Ebay, Kripo und was noch???

Kulturgutschutzgesetz

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quisquam
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Beitrag von quisquam » Sa 23.08.08 12:14

Das blöde ist: ich kann den momentanen Aktionismus sogar irgendwie verstehen.

Dass sehr viele der ebay-Angebote in diesem Bereich unsauber sind kann doch eigentlich niemand bestreiten. Ich will gar nicht wissen, wieviele unrechtmäßig ergrabene Münzen oder Diebesgut aus Museen im Laufe der Zeit über ebay in Sammlerhände gelangt sind. Die Vorstellung, dass solche Stücke auch in meiner Sammlung liegen (wie vermutlich in den allermeisten Sammlungen!) gefällt mir gar nicht. Zum Glück habe ich die allerwenigsten meiner Münzen über ebay.

Wenn man abwägt was wichtiger ist, das verhindern von Straftaten oder dass der kleine Sammler einen Marktplatz für seine geringwertigen Münzen, die kein Händler in Zahlung nimmt, hat, kann ich die neuen Richtlinien, die tatsächlich Wirkung zeigen, gar nicht so verkehrt finden. Auch wenn ich die hauptsächlich im Fachhandel gekauften Münzen meiner Sammlung so wohl nie wieder verkauft kriege. Die Kriminalisierung des kleinen Sammlers ist hoffentlich nur eine momentane Überreaktion.

Ich finde es gar nicht verkehrt, wenn durch solche Diskussionen ein vorher nicht vorhandenes Bewusstsein für die Herkunft der Sammlungsstücke geschaffen wird. Und wer weiß: vielleicht wird man durch die Forderung ebays nach einem Pedigree irgendwann tatsächlich antike Münzen mit verlässlichem archäologischem Befund erwerben können? Zu kaum einer meiner Münzen weiß ich etwas über die Fundumstände, und schon gar nichts eindeutig belegbares, was jammerschade ist.

Von dem staatlichen Aktionismus im jenaer/gießener Fall wird allerdings am Ende wohl tatsächlich niemand profitieren.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Sa 23.08.08 12:31

Die Vorstellung, dass solche Stücke auch in meiner Sammlung liegen (wie vermutlich in den allermeisten Sammlungen!) gefällt mir gar nicht. Zum Glück habe ich die allerwenigsten meiner Münzen über ebay.
hallo stefan,
wenn du glaubst, dass der handel andere quellen hätte als die verkäufer bei ebay, dann bist du schiefgewickelt!
der einzige unterschied liegt in der qualität.
die guten ins (händler)kröpfchen, die schlechten ins (ebay)töpfchen...
(oder war's andersrum? :)
grüsse
frank

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harald
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Beitrag von harald » Sa 23.08.08 12:41

quisquam hat geschrieben: Dass sehr viele der ebay-Angebote in diesem Bereich unsauber sind kann doch eigentlich niemand bestreiten. Ich will gar nicht wissen, wieviele unrechtmäßig ergrabene Münzen oder Diebesgut aus Museen im Laufe der Zeit über ebay in Sammlerhände gelangt sind.

Ich finde es gar nicht verkehrt, wenn durch solche Diskussionen ein vorher nicht vorhandenes Bewusstsein für die Herkunft der Sammlungsstücke geschaffen wird. Und wer weiß: vielleicht wird man durch die Forderung ebays nach einem Pedigree irgendwann tatsächlich antike Münzen mit verlässlichem archäologischem Befund erwerben können? Zu kaum einer meiner Münzen weiß ich etwas über die Fundumstände, und schon gar nichts eindeutig belegbares, was jammerschade ist.
Glaubst Du wirklich, dass der Anteil an Münzen mit gesicherter legaler
Herkunft im Handel um soviel größer ist?

Auch wenn zum Beispiel ein Bauer in Rümänien eine wertvolle Goldmünze auf seinem Feld findet hat er 2 Möglichkeiten.
Er meldet sie an die staatliche Stelle und ist sie damit los.
Oder er läßt sie von einem befreundeten Gastarbeiter nach Deutschland bringen und sie wird versteigert (was ich persönlich auch nicht gutheißen kann).
Was glaubst Du passiert, wenn der Händler das Herkunftsland erwähnt?

Es schaltet sich berechtigterweise das Konsulat ein und die Münze ist beschlagnahmt.
Deswegen wirst Du auch in Zukunft so gut wie nichts über die Herkunft antiker Objekte im Handel erfahren.

Nochmal meine Frage:
Was passiert mit den vielen Münzen und Ausgrabungsstücken, die sich viele Jahrzehnte und mehr in Privatbesitz befinden, aber ebenfalls kein pedigree aufweisen.
Die Bezeichnung aus alter Sammlung wird dann wohl auch nicht mehr als Nachweis genügen, wenn diese Stücke nicht im Land ihres Auffindens den Behörden gemeldet wurden.
Die wenigen Top- Stücke, bei denen der Finder seiner Meldepflicht nachgekommen ist , dürfen ohnehin infolge eines Ausfuhrverbotes nicht außer Landes gebracht werden und so wird versucht den Markt auszutrocknen.

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Beitrag von Peter43 » Sa 23.08.08 13:30

Es gibt eine Möglichkeit, der Strafverfolgung zu entgehen, zumindestens aber auf Strafmilderung zu hoffen: Ihr nehmt eure Sammlung und gebt sie freiwillig bei den Verfolgungsbehörden ab!

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

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harald
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Beitrag von harald » Sa 23.08.08 13:34

:(??
Zuletzt geändert von harald am Sa 23.08.08 13:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Antonian » Sa 23.08.08 13:35

Hat von Euch jemand so ein Pedigree jemals gesehen, oder ist gar im Besitz eines solchen. Was für Informationen stehen denn da drauf oder müssen mindestens drauf stehen. Ist das Pedigree eindeutig einer bestimmten Münze zuzuordnen mit Photo usw.
Zu bedenken ist auch, daß eine Münze im Fundzustand vielleicht ganz anders aussieht wie nach einer Reinigung.
Bekommt man inzwischen beim Kauf einer Münze im Fachhandel etwas anderes als eine Rechnung ?

Gruss Antonian
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Beitrag von chinamul » Sa 23.08.08 13:40

Wenn die ganze Unruhe unter den Sammlern dazu führt, daß ihr Bewußtsein für das Verwerfliche der Unterstützung von Raubgräberei und dem darauf basierenden Handel geschärft wird, dann hat sie tatsächlich einen zu begrüßenden Effekt. Auf jeden Fall müßte es dadurch gelingen, die unsauberen Machenschaften illegaler Sucher allmählich auf dem Markt etwas einzudämmen. Wenn die Behörden allerdings glauben, die Sache vollends abwürgen zu können, dann kann ich über soviel Ahnungslosigkeit nur den Kopf schütteln. Solange es Münzliebhaber gibt, wird es immer auch einen gewissen Markt für illegale Ware geben.
Was mich betrifft, so werde ich mich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln gegen eine verfassungswidrige Enteignung zur Wehr setzen und werde mich nicht scheuen, dazu auch, soweit möglich, höchste Instanzen in Anspruch zu nehmen.
Mit Spannung warte ich jetzt darauf, ob und wann übereifrige Beamte durch die Justiz zurückgepfiffen werden. Sollte allerdings die bisher nur in Einzelfällen zu beobachtende illegale Wegnahme allgemein übliche und gerichtlich abgesegnete Praxis werden, hat Deutschland in meinen Augen endgültig aufgehört, ein Rechtsstaat zu sein, in dem der gesetzestreue Bürger sich sicher und geborgen fühlen kann.

Gruß

chinamul
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Beitrag von taurisker » Sa 23.08.08 13:57

Noch-ein-mal: haben die "Organe" keine anderen und wichtigeren Sorgen, als kleine Sammler zu kriminalisieren und zu belästigen???

Fazit wird sein, dass ein gewaltiger verdeckter Markt entstehen wird und so werden die wirklichen kriminelle Elemente fröhliche Urstände feiern ... abgesehen davon, entgeht der Wissenschaft dadurch ein gewaltiges Potenzial an privaten autodidakten Forschern die mit Fleiß und Freude am Sammeln und vor allem am Sammeln von Wissen über die Materie sind. Eine unglaubliche Überheblichkeit.

Salü
taurisker

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Beitrag von harald » Sa 23.08.08 14:13

Erinnert mich irgendwie an die Zeit der Prohibition im Amiland.

Vielleicht gesellen sich bald zu den zwielichtigen Gesellen auf Wiens größtem Drogenumschlagplatz, dem Karlsplatz ein paar weitere, die die Passanten mit dem leise ausgesprochenen Satz" brauchst Römer oder Kelten?" anpöbeln.

Am besten wir geben alle unsere antiken Münzen zweifelhafter Herkunft ab(@chinamul und sammeln in Zukunft nur mehr Abgüsse. 8O
So kann uns absolut nichts mehr passieren.

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Beitrag von quisquam » Sa 23.08.08 14:33

Ich hoffe immer noch, dass es sich um eine momentane Überreaktion der Behörden handelt und der Spuk bald vorbei ist. Solange versuche ich halt, das Positive an der Sache zu sehen.
beachcomber hat geschrieben:hallo stefan,
wenn du glaubst, dass der handel andere quellen hätte als die verkäufer bei ebay, dann bist du schiefgewickelt!
der einzige unterschied liegt in der qualität.
Frank, ich glaube tatsächlich, dass die geringwertigen Münzen im Handel (nur diese passen in mein Beuteschema) hauptsächlich Beifang vom Ankauf von älteren Sammlungen sind, und eben nicht "direkt von den Ausgräbern" stammen, wie offensichtlich bei vielen ebay-Angeboten. Es gibt natürlich auch viele ebay-Anbieter, bei denen ich genausowenig Probleme hätte zu kaufen wie im seriösen Handel - auch wenn der Handel mit Antiken generell problematisch ist, da hast Du schon recht.

Grüße, Stefan
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Beitrag von Karsten » Sa 23.08.08 15:19

Interessant an der Aussage, dass es sich bei jeder Münze im Handel um Hehlerwahre handelt (siehe meinen Beitrag auf S. 15) ist natürlich auch die Tatsache dass der Staat hier bei (fast) jedem Verkauf mitverdient.

Die folgenen Fragen basieren auf die etwas Überspitzte Aussage das jede gehandelte Münze Hehlerwahre ist und dadurch jedes renomierte Auktionshaus und Fachgeschäft (laut Auffassung des Archäologen im Beitrag auf S. 15) als kriminell zu betrachten ist.
Müssen auch Bankräuber in Zukunft Steuern auf Ihr Diebesgut bezahlen? Beim Münzkauf (nicht privat) fallen z.B. Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer an.
Kann man im Falle einer Beschlagnahmung des "Diebesgutes" sich die gezahlte Steuer erstatten lassen?
Macht das Finanzamt sich dann nicht auch wegen Hehlerei strafbar?
Gruß,
Karsten

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Beitrag von antoninus1 » Sa 23.08.08 15:19

Schau Dir mal die Lots bei Auktionen wie Hirsch, Künker, Gorny,... an.
Glaubst Du, dass ein Lot mit 50 Alexanderdrachmen oder 50 vorzüglichen Antoninianen des Gordian aus alten Sammlungen stammen?
Woher stammen die vielen gleichartig aussehenden alexandrinischen Tetradrachmen, die gerade bei CNG verkauft werden?
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von harald » Sa 23.08.08 16:41

Zu Münzsammlungen in Privatbesitz noch folgende Ergänzung:

Der Numismatiker und ehemalige Vorsitzende der österreichischen numismatischen Kommission R. Göbl besaß eine sehr umfangreiche Sammlung antiker Münzen und Objekten.

Karel Castelin, ein bedeutender Fachmann für keltische Münzen
(Boiergold, Autor des Kataloges der keltischen Münzen im Züricher Landesmuseum) war hauptberuflich Ingenieur in Tschechien und besaß ebenfalls eine eigene Sammlung zu Studienzwecken.

Die Reihe ließe sich zurück in die Vergangenheit beliebig fortsetzen und was früher usus war wird heute verdammt..

Besonders bei Gesprächen mit Studenten erfahre ich immer wieder, wie von Professoren gegen uns Sammler polemisiert wird.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Mitarbeiter vieler Museen gegen Funde und Münzen in Privatbesitz sind, aber im Falle einer Sonderausstellung zwecks Umsatzsteigerung immer gerne darauf zurückgreifen..

Gruß
Harald

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Beitrag von beachcomber » Sa 23.08.08 16:53

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Mitarbeiter vieler Museen gegen Funde und Münzen in Privatbesitz sind, aber im Falle einer Sonderausstellung zwecks Umsatzsteigerung immer gerne darauf zurückgreifen..
na klar, aber noch lieber würden sie sie gleich behalten, dann müssten sie nur einmal greifen :)
grüsse
frank

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Beitrag von quisquam » Sa 23.08.08 16:55

antoninus1 hat geschrieben:Schau Dir mal die Lots bei Auktionen wie Hirsch, Künker, Gorny,... an.
Glaubst Du, dass ein Lot mit 50 Alexanderdrachmen oder 50 vorzüglichen Antoninianen des Gordian aus alten Sammlungen stammen?
Woher stammen die vielen gleichartig aussehenden alexandrinischen Tetradrachmen, die gerade bei CNG verkauft werden?
Nein, so naiv bin ich nicht.
Harald hat geschrieben:Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Mitarbeiter vieler Museen gegen Funde und Münzen in Privatbesitz sind, aber im Falle einer Sonderausstellung zwecks Umsatzsteigerung immer gerne darauf zurückgreifen..
Museen stehen auch untereinander in Konkurrenz. Kein Wunder, dass sie zum Teil in der Vergangenheit wie mancher Sammler auch beim Ankauf dubioser Objekte wenig Skrupel hatten. Aber hier hat in jüngerer Zeit ein Umdenken stattgefunden. Bei aller Begeisterung für die Antike im allgemeinen und antike Münzen im speziellen: Es ist sicher nicht verkehrt, das eigene Handeln zu hinterfragen. Bekannte Privatsammler aufzuzählen klingt für mich ein wenig so, als wolle man ein Gewohnheitsrecht geltend machen. Ein Argument für oder gegen den Antikenhandel sehe ich darin nicht.

Grüße, Stefan
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