Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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friedberg
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von friedberg » Fr 13.06.25 00:07

Hallo Tiziana,

sofern die künstliche "Patina" aus einem Kunstharz besteht und dieses ausgehärtet ist
läßt sich dieses Kunstharz mit ungefährlichen Chemikalien nicht mehr ablösen.

Selbstverständlich gibt es Lösungsmittel die ausgehärtete Kunstharze anlösen / ablösen,
allerdings sind diese toxisch / gesundheitsschädlich und keine Substanzen die man ohne
Schutzausrüstung als "Heimanwender" benutzen kann.

Für mein Verständnis besteht eine Patina aus dem veränderten Metall der Münze selbst.
Wenn bei Deinem Stück die "Patina" aus Kunstharzen besteht und aufgetragen wurde
wird für mich eine Grenze überschritten. Ich sehe nur die Photos und habe das Stück
nicht selbst unter dem Mikroskop.
Eine "Kunstharz-Patina" wäre für mich ein Ausschlusskriterium aufgrund dessen ich den
Kauf wandeln und das Stück zurück geben würde.

Mit freundlichen Grüßen

Zwerghamster
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Zwerghamster » Fr 13.06.25 08:13

Eigentlich müsste man m.E. Nachbearbeitungen/Restaurierungen so gestalten, dass man Original-Nachbearbeitung optisch gut unterscheiden kann. Macht aber keiner, der verkaufen möchte.

Mir sind gerade am Anfang auch einzelne überarbeitete Stücke untergekommen, die mir aus diese Grund nicht mehr gefallen.

Über vorsichtige Glättungen des Hintergrunds, die nicht die Kontur von Buchstaben u.a. betreffen, kann ich (je nachdem) auch Mal hinwegsehen.
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Tiziana » Fr 13.06.25 08:20

:angel: Friedberg vielen Dank für deine Antwort.

Es geht primär hier in diesem Prozess, sei es jetzt zweideutig ( Vorgang / Abklärung ) aber erstes, nicht um das Geld.
Wenn ich es zurück tausche, gebe ich nicht nur mein Lern Objekt sondern auch die Verantwortung ab.

Es würde mich ärgern, wenn es jemandem weiter angeboten würde, um dann festzustellen dass das Stück auf Verbannungskurs ist.

Das muss alles nicht sein. Was für mein Geldbeutel wichtig ist, dass ich es zum gerechten Preis erhalte, dafür möchte ich auch genau die Erhaltung in Form von Praxis, Austausch und Expertise ausfindig machen.

Vielleicht etwas overkill, aber overkill genug wenn es von Experten bereits als zu teuer angepriesen wurde.

Ich haste ungern, ich werde heute nicht in ein Labor rennen und das Stück in " gefährlichen " Mittel legen.
Aber ich werde auch nicht gleich zum Verkäufer rennen und ihm den Freitag versauen. Lieber den Montag..... :roll: spässli...
Zuletzt geändert von Tiziana am Fr 13.06.25 09:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Stadtmynz » Fr 13.06.25 09:10

Die restauratorische Ethik inwiefern ein historischer Artefakt zu konservierungstechnischen, optischen und wissenschaftlichen Zwecken verändert werden darf, wird mittlerweile immer mehr diskutiert.

Eine schöne Übersicht gibts in dieser Masterarbeit von Pienimäki2023
https://gupea.ub.gu.se/bitstream/handle ... sAllowed=y

Die handelt zwar von der Entsalzung von historischem Eisen, aber führt die Diskussion als Einleitung an (ab S.27)
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Tiziana » Fr 13.06.25 09:44

Stadtmynz, vielen Dank für diese Lektüre. Sehr hilfreich und sehr interessant.
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von harald » Sa 14.06.25 09:21

Ich hatte kürzlich mehrere Exemplare mit ähnlicher Oberfläche zur Restaurierung.
Dabei wurden die Münzen in getöntem Wachs getränkt.
Versuch Mal baden in Waschbenzin.

Grüße
Harald
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von friedberg » Sa 14.06.25 10:11

Hallo Tiziana,

ich vermute das ich die Herkunft des Stücks und den ursprünglichen Zustand
der Münze auffinden konnte. War nicht eben leicht 8)

Das Stück lief bei Artemide Aste 62E Los 417, 11.-12.03.2023
https://www.artemideaste.com/auction/view/861/417
arteaste.jpg
Das sollte meiner bescheidenen Meinung nach das gleiche Stück
vor den umfangreichen "Bearbeitungen" sein.
solidus.jpg
Ich würde Dir empfehlen sämtliche weiteren "Versuche" am Stück einzustellen
und den Kauf zu wandeln / zurück an Deinen Verkäufer.
An dem "Trümmer" ist schlicht nichts mehr Original.

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Braunschweiger » Sa 14.06.25 11:12

friedberg hat geschrieben:
Sa 14.06.25 10:11
Hallo Tiziana,

ich vermute das ich die Herkunft des Stücks und den ursprünglichen Zustand
der Münze auffinden konnte. War nicht eben leicht 8)

Das Stück lief bei Artemide Aste 62E Los 417, 11.-12.03.2023
https://www.artemideaste.com/auction/view/861/417
arteaste.jpg

Das sollte meiner bescheidenen Meinung nach das gleiche Stück
vor den umfangreichen "Bearbeitungen" sein.

solidus.jpg

Ich würde Dir empfehlen sämtliche weiteren "Versuche" am Stück einzustellen
und den Kauf zu wandeln / zurück an Deinen Verkäufer.
An dem "Trümmer" ist schlicht nichts mehr Original.

Mit freundlichen Grüßen
Tolle Leistung, friedberg! Echt traurig, was mit der Münze gemacht wurde! :cry:
Gruß
Olaf

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Re: Nachbearbeitung antiker Münzen – insbesondere Restaurationen, Nachritzungen und das Aufbringen künstlicher Patina

Beitrag von Tiziana » Sa 14.06.25 14:43

Fantastisch Friedberg! Grossartig! Ich hab gesucht und gesucht, hab soviele Kataloge im Internet Archive durchgekämmt. Einfach toll! Das hilft so sehr!

Zum Thema Modifikation: Ich lehne handwerkliche Eingriffe nicht grundsätzlich ab, und auch in diesem Fall ist die Ausführung technisch nicht ungeschickt. Dennoch halte ich es für unschön und verantwortungslos, ein historisches, antikes Objekt in diesem Ausmaß zu verändern. Solche Eingriffe sind irreversibel und stehen aus meiner Sicht im Widerspruch zu einem respektvollen Umgang mit originaler Substanz.

Was mich dennoch freut: Dieses Stück hat eine Diskussion angestoßen – mit Beispielen und hoffentlich künftig mit mehr Aufmerksamkeit für ein Thema, das regelmäßig aufgegriffen und offen thematisiert werden muss, so wie es bei Fälschungen längst geschieht. Das ist essenziell.

Vielen Dank an alle. Vielleicht ist dieser Thread der Beginn einer notwendigen und fortlaufenden Auseinandersetzung mit dem Thema. Es reicht nicht, dass solche Stücke von Sammlern oder Händlern abgelehnt werden – sie sollten in diesem Zustand gar nicht erst existieren. Eine derart weitreichende Veränderung an einem historischen Objekt sollte grundsätzlich unterlassen werden. Wer so eingreift, entzieht dem Stück seinen dokumentarischen Wert – und im Handel haben solche Exemplare, wenn überhaupt, nur mit voller Offenlegung und klarer Kennzeichnung Platz.
- Was? Ich muss mit der Zeit gehen? Dann gehe ich mit der Zeit. :| -

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