Bestimmungshilfe: Tessara

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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justus
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Bestimmungshilfe: Tessara

Beitrag von justus » Sa 26.01.08 21:12

Liebe Numusmatikfreunde!

Zunächst einmal ein herzliches Grüß Gott! Als „Neuling“ im Numismatikforum verfolge ich interessiert eure Diskussionen über römische Münzen und mische mich auch schon mal ein.

Was mein Hobby anbetrifft, so sammle ich eigentlich antike Scherben etc. (Römer, Kelten, Griechen, Etrusker, Germanen etc.). In Beziehung auf das Sammeln von römischen Münzen bin ich zwar kein „newbíe“, aber bei der Bestimmung von Münzen etc. manchmal eben doch.

Meine Frage betrifft eine römische „Tessara“, die ich vor einigen Jahren als unscheinbare Bleimarke erstanden habe.

Farbe: ocker – hellbraun. Größe: 29 mm. Gewicht: 6,48 g.
Material: Blei. Patina: „Klassische“ helle, ockerfarbene Bleipatina.
Av. Drapierte Göttin (?) im Radkranz n. l. gewendet, hält in der l. Hand Blume oder Adler auf Globus, in der r. Hand Lanze oder Feldzeichen.
Rv. 12-speichiges Rad im Doppelkreis.
Erhaltungsgrad: Soweit man es unter der Patina erkennen kann ist sie vorzüglich – prägefrisch.

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1.	Frage: Kann mir jemand sagen, um was für eine Göttin es sich handelt. Imperium und Feldzeichen?
2.	Frage: Wo finde ich Literatur zu römischen tessarae?
3.	Frage: Welchen Wert besitzt die Münze oder wo kann ich ihn bestimmen lassen?
Für eure geschätzte Hilfe wäre ich sehr dankbar?

Euer Justusmagnus

Si tacuisses, philosophus mansisses!

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Mo 28.01.08 11:15

Da noch keiner was dazu gesagt hat:

Ich habe zwar schon genügend Tesserae gesehen - sowas ähnliches jedoch noch nicht.

Denkbar wäre aber durchaus, daß es sowas gibt.

Ich halte das Objekt zwar möglicherweise für antik (man kann aber auch Bleipatinas gut fälschen!), jedoch kaum für römisch i.e.S., sondern wenn schon, dann eher provinziell und auch nicht aus der "Hoch-Zeit" der Tesserae (1./2. Jh.) sondern später (3./4. Jh. oder gar frühbyzantinisch).

Der Wert von sowas ist "Geschmackssache". Dafür gibt's keinen "echten" Markt wie bei den Münzen.

Hilft Dir das schon mal weiter?
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 28.01.08 11:19

Die Figur hebt zwar nicht den Rock, aber ich kenne nur eine Personifikation welche eine Blume in der rechten Hand hält, und das ist Spes.

Pscipio
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klaupo
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Beitrag von klaupo » Mo 28.01.08 12:08

Zum Thema "Römische Messingtesserae mit Zahlenzeichen" gab es einen zweiteiligen Bericht in Money Trend 5/98 und 6/98.

Gruß klaupo

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tilos
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Beitrag von tilos » Mo 28.01.08 14:50

Für mich sieht das eher aus wie ein Siegel, eine Plombe oder ein Anhänger, aber nicht wie eine Tessera. Schau mal mit der Lupe am Rand nach, ob Du zwei gegenüberliegende Löcher bzw. einen feinen Kanal entdeckst. Anhand der Fotos lässt sich das nicht zweifelsfrei abklären.

Gruß
Tilos

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Mo 28.01.08 15:28

Jetzt wo Du's sagst...

Man sieht's doch sogar auf dem Foto: Jeweils fast genau an der 12- und 6-Uhr-Position; und der "Kanal" geht direkt hinter der Figur hindurch ... Ein Siegel! BINGO! :)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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justus
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Unbekannter Tessara - Meinung der Sachverständigen

Beitrag von justus » Di 12.02.08 12:04

Liebe Numismatikfreunde,

zunächst einmal vielen dank für Eure Deutungsversuche. Ich bin allerdings immer noch nicht viel weiter gekommen. Votivspiegel als Deutung scheidet aus, da beide Seiten Darstellungen aufweisen. Außerdem handelt es sich ganz offensichtlich um eine barbarisierte Darstellung einer römischen (weiblichen) Gottheit. Der Ausbruch oben weist keinerlei Verdickung auf. Der Ausbruch unten ist keiner. Der Rand ist vollständig erhalten, allerdings ist die Patina abgeplatzt.

Meine Vermutung: Es ist eine Tessara, allerdings in einer "Barbarisierten Form, also 3./4. Jahrhundert n. Chr. (Gallisches Sonderreich?).

--------------------

Im folgenden Antworten, die ich von Sachverständigen auf meine Anfrage bekommen habe:

Karl-Ludwig Elvers (Ruhr-Universität-Bochum/Numismatik)

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Vielen Dank für Ihr Mail mit den Bildern. Im Augenblick bin ich auch etwas ratlos; in den einschlägigen Katalogen haben wir das Stück noch nicht finden können, aber ich bleibe am Ball.
--------------------

Numismatik Lanz

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Römische sind nicht viel Wert, ausser Sie haben erotische Darstellungen.
--------------------

Muenzen-Sachverstaendiger Arne Kirsch (über Münzen Rudolf Künker)

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Vielen Dank für Ihre Anfrage. Da ich Sachverständiger für Münzen und Medaillen des Mittelalters und der Neuzeit bin, kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen.
--------------------

Münzhandlung Gilles Blancon - i.A. D. Spurgarth

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Vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider können wir nichts näheres zu der Tessera sagen. Das Stück fehlt im Katalog des Kestner Museums,  evtl. kann man da etwas erfahren:  Staatliche Münzsammlung München. Dort soll eine recht große Sammlung vorhanden sein.Siehe auch Literatur: Oberbeck, M.: Römische Bleimarken in der in der Staatlichen Münzsammlung München. Zum Wert: Keine Angabe möglich, es fehlt einfach ein Vergleich. Wir hoffen Ihnen trotzdem etwas weiter geholfen zu haben.
--------------------

Münzen Zlatko Plesa

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Meine Meinung nach handelt es sich bei Ihrem Bleiobjekt um die Rückseite eines römischen Votivspiegels aus Blei. Der geschätzte Wert ist ca. EUR 20,00.
Einige Antworten haben mich doch etwas verwundert, da Sie ziemlich unqualifiziert klingen und ich von diesen Münzhandlungen etwas mehr erwartet hatte. Andere wiederum zeugen davon, dass man sich Mühe gegeben hat.

mit freundlichen Güßen

justusmagnus
mit freundlichem Gruß

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Beitrag von Pscipio » Di 12.02.08 12:50

Eine Verbindung zum Gallischen Sonderreich kann ich allerdings keine erkennen, ich würde schon eher Richtung Osten und Richtung Spätrömisches oder frühbyzantinisches Reich suchen.

Viele Grüsse
Pscipio
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Beitrag von beachcomber » Di 12.02.08 13:12

sind 29 mm für eine tessera nicht ein bisschen gross?
grüsse
frank

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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 12.02.08 13:12

Ob es antik ist? Ähnlich aussehende Bleimarken aus dem 18. Jahrhundert sind bei Mitchiner III, S. 1812 ff. aufgeführt. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Bestimmungshilfe: Tessara

Beitrag von j-u.thormann » Do 14.02.08 19:12

justusmagnus hat geschrieben: 2. Frage: Wo finde ich Literatur zu römischen tessarae?
Hallo Justusmagnus,

schau doch mal in die Werke von Michael Ivanovitch Rostovtzeff.
Unter folgendem Link findest Du eine Bibliographie:
http://www.dictionaryofarthistorians.or ... tzeffm.htm

Gruß,

j-u.thormann

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Re: Unbekannter Tessara - Meinung der Sachverständigen

Beitrag von tilos » Fr 15.02.08 15:35

justusmagnus hat geschrieben:Liebe Numismatikfreunde,

zunächst einmal vielen dank für Eure Deutungsversuche. Ich bin allerdings immer noch nicht viel weiter gekommen. Votivspiegel als Deutung scheidet aus, da beide Seiten Darstellungen aufweisen. Außerdem handelt es sich ganz offensichtlich um eine barbarisierte Darstellung einer römischen (weiblichen) Gottheit. Der Ausbruch oben weist keinerlei Verdickung auf. Der Ausbruch unten ist keiner. Der Rand ist vollständig erhalten, allerdings ist die Patina abgeplatzt.

Meine Vermutung: Es ist eine Tessara, allerdings in einer "Barbarisierten Form, also 3./4. Jahrhundert n. Chr. (Gallisches Sonderreich?).
...

mit freundlichen Güßen

justusmagnus

Hallo justusmagnus,

es spricht aus meiner Sicht nach wie vor kaum etwas für eine Tessera. Ich würde bei meiner Einschätzung bleiben - Siegel, Anhänger...
Schau Dir mal meinen undatierten Bleianhänger an, der ist Deinem Stück doch nicht unähnlich. Vielleich findet sich an Deinem Stück die Bruchstelle des ehemaligen Henkels?

Votivspiegel: Da habe ich schon mehrere mit beidseitiger Verzierung gesehen - die V.S. haben ja keinerlei tatsächliche Spiegelfunktion. Selbst "richtige" Bronzespiegel tragen oft Verzierungen/Darstellungen auf der Spiegelseite, wenn ich mich recht erinnere.

Beste Grüße
Tilos
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Pb Anhänger B.jpg
Pb  Anhänger A.jpg

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Beitrag von justus » Di 01.04.08 08:26

Grüß Gott miteinander,

zunächst einmal möchte ich mich beu Euch allen entschuldigen, dass ich solange nicht auf Eure interessanten und nachdenkenswerten Beiträge zum Thema "Tessara" geantwortet habe! Ich hatte ihn einfach schlichtweg vergessen. Errare humanum est. Bitte verzeiht mit diesen Fehler!

Tilos, du hast übrigens völlig recht. Es handelt sich um einen Votivspiegel in Form eines Bleianhängers. Die Ausbruchstelle für den Anhänger ist deutlich zu sehen. Vielen Dank für Deinen Tipp und auch den anderen, die sich an der Bestimmung beteiligt haben.

mit freundlichen Grüßen

justusmagnus
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Beitrag von tilos » Mi 02.04.08 19:02

justusmagnus hat geschrieben:...
Tilos, du hast übrigens völlig recht. Es handelt sich um einen Votivspiegel in Form eines Bleianhängers. Die Ausbruchstelle für den Anhänger ist deutlich zu sehen. Vielen Dank für Deinen Tipp und auch den anderen, die sich an der Bestimmung beteiligt haben.
mit freundlichen Grüßen
justusmagnus
Das freut uns natürlich, wenn Du mit unseren Überlegungen, Hinweisen und Kommentaren etwas anfangen konntest.
Der Korrektheit halber: Ich hatte mich nur allgemein zum Erscheinungsbild von Votivspiegeln geäußert. Ob das bei Deinem Stück zutreffend ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Am besten also nochmal in diverser Literatur stöbern.

Beste Grüße
Tilos

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