Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Asiaten und was sonst noch der Antike zuzuordnen ist

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Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Numis-Student » So 01.07.12 15:31

Ich überlege, ob ein solcher vielleicht sinnvoll wäre, denn hin und wieder hat man doch mal Stücke, die man nicht "dikutieren" will, die man aber doch mal präsentieren möchte, wie z.B. dieser heute erworbene Orodes II aus der Elymais.
Dateianhänge
elymais1.jpg
elymais2.jpg
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Antonian
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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Antonian » So 08.07.12 21:46

So ein Schaukasten wäre nicht schlecht.
Gratulation zu Deinem schönen Orodes II. Ist wohl diese hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=40224
Es gibt so viel Interessantes auch außerhalb der römischen, griechisch und keltischen Welt.
Gruß
Antonian
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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Chandragupta » Mo 05.11.12 19:13

Da will ich auch mal eine meiner Neuerwerbungen vorstellen:
Vasishka_(Chhu)_GK565_Av.jpg
Vasishka_(Chhu)_GK565_Rv.jpg
Kushanreich.

Avers: opfernder König; rechts Monogramm (s.u.).
Revers: frontal thronende Ardoxso (persisch-altindische Glücksgöttin - vgl. auch hier http://de.wikipedia.org/wiki/Hariti ).

Nach Göbl König Vasishka (um 350 bis 360 u.Z.), ephemere Kriegsprägung bzw. von einem Usurpator (Katalognr. Göbl: Münzprägung des Kusanreiches Serie 565) - allgemein als "Chhu" bezeichnet, wobei diese Auflösung/Interpretation des einem griechischen "Phi/Rho" ähnlichen Monogramms auf dem Avers rechts im Feld nicht 100%ig sicher ist.

Material: Gold (lt. XRF-Analyse: 93,8% Feingehalt), Rauhgewicht 7,89 g, Stempelstellung 12 h.

Interessant an dieser Münze:

a) Recht seltene Variante. :)

b) Avers top erhalten - eines der besten bekannten Exemplare dieses Typs, wobei besonders das hier relevante "Chhu"-Monogramm ausgesprochen sauber erkennbar ist.

c) Revers ebenfalls aus einem ganz frischen Stempel geprägt, jedoch zwei seltsame "Schürfspuren" (einmal auf ihrem rechten - vom Betrachter aus linken - Bein beginnend nach unten; und dann nochmal rechts im Feld). Da diese (wie man erkennen kann, wenn man sich das Bild in voller Auflösung anguckt) von Goldpatina überwuchert sind, sind sie antik. Ich vermute hier eine bewußte Manipulation - nämlich eine offizielle Justierung des Feingewichtes. Hätte man sie am Rand gemacht, hätte man ggf. mehr Verdacht auf "privates Befeilen" der Münze erregt. Solche "Materialabnahmen" nach erfolgter Prägung sind nämlich auch in der modernen Numismatik durchaus bekannt: häufigstes Beispiel sind französiche 100-Francs-Stücke des 19. Jh., wo auch oft im Feld recht grobe "Abmeißelungen" von Gold erfolgt sind, wobei diese Münzen dann immer noch ABSOLUT VOLLGEWICHTIG (bis ganz leicht übergewichtig) sind - die Schrötlinge zuvor also entsprechend noch übergewichtiger gewesen sein müssen.

Auch diese Kushanmünze ist trotzdem eher noch etwas zu schwer, obwohl unten schon ein ganzes Stückchen Material fehlt. Der Rand ist wie gesagt unberührt.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Antonian » Mo 05.11.12 20:46

Eine super Münze die uns uns da zeigst Chandra, auch die Sache mit der Feinjustierung finde ich sehr interessant.
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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Chandragupta » Di 06.11.12 08:41

Na, da zeige ich doch gleich noch den Nachfolger der o.g. Münze:
Vasudeva_III_GK569_Av.jpg
Vasudeva_III_GK569_Rv.jpg
Kushanreich, Vasudeva III, 360-365 u.Z. (Datierung wie immer bei Kushana problematisch - aber die Größenordnung dürfte so etwa stimmen.)

Dinar, Gold (7,95 g, lt. XRF-Analyse: 93,1% fein); Stempelstellung: 12h.

Katalogangabe: Göbl Münzprägung des Kusanreiches, Serie 569, Aversstempel 1, Reversstempel 64 (erste Prägung für Vasudeva III, noch mit besonders gutem Stil - die Reversstempel der vorherigen Serien wurden weitergenutzt und von Göbl dementsprechend durchnumeriert)

Gleicher (Grund-)Typ wie oben. Ausgezeichnete Erhaltung: praktisch prägefrisch; insbesondere ist die Averslegende komplett lesbar (dies ist üblicherweise wegen der gerade ab dieser Zeit zunehmend knapper und "knubbeliger" werdenden Schrötlinge nicht der Fall).

Interessant auch hier: Die Stempel wurden damals immer und immer wieder überarbeitet, deshalb sieht das Feld im Revers auch so "grisselig" rauh aus. Der Aversstempel ist jedoch noch "unverbastelt": zwar schon ganz leicht flau, aber dafür hat der Avers noch ein "babypopoglattes" ;) Feld.

PS: Mit meinem Link gestern auf die Wiki-Seite zu Ardoxso/Hariti wollte ich vor allem auf dieses Bild hier verweisen: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... Hariti.JPG Dieses wirklich wunderschöne graecobuddhistische Meisterwerk ist m.E. die schönste rundplastische Darstellung des Prototyps für die o.g. Ardoxso auf dem Revers. Denkt Euch ihren Begleiter Panchala/Pharro - dem sie so zärtlich die Hand auf den Oberschenkel legt (sie will wohl wieder ein Kind von ihm... ;) ) - einfach weg. Obwohl der Stilverfall zwischen dieser aus der Kushan-Frühzeit stammenden Skulptur und den o.g. Münzen (die bereits am Beginn der Verfallszeit des Kushanreiches stehen) schon recht deutlich ist: mich faszinieren diese Prägungen eben... 8)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Chandragupta » Mi 07.11.12 09:17

Und gleich noch was; jetzt "richtig" antik indisch (und wie zu sehen: auch mein Avatarbild ;) ):
Chandragupta_II_Rider.jpg
Reich der Guptas: Chandragupta II (ca. 380-414 u.Z.), Dinar, Gold, 7,81g (Feingehalt lt. XRF: 78,6% Gold, 16,8% Silber und 4,1% Kupfer - die Farbe ist deshalb auch im direkten Vergleich deutlich hellgelbgoldener als bei den obigen Kushana-Münzen aus recht reinem Feingold sowie vor allem fast nur mit Kupfer als weiterem Legierungsbestandteil, was dann eine eher satt rötlichgoldene Farbe ergibt)

Av.: König reitet nach links
Rv.: Göttin Lakshmi(?) auf einem Flechtwerkstuhl sitzend, hält Blume und und Diademband

Zwei Vergleichsstücke hier (schlechter erhalten, aber dafür sehr viel professioneller fotografiert als mein primitiver Scan... :roll: ):
http://www.acsearch.info/record.html?id=79184
http://www.acsearch.info/record.html?id=516372
(Die Variante mit dem Reiter nach links ist deutlich seltener als nach rechts.)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Chandragupta » Di 13.11.12 09:01

Und noch was Goldenes vom Namensgeber für mein Handle hier im Forum.... 8)
Chandragupta_II_Chhatra.jpg
Chandragupta II (ca. 380-414 u.Z.), Dinar, Gold, 7,94g (hierfür habe ich leider noch keine Feingehaltsanalyse; lt. Tauchwägung ca. 80% Au), Stempelstellung 12 h, Sonnenschirm(=chattra)-Typ:
Av.: Chandragupta II stehend li., Hand an einem Schwert, opfert Weihrauch über Altar links. Hinter ihm steht ein kleiner Helfer (immer als "Zwerg" bezeichnet), der ihm einen Sonnenschirm schräg über den Kopf hält.
Rv.: Legende "Vikramahdityah". Göttin Lakshmi li. schreitend, hält langstielige Blume und Diademband.
Scharfe Prägung auf relativ großem Schrötling; leichter Doppelschlag im Avers.

Ein (schlechter erhaltenes) Vergleichsstück hier:
http://www.acsearch.info/record.html?id=408782
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Kushana-Golddinare Vasudeva I und II

Beitrag von Chandragupta » Di 05.02.13 17:07

Hallo liebe Zielgruppe,

bin ich der Einzige, der hier schöne und/oder interessante Münzen der nicht-gräcoromanischen Welt der Antike zeigt?!? Ja, wirklich?! Schade eigentlich... :roll:

Also okay, dann muß ich wohl noch mal... ;)

Hier zwei Goldstatere der Kushana - nämlich von Vasudeva I sowie seinem Sohn/Thronfolger Vasudeva II:
Vasudeva_I+II_Av.jpg
Vasudeva_I+II_Rv.jpg

Ich habe sie extra mal direkt zusammen gescannt, damit neben den stilistischen Unterschieden (zunehmende - wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch nur relativ leichte - "Barbarisierung" des gleichen Grundtyps), vor allem auch die auffällige Größendifferenz bei nahezu gleichem Rauhgewicht sichtbar wird.

Zu den "technischen Daten":

Münze 1 (links):

Vasudeva I (ca. 292-312 u.Z.), AV-Stater, Münzstätte (mutmaßlich) Peshawar; 7,96 g, Durchmesser: 21 mm; Stempelstellung: 12 h. Eine präzise XRF-Feingehaltsanalyse liegt mir leider noch nicht vor; lt. Tauchwägung aber ca. 95%iges Gold.
Av.: König steht l. mit Dreizack vor Altar, hinter diesem ein weiterer Dreizack
Rv.: Oesho (=Shiva) steht v.v. mit Dreizack und Kranz vor Buckelstier Nandi nach links; im Feld links oben Tamgha. Göbl MK 509 (Stempel O8/R8)

Das Exemplar ist beidseitig aus ganz frischen Stempeln geprägt und hat eine unglaublich schöne, unverletzte und gleichmäßig tief bräunliche Goldpatina.
Leider ist es ebenso wie der weiter oben von mir präsentierte Vasishka (das ist dann der Nachfolger von Vasudeva II) auf dem Revers durch eine "Schürfspur" beschädigt worden: extrem tiefer Kratzer links im Feld und Abrieb des Gesichtes von Shiva/Oesho sowie zwei starke Randfehler bei 1 und 5 Uhr. Diese Beschädigungen sind zweifelsfrei antik, da sie oberflächlich komplett mit Goldpatina belegt sind (in dem Kratzer im Feld bei ca. 10 Uhr sowie der "Druckstelle" am Rand bei 5 Uhr ist diese sogar ausgesprochen dick). Wie diese "Macken" seinerzeit entstanden sind, darauf kann ich mir derzeit noch keinen rechten Reim machen - irgendwie habe ich verdammt den Eindruck, als ob das ein gezielter Fassungs- oder sonstiger Bearbeitungsversuch war....?! Wer hat dazu eine andere plausible Idee? :?: (Ohne diese Beschädigung wäre dieses ansonsten stilistisch und von der Prägequalität her prachtvolle Exemplar für einen "Normalsterblichen" wohl auch kaum erschwinglich...)

Ein passendes Vergleichsstück zur vorgestellten Münze hier: http://www.acsearch.info/record.html?id=604395


Münze 2 (rechts):

Vasudeva II (ca. 312-350 u.Z.), AV-Stater, Münzstätte (mutmaßlich) Kabul; 7,92 g, ovaler Schrötling - Durchmesser: 23...26 mm; Stempelstellung: 12 h.
Eine präzise XRF-Feingehaltsanalyse liegt mir leider noch nicht vor; lt. Tauchwägung aber ca. 80...85%iges Gold. (Da der Legierungszusatz offenbar mehr Silber als Kupfer ist, ist die Farbe insgesamt merklich heller als die der Münze links daneben - das sieht man sogar auf diesem nicht farbkorrigierten Scan noch recht gut.)
Av.: König steht l. mit Dreizack vor Altar, hinter diesem ein weiterer Dreizack; zwischen den Beinen des Königs linkshakiges Swastika, rechts im Feld das buddhistische Triratna-Zeichen ("Die Drei Juwelen") sowie Prüf-/Offizinszeichen: ein Punkt.
Rv.: Oesho (=Shiva) mit Nimbus steht v.v. mit Dreizack und Kranz vor Buckelstier Nandi nach links; im Feld links oben Tamgha, links unten Beizeichen: drei Punkte. Göbl MK 680 (Aversstempel O57; Reversstempel bei dieser Serie von Göbl nicht durchnumeriert: stempelgleich mit abgebildeter Münze 1 der Serie 680)

Interessant an dieser Serie ist übrigens, daß das die letzten Exemplare sind, wo der Schrötling zwar schon immer größer (und damit dünner) wird, jedoch insgesamt noch nahezu plan ist - spätere Serien werden dann zunehmend skyphat, was dazu führt, daß dann der auf der Innenseite der "Schüssel" liegende Shiva durch Doppel-/Mehrfachschläge immer weniger erkennbar und die am Rand der Außenseite liegende Averslegende im Gegensatz zur hier gezeigten Münze kaum noch voll ausgeprägt und dadurch mehr und mehr unlesbar wird. (Ein besonders extremes Beispiel dafür sind die späteren Kushano-Sassanidischen Goldskyphati, siehe exemplarisch hier: http://www.acsearch.info/record.html?id=4644 ... leider ist der Effekt auf einem naturgemäß nur zweidimensionalen Foto kaum ausreichend erkennbar; sowas muß man in der Hand haben; diese Stücke sind dann 30 mm und mehr im Durchmesser sowie tlw. über 1 cm hoch...)

Ein passendes Vergleichsstück zur vorgestellten Münze hier: http://www.acsearch.info/record.html?id=41337

PS: Ich hoffe, daß ich auf den in der BRD wegen der geltenden "Rechtslage" manchmal (gerade auch im numismatischen Kontext) angebrachten Disclaimer bzgl. ausschließlich rein künstlerischen bzw. wissenschaftlich-historischen Hintergrundes des "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" (oder diesen "ähnlich" sehender Darstellungen) i.S. § 86a Abs. 3 StGB der BRD im vorliegenden Fall verzichten kann. Immerhin ist das dargestellte Objekt ca. 1600 Jahre vor Anno 1933 entstanden...
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Kushana-Golddinare Vasudeva I und II

Beitrag von Erdnussbier » Di 05.02.13 17:12

Chandragupta hat geschrieben:...bin ich der Einzige, der hier schöne und/oder interessante Münzen der nicht-gräcoromanischen Welt der Antike zeigt?!? Ja, wirklich?! Schade eigentlich... :roll: ...
Zuerst ich muss sagen schöne Münzen, könnte mir auch gefallen.

Aber ich denke ich besitz´ nunmal nichts aus jener Zeit. Aber mach dir nichts drauß, ich schau mir die Münzen zumindest sehr gerne an ;) (Vielleicht geht es ein paar anderen Leuten auch so)

Beste Grüße Erdnussbier
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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von ischbierra » Di 05.02.13 17:55

Hallo Chandra,
nicht der einzige, aber der einzige mit so schönen Münzen
Gruß ischbierra

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unpublizierter(?) hybrider 1/4-Dinar Huvishka & Kanishka I

Beitrag von Chandragupta » Sa 14.12.13 22:06

Jaja, ich bin offenbar wirklich der einzige, der diesen Thread am Leben erhält.... :mrgreen:

Aber ich will Euch hier mal wieder was nettes vorstellen. Nämlich einen m.W. noch unpublizierten 1/4 Golddinar der Kushana:
Huvishka&Kanishka_I_Av.jpg
Huvishka&Kanishka_I_Rv.jpg
Technische Daten:
Durchmesser 13 mm
Gewicht: 2,17g Gold (gemäß XRF-Analyse: 94,8% Feingehalt)
Stempelstellung 2h (zur Zuordnung Avers und Revers gleich)

Diese Münze ist eine hybride Kombination aus zwei Aversen der Kushana, nämlich von Kanishka I (ca. 232 - 260 u.Z.) - stehend am Altar opfernd - und seinem Nachfolger Huvishka (ca. 260 - 290 u.Z.) - hier mit dem typischen linksgewendeten, behelmtem Hüftbild mit Keule auf stilisiertem Bergpanorama.

Meines Kenntnisstandes nach ist diese Münze noch nicht publiziert. Bitte korrigert mich, falls sowas doch schon bekannt sein sollte. Man könnte(!) jetzt gewagte Theorien aufstellen a la "Hochinteressante dynastische Prägung - gab es vielleicht eine Periode gemeinsamer Herrschaft von Kanishka I mit Huvishka?" ... dann wäre(!) die Seite mit dem linksgewendeten Hüftbild des Huvishka die Rückseite, und der stehend am Altar opfernde Kanishka I die Vorderseite (da dieser der Souverän und Huvishka "nur" sein Mitherrscher wäre).

Gegen diese Sichtweise spricht aber der numismatische Befund. Denn zunächst einmal sind beide Stempel durchaus bekannt und publiziert:
- Kanishka I: Aversstempel 20 - vgl. Typ 50 und 51 gemäß Göbl, Münzprägung des Kushanreiches
- Huvishka: Aversstempel 40 - vgl. Typ 311 im selben Korpuswerk.
Allerdings fällt auf, daß der Stempel des Kanishka I, so wie er für die Prägung dieser Münze verwendet wurde, bereits sehr abgenutzt und insbesondere gebrochen war - siehe den über die ganze Münze gehenden "Kratzer", der in Wirklichkeit eher eine "Stufe" ist (mittlerweile mit dicker Goldpatina überwuchert). Außerdem sind diverse Details, die auf frühen mit diesem Aversstempel des Kanishka I geprägten Münzen (jeweils mit regulären Reversen "stehender Sonnengott Mithras" bzw. "stehender Mondgott Mao") noch sauber ausgeprägt sind, hier schon nicht mehr erkennbar (z.B. der hintere Gewandsaum des stehenden Königs). Auch der Aversstempel des Huvishka ist schon ziemlich abgenutzt, wenn auch nicht so weitgehend wie der des Kanishka I.

Dies bedeutet somit, daß die Prägung keinesfalls ganz am Anfang der Regierungszeit des Huvishka erfolgt sein kann. Ich vermute hier, daß diese Münze als "Standardprägung des Huvishka" konzipiert war:
Avers: Huvishkabüste li. (=normaler Stempel der aktuellen Vierteldinare);
Revers: Standardtyp "stehende Gottheit" ... und hier hat die Münzstätte wohl einfach auf einen dort noch "herumliegenden", alten, stark abgenutzten, sogar schon gebrochenen Aversstempel mit einer "stehenden Figur" zurückgegriffen: eben den Standard-Averstyp des am Altar opfernden Kanishka I, der hier allerdings als grundtypologischer Revers diente. Aus diesem Grunde habe ich bei diesem Hybrid auch Avers und Revers so wie oben bei den Bildern zugeordnet.

Kommentare hierzu gern im Forum.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Stater » Mo 16.12.13 07:54

@Chandra "Kommentare hierzu gern im Forum."

Hallo Chandra,

vielen Dank fürs Zeigen. Interessant finde ich diese Goldstücke auch, wenn ich keine davon Besitze. Die Teilstücke scheinen nicht häufig zu sein.

Der Stempelbruch im Revers, könnte es vielleicht sei, dass es keiner ist sondern ein Rohling, der schlampig präpariert wurde? Dass der Riss nicht im Stempel sondern im Gold in Form von z. B. einer Falz, einer Knickkante vor dem Prägen schon da war? Wenn das Foto nicht Täuscht sehe ich in der Münze einen Riss (eine Vertiefung) und nicht wie im Falle eines Stempelbruchs eine Erhebung. Auch das Gewicht liegt etwas mit 2,17 g zu hoch für ein ¼ Stater (würde bedeuten 8,86 g bei 1/1 Stater). Vielleicht ein „zusammengekehrtes“ letztes Stück einer Serie? Viele Fragen und keine Antworten. :wink:


Gruß

Stater

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Chandragupta » Mi 18.12.13 21:57

Hallo Stater,

dank Dir für Deine Rückmeldung. Sie hat mich dazu veranlaßt, meine Sichtweise noch mal kritisch zu hinterfragen. Stimmt, ich hatte zunächst(!) so ähnlich wie Du an einen Schrötlingsfehler gedacht, mich dann aber irgendwie in der Idee bzgl. Stempelbruch "verrannt". Und zwar weil ein durchgehender(!) Stempelsprung auch zu einem "Auseinanderklaffen" der beiden Hälften und anschließend einen gewissen Höhenversatz führt. Der jetzt "nordwestliche" Teil des hier relevanten "Reverses" meines Hybrids wäre demnach der im Stempel höhere Teil, der dadurch stärker ausgeprägt sein müßte, als der im Stempel etwas niedrigere, jetzt "südöstliche" (größere) Teil der Münze. Das könnte die sehr flaue Ausprägung des stehenden Königs erklären.

Aber jetzt wo ich mir die Münze im Original näher angucke, stelle ich fest, daß die Prägequalität der beiden Teile des Reverses doch insgesamt recht gleichmäßig ist - ja, bei ca. 6...7 Uhr (also auf dem "südöstlichen" Teil) ist "in der Hand" sogar noch ein Rest Original-Stempelglanz erkennbar. Der GANZE Stempel war zwar insgesamt offensichtlich schon verdammt abgenutzt, wurde aber vor der Prägung dieser Münze wohl noch mal etwas überpoliert, wodurch feinere Hintergrund-Details verschwanden.

Ich bringe hier mal eine Kopie aus dem Göbl (ich hoffe, daß dadurch kein Copyright-Problem entsteht ... ansonsten @Mods: bitte die Bilder löschen, da ich DARAN wohl kein direktes "Copyright" habe ... allerdings sind's ja nur zweidimensionale 1:1-Reproduktionen antiker Objekte zu wissenschaftlichen Dokumentationszwecken...):
Göbl_K51_Kanishka_I_AvSt20.jpg
Hier war der Kanishka-Stempel noch ganz frisch ... man sieht also noch den hinteren Gewandsaum, dessen Fehlen auf meinem Abschlag ich auch oben schon erwähnte.

Und hier gleich mal noch der Huvishka-Aversstempel im Kontext einer völlig regulären Prägung eines 1/4-Dinars:
Göbl_K311_Huvishka_AvSt40.jpg
Der hatte hier schon ziemlich denselben, bereits recht abgenutzten Zustand wie auch bei meiner Münze oben (siehe z.B. den Fehler/Stempelausbruch bei ca. 2 Uhr von der Diademschleife nach dem Rand hin), weshalb ich mein Stück auch als irregulären Hybriden zu Göbl 311 betrachtet und ergo Huvishka als Avers gesehen habe.

Noch mal zu Deiner Anmerkung bzgl. des Gewichtes:

BINGO! :idea: Das deutliche Übergewicht hatte hatte ich zwar auch schon bemerkt, aber bisher dadurch verdrängt, indem ich davon ausgegangen war, daß erstens die antike Feinwägetechnik im 3. Jh. allenfalls ca. 1 granum Auflösung/Genauigkeit gewährleisten konnte, also größenordnungsmäßig ca. 50 mg; und zweitens die Viertel-Dinare ggf. "al marco" justiert wurden (d.h. das Summengewicht mehrerer Stücke mußte zwar stimmen, die einzelnen Exemplare konnten aber eine gewisse Schwankungsbreite haben), wo dann durchaus auch mal 0,2 g mehr oder weniger je Münze vorkommen konnten.

Ich habe jetzt aber noch mal im Göbl und in ACSearch sowie bei CNG-Search nachgeguckt: Vierteldinare sind i.d.R. auch sehr präzise justiert: Stücke über 2,05 g gibt's nicht wirklich; der Peak der Gauss-Kurve liegt hier bei 1,95...2,00 g (lediglich ausgemacht untergewichtige Exemplare haben auch mal nur 1,75 g; die sind aber die absolute Ausnahme ...), was sehr gut zu den 7,8 ... 8,0 g für den "typischen" Kushana-Dinar paßt.

Hmmmm, mein Stück könnte demnach durchaus subaerat sein, denn das würde die "Struktur" im Avers (also bei der Huvishka-Büste) bei ca. 1...2 Uhr direkt am Rand erklären: Reste des Bördel-Falzes der "Einwicklung" des Kerns in Goldfolie!?! Und dann wäre der "Kratzer" auf dem "Revers" mit dem stehenden Kanishka I einfach auch nur die Überlappung der "Einwickel"-Folie, und die "Struktur" am "N" bei ca. 8 Uhr als Verlängerung der "Stufe" zum Rand hin wäre lediglich "zusammengedrückte" Goldfolie und kein zusätzlicher Ausbruch am Stempelsprung, wie ich zunächst mal vermutete. Das Ergebnis der XRF-Analyse würde dem keinesfalls widersprechen, denn damit mißt man ja nur den Feingehalt an der Oberfläche, nicht aber in der Tiefe. Dummerweise ist die Münze viel zu klein für eine sinnvolle Tauchwägung mit "Hausmitteln". Ein Vergleich mit einer ähnlich kleinen modernen Goldmünze (2,5 Pesos Mexiko: 1,875 g Feingold bei 2,08 g Rauhgewicht) zeigte aber ein recht ähnliches "gefühltes" (also mit Augenmaß geschätztes ;) ) Volumen. Ich gehe also weiterhin von Vollgold aus ... aber eben eindeutig eine verdammt irreguläre Prägung. Soweit ist alles klar! :angel:
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von ischbierra » Mi 18.12.13 23:43

Nach all dem schönen Gold von Chandra zur Abwechslung mal eine Bronze von Vima Kadphises (105-130), AE-"Tetradrachme" aus Taxila, 17,17 gr., MAC 3040f
AV: König steht li.,Altar und Dreizack li.; Keule und Tamgha re., griechische Legende
RV: Shiva steht v.v. vor Bulle, mit Dreizack, Karoshti Legende
Gruß ischbierra
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105-130 Wima Kadphises, AE Tetradrachme, Taxila, MAC 3040f (1).JPG
105-130 Wima Kadphises, AE Tetradrachme, Taxila, MAC 3040f (2).JPG

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Re: Die "sonstigen Antiken" haben keinen Schaukasten

Beitrag von Stater » Do 19.12.13 08:26

Hallo Chandra,

ich glaube auch nicht an Fütterung. Mit Deiner Erfahrung und direkt in der Hand hast Du es schon richtig beurteilt und so etwas kurioses ist doch auch was Feines.

@Ischbierra

Eine schöne Münze zeigst Du uns da. Glückwunsch.

Gruß

Stater

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