Ein verdächtiger Nerva?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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drakenumi1
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Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von drakenumi1 » So 10.04.11 23:14

Da sachliche, auf Münzen direkt bezogene Themen mit interessantem Hintergrund neuerdings hier im Forum so selten geworden sind, stelle ich mal diesen Nerva-Denar (RIC 16; C. 66) vor. HIntergrund ist die Frage, die ich mir schon einige Male bei ähnlichen Objekten gestellt habe, ob ein gewisses Silberstück, an dem man so gut wie kein typisches Merkmal einer Fütterung erkennen kann, nun tatsächlich "echt", oder wegen eines einzigen kleinen minimal tiefer liegenden Fleckchens doch ein subaerates ist. Wir sprechen hier zwar häufig von solchen Fütterungen, aber die dazu gehörigen Beispiele strotzen dann allerdings auch von prächtigen Einbrüchen in die Tiefe. Bei solchen Stücken kommt wohl kein Zweifel auf. Aber was ist mit solchen, die trotz mittleren Verschleißes an ihrer höchsten Profilstelle des Av. (Lorbeerkranz hier) bis auf ein ganz typisches zylinderförmiges Löchlein mit flachem Grund und geringer Tiefe von ca. 0,1 mm (neben AVG des Rv.)sonst kein weiteres Merkmal einer Fütterung aufweisen?
Obwohl mich das Stück 1998 mal nur 155.- DM gekostet hat, dürfte der Preis für echt heute wesentlich höher liegen, wenn es denn tatsächlich echt wäre. Aber: würde sich (auf welche Art auch immer) erweisen lassen, daß eine Fütterung vorliegt, wie weit würde dann der Preis gegenüber dem echten bei diesem hohen Maß der Unverletztheit abstürzen? Zwischen "echt" und hier natürlich antik "gefüttert" gäbe es doch kaum einen sichtbaren Unterschied?
Revers bitte anklicken!
Ich bin gespannt auf Eure Meinung, diese aber bitte ungeschönt und ehrlich, ich werd sie überwinden können :wink:

Grüße von

drake
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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von Numis-Student » So 10.04.11 23:22

Ich halte dsa Stück für massiv, der Fehler dürfte ein Luftbläschen oder ein Legierungsfehler sein.
Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von beachcomber » Mo 11.04.11 00:08

sehe ich auch so! :)
grüsse
frank

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von justus » Mo 11.04.11 02:11

Dto. mit Sicherheit !
mit freundlichem Gruß

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von justus » Mo 11.04.11 04:51

drakenumi1 hat geschrieben:Obwohl mich das Stück 1998 mal nur 155.- DM gekostet hat, dürfte der Preis für echt heute wesentlich höher liegen, wenn es denn tatsächlich echt wäre. Aber: würde sich (auf welche Art auch immer) erweisen lassen, daß eine Fütterung vorliegt, wie weit würde dann der Preis gegenüber dem echten bei diesem hohen Maß der Unverletztheit abstürzen?
Diesen Abschnitt hatte ich wohl irgendwie überlesen.Was mich daran etwas stört, ist die quasi schon selbstverständliche Annahme, dass antike Fälschungen immer "minderwertiger" (Preis, Sammelwürdigkeit etc.) gegenüber dem sog. Original sein müssen. Ein Nerva-Fouree in dieser Qualität würde auf VCoins oder bei anderen renommierten Auktionshäudern locker zwischen 100,00 - 200,00 EUR erzielen. Wenn jetzt jemand wieder meint dem widersprechen zu müssen, möchte ich Ihn bitten, dies mit entsprechenden Beispielen zu untermauern. Für entsprechende Schnäppchen bin ich nämlich immer sehr dankbar, da sich in meiner Sammlung leider nur ein paar "mickrige" Limesdenare des Nerva befinden ! :lol:
mit freundlichem Gruß

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von areich » Mo 11.04.11 10:02

Nicht weniger sammelwürdig aber weniger Sammler interessieren sich dafür (einige lehnen antike Fälschungen ab als wären es moderne) und ein gefütterter Denar wird immer deutlich weniger bringen als ein vergleichbar schöner 'echter'. Das ist natürlich ärgerlich, wenn man VERkäufer ist, sonst ist es doch eine gute Sache.

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von imperator44 » Mo 11.04.11 23:21

Hallo drakenumi,
auch ich halte das Stück eindeutig für echt, also nicht gefüttert. Die beiden kleinen Abplatzungen auf dem Lorbeerkranz, bzw. beim "AUG" auf dem Revers, stammen mit ziemlicher Sicherheit von Kupferverunreinigungen des Silbers. Diese Kupfererunreinigungen, die auch von anderen Metallen stammen können, oxidieren bei Fundmünzen sehr häufig, wodurch diese Abplatzungen entstehen. Ich kenne diese Schäden leidvoll bei sehr vielen Fundmünzen, wobei die Abplatzungen oft sehr viel größer ausfallen können. So kleine Fehler, wie bei Deinem wunderschönen Stück, würden für mich keine Wertminderung bedeuten. Noch dazu hat der Stempelschneider den Kaiser mit einem sehr jugendlichen Touch versehen, was mir bei Deinem Exemplar besonders gut gefällt.
Ich würde mir also bei Deinem Stück keinen Kopf machen.
Schöne Grüße vom imperator44

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von drakenumi1 » Di 12.04.11 13:00

Hallo, liebe Gemeinde,
und sorry für mein langes Schweigen, mein Internet-Modem bzw. seine im Hintergrund tätigen Betreiber hatten mir wieder einmal eine fast 24-stündige Zwangspause verordnet, was ich allerdings zum Knochen ko.... finde, aber nunmehr für Eure rührende Anteilnahme an der Anamnese meines Nerva meinen herzlichen Dank.
Eure ganz ungetrübt einheitliche Meinung zur "Echtheit" ist wirklich sehr beruhigend, wenn auch mein etwas bockiges Naturell noch immer nicht völlig ruhiggestellt ist in Betreff der Gründe zum Entstehen dieser Abplatzungen. Irgendwie kann ich mich zwar mit jeder einzelnen angebotenen Möglichkeit bis zu einem gewissen Grade anfreunden, aber es stört mich diese absolute und völlig glatte Trennschicht zwischen einem äußeren "Belag" und dem darunterliegenden Kern. Und beider Material soll ja Silber sein! Wenn eine Materialwanderung oder Herauswaschung unedler Leg.-Bestandteile vorläge, dürfte dies nach meiner Logik nicht entlang einer solch hart ausgeprägten Tiefenlinie erfolgt sein, sondern eher gleitend entlang einer Schicht endlicher Tiefe, also langsamer Übergang der allerobersten Legierung zu der in der Tiefe liegenden.Wäre ein unedler Einschluß der Ausgangspunkt für diese kreisrunde Abplatzung, dann frage ich mich, weshalb die untere Fläche so völlig plan ausgefallen ist

Ich hatte vor Zeiten schon einmal an einer Coelia ein sinngemäß völlig gleiches Phänomen vorrgestellt (s. unten) und es war, glaube ich, besonders Frank (beachc.), der mich auf gleiche Weise zu beruhigen versuchte, mit nur mäßigem Erfolg :wink: Was mich nicht beruhigen kann, ist diese Ebenheit des Grundes und die Sicht auf die Kanten des innenliegenden "Plättchens", auch in dem kreisförmigen Löchlein rechts.

Es ist halt so für mich, daß alle diese Fehlerstellen so herrlich eindeutig und klar ein Bild einer aufgepressten, aufgeschlagenen aufgeschmolzenen (wie auch ....) Oberfläche abgeben, daß alle anderen Erklärungsversuche weit im Abseits liegen ....

Nicht unerwähnt sei auch mein besonderer Dank an IVSTVS und imperator für ihre, wenn auch etwas unterschiedliche Bewertung des Käuferinteresses für solche möglicherweise kaum erkennbaren Fütterungen. Sehr interessant!

Grüße von

drake
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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von beachcomber » Di 12.04.11 14:02

drake,
wahrscheinlich hab' ich's schon beim letzten mal erwähnt, aber ich kann dir sagen, dass diese erscheinung sehr häufig ist. :)
ich erkläre mir diese delaminierung mit der unterschiedlichen dichte des materials an der oberfläche und im innern der münze. durch den prägeschlag wird die oberfläche dichter und härter, und man kann sich das durchaus als eine art 'folie' denken die dadurch entsteht. also kann sie auch bei bestimmten umwelteinflüssen abplatzen. da ich leider schon öfter das zweifelhafte vergnügen hatte, zerbrochene silbermünzen an der bruchkante bewundern zu dürfen, kann ich dir versichern, dass die kristalline struktur im innern sehr viel gröber ist als an der oberfläche, und diese wirklich wie eine den kern ummantelnde schicht wahrzunehmen ist.
auch die alufolien/salzsäure reinigungsmethode lässt nach der reinigung leider manchmal solche löcher entstehen, und auch da gibt es nicht einen in den tiefen der münze verschwindenden krater, sondern eben diese schichtweise entstehenden löcher.
grüsse
frank

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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von drakenumi1 » Di 12.04.11 14:41

Danke Dir, Frank,
das mit der Gefügeveränderung in den wenigen Millisec des Prägeschlages ist für mich ein interessanter und neuer Aspekt. Wenn ich mal den Faden weiterspinnen darf: Die Arbeit des Schlages wird im Inneren des Schrötlings notwendigerweise in Wärme umgesetzt. Diese Wärme addiert sich zu der des erhitzten Schrötlings, womit er noch weiter verformbar wird, während in den Oberflächenbereichen eher eine Abkühlung durch die wesentlich kälteren Prägestempel erfolgt. Nun wirkt sich die Wärme im Moment des Schlages sehr stark auf den Grad der Kristallisierung der Legierung aus, und - eine erzwungene Verformung im Oberflächenbereich in kaltem Zustand der Legierung ergibt zwangsläufig auch eine größere Härte in diesem nach dem Schlag. Ergo: Unterschiedliche Härten in unterschiedlichen Tiefen der Münze und erhebliche innere Spannungen, die sich im Verlaufe der Jahrhunderte auszugleichen versuchen in einem Prozeß der Umkristallisierung (hin zu gröberen Kristallstrukturen).
So langsam gewinne ich Verständnis zum möglichen Ablauf und zu der Frage, weshalb hier tatsächlich Abspaltungen entlang eng begrenzter Schichtlinien erfolgt und nicht diffus, quer durch die Tiefe des Materials.

Ein interessantes Kapitel für die Werkstoffforschung unter antiken Bedingungen, mit dem Verdacht, auch dieses könnte bereits modern beackert worden sein :wink:

Nochmals Dank für die Hilfestellung von

drake
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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von drakenumi1 » Di 12.04.11 15:54

Oft kommen die Erkenntnisse tröpfchenweise :wink: :
Nach Abklingen der inneren Spannungen (nachdem das Obige geschrieben war) kommt die Idee, daß eine Ursache für die Schichtbildung auch die unterschiedliche Fließgeschwindigkeit im Augenblick des Prägeschlages zwischen oberflächennahen Schichten und dem Material in der Tiefe sein könnte: Schließlich hemmt das Prägeprofil der Darstellung und der Legenden auf beiden Seiten der Münze das Fließen des Materials in radialer Richtung erheblich, es wird regelrecht dadurch am Fließen gehindert, während in der Tiefe des Schrötlings dieses Fließen ungehindert erfolgen kann. Das heißt, daß im Inneren zwei unterschiedlich schnell fließende Materialströme aneinander grenzen. Die Berührungsfläche dieser Ströme wäre dann unsere sichtbare Fläche in geringer Tiefe, in unterschiedlicher Kristallstruktur ... Inwieweit dieses Gedankenmodell allerdings die größere Oberflächenhärte gegenüber dem Kern begründet, bleibt dahingestellt ....
Wie wäre dann der Gedanke, die geprägte Münze wäre zielgerichtet zum Zweck des "Härtens" heiß in Wasser gefallen? Und sie würde damit wesentlich verschleißärmer? Auch bei bunten Metallen soll das klappen, was wir heute mit Stahl machen, wenn auch nicht bei allen. Dies nur so zum Weiterspinnen von

drake
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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von quisquam » Di 12.04.11 16:09

Also bei Kupfer funktioniert das Härten durch Abschrecken nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Durch Ausglühen und Abschrecken wird Kupfer wieder besser formbar. Wie das bei Silber ist weiß ich nicht.

Die Delaminierung hängt eventuell auch mit der Versprödung des Münzmetalls zusammen.
http://www.forumancientcoins.com/moonmo ... lamination

Grüße, Stefan
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Re: Ein verdächtiger Nerva?

Beitrag von aquensis » Di 12.04.11 17:05

Hallo Drake,

in meinem Gruselkabinett befindet sich ein guthaltiger Denar des Vespasian der auch große sichtbare Delaminationen auf der Vs. hat. Die Münze wurde '89 von einem Bekannten hier im Rheinland gefunden. Beim Reinigen lösten sich die Knubbel bzw. Beulen auf der V. schichtweise ab. Unter der Münzoberfläche wurden glatte Metallschichten sichtbar die durch Fehler beim Prägen, Ausschmieden oder Legieren entstanden sind.

Gruß Franz
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