Historisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Historisch interessante Münzen
Ich weiß wohl, daß dieser Rechenpfennig nicht in die Antike gehört, aber ich habe mich dazu entschieden, diesen Artikel trotzdem hier einzustellen, weil er sonst untergegangen wäre.
Das Rechnen auf den Linien
Der Rechenpfennig: Nürnberg, Hans Schultes II. um 1600
AE – AE 29 (Messing), 4.60g, 28.5mm, 180°
Hans Schultes (Hans Schultheiss), tätig zwischen 1586 und 1603, Nürnberg. Enkel von Hans Schultes I. (tätig von 1553 bis 1586)
Av.: Rechenmeister in reicher Kleidung mit geschlitzten Ärmeln, pelzverbrämtem Wams und mit Barett sitzt frontal vor einem
Rechentisch, Kopf n.r., Füße auf einer Fußbank; Rechentisch mit Gittergeländer, darauf links 3 horizontale abgestufte Linien
gekreuzt von 2 vertikalen Linien und re. 12 Rechensteine; umgeben von Wellenlinie
Rv.: Quadratische Tafel mit Alphabet in 5 Zeilen: ABCDE / FGHIK / LMNOP /QRSTV / WXYZ
umgeben von dekorativen Elementen
Ref.: Neumann 32174; Koenig/Stalzer 346
SS, selten,
Geschichte:
Die Geschichte der Rechenhilfsmittel ist uralt. Eines der ältesten ist wohl das Rechenbrett. Archimedes zeichnete auf Tafeln, die mit Sand bestreut waren. Daran erinnert noch der Abakus, dessen Name vom semitischen abaq stammt, was Staub bedeutet. Auf diesen Rechenbrettern konnten Rechensteine (lat. calculi) hin- und hergeschoben werden unter Beachtung ihres Stellenwertes.
Rechenmeister:
Die Erfindung des Buchdrucks um 1450 förderte die Ausbreitung des praktischen Rechnens besonders der gehobeneren Stände. Durch die Ausweitung des Handels, der nach der Entdeckung Amerikas einen immer größeren Umfang annahm, wurde es nicht nur nötig, die Preise für die vielen neuen Handelsgüter auszurechnen sondern auch die vielen unterschiedlichen Währungen ineinander umzurechnen. Es entstand der Beruf des Wechslers und des Rechenmeisters.
Der Rechentisch:
Es gab viele unterschiedliche Rechenbretter, Rechentücher und Rechentische, je nach Bedarf. Der Rechentisch, den ich hier behandeln möchte, besitzt 4 horizontale Linien für 1000, 100, 10, 1 und dazwischen je einen Zwischenraum (spacium) für 500, 50 und 5. 2 vertikale Linien teilen den Tisch in 3 Bankiere. Die 1000-Linie ist durch ein X gekennzeichnet.
Eine der wichtigsten Quellen für das Rechnen auf den Linien sind die Rechenbücher von Adam Ries. Adam Ries aus Staffelstein (1492/3-1559) war nicht der erste, der ein Rechenbuch herausbrachte. Aber seine didaktisch geschickt aufgebauten Bücher erschienen bis 1700 in mehr als 100 Auflagen und waren allen bekannt. Er war für den Bergbau tätig und gründete in Annaberg eine Rechenschule. In seinen Büchern behandelte er zunächst das beim Volk beliebte “Rechnen auf den Linien“ und ging dann über zum „Rechnen mit der Feder“. Damit hat er dafür gesorgt, daß die römischen Zahlen durch die arabischen und das Stellenwertsystem abgelöst wurden. Geehrt wurde er durch den Titel „Churfürstlich Sächsischer Hofarithmeticus“. Die Rechentische wurden end-gültig in der franz. Revolution verboten.
Das Rechnen auf den Linien aber war ein sehr anschauliches Arbeiten. Schon aus diesem Grund rechnete Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) lieber auf den Linien als mit der Feder! Mit Rechenbrettern, dem russischen Stschoty, dem japanischen Soroban oder dem chinesischen Suanpan usw. rechnen auch heute noch Millionen Menschen.
Diese Zeit des Umbruchs zeigt der Holzschnitt Typus Arithmeticae des Kartäusermönchs und Philosophen Gregor Reisch (ca. 1470-1625) aus seinem Werk Margarita philosophica aus dem Jahr 1503: Re. sitzt Pythagoras, der im Mittelalter irrtümlich als Erfinder des Abacus galt, vor einem Rechentisch mit Linien und Rechensteinen, und li. Boethius, der irrtümlich als Erfinder der arabischen Ziffern bezeichnet wurde, der auf seinem Tisch die Vorteile des Rechnens mit arabischen Ziffern, des „Rechnens mit der Feder“ demonstriert. Er benutzt auch schon die umstrittene Ziffer 0, die zuerst von Leonardo Fibonacci 1202 in seinem Liber abaci in Europa bekannt gemacht wurde, aber noch lange nicht als Zahl galt. Interessant ist, daß bei den Griechen die 1 auch nicht als Zahl galt. So wie ein Ei, aus dem die Hühner hervorgehen, selbst kein Huhn ist, so sei auch die 1, aus der alle Zahlen hervorgehen, selbst natürlich keine Zahl. Durchgesetzt hat die Null sich erst im Laufe des 17. Jhs. Noch Gerolamo Cardano, der sich im 16. Jahrhundert mit kubischen Gleichungen beschäftigte und wohl als erster mit komplexen Zahlen rechnete, kam ohne sie aus. In der Mitte des Bildes steht die Personifikation der Arithmetik, deren Blick auf Boethius ruht als Zeichen dafür, daß sie sich bereits für das „Rechnen mit der Feder“ entschieden hat. Pythagoras schaut sehr unglücklich.
Beispiele für das Rechnen auf den Linien
Zunächst muß ich einige Begriffe erklären:
(1) Numeratio: Das Auslegen einer Zahl auf den Tisch. Bei Adam Ries galt dies bereits als eine Grundrechenart.
(2) Elevatio (Erhöhung): Liegen auf einer Linie 5 Steine, so kann ich diese entfernen und dafür einen Stein in das nächsthöhere Spacium legen. Liegen in einem Spacium 2 Steine, so kann ich diese entfernen und dafür einen Stein auf die nächsthöhere Linie legen. Auf einer Linie dürfen nie mehr als 4 Steine, in einem Spacium nie mehr als ein Stein liegen.
Mit dieser Purgatio (Reinigung) wird jede Rechnung abgeschlossen. Die Purgatio findet immer von unten nach oben statt. Danach kann man das Ergebnis einfach ablesen.
(3) Resolvatio (Aufbündelung): Ich kann aus einer Linie einen Stein entfernen und dafür 2 Steine in das nächstniedrige Spacium legen. Ich kann aus einem Spacium einen Stein entfernen und dafür 5 Steine auf die nächstniedrige Linie legen.
(4) Duplikatio (Verdoppelung): Ich verdoppele die Anzahl der Steine auf jeder Linie und in jedem Spacium. Anschließend führe ich eine Purgatio durch.
Die Grundrechenarten:
Addition (z. B. 194 + 76 = 270)
1. Numeratio der beiden Summanden 194 76
2. Addition: Zusammenschieben der Steine 3. Elevatio und Ablesen des Ergebnisses 270
Subtraktion (z. B. 287 - 43 = 244)
1. Numeratio, der Subtrahend dabei ins 2. Bankier 287 43
2. Resolvatio: Auffüllen der Minuenden-Linien und Spacien, bis dort mindestens so viele Rechensteine liegen wie im Subtrahenden-Bankier. Entspricht dem „Borgen“! 3. Subtraktion: Entfernen der Subtrahenden-Steine Ergebnis = 244
(wird fortgesetzt)
Das Rechnen auf den Linien
Der Rechenpfennig: Nürnberg, Hans Schultes II. um 1600
AE – AE 29 (Messing), 4.60g, 28.5mm, 180°
Hans Schultes (Hans Schultheiss), tätig zwischen 1586 und 1603, Nürnberg. Enkel von Hans Schultes I. (tätig von 1553 bis 1586)
Av.: Rechenmeister in reicher Kleidung mit geschlitzten Ärmeln, pelzverbrämtem Wams und mit Barett sitzt frontal vor einem
Rechentisch, Kopf n.r., Füße auf einer Fußbank; Rechentisch mit Gittergeländer, darauf links 3 horizontale abgestufte Linien
gekreuzt von 2 vertikalen Linien und re. 12 Rechensteine; umgeben von Wellenlinie
Rv.: Quadratische Tafel mit Alphabet in 5 Zeilen: ABCDE / FGHIK / LMNOP /QRSTV / WXYZ
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Geschichte:
Die Geschichte der Rechenhilfsmittel ist uralt. Eines der ältesten ist wohl das Rechenbrett. Archimedes zeichnete auf Tafeln, die mit Sand bestreut waren. Daran erinnert noch der Abakus, dessen Name vom semitischen abaq stammt, was Staub bedeutet. Auf diesen Rechenbrettern konnten Rechensteine (lat. calculi) hin- und hergeschoben werden unter Beachtung ihres Stellenwertes.
Rechenmeister:
Die Erfindung des Buchdrucks um 1450 förderte die Ausbreitung des praktischen Rechnens besonders der gehobeneren Stände. Durch die Ausweitung des Handels, der nach der Entdeckung Amerikas einen immer größeren Umfang annahm, wurde es nicht nur nötig, die Preise für die vielen neuen Handelsgüter auszurechnen sondern auch die vielen unterschiedlichen Währungen ineinander umzurechnen. Es entstand der Beruf des Wechslers und des Rechenmeisters.
Der Rechentisch:
Es gab viele unterschiedliche Rechenbretter, Rechentücher und Rechentische, je nach Bedarf. Der Rechentisch, den ich hier behandeln möchte, besitzt 4 horizontale Linien für 1000, 100, 10, 1 und dazwischen je einen Zwischenraum (spacium) für 500, 50 und 5. 2 vertikale Linien teilen den Tisch in 3 Bankiere. Die 1000-Linie ist durch ein X gekennzeichnet.
Eine der wichtigsten Quellen für das Rechnen auf den Linien sind die Rechenbücher von Adam Ries. Adam Ries aus Staffelstein (1492/3-1559) war nicht der erste, der ein Rechenbuch herausbrachte. Aber seine didaktisch geschickt aufgebauten Bücher erschienen bis 1700 in mehr als 100 Auflagen und waren allen bekannt. Er war für den Bergbau tätig und gründete in Annaberg eine Rechenschule. In seinen Büchern behandelte er zunächst das beim Volk beliebte “Rechnen auf den Linien“ und ging dann über zum „Rechnen mit der Feder“. Damit hat er dafür gesorgt, daß die römischen Zahlen durch die arabischen und das Stellenwertsystem abgelöst wurden. Geehrt wurde er durch den Titel „Churfürstlich Sächsischer Hofarithmeticus“. Die Rechentische wurden end-gültig in der franz. Revolution verboten.
Das Rechnen auf den Linien aber war ein sehr anschauliches Arbeiten. Schon aus diesem Grund rechnete Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) lieber auf den Linien als mit der Feder! Mit Rechenbrettern, dem russischen Stschoty, dem japanischen Soroban oder dem chinesischen Suanpan usw. rechnen auch heute noch Millionen Menschen.
Diese Zeit des Umbruchs zeigt der Holzschnitt Typus Arithmeticae des Kartäusermönchs und Philosophen Gregor Reisch (ca. 1470-1625) aus seinem Werk Margarita philosophica aus dem Jahr 1503: Re. sitzt Pythagoras, der im Mittelalter irrtümlich als Erfinder des Abacus galt, vor einem Rechentisch mit Linien und Rechensteinen, und li. Boethius, der irrtümlich als Erfinder der arabischen Ziffern bezeichnet wurde, der auf seinem Tisch die Vorteile des Rechnens mit arabischen Ziffern, des „Rechnens mit der Feder“ demonstriert. Er benutzt auch schon die umstrittene Ziffer 0, die zuerst von Leonardo Fibonacci 1202 in seinem Liber abaci in Europa bekannt gemacht wurde, aber noch lange nicht als Zahl galt. Interessant ist, daß bei den Griechen die 1 auch nicht als Zahl galt. So wie ein Ei, aus dem die Hühner hervorgehen, selbst kein Huhn ist, so sei auch die 1, aus der alle Zahlen hervorgehen, selbst natürlich keine Zahl. Durchgesetzt hat die Null sich erst im Laufe des 17. Jhs. Noch Gerolamo Cardano, der sich im 16. Jahrhundert mit kubischen Gleichungen beschäftigte und wohl als erster mit komplexen Zahlen rechnete, kam ohne sie aus. In der Mitte des Bildes steht die Personifikation der Arithmetik, deren Blick auf Boethius ruht als Zeichen dafür, daß sie sich bereits für das „Rechnen mit der Feder“ entschieden hat. Pythagoras schaut sehr unglücklich.
Beispiele für das Rechnen auf den Linien
Zunächst muß ich einige Begriffe erklären:
(1) Numeratio: Das Auslegen einer Zahl auf den Tisch. Bei Adam Ries galt dies bereits als eine Grundrechenart.
(2) Elevatio (Erhöhung): Liegen auf einer Linie 5 Steine, so kann ich diese entfernen und dafür einen Stein in das nächsthöhere Spacium legen. Liegen in einem Spacium 2 Steine, so kann ich diese entfernen und dafür einen Stein auf die nächsthöhere Linie legen. Auf einer Linie dürfen nie mehr als 4 Steine, in einem Spacium nie mehr als ein Stein liegen.
Mit dieser Purgatio (Reinigung) wird jede Rechnung abgeschlossen. Die Purgatio findet immer von unten nach oben statt. Danach kann man das Ergebnis einfach ablesen.
(3) Resolvatio (Aufbündelung): Ich kann aus einer Linie einen Stein entfernen und dafür 2 Steine in das nächstniedrige Spacium legen. Ich kann aus einem Spacium einen Stein entfernen und dafür 5 Steine auf die nächstniedrige Linie legen.
(4) Duplikatio (Verdoppelung): Ich verdoppele die Anzahl der Steine auf jeder Linie und in jedem Spacium. Anschließend führe ich eine Purgatio durch.
Die Grundrechenarten:
Addition (z. B. 194 + 76 = 270)
1. Numeratio der beiden Summanden 194 76
2. Addition: Zusammenschieben der Steine 3. Elevatio und Ablesen des Ergebnisses 270
Subtraktion (z. B. 287 - 43 = 244)
1. Numeratio, der Subtrahend dabei ins 2. Bankier 287 43
2. Resolvatio: Auffüllen der Minuenden-Linien und Spacien, bis dort mindestens so viele Rechensteine liegen wie im Subtrahenden-Bankier. Entspricht dem „Borgen“! 3. Subtraktion: Entfernen der Subtrahenden-Steine Ergebnis = 244
(wird fortgesetzt)
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Re: Historisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
Das eigentliche Rechnen begann in der Antike aber erst mit der Multiplikation (lat. ratiocinari, griech. logizein)
Multiplikation (z. B. 38 x 123 = 4674)
Die Multiplikation wird auf wiederholte Addition zurückgeführt. Dabei sollte man zur Vereinfachung alle Rechenvorteile nutzen.
1. Numeratio des Multiplikanden (am besten in beide Bankiere) 38 38
2. Multiplikation von 38 mit 100: Die Steine werden einfach 2 Linien nach oben verschoben. 38 x 100
3. Multiplikation von 38 mit 20: Die Steine im 2. Bankier werden verdoppelt und 1 Linie nach oben verschoben. 38 x 100 38 x 20
Addition der beiden Teilergebnisse und Elevation zur Vereinfachung: 38 x 120
4. Multiplikation von 38 mit 3: Dazu wird die 38 3x aufgelegt 38 x 120 38 x 3
5. Addition der Teilergebnisse (Zusammenschieben nach links und Elevation. Das Ergebnis kann abgelesen werden. Ergebnis = 4674
Entsprechend wird die Division auf wiederholte Subtraktion zurückgeführt. Darauf, dies hier zu zeigen, möchte ich verzichten. Der interessierte Leser kann auf die erhältliche Fachliteratur zurückgreifen. Man hat aber wohl deutlich erkannt, daß es einer Ausbildung zum qualifizierten Rechenmeister bedurfte, um die Rechensteine entsprechend der mathematischen Regeln auf den Linien hin- und herzuschieben. Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, daß Lord Napier, der Erfinder der Logarithmen, eine Methode entdeckt hat, die Quadratwurzel in einer Art von Dualsystem mithilfe von Rechensteinen auf einem Rechenbrett zu ziehen. Dabei hat es sich aber um eine Art von Schachbrett gehandelt. .
Quellen:
(1) Adam Risen, Rechenbuch auff Linien und Ziphern in allerley Hand, 1532 (Nachdruck 1991)
(2) Manfred Weidauer, Rechnen auf den Linien – nach Adam Ries, 2022
(3) Glade/Manteuffel, Am Anfang stand der Abakus, 1973
(4) Kai Brodersen, Die Arithmetica localis des John Napier (1617), Kartoffeldruck-Verlag 2006
(5) Martin Gardner, Napiers Abacus, in 'Bacons Geheimnis', 1990 Wolfgang Krüger
(6) Der Kleine Pauly
(7) Realenzyklopädie
Online-Quellen:
(1) Wikpedia
(2) tinohempel.de
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Das eigentliche Rechnen begann in der Antike aber erst mit der Multiplikation (lat. ratiocinari, griech. logizein)
Multiplikation (z. B. 38 x 123 = 4674)
Die Multiplikation wird auf wiederholte Addition zurückgeführt. Dabei sollte man zur Vereinfachung alle Rechenvorteile nutzen.
1. Numeratio des Multiplikanden (am besten in beide Bankiere) 38 38
2. Multiplikation von 38 mit 100: Die Steine werden einfach 2 Linien nach oben verschoben. 38 x 100
3. Multiplikation von 38 mit 20: Die Steine im 2. Bankier werden verdoppelt und 1 Linie nach oben verschoben. 38 x 100 38 x 20
Addition der beiden Teilergebnisse und Elevation zur Vereinfachung: 38 x 120
4. Multiplikation von 38 mit 3: Dazu wird die 38 3x aufgelegt 38 x 120 38 x 3
5. Addition der Teilergebnisse (Zusammenschieben nach links und Elevation. Das Ergebnis kann abgelesen werden. Ergebnis = 4674
Entsprechend wird die Division auf wiederholte Subtraktion zurückgeführt. Darauf, dies hier zu zeigen, möchte ich verzichten. Der interessierte Leser kann auf die erhältliche Fachliteratur zurückgreifen. Man hat aber wohl deutlich erkannt, daß es einer Ausbildung zum qualifizierten Rechenmeister bedurfte, um die Rechensteine entsprechend der mathematischen Regeln auf den Linien hin- und herzuschieben. Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, daß Lord Napier, der Erfinder der Logarithmen, eine Methode entdeckt hat, die Quadratwurzel in einer Art von Dualsystem mithilfe von Rechensteinen auf einem Rechenbrett zu ziehen. Dabei hat es sich aber um eine Art von Schachbrett gehandelt. .
Quellen:
(1) Adam Risen, Rechenbuch auff Linien und Ziphern in allerley Hand, 1532 (Nachdruck 1991)
(2) Manfred Weidauer, Rechnen auf den Linien – nach Adam Ries, 2022
(3) Glade/Manteuffel, Am Anfang stand der Abakus, 1973
(4) Kai Brodersen, Die Arithmetica localis des John Napier (1617), Kartoffeldruck-Verlag 2006
(5) Martin Gardner, Napiers Abacus, in 'Bacons Geheimnis', 1990 Wolfgang Krüger
(6) Der Kleine Pauly
(7) Realenzyklopädie
Online-Quellen:
(1) Wikpedia
(2) tinohempel.de
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 25.07.24 22:46, insgesamt 1-mal geändert.
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- Homer J. Simpson
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Re: Historisch interessante Münzen
Das ist aber schon ein besonders schöner Rechenpfennig - und ein großer dazu! War das mehr ein Schaustück, oder wurden so große Exemplare richtig verwendet?
Homer
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Re: Historisch interessante Münzen
Hallo,Homer J. Simpson hat geschrieben: ↑Do 25.07.24 21:51Das ist aber schon ein besonders schöner Rechenpfennig - und ein großer dazu! War das mehr ein Schaustück, oder wurden so große Exemplare richtig verwendet?
Homer
solch große Stücke wurden tatsächlich verwendet. War damals nicht ungewöhnlich.
Viele Grüße
Lackland
„Es hat alles seinen tieferen Sinn.“ ‚Joseph Schwejk‘
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Re: Historisch interessante Münzen
doppelt!
Zuletzt geändert von Peter43 am Di 06.08.24 08:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Historisch interessante Münzen
Das Getreide in der Antike
Ich möchte hier etwas über das Getreide in der Antike erzählen. Aber nicht über die Bedeutung der Getreideversorgung Roms durch Ägypten und Nordafrika und die Abhängigkeit der Kaiser von diesen Schiffstransporten, über die wir hier schon öfter gesprochen
haben, und deren Bedeutung sich in den Münzausgaben, z. B. der Annona, widerspiegelt, sondern einmal über die botanische Seite.
Im amerikanischen Forum wird regelmäßig erstaunt gefragt, wie es möglich sei, daß die Römer bereits Mais (corn) kannten, obwohl er doch erst durch Kolumbus nach Europa gekommen sein soll; denn in den Münzbescheibungen heißt es oft 'hält Kornähren (corn ears) in der Hand'. Die Erklärung ist einfach: Mit Korn wird gewöhnlich das Hauptgetreide bezeichnet. So versteht man unter corn in den USA den Mais, in England den Weizen und in Deutschland den Roggen. Deshalb kam es 1946 zu Mißverständnissen, als die Amerikaner Konrad Adenauer fragten, was die deutsche Bevölkerung bei der Hungersnot nach dem Krieg vor allem brauche, und
als der antwortete: Korn, Deutschland mit Mais überschwemmten, der in Deutschland unüblich war.
Münze #1: Magna graeca, Lukania, Metapontion, 300-250 v. Chr.
AE 11, 1.59g, 11.2mm, 0°
Av.: Gehörnter Kopf des Apollo Karneios n. r.
Rv.: META (li. Feld von unten)
Gerstenähre mit Blatt zur Rechten
im Feld re. über dem Blatt Fliege (Kontrollmarke)
Ref.: Johnson Bronze 64; HN Italy 1700; cf. SNG ANS
587 (andere Kontrollmarke); SNG Copenhagen
1256 (stempelgleich); SNG Morcom 257 (stempelgleich); Macdonald Hunter 67 (stempelgleich)
SS, kleiner Schrötling
Anmerkung:
Die Fruchtbarkeit des Gebietes von Metapontion, vor allem im Hinblick auf den Getreideanbau, war berühmt. So wird berichtet, daß die Metapontiner dem Tempel in Delphi ein goldenes Ernteopfer darbrachten in der Form einer in Gold gearbeiteten Garbe oder einem Bündel Getreide. Aus demselben Grund wurde eine Ähre zum charakteristischen Symbol auf ihren Münzen.
Münze #2: Thrakien, Cherronesos, 386-309 v. Chr.
AE 11, 2.04g
Av.: Kopf eines brüllenden Löwen n. l.
Rv.: XEP – PO
Korn einer Gerstenähre
Ref.: SNG Copenhagen 844-6
Anmerkung:
Cherronesos ist der thrakische Chersonnesos, das heutige Gallipoli. Der Prägeort war Kardia oder Agora. Die Dardanellen waren der wichtigste Weg für die Versorgung Griechenlands mit dem Getreide aus Skythien, der heutigen Ukraine.
Geschichte:
Alle unsere Getreidesorten sind aus Wildgräsern hervorgegangen, bei denen das Kauen der harten Körner eine willkommene Zugabe an Stärke und Eiweiß war. Begonnen hat die Nutzung wahrscheinlich bei Altai-Völkern. Großflächiger Anbau fand dann in Mesopotamien und dem „goldenen Halbmond“ statt.
Welche Getreidesorten waren in der Antike überhaupt bekannt? Das waren vor allem Gerste und Weizen Unser Hauptgetreide, der Roggen, spielte in der Antike keine Rolle.
(1) Gerste
Die Gerste, Hordeum vulgare, engl. barley, gehört zur Gattung Hordeum der Familie der Süßgräser. Ursprungsgebiete der Gerste sind der Vordere Orient und die östliche Balkanregion. Die ältesten Nachweise der Gerste lassen sich bis 10500 v. Chr. zurückdatieren. Ab 7000 v. Chr. begann die systematische Zuchtauswahl und seit der Jungsteinzeit (5000 v. Chr.) findet auch in Mitteleuropa Gerstenanbau statt.
Während des Mittelalters war die Gerste als ertragreiches Viehfutter geschätzt. Dank der Züchtung können die Erträge, vor allem auf anspruchsloseren Standorten, mit den Weizenerträgen konkurrieren. Gerste ist eines der klassischen Getreide der Antike. Sie
ist vor mehr als 8000 Jahren im Zweistromland und am Nil angebaut worden und war auch das wichtigste Getreide der Römer, bis es vom Weizen abgelöst wurde. Sie ist eng verwandt mit der im Nahen Osten vorkommenden Wildgerste (Hordeum vulgare subsp. spontaneum). Gerstenkörner
(2) Weizen
Der Weizen, Triticum cereale L., ist die bedeutendste und mannigfaltigste aller Getreidearten. Nach ihrer Chromosomenzahl wird sie eingeteilt in 3 Gruppen: diploid, tetraploid und hexaploid. Ihre herkömmliche Unterscheidung nach Spelz- und Nacktweizen wird
aber aus praktischen Gründen aufrechterhalten. Im Laufe der Antke verloren die Spelz-Weizen (lat. far) durch ihre schlechte Eignung für gesäuertes Brot (sie enthalten kein Gluten) allmählich ihre Rolle und wurden, wie auch die Gerste, um 300 v. Chr. durch den
Nacktweizen (Triticum turgidum) verdrängt. Hier wurden dann wiederum die tetraploiden Arten durch die hexaploiden Arten wegen ihrer höheren Körnerzahl verdrängt. Nur das Triticum durum, der tetraploide Hartweizen, hat im Mittelmeerraum noch seinen Platz behaupten können. Weizenblüte, eigenes Photo (Juni 2024)
In der Antike waren griech. pyros und lat. triticum die Bezeichnungen für den Nacktweizen, woneben noch die Bezeichnung frumentum im Sinne unseres 'Korns' für das Hauptbrotgetreide die überragende Rolle des Nacktweizen widerspiegeln. Im Lat. bedeutete triticum im engeren Sinn den als Hauptweizen bezeichneten tetraploiden Grieß- oder Hartweizen, während der besonders in der Kaiserzeit bevorzugte hexaploide Weichweizen siligo hieß. Die allmähliche Ausdehnung dieses Brotweizens auch auf die Herbstaussaat zeigt, daß im Laufe der Zeit Fortschritte in der Züchtung gemacht wurden, durch die der Weichweizen immer
konkurrenzfähiger wurde. Heute sind die Fortschritte gentechnisch weitgehend aufgeklärt. Durch die Einführung eines Allels des Gens GNI-A1 in den Saatweizen konnte die Expression des ursprünglichen Gens GNI1, das die Blütenbildung verhindert, reduziert werden und die Anzahl der Weizenkörner in einem Ährchen nahm von 4 auf 6 zu.
Die ersten von Menschen angebauten Weizenarten waren Einkorn (Triticum monococcum) und Emmer (Triticum dicoccum). Reste von Einkorn wurden unter anderem bei der steinzeitlichen Gletschermumie „Ötzi“ in den Alpen gefunden. Ährchen von Einkorn
Emmer war bereits diploid und in jedem Ährchen befanden sich 2 Körner. Ährchen von Emmer
Das Herkunftsgebiet des Weizens ist der Vordere Orient. Die ältesten Nacktweizenfunde stammen aus der Zeit zwischen 7800–5200 v. Chr. Damit ist Weizen nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Mit seiner Ausbreitung nach Nordafrika und Europa gewann der
Weizen grundlegende Bedeutung. Die ältesten Funde von Nacktweizen stammen z. B. aus dem westmediterranen Raum, dem Siedlungsbereich der Cardial- oder Impressokultur. Der Emmer galt als der Weizen Roms.
(3) Roggen
Der Roggen (sicale, centenum) ist mit dem Weizen eng verwandt. Man kann aus ihm bekanntlich Brot backen. Dies muß aber gesäuert werden, und es ist dunkler, schwerer und weniger wohlschmeckend, und kann deshalb mit dem Weizen nur dort konkurrieren, wo er wegen seiner Winterhärte im Vorteil ist. Das trifft zu auf die Regionen nördlich des großen Berggürtels aus
Karpaten, Alpen und Vogesen und südlich von Nord- und Ostsee. Hier wurde der Roggen bereits zur Kaiserzeit als Hauptbrotgetreide ("Korn") angebaut. Bei Plinius wird er einmal als nördliches Getreide erwähnt (Plin. nat. 16, 140), aber im Mittelmeerraum selbst scheint er damals keine Rolle gespielt zu haben. Im Mittelalter hat es sich auch auf südliche Gebiete ausgedehnt, wahrscheinlich mitgebracht durch nördliche Völkerstämme. Der Beginn kann belegt werden durch eine Stelle im diocletianischen Maximaltarif, in
dem er hinter Weizen und Gerste zu finden ist. Seit dem 18. Jh. hat sich der Roggenanbau wieder in seine angestammten Gebiete zurückgezogen. Er ist keines der klassischen Getreide der Antike. Man vermutet seinen Ursprung vor 2000 bis 3000 Jahren als
Unkraut in den Weizenfeldern Kleinasiens, wo es im Mischanbau verbreitet wurde.
(4) Reis
Reis (oryza) war seit dem Alexanderzug im Mittelmeer bekannt. Von einem Anbau ist aber nichts bekannt. Er galt als Krankenkost (Horaz)
Die Verarbeitung des Getreides
Die Gewinnung der Getreidekörner ist sehr aufwendig. Sie sind umgeben von harten, spitzen Spelzen und Grannen, die erst mühsam entfernt werden müssen. Dazu wird das Getreide gedroschen, d. h. solange mit Dreschflegeln geschlagen, bis sich diese Anhängsel von den Körnern trennen. Das lohnt sich natürlich erst, wenn genug Getreide zusammengekommen ist. Anschließend wird der Drusch in die Luft geworfen, das sog. Worfeln, so daß der Wind die leichteren Anhängsel davontragen kann und die schwereren Körner zu Boden fallen. Dann erst kann das Getreide gemahlen werden.
Das erste Getreide ist 12500 Jahre vor heute nachgewiesen, das erste Brot aber erst 6500 Jahre vor heute. Es klafft also eine Lücke von 6000 Jahren zwischen der Nutzung von Getreide und der Herstellung von Brot, die erklärt werden muß. Der Zoologe und Kulturwissenschaftler Josef H. Reichholf hat 2008 dafür eine verblüffende Theorie aufgestellt.
Von Anbeginn gehören Rauschgifte zur Geschichte des Menschen. Dabei unterscheidet man 2 unterschiedliche
Arten ihrer Anwendung:
(1) Konsum durch Rauchen von Pilzen, Psilocybin, Fliegenpilz, Marihuana u.a. Diese Art des Konsums findet überwiegend bei Nomaden statt, die die Drogen beim Herumwandern sammeln und kleinere Mengen mit sich herumtragen können.
(2) Im Gegensatz dazu steht der Konsum durch Trinken von Alkohol, Bier, Wein und Schnaps, wobei Bier das älteste Produkt ist. Gewonnen wird es aus Getreide. Dieses muß angebaut werden und verlangt seßhafte Kulturen, die den Anbau überwachen und für eine geordnete Ernte sorgen. Reichholf's These ist nun, daß der Ursprung von Ackerbau und die Seßhaftigkeit des Menschen die Lagerhaltung und Verarbeitung von berauschenden Nahrungsmitteln gewesen sei. Im Mittleren Osten sei die Bierbrauerei auf Basis des Gerstenanbaus lange vor der Erfindung der Brotbäckerei eine wesentliche Triebkraft gewesen. Bereits im Gilgamesch-Epos wird es gelobt: Trink Bier, Wie's Brauch ist im Lande! Bier als Nahrungsmittel war im Gegensatz zum Getreide lagerfähig und man konnte berauschende gemeinschaftliche Feste feiern.
Die Ausgrabungen von Göbekli Tepe haben dies bestätigt. Göbekli Tepe war keine Stadt, sondern ein Kultzentrum ca. 10000 v. Chr., noch vor dem Beginn des Ackerbaus. Dort hat man eine Menge von Wildweizenkörnern gefunden, die nicht zum Backen geeignet
waren. Zudem waren zur Aufbewahrung von Bier wie auch der Getreidevorräte eine Menge von Tontöpfen und -fässern nötig. Dies habe die Mobilität der Jäger und Sammler verringert und die Seßhaftigkeit gefördert. Sumerer beim Biertrinken (Wikipedia)
Was uns auch klar geworden sein sollte ist, daß unser Leben ziemlich einseitig von nur einer einzigen Pflanzenfamilie abhängt: den Süßgräsern (Poaceae)! Sollte es einmal ein Virus geben, das sich auf diese Gräser spezialiert hat, würde es für uns sehr schlecht aussehen.
Literatur:
(1) Plinius, Hist. Nat.
(2) Dr. Gustav Hegi, Illustrierte Flora von MittelEuropa, 1906
(3) Hassler/Muer, Flora von Deutschland, 2022
(4) Hansjörg Küster, Am Anfang war das Korn, Beck 2013
(5) Josef H. Reichholf, Warum die Menschen sesshaft wurden, Fischer 2010
(6) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Ich möchte hier etwas über das Getreide in der Antike erzählen. Aber nicht über die Bedeutung der Getreideversorgung Roms durch Ägypten und Nordafrika und die Abhängigkeit der Kaiser von diesen Schiffstransporten, über die wir hier schon öfter gesprochen
haben, und deren Bedeutung sich in den Münzausgaben, z. B. der Annona, widerspiegelt, sondern einmal über die botanische Seite.
Im amerikanischen Forum wird regelmäßig erstaunt gefragt, wie es möglich sei, daß die Römer bereits Mais (corn) kannten, obwohl er doch erst durch Kolumbus nach Europa gekommen sein soll; denn in den Münzbescheibungen heißt es oft 'hält Kornähren (corn ears) in der Hand'. Die Erklärung ist einfach: Mit Korn wird gewöhnlich das Hauptgetreide bezeichnet. So versteht man unter corn in den USA den Mais, in England den Weizen und in Deutschland den Roggen. Deshalb kam es 1946 zu Mißverständnissen, als die Amerikaner Konrad Adenauer fragten, was die deutsche Bevölkerung bei der Hungersnot nach dem Krieg vor allem brauche, und
als der antwortete: Korn, Deutschland mit Mais überschwemmten, der in Deutschland unüblich war.
Münze #1: Magna graeca, Lukania, Metapontion, 300-250 v. Chr.
AE 11, 1.59g, 11.2mm, 0°
Av.: Gehörnter Kopf des Apollo Karneios n. r.
Rv.: META (li. Feld von unten)
Gerstenähre mit Blatt zur Rechten
im Feld re. über dem Blatt Fliege (Kontrollmarke)
Ref.: Johnson Bronze 64; HN Italy 1700; cf. SNG ANS
587 (andere Kontrollmarke); SNG Copenhagen
1256 (stempelgleich); SNG Morcom 257 (stempelgleich); Macdonald Hunter 67 (stempelgleich)
SS, kleiner Schrötling
Anmerkung:
Die Fruchtbarkeit des Gebietes von Metapontion, vor allem im Hinblick auf den Getreideanbau, war berühmt. So wird berichtet, daß die Metapontiner dem Tempel in Delphi ein goldenes Ernteopfer darbrachten in der Form einer in Gold gearbeiteten Garbe oder einem Bündel Getreide. Aus demselben Grund wurde eine Ähre zum charakteristischen Symbol auf ihren Münzen.
Münze #2: Thrakien, Cherronesos, 386-309 v. Chr.
AE 11, 2.04g
Av.: Kopf eines brüllenden Löwen n. l.
Rv.: XEP – PO
Korn einer Gerstenähre
Ref.: SNG Copenhagen 844-6
Anmerkung:
Cherronesos ist der thrakische Chersonnesos, das heutige Gallipoli. Der Prägeort war Kardia oder Agora. Die Dardanellen waren der wichtigste Weg für die Versorgung Griechenlands mit dem Getreide aus Skythien, der heutigen Ukraine.
Geschichte:
Alle unsere Getreidesorten sind aus Wildgräsern hervorgegangen, bei denen das Kauen der harten Körner eine willkommene Zugabe an Stärke und Eiweiß war. Begonnen hat die Nutzung wahrscheinlich bei Altai-Völkern. Großflächiger Anbau fand dann in Mesopotamien und dem „goldenen Halbmond“ statt.
Welche Getreidesorten waren in der Antike überhaupt bekannt? Das waren vor allem Gerste und Weizen Unser Hauptgetreide, der Roggen, spielte in der Antike keine Rolle.
(1) Gerste
Die Gerste, Hordeum vulgare, engl. barley, gehört zur Gattung Hordeum der Familie der Süßgräser. Ursprungsgebiete der Gerste sind der Vordere Orient und die östliche Balkanregion. Die ältesten Nachweise der Gerste lassen sich bis 10500 v. Chr. zurückdatieren. Ab 7000 v. Chr. begann die systematische Zuchtauswahl und seit der Jungsteinzeit (5000 v. Chr.) findet auch in Mitteleuropa Gerstenanbau statt.
Während des Mittelalters war die Gerste als ertragreiches Viehfutter geschätzt. Dank der Züchtung können die Erträge, vor allem auf anspruchsloseren Standorten, mit den Weizenerträgen konkurrieren. Gerste ist eines der klassischen Getreide der Antike. Sie
ist vor mehr als 8000 Jahren im Zweistromland und am Nil angebaut worden und war auch das wichtigste Getreide der Römer, bis es vom Weizen abgelöst wurde. Sie ist eng verwandt mit der im Nahen Osten vorkommenden Wildgerste (Hordeum vulgare subsp. spontaneum). Gerstenkörner
(2) Weizen
Der Weizen, Triticum cereale L., ist die bedeutendste und mannigfaltigste aller Getreidearten. Nach ihrer Chromosomenzahl wird sie eingeteilt in 3 Gruppen: diploid, tetraploid und hexaploid. Ihre herkömmliche Unterscheidung nach Spelz- und Nacktweizen wird
aber aus praktischen Gründen aufrechterhalten. Im Laufe der Antke verloren die Spelz-Weizen (lat. far) durch ihre schlechte Eignung für gesäuertes Brot (sie enthalten kein Gluten) allmählich ihre Rolle und wurden, wie auch die Gerste, um 300 v. Chr. durch den
Nacktweizen (Triticum turgidum) verdrängt. Hier wurden dann wiederum die tetraploiden Arten durch die hexaploiden Arten wegen ihrer höheren Körnerzahl verdrängt. Nur das Triticum durum, der tetraploide Hartweizen, hat im Mittelmeerraum noch seinen Platz behaupten können. Weizenblüte, eigenes Photo (Juni 2024)
In der Antike waren griech. pyros und lat. triticum die Bezeichnungen für den Nacktweizen, woneben noch die Bezeichnung frumentum im Sinne unseres 'Korns' für das Hauptbrotgetreide die überragende Rolle des Nacktweizen widerspiegeln. Im Lat. bedeutete triticum im engeren Sinn den als Hauptweizen bezeichneten tetraploiden Grieß- oder Hartweizen, während der besonders in der Kaiserzeit bevorzugte hexaploide Weichweizen siligo hieß. Die allmähliche Ausdehnung dieses Brotweizens auch auf die Herbstaussaat zeigt, daß im Laufe der Zeit Fortschritte in der Züchtung gemacht wurden, durch die der Weichweizen immer
konkurrenzfähiger wurde. Heute sind die Fortschritte gentechnisch weitgehend aufgeklärt. Durch die Einführung eines Allels des Gens GNI-A1 in den Saatweizen konnte die Expression des ursprünglichen Gens GNI1, das die Blütenbildung verhindert, reduziert werden und die Anzahl der Weizenkörner in einem Ährchen nahm von 4 auf 6 zu.
Die ersten von Menschen angebauten Weizenarten waren Einkorn (Triticum monococcum) und Emmer (Triticum dicoccum). Reste von Einkorn wurden unter anderem bei der steinzeitlichen Gletschermumie „Ötzi“ in den Alpen gefunden. Ährchen von Einkorn
Emmer war bereits diploid und in jedem Ährchen befanden sich 2 Körner. Ährchen von Emmer
Das Herkunftsgebiet des Weizens ist der Vordere Orient. Die ältesten Nacktweizenfunde stammen aus der Zeit zwischen 7800–5200 v. Chr. Damit ist Weizen nach der Gerste die zweitälteste Getreideart. Mit seiner Ausbreitung nach Nordafrika und Europa gewann der
Weizen grundlegende Bedeutung. Die ältesten Funde von Nacktweizen stammen z. B. aus dem westmediterranen Raum, dem Siedlungsbereich der Cardial- oder Impressokultur. Der Emmer galt als der Weizen Roms.
(3) Roggen
Der Roggen (sicale, centenum) ist mit dem Weizen eng verwandt. Man kann aus ihm bekanntlich Brot backen. Dies muß aber gesäuert werden, und es ist dunkler, schwerer und weniger wohlschmeckend, und kann deshalb mit dem Weizen nur dort konkurrieren, wo er wegen seiner Winterhärte im Vorteil ist. Das trifft zu auf die Regionen nördlich des großen Berggürtels aus
Karpaten, Alpen und Vogesen und südlich von Nord- und Ostsee. Hier wurde der Roggen bereits zur Kaiserzeit als Hauptbrotgetreide ("Korn") angebaut. Bei Plinius wird er einmal als nördliches Getreide erwähnt (Plin. nat. 16, 140), aber im Mittelmeerraum selbst scheint er damals keine Rolle gespielt zu haben. Im Mittelalter hat es sich auch auf südliche Gebiete ausgedehnt, wahrscheinlich mitgebracht durch nördliche Völkerstämme. Der Beginn kann belegt werden durch eine Stelle im diocletianischen Maximaltarif, in
dem er hinter Weizen und Gerste zu finden ist. Seit dem 18. Jh. hat sich der Roggenanbau wieder in seine angestammten Gebiete zurückgezogen. Er ist keines der klassischen Getreide der Antike. Man vermutet seinen Ursprung vor 2000 bis 3000 Jahren als
Unkraut in den Weizenfeldern Kleinasiens, wo es im Mischanbau verbreitet wurde.
(4) Reis
Reis (oryza) war seit dem Alexanderzug im Mittelmeer bekannt. Von einem Anbau ist aber nichts bekannt. Er galt als Krankenkost (Horaz)
Die Verarbeitung des Getreides
Die Gewinnung der Getreidekörner ist sehr aufwendig. Sie sind umgeben von harten, spitzen Spelzen und Grannen, die erst mühsam entfernt werden müssen. Dazu wird das Getreide gedroschen, d. h. solange mit Dreschflegeln geschlagen, bis sich diese Anhängsel von den Körnern trennen. Das lohnt sich natürlich erst, wenn genug Getreide zusammengekommen ist. Anschließend wird der Drusch in die Luft geworfen, das sog. Worfeln, so daß der Wind die leichteren Anhängsel davontragen kann und die schwereren Körner zu Boden fallen. Dann erst kann das Getreide gemahlen werden.
Das erste Getreide ist 12500 Jahre vor heute nachgewiesen, das erste Brot aber erst 6500 Jahre vor heute. Es klafft also eine Lücke von 6000 Jahren zwischen der Nutzung von Getreide und der Herstellung von Brot, die erklärt werden muß. Der Zoologe und Kulturwissenschaftler Josef H. Reichholf hat 2008 dafür eine verblüffende Theorie aufgestellt.
Von Anbeginn gehören Rauschgifte zur Geschichte des Menschen. Dabei unterscheidet man 2 unterschiedliche
Arten ihrer Anwendung:
(1) Konsum durch Rauchen von Pilzen, Psilocybin, Fliegenpilz, Marihuana u.a. Diese Art des Konsums findet überwiegend bei Nomaden statt, die die Drogen beim Herumwandern sammeln und kleinere Mengen mit sich herumtragen können.
(2) Im Gegensatz dazu steht der Konsum durch Trinken von Alkohol, Bier, Wein und Schnaps, wobei Bier das älteste Produkt ist. Gewonnen wird es aus Getreide. Dieses muß angebaut werden und verlangt seßhafte Kulturen, die den Anbau überwachen und für eine geordnete Ernte sorgen. Reichholf's These ist nun, daß der Ursprung von Ackerbau und die Seßhaftigkeit des Menschen die Lagerhaltung und Verarbeitung von berauschenden Nahrungsmitteln gewesen sei. Im Mittleren Osten sei die Bierbrauerei auf Basis des Gerstenanbaus lange vor der Erfindung der Brotbäckerei eine wesentliche Triebkraft gewesen. Bereits im Gilgamesch-Epos wird es gelobt: Trink Bier, Wie's Brauch ist im Lande! Bier als Nahrungsmittel war im Gegensatz zum Getreide lagerfähig und man konnte berauschende gemeinschaftliche Feste feiern.
Die Ausgrabungen von Göbekli Tepe haben dies bestätigt. Göbekli Tepe war keine Stadt, sondern ein Kultzentrum ca. 10000 v. Chr., noch vor dem Beginn des Ackerbaus. Dort hat man eine Menge von Wildweizenkörnern gefunden, die nicht zum Backen geeignet
waren. Zudem waren zur Aufbewahrung von Bier wie auch der Getreidevorräte eine Menge von Tontöpfen und -fässern nötig. Dies habe die Mobilität der Jäger und Sammler verringert und die Seßhaftigkeit gefördert. Sumerer beim Biertrinken (Wikipedia)
Was uns auch klar geworden sein sollte ist, daß unser Leben ziemlich einseitig von nur einer einzigen Pflanzenfamilie abhängt: den Süßgräsern (Poaceae)! Sollte es einmal ein Virus geben, das sich auf diese Gräser spezialiert hat, würde es für uns sehr schlecht aussehen.
Literatur:
(1) Plinius, Hist. Nat.
(2) Dr. Gustav Hegi, Illustrierte Flora von MittelEuropa, 1906
(3) Hassler/Muer, Flora von Deutschland, 2022
(4) Hansjörg Küster, Am Anfang war das Korn, Beck 2013
(5) Josef H. Reichholf, Warum die Menschen sesshaft wurden, Fischer 2010
(6) Der Kleine Pauly
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Re: Historisch interessante Münzen
Cherronesos und Chersonnesos sind nur Varianten von ein und demselben griechischen Begriff, der "Halbinsel" bedeutet.
Ob es eine Polis namens Chersonesos gab, ist umstritten, heute neigt man aber dazu, sie mit der Stadt Agora zu identifizieren (deren ungefähre Lage man kennt). Beschrieben ist das ganz gut in der englischen Zusammenfassung des Buchs "История на Тракийския Херсонес" von Yulia Tzvetkova auf Seite 270 f.:
https://www.academia.edu/372331/History ... n_Conquest
Was die Münzen mit der Legende XEP oder XEPPO (und auch die silbernen Hemidrachmen) betrifft, wird heute mehrheitlich davon ausgegangen, dass sie eine Art Gemeinschaftsprägung sind und in Kardia hergestellt wurden (wie es Ernest Babelon schon 1901 im Traité II-4 auf Seite 998 ff. formuliert hat).
Siehe dazu bei Corpus Nummorum Online: https://www.corpus-nummorum.eu/resources/typology/40
Gruß
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Re: Historisch interessante Münzen
Ein glücklicher Neufund
Seit nunmehr 15 Jahren bin ich auf der Jagd nach neuen Münzen für unsere Monographie „Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Istrum“. Zwar kommen immer wieder neue Typen auf den Markt, aber bei den meisten von ihnen handelt es sich um bisher unbekannte Stempelkombinationen. Um so größer ist die Freude, wenn unter ihnen ein neues Rv.-Motiv ist, besonders wenn es ein so schönes ist wie auf der
folgenden Münze (Man darf sich durch den unregelmäßigen Schrötling nicht stören lassen!): Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Caracalla als Caesar, 195-198
AE 21, 2.48g, 21.12x16.13mm, 180°
Av.: M AVP KAI. - ANTΩNIN
Bloßer Kopf n. r.
Rv.: NIKOΠ - OΛITΩN Π - POC ICTP
Adler mit weit offenen Flügeln auf Palmzweig n. r. stehend, Kopf mit Kranz im Schnabel n. l.
Ref.: a) nicht in AMNG
b)nicht in Varbanov
c) nicht in Hristova/Hoeft/Jekov (2023):
Rs. bisher nicht gelistet
Vs. z. B. No. 8.18.35.9 (stempelgleich)
extrem selten, SS, ovaler Schrötling
Üblicherweise steht der Adler, der Vogel des Zeus, auf einem Blitzbündel. Auch eine Erdkugel, ein Kranz oder eine einfache Stange kommen vor. Eine Abbildung, auf der der Adler auf einem Palmzweig steht, ist für Nikopolis sehr selten. Wir kennen sie nur noch ein anderes Mal von einer Großbronze für Severus unter dem Statthalter Ovinius Tertullus (HrHJ 8.14.1.73). Ganz ungewöhnlich auf unserer Münze ist hier aber die Stellung des Adlers, der mit seinen ausgebreiteten Schwingen den Eindruck macht, sich zum Flug erheben zu wollen. Mich erinnert diese Abbildung stark an den preußischen Adler auf den Fahnen zur Zeit Friedrichs des Großen.
Literatur:
Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Ist-rum, Blagoevgrad 2023
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Seit nunmehr 15 Jahren bin ich auf der Jagd nach neuen Münzen für unsere Monographie „Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Istrum“. Zwar kommen immer wieder neue Typen auf den Markt, aber bei den meisten von ihnen handelt es sich um bisher unbekannte Stempelkombinationen. Um so größer ist die Freude, wenn unter ihnen ein neues Rv.-Motiv ist, besonders wenn es ein so schönes ist wie auf der
folgenden Münze (Man darf sich durch den unregelmäßigen Schrötling nicht stören lassen!): Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Caracalla als Caesar, 195-198
AE 21, 2.48g, 21.12x16.13mm, 180°
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Bloßer Kopf n. r.
Rv.: NIKOΠ - OΛITΩN Π - POC ICTP
Adler mit weit offenen Flügeln auf Palmzweig n. r. stehend, Kopf mit Kranz im Schnabel n. l.
Ref.: a) nicht in AMNG
b)nicht in Varbanov
c) nicht in Hristova/Hoeft/Jekov (2023):
Rs. bisher nicht gelistet
Vs. z. B. No. 8.18.35.9 (stempelgleich)
extrem selten, SS, ovaler Schrötling
Üblicherweise steht der Adler, der Vogel des Zeus, auf einem Blitzbündel. Auch eine Erdkugel, ein Kranz oder eine einfache Stange kommen vor. Eine Abbildung, auf der der Adler auf einem Palmzweig steht, ist für Nikopolis sehr selten. Wir kennen sie nur noch ein anderes Mal von einer Großbronze für Severus unter dem Statthalter Ovinius Tertullus (HrHJ 8.14.1.73). Ganz ungewöhnlich auf unserer Münze ist hier aber die Stellung des Adlers, der mit seinen ausgebreiteten Schwingen den Eindruck macht, sich zum Flug erheben zu wollen. Mich erinnert diese Abbildung stark an den preußischen Adler auf den Fahnen zur Zeit Friedrichs des Großen.
Literatur:
Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Ist-rum, Blagoevgrad 2023
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Re: Historisch interessante Münzen
Eine wirklich schöne Münze, und auch ein ansprechender Schrötling.
Ist das oben noch der Anguss von der Schrötlingsproduktion ?
Schöne Grüße,
MR
Ist das oben noch der Anguss von der Schrötlingsproduktion ?
Schöne Grüße,
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Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
- Peter43
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Re: Historisch interessante Münzen
Könnte noch gut der Anguss sein, der nicht richtig entfernt wurde.
Jochen
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Die Mamertini
Vor einiger Zeit kamen wir bei der Diskussion über alte Weine auf den Mamertino zu sprechen, den bereits Caesar und Plinius getrunken haben sollen. Das ist der Anlaß, diese alte Münze hervorzukramen und die Geschichte der Mamertini zu recherchieren, die im Vorfeld des 1. Punischen Krieges eine wichtige Rolle spielten.
Die Münze:
Sizilien, Messina, die Mamertini, 208-200 v. Chr.
AE – Pentonkion, 9.11g, 28.5mm, 270°
Av.: Belorbeerter Kopf des Ares, bartlos, n. l.
in Perlkreis
Rv.: MA - MEPTINΩN; im li. Feld Π (Nominal)
Nackter Reiter vor seinem Pferd n. l. stehend, Chlamys über die Schulter fallend und um den li. Arm gewickelt, hält
im li. Arm eine Lanze und hat die re. Hand dem Pferd auf den Kopf gelegt; alles in Perlkreis
Ref.: BMC 32; Hoover HGC 849; CNS 25; SNG Copenhagen 447; MIAMG 4473; SNG ANS 427; SNG München 696; MSTG 24C; GC
1143
hübsches Porträt, dunkelgrüne Patina Zur Münze:
(1) Die Münzen der Mamertini zeigen auf dem Av. Köpfe von Göttern und auf dem Rv. häufig kriegerische Szenen. Sie durften nur Kupfermünzen prägen.
(2) Π steht für Pentonkion, das Nominal
Geschichte:
Die Mamertini waren oskische Söldner aus Campanien, die der Tyrann Agathokles von Syrakus im 3.Jh. v.Chr. für seinen Kieg gegen die Karthager angeworben hatte. Nach seinem Tod 289 v.Chr. herrenlos geworden nannten sie sich nach ihrem Kriegsgott "Söhne des Mamers" (oskisch = Mars). Sie verließen Syrakus und bemächtigten sich Messanas, des heutigen Messinas, töteten alle Männer, und teilten Frauen, Kinder und das Eigentum der Opfer unter sich auf. Von Messana aus suchten sie das ganze östliche Sizilien mit ihren Raubzügen heim. Selbst König Pyrrhos, der fast ganz Sizilien unter seine Kontrolle gebracht hatte, widerstanden sie erfolgreich und brachten ihm, als er sich von Rhegion zurückzog 276 bei Bruttium schwere Verluste bei.
Schließlich wurden sie sogar für Syrakus zum Problem. Als Hieron II von Syrakus 269 v.Chr. den Thron bestiegen hatte, brach er 270 gegen die Mamertini auf und belagerte 265 Messana. Daraufhin riefen sie die Karthager um Hilfe an, verbündeten sich mit ihrer in der Nähe liegenden Kriegsflotte und konnten so gemeinsam die Belagerung durch Syrakus abwehren.
Allerdings wurden sie danach von Hieron II. in einer Feldschlacht besiegt. Als Hieron II. anschließend Messana besetzen wollte, legten die Karthager, die damals stärkste Seemacht, Widerspruch ein und zwangen Hieron zum Abbruch.
Nach diesem Erfolg verließen die Karthager jedoch nicht die Stadt und die Mamertiner wandten sich jetzt an die Römer um Hilfe. Die Meinung der Römer war zwiegespalten. Ein Teil der Senatoren war wegen der Stärke der Karthager gegen eine Hilfe, aber Appius Claudius Caudex gelang es, insbesondere die reichen Plebejer, davon zu überzeugen, daß es sowieso zu einem Krieg mit den Karthagern kommen würde, und dies die beste Gelegenheit sei.
In der Zwischenzeit hatten die Mamertini, gedrängt durch die Karthager, ihr Hilfegesuch an die Römer wieder zurückgezogen. Das aber hinderte Appius Claudius nicht, eine Armee nach Messana zu führen. Dort lud er den karthagischen Befehlshaber zu einem Gespräch ein, ließ ihn festnehmen und drohte, ihn zu töten, wenn die Karthager sich ihm widersetzen würden. Daraufhin zogen die Karthager ab und Messana wurde den Römern übergeben. Dadurch waren jetzt sowohl die Karthager als auch die Römer auf Sizilien engagiert, was nach kurzer Zeit zum Ausbruch des 1. Punischen Krieges (264-241) führte, bei dem es im Wesentlichen um die Kontrolle über Sizilien ging.
Die Mamertini blieben den Römern im 1. Punischen Krieg treu und wurden dafür von ihnen belohnt: Messana, die civitas Mamertina, bekam den Status einer civitas foederata mit allen ihren Rechten und Pflichten.
Der Wein Caesars
Nachdem die Mamertini um 310 v.Chr. von Campanien nach Sizilien gekommen waren, entdeckten sie irgendwann im Laufe ihrer Geschichte die Möglichkeiten des Weinbaus im Nordosten von Sizilien., dem heutigen Mamertino. Strabo und Martial berichten, daß der Mamertino mit den 4 besten Weins Italiens konkurriere Iulius Caesar galt als oberste Autorität in Sachen Weinbau, weil er glaubte, daß er die Männer bei der Arbeit hielt und eine hervorragende militärische Verteidigung darstellte, weil die Weinbauern sich erbittert gegen Eindringlinge wehrten, um ihre Weinberge zu schützen.
Für das Fest zu seinem 3. Konsulat (46 v.Chr.) wählte er ihn zusammen mit dem Falerner aus. Der Schauplatz dieses Ereignisses war einzigartig: Es war die heutige Baronie von Capo Milazzo, ein großes über dem Meer schwebendes Plateau, bedeckt mit Weinbergen und Olivenhainen, die jedoch seit Jahren verwahrlost sind (Planeta Winery).
Anmerkung:
Der Mamertinische Kerker am Capitol in Rom hat mit den Mamertini direkt nichts zu tun. Der Kerker, in dem u. a. der Gallier Vercingetorix umkam, hieß in der Antike Tullianum (nach lat. tullus = Wasserquelle) und wurde nach Livius von König Ancus Marcius gebaut. Er hatte über die Cloaca Maxima einen Zugang zum Tiber. Daß dort die Apostel Petrus und Paulus gefangen waren, ist nur eine fromme Legende. Im 8.Jh. n.Chr. bürgerte sich der Name Carcer Mamertinum ein, wahrscheinlich nach einem Altar des Mars (osk. Mamers) in der Nähe. Kerker mit Altar
Quellen:
(1) Polybios, Historiai
(2) Diodor, Bibliotheke
(3) Plutarch, Pyrrhos
(4) Appian, Samnitenkriege
(5) Cassius Dio, Römische Geschichte
(6) Martial, Epigramme
(7) Strabo, Geographika
Literatur:
(1) Mommsen, Römische Geschichte
(2) Der Kleine Pauly
(3) Barclay Head, HN
(4) Wikipedia
Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr
Jochen
Vor einiger Zeit kamen wir bei der Diskussion über alte Weine auf den Mamertino zu sprechen, den bereits Caesar und Plinius getrunken haben sollen. Das ist der Anlaß, diese alte Münze hervorzukramen und die Geschichte der Mamertini zu recherchieren, die im Vorfeld des 1. Punischen Krieges eine wichtige Rolle spielten.
Die Münze:
Sizilien, Messina, die Mamertini, 208-200 v. Chr.
AE – Pentonkion, 9.11g, 28.5mm, 270°
Av.: Belorbeerter Kopf des Ares, bartlos, n. l.
in Perlkreis
Rv.: MA - MEPTINΩN; im li. Feld Π (Nominal)
Nackter Reiter vor seinem Pferd n. l. stehend, Chlamys über die Schulter fallend und um den li. Arm gewickelt, hält
im li. Arm eine Lanze und hat die re. Hand dem Pferd auf den Kopf gelegt; alles in Perlkreis
Ref.: BMC 32; Hoover HGC 849; CNS 25; SNG Copenhagen 447; MIAMG 4473; SNG ANS 427; SNG München 696; MSTG 24C; GC
1143
hübsches Porträt, dunkelgrüne Patina Zur Münze:
(1) Die Münzen der Mamertini zeigen auf dem Av. Köpfe von Göttern und auf dem Rv. häufig kriegerische Szenen. Sie durften nur Kupfermünzen prägen.
(2) Π steht für Pentonkion, das Nominal
Geschichte:
Die Mamertini waren oskische Söldner aus Campanien, die der Tyrann Agathokles von Syrakus im 3.Jh. v.Chr. für seinen Kieg gegen die Karthager angeworben hatte. Nach seinem Tod 289 v.Chr. herrenlos geworden nannten sie sich nach ihrem Kriegsgott "Söhne des Mamers" (oskisch = Mars). Sie verließen Syrakus und bemächtigten sich Messanas, des heutigen Messinas, töteten alle Männer, und teilten Frauen, Kinder und das Eigentum der Opfer unter sich auf. Von Messana aus suchten sie das ganze östliche Sizilien mit ihren Raubzügen heim. Selbst König Pyrrhos, der fast ganz Sizilien unter seine Kontrolle gebracht hatte, widerstanden sie erfolgreich und brachten ihm, als er sich von Rhegion zurückzog 276 bei Bruttium schwere Verluste bei.
Schließlich wurden sie sogar für Syrakus zum Problem. Als Hieron II von Syrakus 269 v.Chr. den Thron bestiegen hatte, brach er 270 gegen die Mamertini auf und belagerte 265 Messana. Daraufhin riefen sie die Karthager um Hilfe an, verbündeten sich mit ihrer in der Nähe liegenden Kriegsflotte und konnten so gemeinsam die Belagerung durch Syrakus abwehren.
Allerdings wurden sie danach von Hieron II. in einer Feldschlacht besiegt. Als Hieron II. anschließend Messana besetzen wollte, legten die Karthager, die damals stärkste Seemacht, Widerspruch ein und zwangen Hieron zum Abbruch.
Nach diesem Erfolg verließen die Karthager jedoch nicht die Stadt und die Mamertiner wandten sich jetzt an die Römer um Hilfe. Die Meinung der Römer war zwiegespalten. Ein Teil der Senatoren war wegen der Stärke der Karthager gegen eine Hilfe, aber Appius Claudius Caudex gelang es, insbesondere die reichen Plebejer, davon zu überzeugen, daß es sowieso zu einem Krieg mit den Karthagern kommen würde, und dies die beste Gelegenheit sei.
In der Zwischenzeit hatten die Mamertini, gedrängt durch die Karthager, ihr Hilfegesuch an die Römer wieder zurückgezogen. Das aber hinderte Appius Claudius nicht, eine Armee nach Messana zu führen. Dort lud er den karthagischen Befehlshaber zu einem Gespräch ein, ließ ihn festnehmen und drohte, ihn zu töten, wenn die Karthager sich ihm widersetzen würden. Daraufhin zogen die Karthager ab und Messana wurde den Römern übergeben. Dadurch waren jetzt sowohl die Karthager als auch die Römer auf Sizilien engagiert, was nach kurzer Zeit zum Ausbruch des 1. Punischen Krieges (264-241) führte, bei dem es im Wesentlichen um die Kontrolle über Sizilien ging.
Die Mamertini blieben den Römern im 1. Punischen Krieg treu und wurden dafür von ihnen belohnt: Messana, die civitas Mamertina, bekam den Status einer civitas foederata mit allen ihren Rechten und Pflichten.
Der Wein Caesars
Nachdem die Mamertini um 310 v.Chr. von Campanien nach Sizilien gekommen waren, entdeckten sie irgendwann im Laufe ihrer Geschichte die Möglichkeiten des Weinbaus im Nordosten von Sizilien., dem heutigen Mamertino. Strabo und Martial berichten, daß der Mamertino mit den 4 besten Weins Italiens konkurriere Iulius Caesar galt als oberste Autorität in Sachen Weinbau, weil er glaubte, daß er die Männer bei der Arbeit hielt und eine hervorragende militärische Verteidigung darstellte, weil die Weinbauern sich erbittert gegen Eindringlinge wehrten, um ihre Weinberge zu schützen.
Für das Fest zu seinem 3. Konsulat (46 v.Chr.) wählte er ihn zusammen mit dem Falerner aus. Der Schauplatz dieses Ereignisses war einzigartig: Es war die heutige Baronie von Capo Milazzo, ein großes über dem Meer schwebendes Plateau, bedeckt mit Weinbergen und Olivenhainen, die jedoch seit Jahren verwahrlost sind (Planeta Winery).
Anmerkung:
Der Mamertinische Kerker am Capitol in Rom hat mit den Mamertini direkt nichts zu tun. Der Kerker, in dem u. a. der Gallier Vercingetorix umkam, hieß in der Antike Tullianum (nach lat. tullus = Wasserquelle) und wurde nach Livius von König Ancus Marcius gebaut. Er hatte über die Cloaca Maxima einen Zugang zum Tiber. Daß dort die Apostel Petrus und Paulus gefangen waren, ist nur eine fromme Legende. Im 8.Jh. n.Chr. bürgerte sich der Name Carcer Mamertinum ein, wahrscheinlich nach einem Altar des Mars (osk. Mamers) in der Nähe. Kerker mit Altar
Quellen:
(1) Polybios, Historiai
(2) Diodor, Bibliotheke
(3) Plutarch, Pyrrhos
(4) Appian, Samnitenkriege
(5) Cassius Dio, Römische Geschichte
(6) Martial, Epigramme
(7) Strabo, Geographika
Literatur:
(1) Mommsen, Römische Geschichte
(2) Der Kleine Pauly
(3) Barclay Head, HN
(4) Wikipedia
Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
- quinctilius
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Re: Historisch interessante Münzen
Nero und Poppaea auf einer Billon Tetradrachme aus Alexandria. (Ex Zurqieh, Vcoins für USD 99) Portraits von Poppaea kennt man ja eigentlich nur von Münzen, die Damnatio Memoriae hat ganze Arbeit geleistet. Die Geschichtsschreibung lässt ja kaum ein gutes Haar an ihr und ihre unrühmliche Ermordung durch Nero ist auch nicht grade ruffördernd. Wie dem auch sei, sie scheint eine Art Stilikone gewesen zu sein, kaum zu glauben wenn man die eher schematische Darstellung auf diesen Tetradrachmen betrachtet.
VG
Quinctilius
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- Chippi (Sa 18.01.25 16:40)
Münzen sind Zeitzeugen, nicht nur Objekte.
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