Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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ischbierra
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Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von ischbierra » Mi 13.11.13 23:55

Liebe Freunde,
dieses Stück habe ich als antike Fälschung gekauft; ein AE 2 von Gratian, 5,3 gr. In der Averslegende mindestens ein Fehler (GNATIanus, statt GRATIanus), ebenso bei der Reverslegende (REPVN statt REPARatio reipvb) - was vermutlich dazu geführt hat, das Stück als antike Fälschung zu bezeichnen. Ich bin da nur nicht so sicher. Das Portrait sieht doch ganz vernüftig aus und das Rückseitenbild ist so schräg nun auch wieder nicht. Münzstätte ist leider nicht mehr zu erkennen.
Wie schätzt Ihr das Stück ein: offiziell oder doch zeitgenössische Fälschung?
Gruß ischbierra
Dateianhänge
Gratian, Reparatio Reipub, zeitgenössische Fälschung (1).JPG
Gratian, Reparatio Reipub, zeitgenössische Fälschung (2).JPG

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quisquam
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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von quisquam » Do 14.11.13 00:28

Ich denke der Verkäufer hat recht, das Stück sieht auch in meinen Augen irregulär aus.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Posa
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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von Posa » Do 14.11.13 08:23

Ich würde nur eben den Begriff der "Fälschung" vermeiden, ischbierra, denn an 5g Kupferlegierung ist nichts falsch, selbst bei extrem phantasievoller Rechtschreibung.

Gruß Posa

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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von Arminius » Do 14.11.13 08:39

Genau, "zeitgenössische Imitation" wäre besser.

Stilistisch ist bei vielen Spätrömern leider ein fließender Übergang zwischen schlechten offiziellen Stempelschneidern und guten "Freiberuflern" festustellen.

Aber jemand, den ich wegen seiner ernormen Kenntnisse auf dem Gebiet der antiken Numismatik sehr schätze (ich vermute es war Curtis), hat einmal eine sehr sinnvolle Definition genannt, ab wann ein Spätrömer klar als zeitgenössische Imitation einzustufen sei:
Bei klaren Rechtschreibfehlern in der Legende ( ... die über eine kleine Ungeschicklichkeit hinausgehen).

Somit wäre dies ganz klar eine zeitgenössische Imitation.
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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von ischbierra » Fr 15.11.13 08:52

Vielen Dank für Eure Beiträge. Zeitgenössische Imitation ist offenbar die korrekte Beschreibung. Kann man sagen, wer hier imitiert hat und warum: römische Hilfsmünzstätten um den Kleingeldbedarf zu decken, Germanen, um bei den Römern einkaufen zu können; Germanen, weil sie auch mal Geld prägen wollten; Väter, die ihre Söhne für den Beruf des Bronzegießers begeistern wollten?
Gruß ischbierra

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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von Arminius » Fr 15.11.13 09:21

[quote="ischbierra"]Vielen Dank für Eure Beiträge. Zeitgenössische Imitation ist offenbar die korrekte Beschreibung. Kann man sagen, wer hier imitiert hat und warum: römische Hilfsmünzstätten um den Kleingeldbedarf zu decken, Germanen, um bei den Römern einkaufen zu können; Germanen, weil sie auch mal Geld prägen wollten; Väter, die ihre Söhne für den Beruf des Bronzegießers begeistern wollten?
Gruß ischbierra[/quote]

Ich glaube, sowas wird am am besten verkaufstechnisch beantwortet. Da die Münzstätte nicht aufgeprägt wurde, kannst du dir eine (Grenz-)Region des spätrömischen Reiches aussuchen.
Eine zeitlang liefen Münzen mit dem Label "Goten auf dem Balkan" sehr gut. Heute wäre wahrscheinlich "Beischlag der Kreuzfahrer" besser - paßt aber leider zeitlich nicht. :wink: :wink:

Jetzt aber ernsthaft: Ich würde versuchen, ein stempelgleiches Stüch mit sichtbarer Münzstätte zu finden. Dann wäre zumindest die damalige Umlauf-Region zuweisbar.
Alles andere ist Wunschdenken bis Spekulation.

MfG :)
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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von Numis-Student » Fr 15.11.13 10:35

Posa hat geschrieben:Ich würde nur eben den Begriff der "Fälschung" vermeiden, ischbierra, denn an 5g Kupferlegierung ist nichts falsch, selbst bei extrem phantasievoller Rechtschreibung.

Gruß Posa
Hallo,
an der Legierung ist nichts falsches, aber bei der Beurteilung spielt auch die rechtliche Komponente mit herein: Sprich, war der Hersteller durch das Münzrecht legitimiert, so etwas herzustellen ? ;-) Sicher liegt hier keine Gewinnabsicht dahinter...
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Gratian - eine zeitgenössische Fälschung?

Beitrag von Chandragupta » Fr 15.11.13 14:04

Au weia, Numis-Student .... jetzt begibst Du Dich auf ein Gebiet, wo wir vor allem "wissen, daß wir nichts wissen"... ;)

Sprich: Dazu haben wir als Quellen fast nur die Münzen selbst. Die "reden" im eben genannten Sinne aber nur dann zu uns, wenn wir auch ihren genauen(!) Fundort kennen. Sonst ist's pure Spekulation...

Der beste Neuzeit-Vergleich zu solchen Produkten (wie auch den "barbaris. Nachprägungen" aus dem Gallischen Teilreich) ist wohl: "regionales Notgeld" bzw. "lokaler/regionaler Kleingeldersatz". Regional für Alltagsgeschäfte gültig, aber vermutlich nicht problemlos in "echtrömisches Vollgeld" umtauschbar. (Wie vor recht genau 90 Jahren im Deutschland der Inflationszeit die Notgeldscheine ... ach ja, HEUTE vor genau 90 Jahren endete die Hochinflation, nachdem die Reichsbank unter Hjalmar Schacht den Aufkauf von (wertlosen) Staatsanleihen einstellte und die Rentenmark kreierte: 1 Billion Papiermark = 1 Rentenmark = 1/4.20 Golddollar). Hier fehlen uns einfach nach ca. 1500 Jahren die zeitgenössischen Quellentexte (Gesetze etc.), die darüber Aufschluß geben könnten, wie es "wirklich" war.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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