Münzeinordnung

Keltische Münzen

Moderator: Numis-Student

damo
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Münzeinordnung

Beitrag von damo » Di 07.06.22 17:12

Guten Tag,
ich heisse Daniel und bin ganz neu hier. Ich muss auch gestehen das ich mich mit Münzen fast überhaupt nicht auskenne also bitte seid gnädig mit mir :-).

In der Hinterlassenschaft meines Onkels habe ich eine Münze gefunden. Dazu hat er eine handschriftliche Notiz mit "Römische Münze ca. 3000 Jahre alt, gefunden am Chiemsee Urlaub 1995" gepackt. Nach ein bisschen vergleichen habe ich für mich entschieden das es wohl keine römische Münze ist.
Das Motive und auch die einseitige Prägung passte meiner Meinung nach am besten zu den keltischen Münzen. Ich hatte erst grosse Schwierigkeiten überhaupt etwas darauf zu erkennen, nun glaube ich es soll wohl ein Pferd sein. Ausserdem ist die Münze in merkwürdig gutem oberflächlichen Zustand, was mich auch an Ihrer Echtheit stark zweifeln lässt

Also wenn ich auf meinen Bauch höre würde ich sagen es ist irgend etwas das jemand aus Spass gemacht hat, die Frage wäre dann nur wieso er es um den Chiemsee verteilt :-) Vielleicht kann mir ja ein Experte hier eine Information geben um was es sich handelt. Alt oder neu, echt oder gefälscht, keltisch oder nicht?

Nun zu den Daten:
Gewicht 9,15gramm
Material vermutlich Silber
Dateianhänge
muenze2.jpg
muenze1.jpg

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Erdnussbier
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Erdnussbier » Di 07.06.22 18:25

Hallo!

Vom Typ her sollte es ähnlich diesem hier sein:
https://www.sixbid-coin-archive.com/#/d ... 0%20punkte
Buckel auf der einen Seite, Pferd mit Punktschanuze und 4 Punkten darüber. Darunter ein "Kegel"

Ich kenne mich selbst aber gar nicht mit Kelten aus.

Was wiegt denn das Stück? Bitte ein Gewicht mit 2 Stellen nach dem Komma!

Meiner Laienmeinung nach sehe ich aber nichts offensichtlich falsches. Wenn die echt und selbstgefunden wäre ist das ein sehr aufregendes Erbstück was ich auf alle FÄlle behalten würde. :)

Grüße Erdnussbier
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Zwerg » Di 07.06.22 18:34

Mich hat der fehlende Kopf gestört, aber diese Münze ähnelt doch sehr
https://www.coinarchives.com/a/openlink ... d30e5a983a

Mal sehen, ob Harald aus seinem Wissensfundus noch etwas beisteuert.

Grüße
Klaus
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Erdnussbier
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Erdnussbier » Di 07.06.22 18:36

Äh, Zwerg hat recht.
Das Pferd hat gar keinen Kopf.
Mein Fehler.
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von damo » Di 07.06.22 20:25

Wow, ich habe bestimmt zwei Stunden lang Bilder gesucht und verglichen und nichts gefunden und hier bekommt man sofort tolle Informationen und sogar eine vergleichbare Münze die ja wirklich fast identisch aussieht. das Gewicht hatte ich mit 9.15g ausgewogen, das würde ja auch zu dem Vergleich von Klaus passen. Das würde mich ja wirklich freuen wenn es eine alte Münze und nichts nachgemachtes wäre. Jetzt bin ich ja schon einmal viel schlauer als mein Onkel :-) der vermutete dass es sich um etwas römisches handelt. Schade dass ich ihn nicht fragen kann wo und wie er sie im Urlaub gefunden hat.

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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Altamura2 » Mi 08.06.22 09:54

Es handelt sich hier also um eine Münze die dem Stamm der Cotini (https://de.wikipedia.org/wiki/Cotini) vom Gebiet der heutigen Slowakei zugeordnet wird (oder zumindest wurde, dem bin ich jetzt nicht im Detail nachgegangen :? ).

Zu deren Münzprägung gab es schon 1900 einen Artikel von Edmond Gohl, "La trouvaille de Nagy-Biszterecz (Hongrie), essai sur le monnayage des Cotini celtiques":
https://archive.org/details/congrsinter ... 0/mode/2up (Text)
https://archive.org/details/congrsinter ... 0/mode/2up (Tafel)

Ein weiterer Artikel mit vielen Abbildungen solcher Münzen (diesmal auf Slowakisch :D ) ist von Eva Kolníková und Titus Kolník, "Mince a spony - depot z neskorolaténskeho hradiska Rochovica pri Žiline", Slovenská Arch. 52,1, 2004: http://www.cevnad.sav.sk/aktivita_1_1/s ... o,-235,757

Vermutlich findet man noch mehr Literatur dazu, man wird aber ein Übersetzungsprogramm bemühen müssen :D .

Gruß

Altamura

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Re: Münzeinordnung

Beitrag von harald » Mi 08.06.22 11:57

Meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine echte Prägung.
Der überwiegende Teil der Stücke im Handel stammt von mehreren umfangreichen Schatzfunden aus dem Gebiet der kleinen Karpaten in der Westslowakei.

Inwieweit es möglich ist, dass diese ostkeltische Prägung an den Chiemsee in das Gebiet der Vindeliker gelangt ist, lässt sich nicht mit Sicherheit beurteilen.
Bedenkt man, wie weit keltische Nominale durch den Handel gelangt sind, ist es aber auch nicht völlig auszuschließen.

Diese Prägungen werden in die Periode La-Tene D datiert.

Hier gibt es noch einige weitere Details:
http://www.numismatik-cafe.at/viewtopic ... lit=cotini

Grüße
Harald
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von damo » Mi 08.06.22 16:22

Noch einmal vielen Dank für alle Infos die Ihr mir habt zukommen lassen.

Ich hatte mich heute morgen recht lange mit den Infos beschäftigt und am Anfang habe ich die Bezeichnung "immitation" bei den Münzen missinterpretiert. Bis ich dahinter gekommen bin das damit keine Fälschung gemeint war dauerte es ein wenig.
Dann war die nächste Hürde zu verstehen, wieso diese Art Münze mit der Bezeichnung Buckelavers versehen ist. Buckel war ja nicht so schwer herzuleiten, aber mit der Vorderseite habe ich natürlich nicht die Buckelseite verbunden (wahrscheinlich ein Anfängerfehler, das die schönere Seite immer die Vorderseite sein muss).

Das Nächste war dann die geographische Zuordnung. Anfänglich bin immer davon ausgegangen das die Münze aus dem unteren Donaubereich aus Bulgarien stammen würde und dann fand ich den Weg bis an den Chiemsee als sehr unwahscheinlich. Ein paar Stunden :-) später war ich dann soweit das ich die Münze in die Slowakei verfrachtet habe. Wenn ich zwischendurch einmal ins Forum geschaut hätte, hätte ich den Hinweis von Altamura gesehen das die Münze aus der Slowakei stammt. Naja irgendwie lernt man durch die eigenen Beschäftigung ja auch dazu. Nun war der weg bis an den Chiemsee ja schon nicht mehr so weit und durch die Verbindung über Donau und Inn wohl auch handestechnisch machbar.

Den Begriff Contini hatte ich zwar des Öfteren Gelesen hatte aber nicht verstanden was er beschreibt. Auch hier einen Dank an den freundlichen Hinweis von Altamura!

Und dann noch die Hinweise von Harald (sowie ich verstanden habe dem Experten in Sachen Kelten-Münzen :-)). Ich hätte nicht gedacht das mir dieses kleine Stück Metall soviel Freude bei der Entdeckung seiner Geheimnisse machen würde!


Daniel

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Re: Münzeinordnung

Beitrag von didius » Mi 08.06.22 17:24

damo hat geschrieben:
Mi 08.06.22 16:22
Ich hätte nicht gedacht das mir dieses kleine Stück Metall soviel Freude bei der Entdeckung seiner Geheimnisse machen würde!

Daniel
Ist doch herrlich, oder? :wink:
Glückwunsch von deinem Namensvetter

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Re: Münzeinordnung

Beitrag von damo » Mi 08.06.22 17:56

So nun kann ich vielleicht auch noch etwas interessantes zu der Münze beitragen. Weil mich interessiert hat aus welchem Material die Münze gefertigt ist, habe ich sie mittels Röntgenfluoreszenz testen lassen.
Folgende Anteile in Prozent sind enthalten:

Gold 0,37
Silber 90,15
Zink 1,96
Zinn 0,95
Kupfer 5,38
Blei 1,18
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Erdnussbier » Mi 08.06.22 19:16

Ich glaube das spricht noch mehr für die Echtheit :)
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Re: Münzeinordnung

Beitrag von Numis-Student » Do 09.06.22 06:45

didius hat geschrieben:
Mi 08.06.22 17:24
damo hat geschrieben:
Mi 08.06.22 16:22
Ich hätte nicht gedacht das mir dieses kleine Stück Metall soviel Freude bei der Entdeckung seiner Geheimnisse machen würde!

Daniel
Ist doch herrlich, oder? :wink:
Und von diesem Punkt ist es nur noch ein kleiner weiterer Schritt, eine weitere Münze zu kaufen, um weitere Geheimnisse zu entdecken.
Und Schwups, schon ist man Münzsammler :wink: :mrgreen:

Schöne Grüße
MR
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chevalier (Fr 10.06.22 17:48)
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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