Julchen und die Venus - Teil II
Die
halbnackte Venus ist wohl tatsächlich einer der ersten Ausgaben für die Kaiserin, wenn nicht sogar die früheste überhaupt. Der Typ ist für alle Münzstätten bekannt, die für Julia Domna Silber prägte: Rom, Alexandria, Emesa(?) und Laodicea ad Mare(?). Vielleicht kann man sogar so weit gehen und sagen, dass dieser Typ von der stadtrömischen Münze aus in die Provinzen "importiert" wurde, wo teilweise immer noch Reversstempel früherer Herrscher, wie z.B. die von Pescennius Niger verwendet wurden.
Die Darstellung findet sich bereits auf früheren Denaren der Kaiserzeit, so unter Augustus, Titus, Julia Titi und Faustina II. Sicher hat Septimius Severus an die Prägungen der Antoninen angeknüpfen wollen, aber gerade (auch) die vielfältigen Venus-Münzen für Julia Domna lassen doch den Schluss zu, dass der Severer hier seine Verbundenheit mit dem julischen Geschlecht kundtun wollte, auch wenn dies nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisbar ist. Schon
Gaius Iulius Caesar verstand sich als Nachfahre von Venus höchstpersönlich; wenn auch über den 'Umweg' des
Iulus, den Sohn des Aeneas, welcher der Sage nach ein Sohn der Göttin Venus war.
Datieren kann man die Ausgaben auf 193/194 n.Chr. - danke nochmals an Curtis für den Hinweis der "COS-Prägung". Die stadtrömischen Ausgaben sind häufig, aber recht beliebt. Gepräge aus den östlichen Münzstätten sind seltener, aber auch keine Raritäten.
Schaut man sich die Venus genauer an, fällt das Gewand auf, bzw. dessen 'Zipfel'. Mal hängen sie links neben der Säule herab, mal findet man sie rechts zwischen Gewand und Palmzweig. Schon Doug Smith hat versucht, dort eine 'Gesetzmässigkeit' zu entdecken, aber genau wie er scheitere auch ich daran. Allerdings kann man folgendes sagen: Gepräge aus östlichen Münzstätten tragen immer beide 'Zipfel'. Nur aus der stadtrömischen Münze gibt es alle Varianten, wobei hier eigentümlicherweise die Version mit beiden die seltenste ist (Abb. 3). Ebenso selten ist die Variante mit dem 'Säulenzipfel' (Abb. 1); die verbleibende Version (Abb. 2) ist mit Abstand die häufigste. Und wildwinds führt sogar ein Exemplar, wo diese 'Zipfel' gänzlich fehlen:
http://www.wildwinds.com/coins/ric/juli ... 0536.5.jpg. Ein weiterer guter Grund für mich, dort nicht mehr hinter zu vermuten als eine freie Gestaltung des Stempelschitzers.
Rom (Abb. 1,2,3)
Grundsätzlich lautet die Reverslegende VENERI VICTR (Abb. 1,2); ein seltener Schreibfehler ist VENERI VI COS (Abb. 3).
Alexandria (Abb. 4)
Ich habe bisher nur die Reverslegende VENERI VIC ausmachen können, doch hat Doug Smith auf seiner website eine Denaren des Septimius Severus aus Alexandria mit der Venus vorgestellt, der die Reverslegende VENERI VICTR trägt:
http://www.forumancientcoins.com/dougsm ... 41ven.html. Ich nehme daher an, dass es auch Julchen aus Alexandria mit dieser Reverslegende geben muss, da in dieser Münzstätte (wie auch Emesa(?)) die Rückseitenstempel für Julia als auch für Septimius verwandt wurden. Typisch für Alexandria das "Glubschauge"; die Buchstaben wirken unregelmässig "crude". Die Drapierung der Büste ist 'üppig' (etwa wie der Laodicae-new-style).
Emesa(?) (Abb. 5)
Die Reverslegende lautet immer VENERI VICTR. Ansonsten ist der Emesa-style schwer zu beschreiben. Die Unterstriche der Buchstaben sind ausgeprägter als die der stadtrömischen Ausgaben. (Edit: Ein Stück mit der Legende VENER VICT kann ebenfalls Emesa zugeordnet werden.)
Laodicea ad Mare(?) (old style) (Abb. 6)
Reverslegende: VENER VICTOR. Hier scheiden sich (noch) die Geister, ob dieser Typ tatsächlich Laodicea zuzuordnen ist, da er sich sehr stark mit den Emesa-Ausgaben ähnelt. Doch gibt es Unterschiede in der Drapierung; Vergleiche mit anderen Ausgaben haben bisher eine starke Tendenz zu Laodicea ergeben.
? (Abb. 7)
Alles andere, was nicht eindeutig passt, ist barbarisiert
Aber: Warum der Apfel und nicht einen Helm??
