, die auch beide Bildhauer waren. Schon in der Antike gehörte er zu den berühmtesten Bildhauern. In erster Linie war er Marmorbildhauer, arbeitete aber auch in Bronze. Bei den Marmorwerken legte er besonderen Wert auf die Struktur und die Bemalung der Oberflächen. Er schuf insbesondere Götterbilder. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören die Aphrodite von Knidos, Apollo der Eidechsentöter, den wir aus Nikopolis kennen, und der Eros von Thespiai. Seine Aphrodite wurde zum Vorbild vieler anderer Darstellungen, z. B. der Kapitolinischen Venus, der Mediceischen Venus oder der Venus Ludivisi. Im Gegensatz zu der erhabenen Strenge des Phidias wurden seine Götter menschlicher, fast schon poetisch. Bei einer Einteilung der Künstler zählt man ihn zur jüngeren attischen Schule, manchmal auch zum spätklassischer Manierismus
Fundumstände:
Der Hermes von Olympia ist eine Marmorgruppe, die auf das Jahr 340 v.Chr. datiert wird und am Übergang von der Spätklassik zum Hellenismus steht.
Gefunden wurde sie am 8.5.1877 bei Ausgrabungen im Heratempel von Olympia unter Gustav Hirschfeld. Diese Statue war von Pausanias bereits im 2. Jh. n. Chr. erwähnt und beschrieben worden (5, 7, 3). Sie wurde nun an genau dieser Stelle gefunden! Hermes mit Dionysosknaben, Olympia
Beschreibung:
Der elegante Hüftschwung und das Verhältnis von Standbein zu Spielbein, die sog. Ponderation, läßt den Einfluß von Polykleitos erkennen, die Proportionen der Beine den des Lysipp. Diskutiert wurde seit Beginn die griechische Originalität. So wurde die Statue auch für eine römische Kopie gehalten. Aber die Basis, die auch gefunden wure, stammt nachweislich aus dem 2.-1. Jh. v. Chr., was gegen eine römische Kopie spricht. Daß der Entwurf der Figur auf Praxiteles zurückgeht, ist jedoch unumstritten. Das Motiv des lässigen Sich-Aufstützens, der S-Schwung des schlanken Körpers und die weiche Modellierung der Oberflächen (Inkarnat) gelten als typisch praxitelische Stilmerkmale. Heute ist man mehrheitlich der Meinung, daß es sich um das griechische Original handelt.
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Georg Treu, Hermes mit dem Dionysosknaben: ein Originalwerk des Praxiteles gefunden im Heraion zu Olympia, Berlin 1878.
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Dies war jetzt der letzte Beitrag, den ich vorbereitet hatte. Es lohnt sich sicher, einmal die eigene Sammlung durchzusehen, ob man Abbildungen von bekannten Statuen findet. Ich habe nur Münzen ausgesucht, bei denen der Künstler mehr oder wenig bekannt ist. Daneben gibt es eine große Zahl von Münzen mit Statuen, bei denen der Künstler (bisher?) nicht bekannt ist.
Liebe Grüße
Jochen
Philippopolis, Septimius Severus, unpubliziert (cf. Varbanov 2552)
Dargestellt ist Hermes, der den illegitimen Zeussohn vor der Rache der eifersüchtigen Hera in Sicherheit bringt und dem Knaben während einer Rast ein Weintraubenbündel reicht.
Da diese Münze unpubliziert ist, habe ich Ulrike Peters, die für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften das Corpus für Philippopolis bearbeitet, am 9.10.08 angemailt. Auch sie hatte diese Münze noch nicht in ihrer Abdrucksammlung.
Praxiteles, der Sohn des Bildhauers Kephisodotos des Älteren wurde ca. 390 v. Chr. in Athen geboren und starb dort ca. 320. Er war ein Zeitgenosse und Konkurrent des Skopas. Er hatte die Söhne Kephisodotos den Jüngeren und Timarchos, die auch beide Bildhauer waren. Schon in der Antike gehörte er zu den berühmtesten Bildhauern. In erster Linie war er Marmorbildhauer, arbeitete aber auch in Bronze. Bei den Marmorwerken legte er besonderen Wert auf die Struktur und die Bemalung der Oberflächen. Er schuf insbesondere Götterbilder. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören die Aphrodite von Knidos, Apollo der Eidechsentöter, den wir aus Nikopolis kennen, und der Eros von Thespiai. Seine Aphrodite wurde zum Vorbild vieler anderer Darstellungen, z. B. der Kapitolinischen Venus, der Mediceischen Venus oder der Venus Ludivisi. Im Gegensatz zu der erhabenen Strenge des Phidias wurden seine Götter menschlicher, fast schon poetisch. Bei einer Einteilung der Künstler zählt man ihn zur jüngeren attischen Schule, manchmal auch zum spätklassischer Manierismus
Fundumstände:
Der Hermes von Olympia ist eine Marmorgruppe, die auf das Jahr 340 v.Chr. datiert wird und am Übergang von der Spätklassik zum Hellenismus steht.
Gefunden wurde sie am 8.5.1877 bei Ausgrabungen im Heratempel von Olympia unter Gustav Hirschfeld. Diese Statue war von Pausanias bereits im 2. Jh. n. Chr. erwähnt und beschrieben worden (5, 7, 3). Sie wurde nun an genau dieser Stelle gefunden! Hermes mit Dionysosknaben, Olympia
Beschreibung:
Der elegante Hüftschwung und das Verhältnis von Standbein zu Spielbein, die sog. Ponderation, läßt den Einfluß von Polykleitos erkennen, die Proportionen der Beine den des Lysipp. Diskutiert wurde seit Beginn die griechische Originalität. So wurde die Statue auch für eine römische Kopie gehalten. Aber die Basis, die auch gefunden wure, stammt nachweislich aus dem 2.-1. Jh. v. Chr., was gegen eine römische Kopie spricht. Daß der Entwurf der Figur auf Praxiteles zurückgeht, ist jedoch unumstritten. Das Motiv des lässigen Sich-Aufstützens, der S-Schwung des schlanken Körpers und die weiche Modellierung der Oberflächen (Inkarnat) gelten als typisch praxitelische Stilmerkmale. Heute ist man mehrheitlich der Meinung, daß es sich um das griechische Original handelt.
Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Georg Treu, Hermes mit dem Dionysosknaben: ein Originalwerk des Praxiteles gefunden im Heraion zu Olympia, Berlin 1878.
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Dies war jetzt der letzte Beitrag, den ich vorbereitet hatte. Es lohnt sich sicher, einmal die eigene Sammlung durchzusehen, ob man Abbildungen von bekannten Statuen findet. Ich habe nur Münzen ausgesucht, bei denen der Künstler mehr oder wenig bekannt ist. Daneben gibt es eine große Zahl von Münzen mit Statuen, bei denen der Künstler (bisher?) nicht bekannt ist.
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Re: Historisch interessante Münzen
Das Zaumzeug in der Antike
Auf der folgenden Münze des Commodus aus Nikopolis habe ich jetzt die genaueste Abbildung eines Zaumzeugs gefunden, die ich kenne.
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Commodus, 177-192
AE 22, 3.79g, 21.78mm, 180°
Av.: M ANTWNEIN[OC KOM]ODOC
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: NEIKOPO[L – P]ROC ICTRON
Nemesis, verschleiert, in langem Gewand, frontal stehend, n. l. blickend, hält in der herabhängenden Linken Zaumzeug und
zieht mit der Rechten Kleidungszipfel von der Schulter; li. zu ihren Füßen das Rad
Ref.: a) nicht in AMNG
b) Varbanov
c) HrHJ (2023) No. 8.10.35.1 corr. (schreibt ANTONEINOC, Rad nicht erwähnt) Das Zaumzeug gehört zu den Attributen der Nemesis und wird eine Kandare sein, weil die Gebißstange nicht geteilt ist. Das paßt im Sinn auch genau zu dem alten Ausdruck "jemanden an die Kandare nehmen", was disziplinieren bedeutet.
Zaumzeug (Vergrößerung).
Geschichte:
In der republikanischen Zeit besaßen die Römer keine eigenen Reitereinheiten, sondern griffen auf die Truppen befreundeter Reitervölker zurück (Wikipedia). Erst in der beginnenden Kaiserzeit wurden eigene Reitereinheiten aufgestellt. Diese Alae bestanden in der Regel aus 500 Reitern. Eingesetzt wurden sie insbesondere zum Schutz der Grenzen.
Damit der Reiter das Pferd lenken kann, braucht er das Zaumzeug, das Kopfgeschirr des Pferdes. Erst damit ist es ihm möglich, dem Pferd seinen Willen mitzuteilen. Die Römer ritten ihre Pferde in der Regel einhändig, damit sie die andere Hand für ihre Waffe frei hatten. Dazu benutzten sie nur einen einzigen Zügel, der am Unterbaum befestigt war, im Gegensatz zu heute, wo in der Regel 2 Zügel benutzt werden. Das hatte zur Folge, daß trotz des strengeren Gebisses, das Pferd in der Hand des Erfahrenen weicher geführt werden konnte.
Wirkungsweise:
Durch das Zaumzeug (lat. frenum) kann der Reiter je nach Art des Zaumzeugs Druck auf Zunge, Kinnladen, Kinngrube, Genick, Lippe oder Nase des Pferds ausüben. Dadurch wird das Pferd dazu gebracht, als natürliche Reaktion auf den Druck die vom Reiter gewollte Bewegung des Kopfes auszuführen, denen dann der Körper folgt, z. B. um einen Richtungs-wechsel auszulösen. Die Zügel dienen zum Aktivieren der Druckpunkte oder einfach zum Führen des Tieres.
Das Hebelstangengebiß:
Je nach Bedarf und Zweck gibt es eine ganze Reihe verschiedener Zaumzeugarten. Das typische römische Zaumzeug war die Kandare, das Hebelstangengebiß. Um ein solches handelt es sich auch auf unserer Münze. Es besteht aus 2 langen Stangen, den Hebelstangen, Anzügen oder Bäumen, die am oberen Ende über Ösen an den Enden des Gebißstücks befestigt sind, wobei die Druckpunkte nicht durch Zug, sondern durch Hebelwirkung aktiviert werden.
Simon Ortisi: Hebelstangengebiß
Die Stangen sind unterhalb des Gebisses mit einem Quersteg verbunden, der verstellbar ist, damit er dem Pferd angepaßt werden kann. Dieser Quersteg heißt auch Kinnstange oder Kinnbügel. Am unteren Ende der Anzüge werden die Zügel eingehängt. Knebel an den Enden des Mundstücks dienen zur Verbindung mit den Backenriemen. Das Mundstück kann einfachgebrochen, ungebrochen oder „spatenförmig“ gestaltet sein.
Da ich selbst kein Reiter bin, habe ich Kontakt zu Marcus Junkelmann aufgenommen, dem berühmten Militärhistoriker und anerkannten Spezialisten. Allgemein bekannt wurde er 1985, als er zur 2000-Jahr-Feier von Augsburg die Alpen in der Ausrüstung der römischen Infanterie überquerte.
Auf dem folgenden Bild habe ich die wichtigen Teile numeriert (Der Arm und die Hand der Nemesis sind grün umrandet): Junkelmann schreibt dazu: Ich kann mir vorstellen, daß wir es hier mit einer Kombination von Kandare mit Metallzaum (fälschlicherweise oft als Kappzaum oder als Hackamore bezeichnet) zu tun haben, ähnlich der Anordnung in "Reiter Roms", Band 3, Abb. 22 (Anmer-kung des Autors: Entspricht der Abbildung von Simon Ortisi). Es sind
(1) die Bäume der Kandare mit der Kinnstange (2),
(3) Mundstück der Kandare und eine von den seitlichen Ösen (4),
(5) Nasenbügel des Metallzaums und dessen Seiten-bügel(6),
(7) die in den Stirnriemen übergehenden Backenriemen mit Stirnschmuck (8) und
(9) eine der seitlichen Ösen für die Backenriemen
Man sollte aber in Erinnerung haben, daß der Stempelschneider sicherlich nicht eine bestimmte Kandare naturgetreu wiedergeben, sondern ein Zaumzeug darstellen wollte, das jeder, der es sah, sofort als Zaumzeug erkennen konnte. Und der Platz, den er dafür hatte waren 2x5mm, bei diesem Detailreichtum unglaublich!
Anmerkung:
(1) Kandare (f.) „Zaumzeug zum strengen Zügeln des Pferdes“, Entlehnung (Kantare, 16. Jh.) aus ungar. Kantár „Zaum, Tragnetz“, wahrscheinlich turksprachlichen Ursprungs, vgl. türk. Kantarma „Zügel, Zaum, Halfter“. Auch in der Redensart an die Kandare nehmen „scharf zügeln, in der Freiheit einschränken, streng behandeln“ (um 1900) (DWDS).
(2) Hackamore (n.) wird eine gebißlose Zäumung genannt, zu der ein breiter Nasenbügel gehört, der aus Metall sein kann. Die erheblichen Hebelkräfte und das bei unsachgemäßer Handhabung oder Unfällen potenzierte Verletzungsrisiko für das Pferd widerlegen die Annahme, gebissloses Reiten sei per se pferdeschonend. Die Bezeichnung von 1850 ist amerikanischen Ursprungs, geht aber wohl auf das spanische jaquima zurück und kann vom arabischen shakimah „Stück eines Zaumzeugs" stammen (etymonline).
Literatur:
(1) Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis, 2023
(2) Marcus Junkelmann, Die Reiter Roms, Teil 3, Zubehör, Reitweise, Bewaffnung, 2008 (und persönliche E-Mails)
(3) Marcus Junkelmann, Veröffentlichungen zum Reitwesen in Altertum und Mittelalter, vornehmlich zur römischen Kavallerie", Teil 1, in. Plekos 8 (2008), S. 85-142.
(4) Christina Simon Ortisi, Studien zum römischen Pferdegeschirr, aus Pompeji, Herculaneum und den Vesuvvillen, München 2003 (Inauguraldissertation)
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute (DWDS)
(2) etymonline.com
(3) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Auf der folgenden Münze des Commodus aus Nikopolis habe ich jetzt die genaueste Abbildung eines Zaumzeugs gefunden, die ich kenne.
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Commodus, 177-192
AE 22, 3.79g, 21.78mm, 180°
Av.: M ANTWNEIN[OC KOM]ODOC
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: NEIKOPO[L – P]ROC ICTRON
Nemesis, verschleiert, in langem Gewand, frontal stehend, n. l. blickend, hält in der herabhängenden Linken Zaumzeug und
zieht mit der Rechten Kleidungszipfel von der Schulter; li. zu ihren Füßen das Rad
Ref.: a) nicht in AMNG
b) Varbanov
c) HrHJ (2023) No. 8.10.35.1 corr. (schreibt ANTONEINOC, Rad nicht erwähnt) Das Zaumzeug gehört zu den Attributen der Nemesis und wird eine Kandare sein, weil die Gebißstange nicht geteilt ist. Das paßt im Sinn auch genau zu dem alten Ausdruck "jemanden an die Kandare nehmen", was disziplinieren bedeutet.
Zaumzeug (Vergrößerung).
Geschichte:
In der republikanischen Zeit besaßen die Römer keine eigenen Reitereinheiten, sondern griffen auf die Truppen befreundeter Reitervölker zurück (Wikipedia). Erst in der beginnenden Kaiserzeit wurden eigene Reitereinheiten aufgestellt. Diese Alae bestanden in der Regel aus 500 Reitern. Eingesetzt wurden sie insbesondere zum Schutz der Grenzen.
Damit der Reiter das Pferd lenken kann, braucht er das Zaumzeug, das Kopfgeschirr des Pferdes. Erst damit ist es ihm möglich, dem Pferd seinen Willen mitzuteilen. Die Römer ritten ihre Pferde in der Regel einhändig, damit sie die andere Hand für ihre Waffe frei hatten. Dazu benutzten sie nur einen einzigen Zügel, der am Unterbaum befestigt war, im Gegensatz zu heute, wo in der Regel 2 Zügel benutzt werden. Das hatte zur Folge, daß trotz des strengeren Gebisses, das Pferd in der Hand des Erfahrenen weicher geführt werden konnte.
Wirkungsweise:
Durch das Zaumzeug (lat. frenum) kann der Reiter je nach Art des Zaumzeugs Druck auf Zunge, Kinnladen, Kinngrube, Genick, Lippe oder Nase des Pferds ausüben. Dadurch wird das Pferd dazu gebracht, als natürliche Reaktion auf den Druck die vom Reiter gewollte Bewegung des Kopfes auszuführen, denen dann der Körper folgt, z. B. um einen Richtungs-wechsel auszulösen. Die Zügel dienen zum Aktivieren der Druckpunkte oder einfach zum Führen des Tieres.
Das Hebelstangengebiß:
Je nach Bedarf und Zweck gibt es eine ganze Reihe verschiedener Zaumzeugarten. Das typische römische Zaumzeug war die Kandare, das Hebelstangengebiß. Um ein solches handelt es sich auch auf unserer Münze. Es besteht aus 2 langen Stangen, den Hebelstangen, Anzügen oder Bäumen, die am oberen Ende über Ösen an den Enden des Gebißstücks befestigt sind, wobei die Druckpunkte nicht durch Zug, sondern durch Hebelwirkung aktiviert werden.
Simon Ortisi: Hebelstangengebiß
Die Stangen sind unterhalb des Gebisses mit einem Quersteg verbunden, der verstellbar ist, damit er dem Pferd angepaßt werden kann. Dieser Quersteg heißt auch Kinnstange oder Kinnbügel. Am unteren Ende der Anzüge werden die Zügel eingehängt. Knebel an den Enden des Mundstücks dienen zur Verbindung mit den Backenriemen. Das Mundstück kann einfachgebrochen, ungebrochen oder „spatenförmig“ gestaltet sein.
Da ich selbst kein Reiter bin, habe ich Kontakt zu Marcus Junkelmann aufgenommen, dem berühmten Militärhistoriker und anerkannten Spezialisten. Allgemein bekannt wurde er 1985, als er zur 2000-Jahr-Feier von Augsburg die Alpen in der Ausrüstung der römischen Infanterie überquerte.
Auf dem folgenden Bild habe ich die wichtigen Teile numeriert (Der Arm und die Hand der Nemesis sind grün umrandet): Junkelmann schreibt dazu: Ich kann mir vorstellen, daß wir es hier mit einer Kombination von Kandare mit Metallzaum (fälschlicherweise oft als Kappzaum oder als Hackamore bezeichnet) zu tun haben, ähnlich der Anordnung in "Reiter Roms", Band 3, Abb. 22 (Anmer-kung des Autors: Entspricht der Abbildung von Simon Ortisi). Es sind
(1) die Bäume der Kandare mit der Kinnstange (2),
(3) Mundstück der Kandare und eine von den seitlichen Ösen (4),
(5) Nasenbügel des Metallzaums und dessen Seiten-bügel(6),
(7) die in den Stirnriemen übergehenden Backenriemen mit Stirnschmuck (8) und
(9) eine der seitlichen Ösen für die Backenriemen
Man sollte aber in Erinnerung haben, daß der Stempelschneider sicherlich nicht eine bestimmte Kandare naturgetreu wiedergeben, sondern ein Zaumzeug darstellen wollte, das jeder, der es sah, sofort als Zaumzeug erkennen konnte. Und der Platz, den er dafür hatte waren 2x5mm, bei diesem Detailreichtum unglaublich!
Anmerkung:
(1) Kandare (f.) „Zaumzeug zum strengen Zügeln des Pferdes“, Entlehnung (Kantare, 16. Jh.) aus ungar. Kantár „Zaum, Tragnetz“, wahrscheinlich turksprachlichen Ursprungs, vgl. türk. Kantarma „Zügel, Zaum, Halfter“. Auch in der Redensart an die Kandare nehmen „scharf zügeln, in der Freiheit einschränken, streng behandeln“ (um 1900) (DWDS).
(2) Hackamore (n.) wird eine gebißlose Zäumung genannt, zu der ein breiter Nasenbügel gehört, der aus Metall sein kann. Die erheblichen Hebelkräfte und das bei unsachgemäßer Handhabung oder Unfällen potenzierte Verletzungsrisiko für das Pferd widerlegen die Annahme, gebissloses Reiten sei per se pferdeschonend. Die Bezeichnung von 1850 ist amerikanischen Ursprungs, geht aber wohl auf das spanische jaquima zurück und kann vom arabischen shakimah „Stück eines Zaumzeugs" stammen (etymonline).
Literatur:
(1) Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis, 2023
(2) Marcus Junkelmann, Die Reiter Roms, Teil 3, Zubehör, Reitweise, Bewaffnung, 2008 (und persönliche E-Mails)
(3) Marcus Junkelmann, Veröffentlichungen zum Reitwesen in Altertum und Mittelalter, vornehmlich zur römischen Kavallerie", Teil 1, in. Plekos 8 (2008), S. 85-142.
(4) Christina Simon Ortisi, Studien zum römischen Pferdegeschirr, aus Pompeji, Herculaneum und den Vesuvvillen, München 2003 (Inauguraldissertation)
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute (DWDS)
(2) etymonline.com
(3) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
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Re: Historisch interessante Münzen
Wie immer sehr lehrreich und gut erklärt.
Bei meinen Münzen, auf denen die Göttin Nemesis dargestellt ist, kann man das Zaumzeug nicht so detailliert sehen.
Dein Stück ist ungewöhnlich gut erkennbar.
Danke fürs zeigen.
Lg Larth
Bei meinen Münzen, auf denen die Göttin Nemesis dargestellt ist, kann man das Zaumzeug nicht so detailliert sehen.
Dein Stück ist ungewöhnlich gut erkennbar.
Danke fürs zeigen.
Lg Larth
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Re: Historisch interessante Münzen
Ja, hier kommt mehrerlei zusammen:
- Stempelschneider hat sich ausgekannt
- Stempelschneider hat sich richtig Mühe gegeben
- die Münze ist nicht abgegriffen, UND
- die Oberflächen sind nicht korrodiert.
Seltene Konstellation!
Glückwunsch von
Homer
- Stempelschneider hat sich ausgekannt
- Stempelschneider hat sich richtig Mühe gegeben
- die Münze ist nicht abgegriffen, UND
- die Oberflächen sind nicht korrodiert.
Seltene Konstellation!
Glückwunsch von
Homer
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Re: Historisch interessante Münzen
Die Pelasger
Wie immer führte eine Münze zu größeren Recherchen, genau genommen war es hier nur ein einziges Wort.
Die Münze:
Bithynien, Prusia ad Mare, ca. 2. - 1. Jh. v. Chr.
AE 26, 11.26g, 90°
Av.: Bärtiger Kopf des Herakles, diademiert, n. r.
Rv.: Legende in 3 Zeilen:
ΠΡOYCIEΩN / TΩΝ ΠΡOC/ ΘΑΛΑCCHI
dazwischen Keule und Köcher
Ref.: BMC S.132, No. 328-330, Pl. XXVIII.16; Rec. Gen. 23; SNG Copenhagen -; SNG von Aulock -
selten, SS+, attraktive schwarze Patina mit einem Hauch von Grün
Pedigree:
ex Obolos auction 3, 15.11.15, Teil des Lots 186 Es war schwierig, diese Münze zu bekommen, weil der Händler keine Münzen nach Deutschland versendet. Glücklicherweise hatte ich eine Freundin in Großbritannien, die freundlicherweise für mich als Vermittlerin auftrat.
Geschichte von Kios:
Kios war eine griechische Kolonie, die um 626/5 v. Chr. von milesischen Siedlern gegründet worden war. Nach der lokalen Mythologie war es Herakles, der sie gründete, als er die Argonauten auf ihrem Zug begleitete. 202 v. Chr. wurde sie von Philipp V. von Makedonien zerstört. Prusias I. baute sie wieder auf und gab ihr seinen Namen, fügte aber "ad Mare" hinzu, um sie von Prusia ad Hypium zu unterscheiden. Seitdem gehörte sie zum Königreich Bithynien. 72 v. Chr., während des 3. Mithridatischen Krieges öffnete sie ihre Tore den Römern und wurde von ihnen zur Belohnung zur civitas libera erklärt. Unter Claudius erhielt sie wieder ihren alten Namen Kios.
Diese Münze hatte ich in meine Sammlung aufgenommen wegen des ΘΑΛΑCCHI (Dativus locativus von Thalassa, = am Meer) auf der Rückseite. Sie wurde geprägt unter Prusias II., König von Bithynien. Jedem, der in der Schule Alt-Griechisch gehabt hat, sind wohl noch die Worte "Thalatta, thalatta" in den Ohren, die die griechischen Söldner unter Xenophon ausgerufen haben, als sie endlich von den Berghöhen Anatoliens das langersehnte Wasser des Schwarzen Meeres erblickten, wie er in seiner Anabasis schreibt. Was mir ins Auge fiel, daß auf der Münze aber nicht Thalatta steht, sondern Thalassa mit 2 Sigma. Die Erklärung ist einfach: Die Griechen unter Xenophon sprachen Ionisch, das Thalassa auf der Münze ist Dorisch! Dies hat dann auch das Neugriechische in sein Vokabular aufgenommen.
Nun habe ich bei meinen Recherchen erfahren, daß Thalatta/Thalassa gar kein urgriechisches Wort ist. Diese überraschende Entdeckung hat mich dazu verführt, etwas über die Pelasger zu erzählen.
Die Pelasger:
Als die griechischen Stämme der Achäer, Dorer, Ionier und Äolier vom Norden her in Griechenland einwanderten, kannten sie nämlich noch kein Meer. Dieses Wort, wie auch viele andere Wörter aus dem Schiffbau und der Navigation, übernahmen sie von den dort lebenden einheimischen Alteuropäern, die sie Pelasger nannten. Dieser Begriff stammt wohl vom griechischen pelas, was "nahe, Nachbar" heißt, und die enge Beziehung der Griechen zu ihren Voreinwohnern ausdrückt.
Bereits Homer spricht in der Ilias von Pelasgern, und es war allgemein anerkannt, daß das allen Griechen gemeinsame Heiligtum von Dodona pelasgisch war. Pelasger bewohnten Kreta, und die Troas. Im Trojanischen Krieg standen sie auf der Seite der Trojaner, ein Zeichen dafür, daß ihr Verhältnis zu den Griechen nicht ungetrübt war. Das lag sicherlich auch an den Griechen, die ihnen nicht nur ihre Heimat geraubt hatten, sondern für die alle Völker, die nicht Griechisch sprachen, Barbaren waren, Brbr-Sprecher, Stammler.
Die Pelasger, die Griechenland vor der Einwanderung der Hellenen bewohnten, waren sicherlich nicht ein einziges Volk. Aber es besteht Übereinstimmung darin, daß sie alle keine Indoeuropäer waren und deshalb auch ihre Sprache nicht indoeuropäisch gewesen sein kann, auch nicht proto-indoeuropäisch.
Ihre Kultur stammt aus dem Neolithikum, aber ihre Blütezeit war die Bronzezeit des 3. und 2. Jtd. v. Chr.
Ihre Lebensweise waren kleine Dorfgemeinschaften, die sich auf kleinbäuerliche Viehzucht und Ackerbau stützten. Die Pelasger waren aber auch erfahrene Seefahrer.
Es ist bekannt, daß sie Handelsbeziehungen in die Ägäis unterhielten, zu den kykladischen Inseln und zu den Minoern von Altkreta. Die Kultur der Pelasger stand nicht isoliert auf dem griechischen Festland da, sondern war eng verknüpft mit den vorgriechischen Kulturen der Ägäis.
Die neu einwandernden griechischen Stämme hingegen waren indoeuropäische Viehnomaden, die aber bald von ihnen die Lebensweise in kleinen Dorfgemeinschaften übernahmen, aus denen sie später die klassische Polis entwickelten.
Hier möchte ich eine kleine Liste von Wörtern aus dem Seefahrtswesen anführen, die die Griechen als Lehnwörter von den pelasgischen Ureinwohnern übernommen haben (Haarman 2017):
- agkyra (Anker)
- aphlaston (gebogenes Schiffsvorderteil)
- boutsani (Teil des Schiffes, wo das Ruder befestigt ist)
- kalon (Bauholz für Schiffe)
- kantheleia (gebogenes Holzteil vom Heck)
- kindynos (Sitzbank im Schiffsbug)
- korymbos (der höchste Punkt eines Schiffes)
- kydaros (ein kleines Schiff)
- laipha (Segel aus Tierhäuten)
- lenos (Halterung für den Mast)
- malthe (Gemisch aus Wachs und Teer zum Abdichten der Planken)
- paron (leichtes Schiff)
- selis (Kreuzbaum)
- phalkes (Rippen im Schiffsrumpf)
- stamines (vertikale Streben zur Verstärkung des Schiffsrumpfes)
- sipharos (Topsegel)
- kybernao (ein Schiff steuern, zentraler Begiff der Navigation)
Bekanntlich ist Athene eine vorgriechische Gottheit. Das geht auch aus der griechischen Mythologie hervor. So unterweist sie Danaos beim Bau des Fünfzigruderers, mit dem er und seine 50 Töchter vor seinem Bruder Aigyptos aus Libyen nach Rhodos fliehen. Apollonios erzählt, daß es Athene war, die die geeigneten Bäume für die Argo ausuchte, mit denen die Argonauten nach Kolchis fuhren. In der Odyssee berichtet Homer, daß Athene Odysseus beim Bau des Schiffes berät, mit dem er Kalypso verlassen kann, und ihm die dazu nötige Navigation beibringt. Dies alles ist kein Zufall. Es waren alles Fähigkeiten, die die Griechen in der damaligen Zeit nicht besaßen!
Aber der kulturelle Austausch, oder korrekter, die Übernahme von Begriffen der griechischen Voreinwohner betraf nicht nur das Schiffahrtswesen, sondern war breit gestreut und umfaßte Techniken wie Oliven- und Weinkultur, Heilkunde, Handwerk wie Keramik und Metallbearbeitung, Künste und selbst Übersinnliches und Religion. Nicht nur Athene ist vorgriechisch, sondern auch Hera, Demeter, Gaia, Themis u. a., um mich hier auf weibliche Gottheiten zu beschränken.
Inzwischen sind über 2000 Wörter des Altgriechischen bekannt, die etymologisch gesichert aus voreuropäischen Sprachen (Substrat) der einheimischen Alteuropäer stammen.
Es umfaßt Pflanzennamen (kastana Kastanie), Namen aus dem Handwerk wie Töpferei (keramos Tonerde, kaminos Brennofen), Metallverarbeitung (metallon Metall), und allgemeine Begriffe (ethnos Volk; hybris Überheblichkeit).
So ist es pelasgischen Wörter sogar gelungen, durch die Vermittlung der Griechen in die deutsche Sprache zu gelangen. Wörter wie Kybernetik, Aroma, Theater und Psyche klingen Griechisch, weil sie aus dem Griechischen zu uns gekommen sind. Sie haben aber keine Entsprechungen in anderen indoeuropäischen Sprachen oder Sprachen des Nahen Ostens oder des Alten Orients. Auch haben die Griechen sie nicht erfunden, sondern es sind Lehnwörter aus dem Vorgriechischen Substrat (Haarmann 2017).
Selbst in die Grammatik und die Wortbildungslehre drangen vorgriechische Elemente ein. Suffixe wie -ss- (in narkissos, Narzisse), -n- (in eirene, Frieden) oder -nd- (in spondylos, Seemuschel) stammen aus dem Pelasgischen und wurden ins Griechische inkorporiert.
Anmerkung:
Substrat (lat. Schicht) ist ein Begriff aus der Linguistik. Wandert ein Volk in das Gebiet einer anderen Sprachgemeinschaft ein, kommt es zu Interferenzen. Das zuwandernde (oft erobernde) Volk kann von den Gewohnheiten der einheimischen Sprecher beeinflußt werden. Mit Substrat bezeichnet man die ursprüngliche Sprache, aber auch die sprachlichen Reste, die in der dominierenden Sprache zu beobachten sind (Wikipedia).
Mythologie:
Wie üblich versuchten die Griechen auch die Pelasger in ihre Mythologie einzuordnen. Nach Roscher ist Pelasgos der Name mehrer sagenhafter Stammväter pelasgischer Stämme.
(1) Nach der Sage der Arkader soll Pelasgos der erste Mensch in ihrem Lande gewesen sein und das Land nach ihm den Namen Pelasgia erhalten habem. Er heiratete Meliboia, eine Tochter des Okeanos, und zeugte mit ihr Lykaon, den "söhnereichen Bevölkerer" Arkadiens. Bereits Hesiod nennt Pelasgos einen Autochthonen, einen aus der Erde entstandenen. Nach Asios war er der Stammvater des gesamten Menschengeschlechts! Er begründete die Anfänge der Kultur. Er lehrte die Menschen Hütten zu bauen, Kleider aus Schweinehäuten zu machen und statt Kräutern Bucheckern (oder Eicheln) zu essen. Das machten die Arkader noch zu historischen Zeiten. Nach Hyginus habe er auch den ersten Zeustempel in Arkadien gebaut.
(2) Nach Akusilaos aber war Pelasgos der Sohn des Zeus und der Niobe und Bruder des Argos, nach dem die Bewohner der Peloponnes Pelasger genannt wurden. Niobe wird hier als Erdgöttin gesehen, was der Autochthonie entspricht, wobei jetzt noch die Herkunft von Zeus hinzukommt. Erst dann sei Pelasgos aus der Argolis nach Arkadien gekommen.
Dies war im Grunde ein Wettkampf darum, wer als älter und ehrwürdiger galt. Getoppt wurde er durch die Phliasier, die ihren Stammvater zum Zeitgenossen des Prometheus machten und damit 3 Zeitalter vor den anderen ansetzten. Aber Pindar nennt den arkadischen Pelasgos älter als den Mond, ein Audruck der auch auf die Arkader überging, die Proselenaioi genannt wurden.
So galten die Pelasger nach einen als die Urbewohner von Arkadien, nach anderen als die Urbewohner der ganzen Peloponnes, besonders von Argos, wo Hera den Beinamen Pelasga hatte.
Da die Pelasger aber auch in anderen Teilen Griechenlands als Vorgänger der Hellenen genannt werden, kommt Pelasgos als Name eines Stammesgründers auch in anderen Gegenden vor. Hekataios von Milet schreibt z. B., daß die Pelasger auch Attika besiedelt hätten, dann aber aus Neid von den Athenern vertrieben wurden und nach Lemnos flohen. Bei Roscher gibt es eine Liste von 17(!) verschiedenen Pelasgos.
Die Unterscheidung so vieler Pelasgos ist das Werk der Genealogen, die immer dort, wo das Auftreten von Pelasgern einen Eponym forderte, ihn in eine passende Genealogie einreihten. Ursprünglich dachte man sich natürlich nur einen Pelasgos als Stammvater der Pelasger. Aber da der Name der Pelasger nicht nur am Peloponnes, sondern auch an der thessalischen Ebene, der Pelasgiotis, dem πελαβγιχον "Αςγος, haftete, so tauchen auch in Thessalien verschiedene Pelasgos auf, von denen der Eponym von Pelasgiotis, als Sohn des Poseidon und der Larissa auf den argivischen Pelasgos zurückgeführt werden kann, während die übrigen eben einfach als Ahnherren der Eponymen verschiedener thessalischer Städte gesehen werden müssen (Roscher).
Auf der Akropolis fanden die antiken Griechen alte, riesige Befestigungen, sog. Zyklopenmauern, die sie Pelasgische Mauern nannten, da sie aus vorgriechischer Zeit stammten. Die griechische Akropolis war einstmals "der Heilige Felsen (Kranaa)" der Pelasger, auf dem Athena residierte. Ja, Pelasgie wurde auch als ein alter Name für Griechenland benutzt!
Die Erinnerung an das Erbe der vorgriechischen Bewohner wurde im Laufe der Zeit verdrängt durch die "Selbstglorifizierung der griechischen Elite", einem Vorgang, den wir auch vom Verhältnis der Römer zu ihren Lehrmeistern, den Etruskern, kennen. Die Pelasger aber verschwanden aus der Geschichte durch Assimilation an das Griechentum
Anmerkungen:
(1) Asios von Samos, Sohn des Amphiptolemos, war ein antiker griechischer Dichter der archaischen Zeit. Er lebte vielleicht schon um 700 v. Chr., nach Hesiod wahrscheinlicher im 6. Jh. v. Chr. Von ihm sind nur wenige Elegien erhalten, sonst nur Fragmente und Zitate bei anderen Schriftstellern. Pausanias verwendet ihn wegen seiner mythologischen Angaben, die sich mit Genealogie beschäftigen..
(2) Akusilaos von Argos (Ende des 6. Jh. - 1. Hälfte d. 5. Jh. v. Chr.) war nach Hekataios von Milet der früheste Vertreter der mythographischen Prosaliteratur. Er wurde zu den Logographen gerechnet, einer Bezeichnung, mit der Thukydides in abwertender Weise die Geschichtsschreiber vor Herodot bezeichnete. Er beschäftigte sich überwiegend mit Mythologie und in aufzählender Weise mit der Genealogie der Götter.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Homer, Odyssee
(3) Hesiod, Theogonie
(4) Herodot, Historien
(4) Hyginus, Fabulae
(6) Apollonios von Rhodos, Argonautika
(7) Xenophon, Anabasis
(8) Pausanias, Reisen durch Griechenland
Literatur
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch
(4) Harald Haarmann, Vergessene Kulturen der Weltgeschichte
(5) Harald Haarmann, Wer zivilisierte die Alten Griechen? Das Erbe der alteuropäischen Hochkulturen, 2017
(6) Der Kleine Pauly
Online-Quellen
(1) Wildwinds
(2) Wikipedia
Freundliche Grüße
Jochen.
Wie immer führte eine Münze zu größeren Recherchen, genau genommen war es hier nur ein einziges Wort.
Die Münze:
Bithynien, Prusia ad Mare, ca. 2. - 1. Jh. v. Chr.
AE 26, 11.26g, 90°
Av.: Bärtiger Kopf des Herakles, diademiert, n. r.
Rv.: Legende in 3 Zeilen:
ΠΡOYCIEΩN / TΩΝ ΠΡOC/ ΘΑΛΑCCHI
dazwischen Keule und Köcher
Ref.: BMC S.132, No. 328-330, Pl. XXVIII.16; Rec. Gen. 23; SNG Copenhagen -; SNG von Aulock -
selten, SS+, attraktive schwarze Patina mit einem Hauch von Grün
Pedigree:
ex Obolos auction 3, 15.11.15, Teil des Lots 186 Es war schwierig, diese Münze zu bekommen, weil der Händler keine Münzen nach Deutschland versendet. Glücklicherweise hatte ich eine Freundin in Großbritannien, die freundlicherweise für mich als Vermittlerin auftrat.
Geschichte von Kios:
Kios war eine griechische Kolonie, die um 626/5 v. Chr. von milesischen Siedlern gegründet worden war. Nach der lokalen Mythologie war es Herakles, der sie gründete, als er die Argonauten auf ihrem Zug begleitete. 202 v. Chr. wurde sie von Philipp V. von Makedonien zerstört. Prusias I. baute sie wieder auf und gab ihr seinen Namen, fügte aber "ad Mare" hinzu, um sie von Prusia ad Hypium zu unterscheiden. Seitdem gehörte sie zum Königreich Bithynien. 72 v. Chr., während des 3. Mithridatischen Krieges öffnete sie ihre Tore den Römern und wurde von ihnen zur Belohnung zur civitas libera erklärt. Unter Claudius erhielt sie wieder ihren alten Namen Kios.
Diese Münze hatte ich in meine Sammlung aufgenommen wegen des ΘΑΛΑCCHI (Dativus locativus von Thalassa, = am Meer) auf der Rückseite. Sie wurde geprägt unter Prusias II., König von Bithynien. Jedem, der in der Schule Alt-Griechisch gehabt hat, sind wohl noch die Worte "Thalatta, thalatta" in den Ohren, die die griechischen Söldner unter Xenophon ausgerufen haben, als sie endlich von den Berghöhen Anatoliens das langersehnte Wasser des Schwarzen Meeres erblickten, wie er in seiner Anabasis schreibt. Was mir ins Auge fiel, daß auf der Münze aber nicht Thalatta steht, sondern Thalassa mit 2 Sigma. Die Erklärung ist einfach: Die Griechen unter Xenophon sprachen Ionisch, das Thalassa auf der Münze ist Dorisch! Dies hat dann auch das Neugriechische in sein Vokabular aufgenommen.
Nun habe ich bei meinen Recherchen erfahren, daß Thalatta/Thalassa gar kein urgriechisches Wort ist. Diese überraschende Entdeckung hat mich dazu verführt, etwas über die Pelasger zu erzählen.
Die Pelasger:
Als die griechischen Stämme der Achäer, Dorer, Ionier und Äolier vom Norden her in Griechenland einwanderten, kannten sie nämlich noch kein Meer. Dieses Wort, wie auch viele andere Wörter aus dem Schiffbau und der Navigation, übernahmen sie von den dort lebenden einheimischen Alteuropäern, die sie Pelasger nannten. Dieser Begriff stammt wohl vom griechischen pelas, was "nahe, Nachbar" heißt, und die enge Beziehung der Griechen zu ihren Voreinwohnern ausdrückt.
Bereits Homer spricht in der Ilias von Pelasgern, und es war allgemein anerkannt, daß das allen Griechen gemeinsame Heiligtum von Dodona pelasgisch war. Pelasger bewohnten Kreta, und die Troas. Im Trojanischen Krieg standen sie auf der Seite der Trojaner, ein Zeichen dafür, daß ihr Verhältnis zu den Griechen nicht ungetrübt war. Das lag sicherlich auch an den Griechen, die ihnen nicht nur ihre Heimat geraubt hatten, sondern für die alle Völker, die nicht Griechisch sprachen, Barbaren waren, Brbr-Sprecher, Stammler.
Die Pelasger, die Griechenland vor der Einwanderung der Hellenen bewohnten, waren sicherlich nicht ein einziges Volk. Aber es besteht Übereinstimmung darin, daß sie alle keine Indoeuropäer waren und deshalb auch ihre Sprache nicht indoeuropäisch gewesen sein kann, auch nicht proto-indoeuropäisch.
Ihre Kultur stammt aus dem Neolithikum, aber ihre Blütezeit war die Bronzezeit des 3. und 2. Jtd. v. Chr.
Ihre Lebensweise waren kleine Dorfgemeinschaften, die sich auf kleinbäuerliche Viehzucht und Ackerbau stützten. Die Pelasger waren aber auch erfahrene Seefahrer.
Es ist bekannt, daß sie Handelsbeziehungen in die Ägäis unterhielten, zu den kykladischen Inseln und zu den Minoern von Altkreta. Die Kultur der Pelasger stand nicht isoliert auf dem griechischen Festland da, sondern war eng verknüpft mit den vorgriechischen Kulturen der Ägäis.
Die neu einwandernden griechischen Stämme hingegen waren indoeuropäische Viehnomaden, die aber bald von ihnen die Lebensweise in kleinen Dorfgemeinschaften übernahmen, aus denen sie später die klassische Polis entwickelten.
Hier möchte ich eine kleine Liste von Wörtern aus dem Seefahrtswesen anführen, die die Griechen als Lehnwörter von den pelasgischen Ureinwohnern übernommen haben (Haarman 2017):
- agkyra (Anker)
- aphlaston (gebogenes Schiffsvorderteil)
- boutsani (Teil des Schiffes, wo das Ruder befestigt ist)
- kalon (Bauholz für Schiffe)
- kantheleia (gebogenes Holzteil vom Heck)
- kindynos (Sitzbank im Schiffsbug)
- korymbos (der höchste Punkt eines Schiffes)
- kydaros (ein kleines Schiff)
- laipha (Segel aus Tierhäuten)
- lenos (Halterung für den Mast)
- malthe (Gemisch aus Wachs und Teer zum Abdichten der Planken)
- paron (leichtes Schiff)
- selis (Kreuzbaum)
- phalkes (Rippen im Schiffsrumpf)
- stamines (vertikale Streben zur Verstärkung des Schiffsrumpfes)
- sipharos (Topsegel)
- kybernao (ein Schiff steuern, zentraler Begiff der Navigation)
Bekanntlich ist Athene eine vorgriechische Gottheit. Das geht auch aus der griechischen Mythologie hervor. So unterweist sie Danaos beim Bau des Fünfzigruderers, mit dem er und seine 50 Töchter vor seinem Bruder Aigyptos aus Libyen nach Rhodos fliehen. Apollonios erzählt, daß es Athene war, die die geeigneten Bäume für die Argo ausuchte, mit denen die Argonauten nach Kolchis fuhren. In der Odyssee berichtet Homer, daß Athene Odysseus beim Bau des Schiffes berät, mit dem er Kalypso verlassen kann, und ihm die dazu nötige Navigation beibringt. Dies alles ist kein Zufall. Es waren alles Fähigkeiten, die die Griechen in der damaligen Zeit nicht besaßen!
Aber der kulturelle Austausch, oder korrekter, die Übernahme von Begriffen der griechischen Voreinwohner betraf nicht nur das Schiffahrtswesen, sondern war breit gestreut und umfaßte Techniken wie Oliven- und Weinkultur, Heilkunde, Handwerk wie Keramik und Metallbearbeitung, Künste und selbst Übersinnliches und Religion. Nicht nur Athene ist vorgriechisch, sondern auch Hera, Demeter, Gaia, Themis u. a., um mich hier auf weibliche Gottheiten zu beschränken.
Inzwischen sind über 2000 Wörter des Altgriechischen bekannt, die etymologisch gesichert aus voreuropäischen Sprachen (Substrat) der einheimischen Alteuropäer stammen.
Es umfaßt Pflanzennamen (kastana Kastanie), Namen aus dem Handwerk wie Töpferei (keramos Tonerde, kaminos Brennofen), Metallverarbeitung (metallon Metall), und allgemeine Begriffe (ethnos Volk; hybris Überheblichkeit).
So ist es pelasgischen Wörter sogar gelungen, durch die Vermittlung der Griechen in die deutsche Sprache zu gelangen. Wörter wie Kybernetik, Aroma, Theater und Psyche klingen Griechisch, weil sie aus dem Griechischen zu uns gekommen sind. Sie haben aber keine Entsprechungen in anderen indoeuropäischen Sprachen oder Sprachen des Nahen Ostens oder des Alten Orients. Auch haben die Griechen sie nicht erfunden, sondern es sind Lehnwörter aus dem Vorgriechischen Substrat (Haarmann 2017).
Selbst in die Grammatik und die Wortbildungslehre drangen vorgriechische Elemente ein. Suffixe wie -ss- (in narkissos, Narzisse), -n- (in eirene, Frieden) oder -nd- (in spondylos, Seemuschel) stammen aus dem Pelasgischen und wurden ins Griechische inkorporiert.
Anmerkung:
Substrat (lat. Schicht) ist ein Begriff aus der Linguistik. Wandert ein Volk in das Gebiet einer anderen Sprachgemeinschaft ein, kommt es zu Interferenzen. Das zuwandernde (oft erobernde) Volk kann von den Gewohnheiten der einheimischen Sprecher beeinflußt werden. Mit Substrat bezeichnet man die ursprüngliche Sprache, aber auch die sprachlichen Reste, die in der dominierenden Sprache zu beobachten sind (Wikipedia).
Mythologie:
Wie üblich versuchten die Griechen auch die Pelasger in ihre Mythologie einzuordnen. Nach Roscher ist Pelasgos der Name mehrer sagenhafter Stammväter pelasgischer Stämme.
(1) Nach der Sage der Arkader soll Pelasgos der erste Mensch in ihrem Lande gewesen sein und das Land nach ihm den Namen Pelasgia erhalten habem. Er heiratete Meliboia, eine Tochter des Okeanos, und zeugte mit ihr Lykaon, den "söhnereichen Bevölkerer" Arkadiens. Bereits Hesiod nennt Pelasgos einen Autochthonen, einen aus der Erde entstandenen. Nach Asios war er der Stammvater des gesamten Menschengeschlechts! Er begründete die Anfänge der Kultur. Er lehrte die Menschen Hütten zu bauen, Kleider aus Schweinehäuten zu machen und statt Kräutern Bucheckern (oder Eicheln) zu essen. Das machten die Arkader noch zu historischen Zeiten. Nach Hyginus habe er auch den ersten Zeustempel in Arkadien gebaut.
(2) Nach Akusilaos aber war Pelasgos der Sohn des Zeus und der Niobe und Bruder des Argos, nach dem die Bewohner der Peloponnes Pelasger genannt wurden. Niobe wird hier als Erdgöttin gesehen, was der Autochthonie entspricht, wobei jetzt noch die Herkunft von Zeus hinzukommt. Erst dann sei Pelasgos aus der Argolis nach Arkadien gekommen.
Dies war im Grunde ein Wettkampf darum, wer als älter und ehrwürdiger galt. Getoppt wurde er durch die Phliasier, die ihren Stammvater zum Zeitgenossen des Prometheus machten und damit 3 Zeitalter vor den anderen ansetzten. Aber Pindar nennt den arkadischen Pelasgos älter als den Mond, ein Audruck der auch auf die Arkader überging, die Proselenaioi genannt wurden.
So galten die Pelasger nach einen als die Urbewohner von Arkadien, nach anderen als die Urbewohner der ganzen Peloponnes, besonders von Argos, wo Hera den Beinamen Pelasga hatte.
Da die Pelasger aber auch in anderen Teilen Griechenlands als Vorgänger der Hellenen genannt werden, kommt Pelasgos als Name eines Stammesgründers auch in anderen Gegenden vor. Hekataios von Milet schreibt z. B., daß die Pelasger auch Attika besiedelt hätten, dann aber aus Neid von den Athenern vertrieben wurden und nach Lemnos flohen. Bei Roscher gibt es eine Liste von 17(!) verschiedenen Pelasgos.
Die Unterscheidung so vieler Pelasgos ist das Werk der Genealogen, die immer dort, wo das Auftreten von Pelasgern einen Eponym forderte, ihn in eine passende Genealogie einreihten. Ursprünglich dachte man sich natürlich nur einen Pelasgos als Stammvater der Pelasger. Aber da der Name der Pelasger nicht nur am Peloponnes, sondern auch an der thessalischen Ebene, der Pelasgiotis, dem πελαβγιχον "Αςγος, haftete, so tauchen auch in Thessalien verschiedene Pelasgos auf, von denen der Eponym von Pelasgiotis, als Sohn des Poseidon und der Larissa auf den argivischen Pelasgos zurückgeführt werden kann, während die übrigen eben einfach als Ahnherren der Eponymen verschiedener thessalischer Städte gesehen werden müssen (Roscher).
Auf der Akropolis fanden die antiken Griechen alte, riesige Befestigungen, sog. Zyklopenmauern, die sie Pelasgische Mauern nannten, da sie aus vorgriechischer Zeit stammten. Die griechische Akropolis war einstmals "der Heilige Felsen (Kranaa)" der Pelasger, auf dem Athena residierte. Ja, Pelasgie wurde auch als ein alter Name für Griechenland benutzt!
Die Erinnerung an das Erbe der vorgriechischen Bewohner wurde im Laufe der Zeit verdrängt durch die "Selbstglorifizierung der griechischen Elite", einem Vorgang, den wir auch vom Verhältnis der Römer zu ihren Lehrmeistern, den Etruskern, kennen. Die Pelasger aber verschwanden aus der Geschichte durch Assimilation an das Griechentum
Anmerkungen:
(1) Asios von Samos, Sohn des Amphiptolemos, war ein antiker griechischer Dichter der archaischen Zeit. Er lebte vielleicht schon um 700 v. Chr., nach Hesiod wahrscheinlicher im 6. Jh. v. Chr. Von ihm sind nur wenige Elegien erhalten, sonst nur Fragmente und Zitate bei anderen Schriftstellern. Pausanias verwendet ihn wegen seiner mythologischen Angaben, die sich mit Genealogie beschäftigen..
(2) Akusilaos von Argos (Ende des 6. Jh. - 1. Hälfte d. 5. Jh. v. Chr.) war nach Hekataios von Milet der früheste Vertreter der mythographischen Prosaliteratur. Er wurde zu den Logographen gerechnet, einer Bezeichnung, mit der Thukydides in abwertender Weise die Geschichtsschreiber vor Herodot bezeichnete. Er beschäftigte sich überwiegend mit Mythologie und in aufzählender Weise mit der Genealogie der Götter.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Homer, Odyssee
(3) Hesiod, Theogonie
(4) Herodot, Historien
(4) Hyginus, Fabulae
(6) Apollonios von Rhodos, Argonautika
(7) Xenophon, Anabasis
(8) Pausanias, Reisen durch Griechenland
Literatur
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch
(4) Harald Haarmann, Vergessene Kulturen der Weltgeschichte
(5) Harald Haarmann, Wer zivilisierte die Alten Griechen? Das Erbe der alteuropäischen Hochkulturen, 2017
(6) Der Kleine Pauly
Online-Quellen
(1) Wildwinds
(2) Wikipedia
Freundliche Grüße
Jochen.
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- Lackland (Fr 05.07.24 13:19) • Chippi (Fr 05.07.24 14:57) • Homer J. Simpson (Fr 05.07.24 15:02) • Amenoteph (Fr 05.07.24 18:03) • Kalinio (So 07.07.24 08:53) • didius (So 07.07.24 11:59) • MartinH (So 07.07.24 18:45) • stmst (Mi 24.07.24 11:13)
Omnes vulnerant, ultima necat.
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