Währungen im Heiligen Land

Griechische Münzen des Altertums

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antisto
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Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Sa 22.03.14 18:44

Meine Frage passt sicherlich genauso gut ins Griechen-Unterforum:
Wer kann mir sagen, wie in Judaea zurzeit Jesu die verschiedenen Währungen gegeneinander verrechnet wurden. Denn es kursierten ja römische Währungen (der berühmte Zinsgroschen, wenngleich umstritten), Lokalwährungen etwa des Pontius Pilatus, Leptoi und Protot der Hasmonäerzeit, Tyrische Schekel und nach dem Zeugnis der Bibel auch griechische Drachmen (die wohl im Verhältnis zu Schekeln 1 zu 4 gerechnet wurden).
Wie war etwas das Verhältnis von tyrischen Schekeln zu römischen Denaren? Auch 1 zu 4?
Würde mich freuen, wenn hier jemand (vielleicht mit der entsprechenden Literatur) ein wenig Licht in meinen numismatischen Nebel bringen könnte. :?:
AS
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von Numis-Student » Mo 24.03.14 10:48

auf Wunsch zu den Griechen verschoben ;)

MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von diwidat » Mo 24.03.14 14:55

es ist schon einige Literatur verfügbar,
einmal
Otto Konrad Roller - Münzen, Geld und Vermögensverhältnisse in den Evangelien (1926)
und
Schröder-1.jpg
Schröder-2.jpg
mit vielen Informationen über das Geld im Heiligen Land

Gruß diwidat

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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Mo 24.03.14 17:38

Danke für den Tipp.
Ich weiß, ich weiß, es gibt da einiges an Literatur, und meine Geburtstagsliste ist groß. Aber vielleicht ist jemand hier im Forum in dieser Hinsicht bereits belesener als ich . :-)
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von shanxi » Di 25.03.14 10:23

Im FORVM gab es mal eine Diskussion. Viel Blabla aber auch ein paar Informationen:

http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=57756.0

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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von Andechser » Di 25.03.14 12:51

Man kann auch an den Katalog der Staatlichen Münzsammlung denken. Das Heilige Land, München 1993. Das ist allerdings ein Ausstellungskatalog und kein Referenzwerk.

Viele Grüße
Andechser

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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Di 25.03.14 14:04

Danke für die Hinweise.
Ein bisschen weiter scheine ich mithilfe der Ausführungen im forumancientcoin und mithilfe des NT nun doch gekommen zu sein.
Ein Schekel = 4 Drachmen = 4 Denare.
Ein Prutah = 2 Leptoi = 1 Quadrant (= 1/4 As = 1/16 Sesterz = 1/64 Denar).
Anders gesagt: Das sog. Scherflein der Witwe (vgl. Markus 12,41ff), bestehend aus 2 Leptoi, entsprach 1/128 der üblichen Tempelsteuer von 1/2 Schekel. Oder - noch mal anders gesagt: Das Verhältnis vom Schekel zum Lepton betrug damals 512 zu 1.
Höchst kompliziert, sicherlich schon damals.
AS
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Di 25.03.14 14:13

Hier mal die beiden Anschauungsobjekte "512" und "1" nach den gängigen Theorien.
Dateianhänge
Schekel 1.jpg
Schekel 2.jpg
Schwerflein1.jpg
Scherflein 2.jpg
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Di 25.03.14 14:16

P.S. Beide Münzen dürften um dieselbe Zeit geprägt worden sein, 80/79 bzw. 87 v. C.
Das 0,85 g leichte "Scherflein" verdanke ich einem "guten Bekannten" hier aus dem Forum.
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Do 27.03.14 08:57

Noch eine Ergänzung bzw. Folgerung in dieser Sache:
An anderer Stelle im Forum wurde der aktuelle Gegenwert des „Judaslohnes“, also der „30 Silberlinge“ der Bibel, (mithilfe einer Quellenangabe) mit 1.500 bis 2.000 € angegeben. Unabhängig von der kontroversen Frage nach der Historizität dieser ‚Entlohnung‘ würde ich das hiermit deutlich nach oben korrigieren:
Im nt. Gleichnis von den „Arbeitern im Weinberg“ wird der übliche Tageslohn eines Arbeiters (soweit ich informiert bin, durchaus realistisch) mit einem Denar angegeben. 30 Silberlinge bzw. Schekel (= Tetradrachmen) entsprächen nach dieser Rechnung daher 120 Tageslohnen. Was würde man als ‚üblichen‘ Arbeitstageslohn heute zugrunde legen? 80 Euro netto? Jedenfalls müsste man auf dieser Grundlage den „Judaslohn“ heute mit einer Summe von bestimmt 8.000 Euro + x angeben.
AS
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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von Chandragupta » Di 01.04.14 12:21

@antisto: Auch ich lasse mal bewußt die Historizität des GANZEN sog. "Neuen Testaments" außen vor. Aber Ich kann Deine Aussagen größenordnungsmäßig nur unterstreichen - die Kaufkraft der Edelmetalle (insb. des Silbers!) war in der Antike sehr viel höher als heute. Dabei betrug übrigens das Wertverhältnis Gold:Silber über die gesamte Antike hinweg nur ca. 12:1 (genauer: irgendwo zwischen 10:1 und 14:1 .... heute sind's um 60:1 herum ...).

Ich sage zur Veranschaulichung gegenüber "Otto Normalbürger" ohne Bezug zur antiken Numismatik immer, daß eine griechische Tetradrachme (z.B. eine Athener Eule) schon so etwa das war, was heute ein 500-€-Schein ist. Im Athen der klassischen Zeit bekam man für den Verdienstausfall für die Teilnahme an den Volksversammlungen bekanntlich 1 Drachme. Da dies nur freien Vollbürgern vorbehalten war (mithin also dem, was heute unter "Mittelstand" subsumiert wird), muß 1 Drachme schon ein durchschnittliches Tageseinkommen eines nach heutigem Wording eher "Besserverdieners" gewesen sein - also eben von jemandem, der heute bei etwa 125,- € netto pro Arbeitstag(!) (davon gibt's im Durchschnitt ca. 22 im Monat) auf jeden Fall nach "Gehaltserhöhung!" rufen würde. ;)

In (hoch)hellenistischer Zeit gab es sogar eine Deflation - die Kaufkraft einer attischen Drachme stieg also; die Folge waren die diversen leichteren Münzfüße (z.B. die Cistophoren oder die Tyros-Schekel mit ihren nur ca. 12...14 g Ag), die originär allerdings dieselbe Kaufkraft wie eine attische Tetradrachme hatten. Erst zur Römerzeit fiel der Silberpreis wieder, so daß Deine Schätzung für den Denar im frühen 1. Jh. u.Z. mit ca. 80,- € Kaufkraftparität wirklich eine sehr gute Näherung ist. Mein "runder, größenordnungsmäßiger Referenzwert" waren in den letzten Jahren übrigens 75,- €. :) (Um 2002 herum war ich noch bei ca. 50,- €/Denar ... das nennt man Inflation ... :roll: )
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Währungen im Heiligen Land

Beitrag von antisto » Mi 02.04.14 00:40

Grob gerechnet könnte man daher den Schekel - nach heutigen Finanzmitteln - mit 300 € ansetzen, die damalige Tempelsteuer mit 150 €, und das Scherflein der Witwe mit 2x 50 Cent, also 1 €.
Danke für deine Bestätigung und Ausführungen!
AS
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