Ebay, Kripo und was noch???

Kulturgutschutzgesetz

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Fr 22.08.08 22:08

Ich wurde kürzlich der Hehlerei verdächtigt und durch die Polizei verhört. Der Hintergrund war, wie sich allmählich herausstellte, der folgende: Ich hatte 2006 bei eBay einen Hannibalianus ersteigert, den ich jedoch nie erhielt, woraufhin ich das Geld vom Verkäufer zurückerstattet bekam. Der Grund, weshalb ich die Münze nicht bekam, war, wie ich nun erfahren habe, jener, dass die belgische Polizei die Münze abgefangen und den Verkäufer verhaftet hat, weil er mit Diebesgut aus irakischen Museen gehandelt hatte. Auch der Hannibalianus soll aus einem irakischen Museum stammen. Dummerweise hat der Händler der Polizei die Mär aufgetischt, dass ich regelmässig bei ihm gekauft hätte, und als die Beamten dann meinen Vcoins Shop entdeckten, vermuteten sie in mir einen Grossabnehmer der gestohlenen Ware. Also wurde ich zweimal einem Verhör unterzogen, wobei der Beamte aber nach einer Weile bemerkte, dass ich kein ganz so schlimmer Kerl bin, und als ich ihm beim zweiten Verhör die Kaufunterlagen von eBay und den eMailkontakt mit dem Verkäufer der Münze unterbreitete, sah er ein, dass mich keine Schuld trifft und ich nur dieses eine Mal bei dem Verkäufer gekauft hatte. So wurde ich aus dem Verhör entlassen mit dem Hinweis, dass das Richteramt über den weiteren Verlauf der Sache entscheiden müsse, ich aber höchstwahrscheinlich nie mehr von der Sache hören würde.

Soweit meine Erfahrung diesbezüglich, und ich muss festhalten, dass sich die Polizei mir gegenüber sehr korrekt verhalten hat, auch wenn im ersten Verhör natürlich harte Fragen an mich gerichtet wurden (keine sehr angenehme Erfahrung). Aber ich wurde gleich zu Beginn über mein Recht zu Schweigen aufgeklärt, hatte mich aber umgehend bereit erklärt, zur Aufklärung des Falles beitragen zu wollen. Wer bei Verdacht der Hehlerei sich auf sein Schweigerecht beruft, der macht sich erst recht verdächtig, und ich war der Ansicht, dass ich nichts zu verbergen habe.

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Fr 22.08.08 22:32

ich war der Ansicht, dass ich nichts zu verbergen habe.
das wärst du auch gewesen, wenn der hannibalianus bei dir angekommen wäre, und dann wärst du ihn jetzt leider los!
was ich schlicht zum kotzen finde!
denn es geht doch nicht an, dass ich bei jedem münzkauf, wo nicht 'aus sammlung soundso' raufsteht, davon ausgehen muss, das die münze aus dunklen quellen stammt.
grüsse
frank

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quisquam
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Beitrag von quisquam » Fr 22.08.08 22:50

Wenn man in den Besitz von Diebesgut kommt und dieses beschlagnahmt wird kann ich dies nicht zum kotzen finden.

Pscipio, ich finde es gut zu hören, dass andernorts nicht Beamtenwillkür herrscht wie zum Teil(?) hier bei uns. Würdest Du anderswo wohnen, dann hätte man möglicherweise ganz anders gehandelt und (wie auch geschehen) unvermittelter Dinge in einer Hausdurchsuchung alles sichergestellt, was irgendwie nach Münze aussieht, von Antike bis Neuzeit. Momentan sieht es so aus, als ob mancherorts die Justiz im blinden Vertrauen auf auf Wunschdenken beruhenden Behauptungen aus Archäologenkreise und in Unkenntnis der tatsächlichen Rechtslage den Boden der Rechtstaatlichkeit verlässt. Den Eindruck gewinnt man auch, wenn man den Artikel in der aktuellen MünzenRevue liest. Hoffentlich ist der Spuk bald vorbei.

Grüße, Stefan
Zuletzt geändert von quisquam am Fr 22.08.08 22:57, insgesamt 1-mal geändert.
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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kc
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Beitrag von kc » Fr 22.08.08 22:56

Die machen sich doch theoretisch selbst strafbar,wenn die außer den "beschlagnahmten" Münzen auch noch anderen mitnehmen.Um diese mitgehen zu lassen,bräuchten die auch erstmal entsprechende Hinweise/Beweise.Ich verstehe es nicht!

Grüße

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quisquam
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Beitrag von quisquam » Fr 22.08.08 22:59

Hallo kc,
mit deinem Unverständnis bist Du nicht allein.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Fr 22.08.08 23:02

@Frank: Dann wäre ich die Münze zu Recht los und der Verhaftete müsste mir theoretisch Schadenersatz leisten*. Wenn ich unwissenlich ein gestohlenes Auto kaufe, dann kann ich ja der Polizei auch nicht gut sagen: sorry, ich wusste nichts davon, deshalb darf ich das Auto behalten, sagt dem eigentlichen Besitzer er bekomme es nicht zurück. Natürlich ist das alles in der Praxis nicht so einfach wie in der Theorie, aber wenn ihr dem Staat unrechtmässiges Vorgehen vorwerft, dann solltet ihr nicht selber unrechtmässiges Verhalten verlangen. Ein Kauf von Diebesgut ist meines Wissens nun mal nicht rechtens, auch wenn man nichts davon wusste.

Das soll nicht heissen, dass ich das Vorgehen der deutschen Polizei in den zitierten Fällen richtig heisse. Hier handelt es sich offensichtlich um Fehlverhalten. Ich kann nur hoffen, dass man damit auf die Dauer nicht durchkommt und die Gerichte die Beamten zurückpfeifen.

Gruss, Pscipio

*was er in meinem Fall auch getan hat, nach Angaben der Polizei nach seiner Verhaftung.
Zuletzt geändert von Pscipio am Fr 22.08.08 23:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von beachcomber » Fr 22.08.08 23:04

Wenn man in den Besitz von Diebesgut kommt und dieses beschlagnahmt wird kann ich dies nicht zum kotzen finden.
ja, wenn klar ist dass es diebesgut ist, und ich das beim kauf auch weiss, oder zumindest davon ausgehen muss!
vielleicht bin ich ja naiv, aber ein hehler war für mich immer jemand der WEISS dass er diebesgut kauft.
im übrigen würde ich gerne mal die version der verkäufer hören, wo ihre münzen herkommen.
es ist ja wohl schon ausreichend, wenn sie NICHT beweisen können, wo sie herkommen, (und von der sorte habe ich auch noch zig exemplare!)
grüsse
frank

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Beitrag von Pscipio » Fr 22.08.08 23:09

beachcomber hat geschrieben:vielleicht bin ich ja naiv, aber ein hehler war für mich immer jemand der WEISS dass er diebesgut kauft.
Nach Schweizer Recht liegt ein Fehlverhalten dann vor, wenn man bewusst Diebesgut kauft, oder aber wenn man bei Einschalten des normalen Menschenverstandes hätte vermuten können bzw. sollen, dass die Ware gestohlen ist. D.h. man kann nicht in Bulgarien von einem dubiosen Händler in ner Bar zehn Kilo antike Münzen kaufen und dann vor Gericht behaupten, man hätte nicht ahnen können, dass da was krumm ist. Oder ein Gemälde kaufen, von dem in allen Zeitungen stand, es sei gestohlen worden ("der Schrei" lässt grüssen), und dann auf "in guten Glauben" pochen.
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Beitrag von beachcomber » Fr 22.08.08 23:13

D.h. man kann nicht in Bulgarien von einem dubiosen Händler in ner Bar zehn Kilo antike Münzen kaufen und dann vor Gericht behaupten, man hätte nicht ahnen können, dass da was krumm ist
eben!
aber ist ebay die plattform für solche händler? - natürlich nicht!
grüsse
frank

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Beitrag von Pscipio » Fr 22.08.08 23:19

Nein, deshalb wurde ich zum Glück auch nicht verhaftet. Und weils ein Einzelkauf war.
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Beitrag von kc » Fr 22.08.08 23:24

Was glaube ich noch nicht gefragt wurde:Was wäre,wenn die jemanden der Hehlerei beschuldigen und einige Münzen beschlagnahmen möchten,diese aber in der Zwischenzeit schon wieder verkauft wurden?

Grüße

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Beitrag von Antonian » Sa 23.08.08 00:00

hallo kc

dann bekommt man bestimmt eine Geldstrafe aufgebrummt, die mindestens so hoch ist wie der Erlös aus der verkauften Ware.

gruss antonian
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Beitrag von Theoderich » Sa 23.08.08 10:06

Wißt Ihr, was mich an dieser ganzen Sache so wütend macht? In einem Land, in dem alle Polizeibehörden seit Jahren über Personalmangel und fehlende Sachausstattung klagen, wird ein Riesenaufwand betrieben, um die Herkunft von ein paar spätrömischen Münzen zu ermitteln.

Ich habe den Eindruck, das seitens irgendwelcher Denkmalämter ein paar Verfahren per Anzeige angestossen wurden, um die ganze Szene ein bißchen aufzumischen und den Markt zu zerbomben. Beispiel eine große internationale Auktionsplattform: seit diese (wohl auf Betreiben irgendwelcher Behörden) "Pedigrees" für antike Ausgrabungsgegenstände verlangt (die natürlich auch kaum jemand liefern kann), ist das Angebot in diesem Bereich schlichtweg auf fast Null gesunken.

Zum Glück habe ich seit Jahren über die bewußte große internationale Auktionsplattform faktisch keine Antiken mehr gekauft, da mir das Durchsuchen von Riesenmengen Schrott nach dem, was mich interessiert, schlicht zu mühsam ist. Aber ich habe natürlich trotzdem das gleiche Problem wie viele Sammler: für höchstens 10 % meiner Münzen besitze ich Rechnungen o.ä., wer hätte denn vor 5 Jahren daran gedacht, sich auf Börsen oder von Händlern Quittungen geben zu lassen?

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Beitrag von harald » Sa 23.08.08 10:57

Was mich am meisten an dieser absolut unnötigen Aktion stört, ist dass man die kleinen Fische fängt und die großen Raubfische ungehindert weiter existieren dürfen.

Welcher Händler verfügt bei seiner angebotenen Ware über ein lückenloses Herkunftszeugnis? Man liest dann zb. "aus österreichischem Privatbesitz", aber woher stammt das Objekt ursprünglich?
Was ist mit dem pedigree dieser wirklich wichtigen Objekte die meistens 3-4stellige Eurobeträge kosten?

Gibt es in diesem mehr als dubiosen Gesetz irgend eine Form von Verjährung?

Die Einzelstücke der Münzen und Ausgrabungen in der obersten Preiskategorie werden nach wie vor angeboten oder wandern unpubliziert (!)direkt in die Privatkollektion so mancher betuchter Sammler und daran wird sich auch durch dieses Gesetz nichts ändern.

Warum machte ich mich strafbar, wenn ich bei ebay von Privatleuten antike Münzen der untersten Preiskategorie kaufte?

Mußte ich ahnen es handelt sich um illegal erworbene Münzen weil sie so billig waren oder nur weil es mir ein Privatmann verkaufte.
Wo liegt der Unterschied, wenn ich bei ebay einen billigen Handmixer von einem Privatmann ersteigere?
Könnte er nicht ebenfalls gestohlen sein?

Mit der lächerlichen, von einigen unfähigen Archäologen vorangetriebenen Argumentation des Handelsverbotes von antiken Münzen und Objekten ohne gesicherte Herkunft könnte man theoretisch bei ebay jeden Handel von privat zu privat verbieten, da es sich immer auch um gestohlene Ware handeln kann.

Wer verlangt schon bei einem ebay- Kauf eine Rechnung, und wer besitzt sie
noch bei einem Verkauf eines gebrauchten Gegenstands der Billigpreis- Kategorie?

Was meint ihr, wie lange es dauert bis auch der Handel ebenfalls nur mehr Münzen mit hundertprozentig nachvollziehbaren pedigree anbieten darf und wie groß dann das Angebot sein wird?
Es wird sich gegenüber jetzt im einstelligem Prozentbereich bewegen.

Ich fürchte, wenn es nach dem Willen einiger Herrschaften geht, könnte mittelfristig sogar der Besitz verboten werden

Was geschieht, wenn sich diese Leute die Mühe machen, die Herkunft von Münzen im Handel auszuforschen und daraufkommen, dass meine dort erworbenen Münzen ebenfalls kein lückenloses pedigree aufweisen.
Bin ich dann diese ebenfalls los, weil deren Herkunft unklar ist.

Viele Fragen, von denen ich nur zu wenigen eine Antwort weiß und eine große Portion Unsicherheit bleibt.
Man fühlt sich als Liebhaber und Sammler dieser Objekte in die Illegalität abgedrängt und genau das wird mit dieser Aktion offenbar bezweckt.

Gruß
harald

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Beitrag von klausklage » Sa 23.08.08 11:58

@ Harald:
so wie ich das hier verstehe, schützt Dich selbst ein Pedigree oder die Rechnung eines renommierten Händlers nicht, sondern Du brauchst die Unbedenklichkeitsbescheinigung irgend eines Denkmalamtes, dass das Stück dort ordnungsgemäß angemeldet wurde. Wenn Du etwas vom Händler ohne diesen Nachweis kaufst, soll das gerade den Vorwurf der Hehlerei begründen, weil ja eventuell der Händler das Stück illegal ausgegraben oder von einem Raubgräber erstanden haben könnte.

Das kann übrigens schon deshalb nicht sein, weil damit allen schon im Umlauf befindlichen Münzen die Verkehrsfähigkeit genommen würde, denn wer hat schon so einen Nachweis überhaupt je gesehen?

Daher hier mal die Frage an diejenigen von uns, die gewerbsmäßig mit Münzen handeln: Kauft Ihr von Privatleuten jetzt nur noch mit solchen Bescheinigungen an? Und bekomme ich jetzt mit jeder Münze, die ich bei Euch kaufe, auch so einen Wisch?

Gruß,
Olaf
squid pro quo

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