Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Phantastisch! Dann ist die Zuordnung meines Stückes also wirklich COS II. Ich finde es faszinierend, daß es nun im Forum zwei Stücke vom selben Stempel gibt. Auf Didius Stück erkennt man auch deutlicher als auf meinem, daß das Beizeichen auf jeden Fall aus einem Υ in Kombination mit einem weiteren Zeichen besteht und das das Υ auf dem anderen Symbol liegt.
In Bezug auf das andere Symbol möchte ich die Flaviologen gern herausfordern. Wieso soll das ein Βeta sein, ich würde eher weiter an ein quergestelltes Phi oder aber an ein schnödes Omikron denken. Ich gehe bei meiner Überlegung von meinen eigenen Erfahrungen mit handschriftlichem Griechisch aus. In meinen fünf Jahren Altgriechisch mußten wir jede Menge Texte abschreiben, Grammatikübungen absolvieren, Deklinations - und Kommunikationstabellen erstellen usw. Wer einmal das Verb στεργειν handschriftlich durch sämtliche Tempi und Modi gehechelt hat, wird nachvollziehen können , daß man sehr schnell dazu übergeht, beim Sigma, Tau, Epsilon, Rho, Gamma und Ny zu ökonomisieren und die Schnörkel wegzulassen, ( bloß die Mädchen nicht, die haben jeden Buchstaben gemalt und sich dann beschwert, daß sie ewig an den Hausaufgaben saßen ), so daß unsere griechische Handschrift der der antiken Schreiber schnell ziemlich ähnlich war. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, das große Β abgeändert zu haben und hätte auch keinen Vorteil darin gesehen, es dem Φ ähnlich werden zu lassen, allerdings wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, das Φ umzudrehen.
Wie kommt man zur Lesart Φ, bzw BY und wer hat das so festgelegt ?
In Bezug auf das andere Symbol möchte ich die Flaviologen gern herausfordern. Wieso soll das ein Βeta sein, ich würde eher weiter an ein quergestelltes Phi oder aber an ein schnödes Omikron denken. Ich gehe bei meiner Überlegung von meinen eigenen Erfahrungen mit handschriftlichem Griechisch aus. In meinen fünf Jahren Altgriechisch mußten wir jede Menge Texte abschreiben, Grammatikübungen absolvieren, Deklinations - und Kommunikationstabellen erstellen usw. Wer einmal das Verb στεργειν handschriftlich durch sämtliche Tempi und Modi gehechelt hat, wird nachvollziehen können , daß man sehr schnell dazu übergeht, beim Sigma, Tau, Epsilon, Rho, Gamma und Ny zu ökonomisieren und die Schnörkel wegzulassen, ( bloß die Mädchen nicht, die haben jeden Buchstaben gemalt und sich dann beschwert, daß sie ewig an den Hausaufgaben saßen ), so daß unsere griechische Handschrift der der antiken Schreiber schnell ziemlich ähnlich war. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, das große Β abgeändert zu haben und hätte auch keinen Vorteil darin gesehen, es dem Φ ähnlich werden zu lassen, allerdings wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, das Φ umzudrehen.
Wie kommt man zur Lesart Φ, bzw BY und wer hat das so festgelegt ?
Grüsse, Mynter
- friedberg
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Hallo,
zuerst, die ganze Zuordnung "dieser Stücke" zur Münzstätte Ephesus beruht auf stilistischen Argumenten
und darauf das einige Stücke EPE als Beizeichen revers aufweisen.
Byzantium und Philippi waren als mögliche Münzstätten ebenfalls in der Diskussion.
Bei den Typen RIC II 1² Vespasian 1390 - 1470 wird in Folge dessen Ephesus als Münzstätte aktuell angenommen.
Obige Typen 1390 - 1470 haben im Revers teilweise Beizeichen, neben den beiden um die es zuletzt ging
kommt noch vor: EPE, ein Stern, ein Ring, teils auch Kombinationen dieser Beizeichen.
Im RIC II 1² ist zu den Typen, sofern vorhanden, das Beizeichen grafisch im Text hintenangestellt !
Zur jeweiligen Prägegruppe ist ein "Vorschlag" zur Lesart aufgeführt: Da man die Beizeichen Stern und Ring nicht "lesen" kann hätten die Verfasser den "Vorschlag" zur Lesart
auch genauso gut (besser) ganz weglassen sollen.
Die Beizeichen sind schlicht grafische Symbole, teils entwickelt aus griechischen Buchstaben, teils auch eben nicht.
In Folge dessen gibt es keine Lesart und niemand hat etwas dazu festgelegt.
Zuletzt gibt es noch die Typen RIC II 1² Vespasian 1471 - 1521. Die Stücke sind stilistisch ähnlich zu den
Typen 1390 - 1470. Aber sie unterscheiden sich zu diesen dahingehend das unmögliche Ämterkombinationen
vorkommen und es durch die Reihe Hybride Stücke gibt.
Die zugehörige Münzstätte wird als: Münzstätte in Kleinasien, unsicher Ephesus, angenommen.
Kennzeichnend ist ein "annulet / Ring" avers. Beizeichen im Revers kommen bei den Typen nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen
zuerst, die ganze Zuordnung "dieser Stücke" zur Münzstätte Ephesus beruht auf stilistischen Argumenten
und darauf das einige Stücke EPE als Beizeichen revers aufweisen.
Byzantium und Philippi waren als mögliche Münzstätten ebenfalls in der Diskussion.
Bei den Typen RIC II 1² Vespasian 1390 - 1470 wird in Folge dessen Ephesus als Münzstätte aktuell angenommen.
Obige Typen 1390 - 1470 haben im Revers teilweise Beizeichen, neben den beiden um die es zuletzt ging
kommt noch vor: EPE, ein Stern, ein Ring, teils auch Kombinationen dieser Beizeichen.
Im RIC II 1² ist zu den Typen, sofern vorhanden, das Beizeichen grafisch im Text hintenangestellt !
Zur jeweiligen Prägegruppe ist ein "Vorschlag" zur Lesart aufgeführt: Da man die Beizeichen Stern und Ring nicht "lesen" kann hätten die Verfasser den "Vorschlag" zur Lesart
auch genauso gut (besser) ganz weglassen sollen.
Die Beizeichen sind schlicht grafische Symbole, teils entwickelt aus griechischen Buchstaben, teils auch eben nicht.
In Folge dessen gibt es keine Lesart und niemand hat etwas dazu festgelegt.
Zuletzt gibt es noch die Typen RIC II 1² Vespasian 1471 - 1521. Die Stücke sind stilistisch ähnlich zu den
Typen 1390 - 1470. Aber sie unterscheiden sich zu diesen dahingehend das unmögliche Ämterkombinationen
vorkommen und es durch die Reihe Hybride Stücke gibt.
Die zugehörige Münzstätte wird als: Münzstätte in Kleinasien, unsicher Ephesus, angenommen.
Kennzeichnend ist ein "annulet / Ring" avers. Beizeichen im Revers kommen bei den Typen nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen
- Mynter
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Dann werde ich das Stück als mit " einem in der Literatur als BY gedeutetes Beizeichen unter AVG " katalogisieren.
Grüsse, Mynter
- friedberg
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Hallo,
die beiden Symbole sind teilweise auf den Münzen schlecht zu unterscheiden.
Wenn dann ein Flavier den anderen Flavier um dessen Meinung bittet
fragt er halt ob dort ein BY steht, oder nicht.
Der andere Flavier weis dann was gemeint ist und man muss nicht umständlich
versuchen die Fragestellung zu formulieren
In dem Sinne, wenn Du Dein Stück mit BY katalogisierst bist Du im Team-Flavier
Mit freundlichen Grüßen
die beiden Symbole sind teilweise auf den Münzen schlecht zu unterscheiden.
Wenn dann ein Flavier den anderen Flavier um dessen Meinung bittet
fragt er halt ob dort ein BY steht, oder nicht.
Der andere Flavier weis dann was gemeint ist und man muss nicht umständlich
versuchen die Fragestellung zu formulieren
In dem Sinne, wenn Du Dein Stück mit BY katalogisierst bist Du im Team-Flavier
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paul81
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Vespasian, Tetradrachme (29mm, 14.81g) aus Antiochien, 70 - 71 n. Chr.
RPC II 1955; Prieur 124.
Bei der letzten Gorny & Mosch Auktion ersteigert.
Der Portraitstil bei diesen Tetradrachmen gefällt mir sehr, deutlich realistischer als der Stil aus der Hauptstadt.
RPC II 1955; Prieur 124.
Bei der letzten Gorny & Mosch Auktion ersteigert.
Der Portraitstil bei diesen Tetradrachmen gefällt mir sehr, deutlich realistischer als der Stil aus der Hauptstadt.
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Da wäre ich mir nicht so ganz sicher. Es ist möglich, daß die Stempel von stadtrömischen Stempelschneidern hergestellt wurden, möglicherweise auch von Rom geliefert wurden.
Da kann sicher noch einiges an Forschungsarbeit geleistet werden.
Aber davon abgesehen - ein hübsches Münzlein. Du hast ein gutes Auge für schönen Stil.
Grüße
Klaus
ΒIOΣ ΑΝЄΟΡΤAΣΤΟΣ ΜΑΚΡΗ ΟΔΟΣ ΑΠΑNΔΟKEYTOΣ
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paul81
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Domitian, Kistophor, 95 n. Chr., 27 mm, 10,47 g.
RIC 850; RPC 873.
Die Tönung hebt das ohnehin schöne Portrait, noch mal mehr hervor.
So eine grosse römische Silbermünze ist eine schöne Abwechslung zu den kleinen Denaren (nichts gegen Denare
).
RIC 850; RPC 873.
Die Tönung hebt das ohnehin schöne Portrait, noch mal mehr hervor.
So eine grosse römische Silbermünze ist eine schöne Abwechslung zu den kleinen Denaren (nichts gegen Denare
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Hallo,
des RIC II 1² (I. A. Carradice, T. V. Buttrey) davon aus das diese Cistophoren in der stadtrömischen Münze
für den Export und Umlauf in die östliche Reichshälfte (Asien) hergestellt wurden.
Kevin Butcher und Matthew Ponting haben solche Cistophoren metallurgisch untersucht:
"The Metallurgy of Roman Silver Coinage, 2014, S.475"
Sie ermittelten für die obigen Stücke einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 80%.
Gleichzeitige Denare Domitians weisen dagegen einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 90% auf.
Zitat: "The issue of c. AD 95 brought the two denominatons even closer in weight
(10.15g for the cistohorus and 10.35g for three denarii), but the fineness of the
denarius was now about 90%. Three denarii now contained about 9.32g of silver,
whereas the cistophorus remained at about 80% and contained about 8.12g of silver.
This means that the cistophorus was now overvalued against the denarius about 15% ..."
Warum diese Cistophoren hinsichtlich ihres Feinsilbergehalts im Verhältnis zu deren Nominal
(drei Denare) unterwertig ausgebracht wurden bleibt offen.
Bei Domitians sonstigen Silberprägungen kann man drei verschiedene Zeiträume mit jeweils geringfügig
anderem Feinsilber Gehalt unterscheiden. Innerhalb einer dieser drei Prägezeiträume unterlag
der Feinsilber Gehalt kaum messbaren Schwankungen und wurde so genau wie möglich eingehalten.
Die "unterwertigen" Cistophoren sind dahingehend auffällig. Entweder wurde absichtlich eine Art
"inflationäre" Prägung begrenzt für ein bestimmtes (östliches) Umlaufgebiet ausgegeben.
Oder es wurden ältere Prägungen kostengünstig eingeschmolzen und deren Material in diesen Cistophoren
"recycelt" ohne sich die Mühe zu geben den eigentlich notwendigen Feinsilber Gehalt zu erreichen.
Da die Schwankungsbreite des Feinsilber Gehalts der von Butcher / Ponting untersuchten Cistophoren
höher ist als die der gleichzeitigen Denare tendiere ich selbst zu letzterer Möglichkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Glückwunsch zum Stück ! Aufgrund Stil, Legendenform und Stempelstellung gehen die Autoren
des RIC II 1² (I. A. Carradice, T. V. Buttrey) davon aus das diese Cistophoren in der stadtrömischen Münze
für den Export und Umlauf in die östliche Reichshälfte (Asien) hergestellt wurden.
Kevin Butcher und Matthew Ponting haben solche Cistophoren metallurgisch untersucht:
"The Metallurgy of Roman Silver Coinage, 2014, S.475"
Sie ermittelten für die obigen Stücke einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 80%.
Gleichzeitige Denare Domitians weisen dagegen einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 90% auf.
Zitat: "The issue of c. AD 95 brought the two denominatons even closer in weight
(10.15g for the cistohorus and 10.35g for three denarii), but the fineness of the
denarius was now about 90%. Three denarii now contained about 9.32g of silver,
whereas the cistophorus remained at about 80% and contained about 8.12g of silver.
This means that the cistophorus was now overvalued against the denarius about 15% ..."
Warum diese Cistophoren hinsichtlich ihres Feinsilbergehalts im Verhältnis zu deren Nominal
(drei Denare) unterwertig ausgebracht wurden bleibt offen.
Bei Domitians sonstigen Silberprägungen kann man drei verschiedene Zeiträume mit jeweils geringfügig
anderem Feinsilber Gehalt unterscheiden. Innerhalb einer dieser drei Prägezeiträume unterlag
der Feinsilber Gehalt kaum messbaren Schwankungen und wurde so genau wie möglich eingehalten.
Die "unterwertigen" Cistophoren sind dahingehend auffällig. Entweder wurde absichtlich eine Art
"inflationäre" Prägung begrenzt für ein bestimmtes (östliches) Umlaufgebiet ausgegeben.
Oder es wurden ältere Prägungen kostengünstig eingeschmolzen und deren Material in diesen Cistophoren
"recycelt" ohne sich die Mühe zu geben den eigentlich notwendigen Feinsilber Gehalt zu erreichen.
Da die Schwankungsbreite des Feinsilber Gehalts der von Butcher / Ponting untersuchten Cistophoren
höher ist als die der gleichzeitigen Denare tendiere ich selbst zu letzterer Möglichkeit.
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paul81
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Danke, sehr interessant.friedberg hat geschrieben: ↑Sa 25.10.25 17:06Hallo,
Glückwunsch zum Stück ! Aufgrund Stil, Legendenform und Stempelstellung gehen die Autoren
des RIC II 1² (I. A. Carradice, T. V. Buttrey) davon aus das diese Cistophoren in der stadtrömischen Münze
für den Export und Umlauf in die östliche Reichshälfte (Asien) hergestellt wurden.
Kevin Butcher und Matthew Ponting haben solche Cistophoren metallurgisch untersucht:
"The Metallurgy of Roman Silver Coinage, 2014, S.475"
Sie ermittelten für die obigen Stücke einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 80%.
Gleichzeitige Denare Domitians weisen dagegen einen durchschnittlichen Feinsilber Gehalt von ~ 90% auf.
Zitat: "The issue of c. AD 95 brought the two denominatons even closer in weight
(10.15g for the cistohorus and 10.35g for three denarii), but the fineness of the
denarius was now about 90%. Three denarii now contained about 9.32g of silver,
whereas the cistophorus remained at about 80% and contained about 8.12g of silver.
This means that the cistophorus was now overvalued against the denarius about 15% ..."
Warum diese Cistophoren hinsichtlich ihres Feinsilbergehalts im Verhältnis zu deren Nominal
(drei Denare) unterwertig ausgebracht wurden bleibt offen.
Bei Domitians sonstigen Silberprägungen kann man drei verschiedene Zeiträume mit jeweils geringfügig
anderem Feinsilber Gehalt unterscheiden. Innerhalb einer dieser drei Prägezeiträume unterlag
der Feinsilber Gehalt kaum messbaren Schwankungen und wurde so genau wie möglich eingehalten.
Die "unterwertigen" Cistophoren sind dahingehend auffällig. Entweder wurde absichtlich eine Art
"inflationäre" Prägung begrenzt für ein bestimmtes (östliches) Umlaufgebiet ausgegeben.
Oder es wurden ältere Prägungen kostengünstig eingeschmolzen und deren Material in diesen Cistophoren
"recycelt" ohne sich die Mühe zu geben den eigentlich notwendigen Feinsilber Gehalt zu erreichen.
Da die Schwankungsbreite des Feinsilber Gehalts der von Butcher / Ponting untersuchten Cistophoren
höher ist als die der gleichzeitigen Denare tendiere ich selbst zu letzterer Möglichkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Für mich sieht dieser Kistophor aufgrund von Stil und Legende eigentlich wie ein grosser Denar aus, von daher macht die stadtrömische Herkunft, wie du geschrieben hast, für mich absolut Sinn.
- Lucius Aelius
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Ich denke, das lässt sich leicht erklären. Wenn jemand drei Denare in der Tasche hatte, wird er die nicht gegen einen Cistophor getauscht haben wollen, da er nach diesem Tauschgeschäft statt 9,3 g Feinsilber nur noch 8 g besessen hätte (bei einem offiziellen Kurs 3 Denare = 1 Cistophor). Also sind die Cistophoren da geblieben, wo sie ausgebracht wurden, nämlich in Asia. Das war gewollt und dementsprechend wurde auch der Feingehalt der Cistophoren angepasst (80% Silber). Das wird sich schon der "Urvater" des römischen Geldwesens Augustus so ausgedacht haben: Reichsprägungen wie Denare für Rom/Italia/Westprovinzen und die alten lokalen Währungen weiterhin für die Ostprovinzen. Und damit die (westlichen) Reichsprägungen nicht in den Osten abflossen, mussten die östlichen Münzen einen schlechteren Feingehalt haben. So konnte das Grahamsche Gesetz funktionieren.friedberg hat geschrieben: ↑Sa 25.10.25 17:06
Warum diese Cistophoren hinsichtlich ihres Feinsilbergehalts im Verhältnis zu deren Nominal
(drei Denare) unterwertig ausgebracht wurden bleibt offen.
...
Die "unterwertigen" Cistophoren sind dahingehend auffällig. Entweder wurde absichtlich eine Art
"inflationäre" Prägung begrenzt für ein bestimmtes (östliches) Umlaufgebiet ausgegeben.
Oder es wurden ältere Prägungen kostengünstig eingeschmolzen und deren Material in diesen Cistophoren
"recycelt" ohne sich die Mühe zu geben den eigentlich notwendigen Feinsilber Gehalt zu erreichen.
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- aquensis (Mi 29.10.25 17:25)
Gruss
Lucius Aelius
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- friedberg
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Hallo Lucius Aelius,
Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war.
Mit freundlichen Grüßen
das bedingt aber das "jemand" der tatsächliche Feinsilber Gehalt der Cistophore auch bekannt gewesen ist.Lucius Aelius hat geschrieben: ↑Mi 29.10.25 12:29Wenn jemand drei Denare in der Tasche hatte, wird er die nicht gegen einen Cistophor getauscht haben wollen ...
Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war.
Mit freundlichen Grüßen
- Lucius Aelius
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Nun, da möchte ich ein Beispiel bringen, dass zwar 1600 Jahre später lag, wo aber ebenfalls bestimmte Münzen innerhalb eines Staatsgebildes nicht gegen bestimmte andere getauscht wurden.
Im Zuge der französischen Raubkriege gegen Deutschland wurden um 1676 herum in einigen deutschen Staaten wie Anhalt-Zerbst oder Öttingen minderwertige Silbergulden en masse geprägt. Das führte dazu, dass der Grosse Kurfürst aus Angst, dass die Zerbster Geldstücke sein angrenzendes Brandenburg überfluten (Grahamsche Gesetz), per Edikt alle Zerbster Münzen im Kurfürstentum verbot.
Wenn du schreibst: "Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war", so muss ich erwidern, dass obiges Beispiel zeigt, wie die Brandenburger (wohl nicht dümmer oder schlauer als die Leute aus Asia im 1. Jahrhundert) letztendlich auch über den Silberfeingehalt Bescheid wussten.
Im Zuge der französischen Raubkriege gegen Deutschland wurden um 1676 herum in einigen deutschen Staaten wie Anhalt-Zerbst oder Öttingen minderwertige Silbergulden en masse geprägt. Das führte dazu, dass der Grosse Kurfürst aus Angst, dass die Zerbster Geldstücke sein angrenzendes Brandenburg überfluten (Grahamsche Gesetz), per Edikt alle Zerbster Münzen im Kurfürstentum verbot.
Wenn du schreibst: "Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war", so muss ich erwidern, dass obiges Beispiel zeigt, wie die Brandenburger (wohl nicht dümmer oder schlauer als die Leute aus Asia im 1. Jahrhundert) letztendlich auch über den Silberfeingehalt Bescheid wussten.
Gruss
Lucius Aelius
Lucius Aelius
- Homer J. Simpson
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Kurze Zwischenfrage: Ihr meint das Greshamsche Gesetz, oder?
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!
- friedberg
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Re: Flavier - besonders schöne und seltene Exemplare
Hallo,
die von Dir angesprochenen Gulden (60 Kreuzer) der zweiten Kipperzeit wurden im Rahmen der Probationstage
der Reichskreise des alten Reichs als unterwertig hinsichtlich ihrer Legierung erkannt.
Dann wurde mittels Valvationstabellen bekannt gemacht welche Stücke ganz verrufen wurden
und welche Stücke zu niedrigerem Kurs weiter umlaufen durften.
"Meine" Burg Friedberg machte damals dabei fleißig mit und prägte ebenfalls massenweise unterwertige Gulden
weil sich mit der Prägung schlicht Geld verdienen ließ.
Problem, die Unterwertigkeit der Gulden musste erst einmal überhaupt erkannt, gemessen und bestätigt werden.
Im 17ten Jahrhundert geschah das unter anderem auf obigen Probationstagen.
Worin dann auch ein Unterschied zu den Cistophoren des 1ten Jahrhunderts besteht.
Wer sollte denn überhaupt zu der Zeit die Unterwertigkeit der Legierung dieser Cistophoren feststellen ?
Abgesehen von der stadtrömischen Münzstätte selbst gab es sicherlich einige wenige aus dem Bereich
der damaligen Edelmetall Verarbeitung die dazu in der Lage waren.
Dann musste der "breiten Masse" im nächsten Schritt auch noch diese Unterwertigkeit bekannt gegeben werden.
Deshalb halte ich meine These:
"Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war"
hinsichtlich der Cistophoren weiterhin aufrecht.
Mit freundlichen Grüßen
die von Dir angesprochenen Gulden (60 Kreuzer) der zweiten Kipperzeit wurden im Rahmen der Probationstage
der Reichskreise des alten Reichs als unterwertig hinsichtlich ihrer Legierung erkannt.
Dann wurde mittels Valvationstabellen bekannt gemacht welche Stücke ganz verrufen wurden
und welche Stücke zu niedrigerem Kurs weiter umlaufen durften.
"Meine" Burg Friedberg machte damals dabei fleißig mit und prägte ebenfalls massenweise unterwertige Gulden
weil sich mit der Prägung schlicht Geld verdienen ließ.
Problem, die Unterwertigkeit der Gulden musste erst einmal überhaupt erkannt, gemessen und bestätigt werden.
Im 17ten Jahrhundert geschah das unter anderem auf obigen Probationstagen.
Worin dann auch ein Unterschied zu den Cistophoren des 1ten Jahrhunderts besteht.
Wer sollte denn überhaupt zu der Zeit die Unterwertigkeit der Legierung dieser Cistophoren feststellen ?
Abgesehen von der stadtrömischen Münzstätte selbst gab es sicherlich einige wenige aus dem Bereich
der damaligen Edelmetall Verarbeitung die dazu in der Lage waren.
Dann musste der "breiten Masse" im nächsten Schritt auch noch diese Unterwertigkeit bekannt gegeben werden.
Deshalb halte ich meine These:
"Ich halte es eher für weniger wahrscheinlich das die tatsächliche Legierung der breiten Masse bekannt war"
hinsichtlich der Cistophoren weiterhin aufrecht.
Ja: https://de.wikipedia.org/wiki/Greshamsches_GesetzHomer J. Simpson hat geschrieben: ↑Do 30.10.25 07:57Kurze Zwischenfrage: Ihr meint das Greshamsche Gesetz, oder?
Mit freundlichen Grüßen
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