Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Wie zahlten unsere Vorfahren? Was war überhaupt das Geld wert? Vormünzliche Zahlungsmittel

Moderator: Locnar

Antworten
Benutzeravatar
ganimed1976
Beiträge: 481
Registriert: Do 10.12.09 13:45
Wohnort: COLONIA CLAUDIA ARA AGRIPPINENSIUM
Hat sich bedankt: 63 Mal
Danksagung erhalten: 62 Mal

Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von ganimed1976 » Mo 01.02.10 20:04

Hallo liebe Gemeinde,

Mir fällt immer wieder mal auf dass besonders bei mittelalterlischen Münzen, desöfteren Fehler bei der Beschriftung einer Münze auftreten.

Ein Beispiel: Ich habe einen Albus von 1625 aus Trier. Auf ihm ist "Trier" ohne "e" geschrieben....also "Trir". Okay, es könnte sich dabei evtl. auch um eine ältere Schreibweise handeln. Auf selbiger Münze steht aber zudem auch noch das Wort, bzw. die Abkürzung,"ARCHID" falsch geschrieben, nämlich ARCHIED".

Oder bei einer 3 Kreuzer-Münze aus Tirol (Ferdinand Carol) aus dem Jahr 1645 wurde das Wort "Burgund" falsch geschrieben, nämlich ohne "g", also "Burund". Ich habe das gleiche Stück nochmals aus dem Jahre 1643, und dort steht es korrekt zu lesen. Oder mal ist Tirol mit "i" geschrieben, und ein anderes mal mit "y"...also "Tyrolis".

Das sind nur zwei Beispiele, habe noch mehr Münzen bei denen mir Fehler aufgefallen sind, besonders diese aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit.

Nun meine eigentliche Frage: Wie kam es zu solchen Fehlern in der Grammatik?

Wurde da lediglich beim Stempelschneiden nicht richtig aufgepast?

Oder waren die Leute damals einfach nur teilweise nicht so gut in Sachen Grammatik?

Oder wurde da evtl. versucht mit dem weglassen bzw. beifügen von Buchstaben, Platz auf der Münze zu schaffen für die folgenden Buchstaben.

Oder sind es doch am Ende nur ältere Schreibweisen?

Würde mich wirklich mal interessieren wie solche Patzer entstehen konnten.

Gruß,

Olli

PS: Hier mal ein Beispielfoto...man beachte das Wort "Burgund".
Dateianhänge
45822_cr.jpg
"Wenn wir Männer ohne Frauen wären, dann würden die Götter mit uns Umgang pflegen."

Benutzeravatar
KarlAntonMartini
Moderator
Beiträge: 7988
Registriert: Fr 26.04.02 15:13
Wohnort: Dresden
Hat sich bedankt: 385 Mal
Danksagung erhalten: 956 Mal

Beitrag von KarlAntonMartini » Mo 01.02.10 20:15

Es gab für Ortsnamen keine Regelschreibweise und die Münzgehilfen, die die Stempel für das Kleingeld herstellten, konnten kaum lesen und schreiben. Die Arbeitsbedingungen waren schlecht und es mußte schnell gehen.
Tokens forever!

Benutzeravatar
Quentchen
Beiträge: 149
Registriert: Fr 30.12.05 23:21
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Quentchen » Mi 03.02.10 23:00

... und selbst die, die "Deutsch" lesen und schreiben konnten, hatten noch keinen allgemeingültigen "Duden". Es wurde Vieles so geschrieben, wie man meinte, dass man es spricht oder gehört zu haben ... ;)

Texte aus dieser Zeit heute zu lesen kann ganz schön anstrengend sein ... zumindest, wenn man neben der "Worterkennung" auch noch versucht dem Inhalt samt Sinn zu folgen ;)
Schöne Grüsse
Ralf
_____________________________________
Jülich-Kleve-Berg-Ravensberg: 14. Jhdt. bis 1609
Schweiz: Batzen und Dicken bis Anfang 17. Jhdt.

Benutzeravatar
Afrasi
Beiträge: 2052
Registriert: Fr 11.03.05 19:12
Wohnort: 27259 Varrel
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 14 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Afrasi » Mi 01.09.10 23:30

ganimed1976 hat geschrieben:man beachte das Wort "Burgund".
Moin!

Ich werde wohl alt ... Was ist denn bei Burgund falsch geschrieben?

Zur Begründung der Fehler: Hast! Du hast in obigem Satz ja selbst zwei Fehler begangen. ;-)

Tschüß, Afrasi
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

Benutzeravatar
ischbierra
Beiträge: 5373
Registriert: Fr 11.12.09 00:39
Wohnort: Dresden
Hat sich bedankt: 2794 Mal
Danksagung erhalten: 4439 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von ischbierra » Do 02.09.10 13:23

Hallo ganimed,
kleine Anmerkung zu Deinen angeführten Beispielen: es ist kein Problem der Grammatik sondern der Rechtschreibung.
Gruß ischbierra

Hermes
Beiträge: 11
Registriert: Mo 28.02.11 15:53
Wohnort: Bayern, Deutschland
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Hermes » Di 01.03.11 13:04

Hallo,

ist der Umstand, dass vor 500 Jahren eine "2" oft als "Z" geschrieben wurde, auch mit den fehlenden Kenntnissen der Stempelstecher zu begründen?

Ich habe z. B. ein sächsisches Stück aus dem Jahre 1542, dessen Jahreszahl als "I54Z" geschrieben ist.

Gruß
Hermes

Chippi
Beiträge: 5862
Registriert: Do 23.06.05 19:58
Wohnort: Bitterfeld-Wolfen, OT Holzweißig
Hat sich bedankt: 5070 Mal
Danksagung erhalten: 2178 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Chippi » Mo 07.03.11 22:33

Nein, die 2 wurde damals so geschrieben - also völlig üblich.

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

Benutzeravatar
Schwarzschaf
Beiträge: 1233
Registriert: So 26.02.06 19:50
Wohnort: Wien
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 4 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Schwarzschaf » Di 08.03.11 08:59

Ich hab da in meiner Sammlung einen interessanten Taler Wladislaw IV, der eine hübsche Fehlleistung des Stempelschneiders darstellt.
Dateianhänge
Wladi IV.jpg
Weil ich nicht alles weiß, bin ich neugierig

Benutzeravatar
Afrasi
Beiträge: 2052
Registriert: Fr 11.03.05 19:12
Wohnort: 27259 Varrel
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 14 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Afrasi » Di 08.03.11 11:33

Immerhin konnte der Stempelschneider bis 3 zählen ...
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

antikpeter
Beiträge: 862
Registriert: Fr 20.01.12 15:41
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von antikpeter » Mi 07.11.12 12:36

nicht alle heute uns als falsch erscheinende Schreibweisen sind falsch. Es wurde manches früher nur anders geschrieben. Die Stempelschneider waren nicht so hilfslos , wie mancher es meint. Sie hatten Vorlagen und Meister , die wirklich etwas konnten. Sicherlich geschah mancher Fehler durch Unachtsamkeit - aber eventuell wollte mancher Stempelschneider sich auch verewigen ? Auffallend sind die vielen N auf Mittelaltermünzen , die spiegelverkehrt sind. Es gibt Münzen mit richtigen und und spiegelverkehrten N in einem Schriftzug !

Benutzeravatar
Afrasi
Beiträge: 2052
Registriert: Fr 11.03.05 19:12
Wohnort: 27259 Varrel
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 14 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Afrasi » Mi 07.11.12 17:18

Dann wurde die "IIII" früher also als "III" geschrieben? 8O
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

Benutzeravatar
Numis-Student
Moderator
Beiträge: 20585
Registriert: Mi 20.02.08 22:12
Wohnort: Wien
Hat sich bedankt: 9122 Mal
Danksagung erhalten: 3672 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Numis-Student » Do 08.11.12 13:01

antikpeter hat geschrieben:nicht alle heute uns als falsch erscheinende Schreibweisen sind falsch. Es wurde manches früher nur anders geschrieben. Die Stempelschneider waren nicht so hilfslos , wie mancher es meint. Sie hatten Vorlagen und Meister , die wirklich etwas konnten. Sicherlich geschah mancher Fehler durch Unachtsamkeit - aber eventuell wollte mancher Stempelschneider sich auch verewigen ? Auffallend sind die vielen N auf Mittelaltermünzen , die spiegelverkehrt sind. Es gibt Münzen mit richtigen und und spiegelverkehrten N in einem Schriftzug !
Gerade der spiegelverkehrte Buchstabe N ist aber bestes Beispiel dafür, dass der Stempelschneider nicht ganz bei der Sache war:

Für ein korrektes N muss im Stempel ein gespiegeltes N geschnitten werden... Wer da nicht daran denkt (und auf Vorlagen ist gerade das N leicht mit einem spiegelschriftlichen N leicht zu verwechseln), produziert automatisch Münzen mit "falschem" N.


Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

antikpeter
Beiträge: 862
Registriert: Fr 20.01.12 15:41
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von antikpeter » Do 08.11.12 16:59

Falsche N : anfäglich hatte ich ja auch geglaubt , dass die spiegelverkehrten N ein Versehen sind. Nachdem ich aber Mittelaltermünzen mit einem ordentlichen N und einem spiegelverkehrten N in einem Schriftzug gefunden hatte, stellte ich mir die Frage ,ob das nicht so gewollt war. Ich habe die Münze nicht mehr da, da das nicht mein Sammelgebiet ist . Wer hat ein Beispiel dazu ?
Man müsste Münzen finden bei denen einmal das erste N und einmal das folgende N spiegelverkehrt bzw. umgekehrt ordentlich.
Münzen aus einer Prägeserie müssten das sein. mb-Sammlergruss p

Benutzeravatar
Marc
Beiträge: 1212
Registriert: Mi 07.09.05 15:37
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Marc » Do 13.12.12 06:32

Das N wurde häufig auch bewusst verdreht, als Beizeichen. Gutes Beispiel sind die Hessischen Groschen von Ludwig I. & II. oder die Meissner Groschen der gleichen Zeit. Sie zeigen N H II n oder das Spiegelverkehrte N in einer Umschrift, nicht selten im selben Wort. Das ist keine Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit sondern Absicht. So wurden die Stempel geziehlt gekennzeichnet. Gleiches gilt auch für andere Buchstaben wie z. B. das A.

schaut aufs N bei MISNENSIS:
http://www.mcsearch.info/ext_image.html?id=359141

oder aufs A bei LANTGRAVI:
http://www.mcsearch.info/ext_image.html?id=4046

Das sind keine Schreibfehler, sondern das ist so gewollt, so wurden Emissionen gekennzeichnet.

Benutzeravatar
Gerhard Schön
Beiträge: 1662
Registriert: Mi 16.02.05 23:09
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 37 Mal
Kontaktdaten:

Re: Fehler in Wort und Schrift bei Münzen. Warum?

Beitrag von Gerhard Schön » Fr 14.12.12 23:23

Marc hat geschrieben:Das N wurde häufig auch bewusst verdreht.
Solche Verschreibungen können insbesondere in der Kipperzeit einen Hinweis auf die Münzstätte liefern.
Retrograde N in den Umschriften kennzeichnen beispielsweise die Gepräge von Neustadt am Kulm 1622.
Gruß,
gs
Deutscher Münzkatalog, Euro Münzkatalog, Weltmünzkatalog.

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
  • Alte Schrift: Kann jemand diese Schrift lesen? Bitte um Hilfe.
    von Lackland » » in Off-Topic
    8 Antworten
    636 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Lackland
  • 2 unbekannte Münzen + Zettel in alter Schrift
    von Homer » » in Asien / Ozeanien
    4 Antworten
    645 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Homer
  • Silber, gotische Schrift
    von OckhamsR » » in Mittelalter
    3 Antworten
    377 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Chippi
  • Fragment, Silber, gotische Schrift
    von OckhamsR » » in Mittelalter
    3 Antworten
    443 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Comthur
  • Wertvolle Münzen?
    von korn » » in Gästeforum
    5 Antworten
    1692 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Altamura2

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste