Glättung versus Schnitzerei

Tipps zur Reinigung, Konservierung und Photographie von Münzen

Moderator: Homer J. Simpson

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Mithras
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Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Mithras » Mo 08.10.18 12:47

Immer wieder kommen Diskussionen auf zum Thema Glättung antiker Münzen.
Die Sichtweisen hierzu und die Akzeptanz dessen, was an den Münzen bearbeitet werden darf oder gar sollte, sind ganz unterschiedlich.
Klar sollte sein: sobald das ursprüngliche Münzbild verändert wird, also die Münze hübschgeschnitzt wird, sobald Details in die verbliebene Münzsubstanz gekratzt, geschliffen, gedremelt oder gehämmert werden :wink: , verliert die Münze an Wert.
Und doch werden solche Münzen gekauft.
Gleichzeitig sind manche Sammler verunsichert, wenn sie schon allein nur von der Glättung einer angebotenen Münze wissen.

In diesem Thread darf hierzu rege diskutiert und auch mit Beispielbildern belegt werden, was akzeptabel ist, was gelungen ist, und was eben nicht.

Frank hat aus meiner Sicht schon recht gut zusammengefasst und trifft damit auch meine Einstellung zum Thema:
beachcomber hat geschrieben:...der sesterz wurde gereinigt, und die patina dabei teilweise geglättet.
WIE BEI FAST ALLEN BRONZEN!
der schlechte ruf der glättung beruht nur auf der euphemistischen benutzung mancher widerwärtiger händler, die ihre ebenso widerwärtigen schnitzungen damit verharmlosen wollen!!!
EINE GLÄTTUNG VERÄNDERT NICHT DAS URSPRÜNGLICHE MÜNZBILD, DAGEGEN IST NICHTS EINZUWENDEN!
eine bronze die mit glatten oberflächen gefunden wird ist so selten wie ein lupenreiner 10karäter!
grüsse
frank
beachcomber hat geschrieben:
chevalier hat geschrieben:
beachcomber hat geschrieben:EINE GLÄTTUNG VERÄNDERT NICHT DAS URSPRÜNGLICHE MÜNZBILD, DAGEGEN IST NICHTS EINZUWENDEN!
Eine doch etwas seltsam anmutende Rechtfertigung für einen Eingriff in den Orignalzustand einer Münze "zum Zwecke der Wertsteigerung"
was, bitte schön, ist denn der "originalzustand" einer antiken bronze? der dreckklumpen den du aus dem boden holst? :wink:
jede fundmünze muss gereinigt werden! leider ist es nicht so, dass eine bronze so simpel aufgebaut ist wie man sich das so vorstellt: metall,patina,dreck! alle dies zustände gehen fliessend ineinander über!
das heisst, der dreck geht eine FESTE verbindung mit der patina ein, die patina eine FESTE mit dem darunterliegenden metall!
das bedeutet, dass ich bei der entfernung des drecks (fast) immer auch teile der patina entfernen muss, das ist glättung, und wenn man das richtig macht, GREIFT MAN NICHT IN DAS URSPRÜNGLICHE PRÄGEBILD EIN!...
grüsse
frank
Mein Start zur Diskussion:
Ab wann sprecht ihr von "Glätten" und wie mehr oder weniger kritisch seht ihr das und warum?

Hier 2 eigene Reinigungsbeispiele, die ich schon zum "Glätten" zähle und so für völlig in Ordnung befinde:
Beispiel 2 Münzreinigung.jpg
Beispiel 1 Münzreinigung.jpg
Alte Hasen werden zum Thread womöglich mit den Augen rollen, da schon oft hier und da durchgekaut :drinking:.
Eine Diskussion zum Thema jedoch hier zentriert finden zu können, halte ich für Neusammler vielleicht hilfreich.

Sonnige Grüße
Mithras
Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von beachcomber » Mo 08.10.18 13:21

klasse beispiele,danke! :)
grüsse
frank

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antoninus1
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von antoninus1 » Mo 08.10.18 15:45

Ich bin schwer beindruckt 8O

Du schreibst "Auflagen ...seitlich wegsprengen".
Wie schaffst Du es, dabei keine Kratzer auf der Oberfläche zu erzeugen? Ich habe das mit einem billigen Spätrömer probiert und man sah das sofort auf der Münze :oops:
Gruß,
antoninus1

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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Redditor Lucis » Mo 08.10.18 16:41

Fast jede aus der Erde kommende Bronzemünze ist in strengem Sinne geglättet, da es fast immer zu Anhaftungen kommt.
Ich habe überhaupt keine Probleme damit, wenn "Dreck" entfernt wird, denn dieser hat mit dem ursprünglichen Zustand der Münze nix zu tun.
Perfekt glatte Oberflächen mag ich persönlich aber nicht besonders.
Ganz unschön wird es, wenn am Münzbild "Verbesserungen" vorgenommen werden, also das ursprüngliche Münzbild verändert wird. Für mich ein definitiver Grund, solch eine Münze keinesfalls zu kaufen.

Anbei ein Foto einer meiner Meinung nach sehr gut gereinigten Münze, die ich gerne in meine Sammlung aufgenommen habe; es müssen dabei nicht alle Cuprit- und Malachit-Auflagen komplett entfernt werden, um zu gefallen:
Gordianus III. 241-243 Sesterz 22,06g Rom RIC 300a A.JPG
Gordianus III. 241-243 Sesterz 22,06g Rom RIC 300a R.JPG
Viele Grüße

Stefan
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Mithras » Mo 08.10.18 19:34

antoninus1 hat geschrieben:Ich bin schwer beindruckt 8O

Du schreibst "Auflagen ...seitlich wegsprengen".
Wie schaffst Du es, dabei keine Kratzer auf der Oberfläche zu erzeugen? Ich habe das mit einem billigen Spätrömer probiert und man sah das sofort auf der Münze :oops:
Die scharfe Kante der Kanülen sollte im besten Fall nur auf den Auflagen aufliegen und die darunter liegende ursprüngliche Münzsubstanz nicht berühren. Dann ein wenig Druck nach unten und zugleich zur Seite ausüben und mit großem Glück lockert sich so die Auflage.
Das funktioniert mit etwas Übung bei punktuellen Auflagen wie denen auf der Münze im oberen Bild oft recht gut.

Auflagen, die großflächiger verwachsen und uneben sind (unteres Bild), lassen sich durch ein fast schon "Schweben" der Kanülenkante parallel über der Oberfläche "glatthobeln". Die Spitze der Kanüle ist ja auch rund. Ich drehe die scharfe Kante leicht nach oben, so dass eher die Rundung der Kanülenspitze direkt auf der Münze aufliegt und die Kante alles darüber wegschaben kann, aber ja nicht ins tiefere Material kratzt.

Außerdem braucht's neben viel Übung ein Stereomikroskop und eine ruhige Hand mit Feingefühl.

Sonnige Grüße
Mithras
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Mithras » Mo 08.10.18 19:40

Redditor Lucis hat geschrieben:...

Anbei ein Foto einer meiner Meinung nach sehr gut gereinigten Münze, die ich gerne in meine Sammlung aufgenommen habe; es müssen dabei nicht alle Cuprit- und Malachit-Auflagen komplett entfernt werden, um zu gefallen...

Viele Grüße

Stefan
Volle Zustimmung!

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Mithras
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von stilgard » Mo 08.10.18 20:11

tolles Thema, das gerade mir als Anfänger sehr weiterhilft :-)

Anbei meine bisher einzige Bronze, ein As von Domitian. Ich denke da wurde nichts geglättet, halt grob gereinigt wie ich finde. Sind die rötlichen Stellen Bronze?

Gruß
Alex
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von mike h » Mo 08.10.18 21:47

Ich würde eher auf Cuprit schließen.

Ein Korrosionsprodukt des Kupfers aus der Bronze.

Martin
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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von antinovs » Di 09.10.18 17:48

@Mithras: gute arbeit! das ergebnis wuerde ich akzeptieren. die reinigung der figur ist auch gelungen.
im einzelnen haengt es wohl sehr stark vom verkrustungsgrad, der haerte der verkrustung/anhaftung und
des bearbeiters ab,
ob man das originale praegebild freilegen kann. das war in diesem beispiel wohl moeglich.
wie viel zeit hast du denn dafuer aufwenden muessen?

@Redditor Lucis: damit haette ich auch kein problem. gut gemacht. der ausgangszustand waere hier als vergleich schoen.

@stilgard: hier waere ich mir nicht sicher, ob z.B. das RV nicht schon etwas unter der reinigung gelitten hat.
LXXIIII

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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von stilgard » Di 09.10.18 17:59

@antinovs
schon möglich, dass beim reinigen der Münze an manchen Stellen die Patina etwas beschädigt bzw entfernt wurde, damit kann ich aber gut leben, im Gegensatz zu Schnitzereien ung massiven Glättungen!

Gruß
Alex

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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Redditor Lucis » Fr 12.10.18 14:17

antinovs hat geschrieben:
@Redditor Lucis: damit haette ich auch kein problem. gut gemacht. der ausgangszustand waere hier als vergleich schoen.
Ich habe die Münze so erworben, daher kann ich den Ausgangszustand nicht beurteilen.
Man sieht aber zumindest in der Hand, dass der größte Teil der Oberfläche von einer vermutlich harten Kruste bedeckt gewesen sein muss.


Viele Grüße

Stefan

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Re: Glättung versus Schnitzerei

Beitrag von Mithras » Mi 17.10.18 09:53

antinovs hat geschrieben:@Mithras: gute arbeit! das ergebnis wuerde ich akzeptieren. die reinigung der figur ist auch gelungen.
im einzelnen haengt es wohl sehr stark vom verkrustungsgrad, der haerte der verkrustung/anhaftung und
des bearbeiters ab,
ob man das originale praegebild freilegen kann. das war in diesem beispiel wohl moeglich.
wie viel zeit hast du denn dafuer aufwenden muessen?
...
Natürlich hast du damit Recht, dass eine Glättung von Auflagen wie diesen punktuellen Malachitkrüstchen einfacher ist und die Substanz des ursprünglichen Prägebildes hier noch sehr gut erhalten und vor allem fest war.
Etwa 4 bis 5 Stunden habe ich für die komplette Münze benötigt.

Eine Herausforderung sind durchmineralisierte Münzen. Dies um so mehr, wenn die Prägung schlechter erhalten ist.
Da macht es im besten Fall, wenn überhaupt, dann oft nur Sinn, die Felder vorsichtig von Unebenheiten/buckeligen Auflagen zu befreien.
Allerdings ist das Risiko dabei recht hoch, dass nachher hässliche Flecken das Münzbild verunstalten oder gar Korrosionslöcher unter den Auflagen freigelegt werden.
Nach meiner Erfahrung eher Hände bzw. Kanüle weglassen von solchen oft auch sehr bröseligen Erhaltungen und die Münze belassen wie sie ist.

Sonnige Grüße
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