Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Moderator: Homer J. Simpson
Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ich interessiere mich für einen Frankfurter Glockengießer der Renaissancezeit, der auf seinen Glocken Abbildungen antiker Münzen/Medaillen anbrachte. Auf einer von ihnen (dat. 1545) hat er insgesamt vier verschiedenen Abbildungen. Unter ihnen ist eine aufgrund der Inschrift (IMP VESPASIANVS AVG CO) leicht als Münze Kaiser Vespasians zu identifizieren. Bei den drei anderen ist es wesentlich schwerer. Da ich sehr wenig Ahnung von antiker Numismatik habe, bitte ich hier um Hilfe.
Eine der Abdrücke zeigt eine eine Frau im Profil mit langem, auf die Schulter fallendem Haar. Die beiden anderen sind Profilköpfe zweier Männer mit lockiger Haar- und Barttracht (Typ "griechischer Philosoph"). Von den Inschriften auf den drei Münzen sind nur einzelne Buchstaben zu entziffern, die Endung -NAI bei dem zweiten Mann weist zumindest auf griechisch. Meine Fragen lauten: Handelt es sich überhaupt um Münzen oder um Medaillen? Kann man die Dargestellten identifizieren oder - wenn nicht - ist es zumindest möglich, Ort und Zeit der Entstehung einzugrenzen? Die Münzabdrücke sind auf der Glocke etwa 2,9 cm im Durchmesser, könnten aber etwas kleiner als die Originale sein, um die Größen aneinander anzugleichen. Ich füge einige Bilder bei, da diese mehr aussagen als viele Worte.
Vielen Dank im voraus für die Hilfe!
Eine der Abdrücke zeigt eine eine Frau im Profil mit langem, auf die Schulter fallendem Haar. Die beiden anderen sind Profilköpfe zweier Männer mit lockiger Haar- und Barttracht (Typ "griechischer Philosoph"). Von den Inschriften auf den drei Münzen sind nur einzelne Buchstaben zu entziffern, die Endung -NAI bei dem zweiten Mann weist zumindest auf griechisch. Meine Fragen lauten: Handelt es sich überhaupt um Münzen oder um Medaillen? Kann man die Dargestellten identifizieren oder - wenn nicht - ist es zumindest möglich, Ort und Zeit der Entstehung einzugrenzen? Die Münzabdrücke sind auf der Glocke etwa 2,9 cm im Durchmesser, könnten aber etwas kleiner als die Originale sein, um die Größen aneinander anzugleichen. Ich füge einige Bilder bei, da diese mehr aussagen als viele Worte.
Vielen Dank im voraus für die Hilfe!
- ischbierra
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Der Frauenkopf könnte Faustina II sein, die Gemahlin Marc Aurels. Sie trägt einen Knoten.Die Größe von 2,9 spricht für Sesterz, es sind also vermutlich Münzabdrücke, Medaillions wären etwas größer.
Gruß ischbierra
Gruß ischbierra
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Hallo Renarda,
die Männer kann ich leider nicht identifizieren, aber die Dame dürfte die Faustina II sein. Der Grösse nach könnten als Vorbilder Provinzbronzemünen sein.
Eigentlich sind es Römer, deshalb ist es vielleich besser die Frage im Römerforum zu stellen.
Gruß
Stater
die Männer kann ich leider nicht identifizieren, aber die Dame dürfte die Faustina II sein. Der Grösse nach könnten als Vorbilder Provinzbronzemünen sein.
Eigentlich sind es Römer, deshalb ist es vielleich besser die Frage im Römerforum zu stellen.
Gruß
Stater
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ist ja toll! Ich hätte nie gedacht, dass es so was gibt. Kannst du uns denn etwas über den Glockengiesser erzählen?
Vespasian ist eindeutig, und ischbierra bzw. Stater werden mit Faustina II. für die Dame auch richtig liegen. Der bärtige Herr ("Männerkopf 2") erinnert am ehesten an Aelius, den früh verstorbenen designierten Nachfolger von Hadrian; Alternativen wären Marcus Aurelius oder Lucius Verus, aber das, denke ich, ist doch eher unwahrscheinlich. Wenn ich das richtig sehe, ist kein Lorbeerkranz vorhanden, das würde ebenfalls zu Aelius passen. Wenn es sich um eine Kaiserdarstellung handelt, und darauf deutet alles hin (v.a. die anscheinend vorhandene Umschrift), dann muss es jedenfalls 2. Jh. n. Chr. sein. Wo genau liest du bei dem Abdruck "NAI"?
Zu "Männerkopf 1" möchte ich nichts sagen, da bräuchte man ein grösseres Foto. Wäre übrigens für alle Abdrücke hilfreich!
Gruss, Pscipio
Vespasian ist eindeutig, und ischbierra bzw. Stater werden mit Faustina II. für die Dame auch richtig liegen. Der bärtige Herr ("Männerkopf 2") erinnert am ehesten an Aelius, den früh verstorbenen designierten Nachfolger von Hadrian; Alternativen wären Marcus Aurelius oder Lucius Verus, aber das, denke ich, ist doch eher unwahrscheinlich. Wenn ich das richtig sehe, ist kein Lorbeerkranz vorhanden, das würde ebenfalls zu Aelius passen. Wenn es sich um eine Kaiserdarstellung handelt, und darauf deutet alles hin (v.a. die anscheinend vorhandene Umschrift), dann muss es jedenfalls 2. Jh. n. Chr. sein. Wo genau liest du bei dem Abdruck "NAI"?
Zu "Männerkopf 1" möchte ich nichts sagen, da bräuchte man ein grösseres Foto. Wäre übrigens für alle Abdrücke hilfreich!
Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Aufgrund der nahezu perfekten Rundung mit dem hochbordigen Rand und der Zentrierung der Portraits halte ich es für denkbar, daß hier nicht originale Münzen als Model für die Eindrücke verwendet wurden, sondern Kopien / Paduaner. Die waren ja in der Zeit, als die Glocke gegossen wurde (1545), bereits seit ca. 50 Jahren weit verbreitet und wohl auch populär.
Gruß klaupo
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- Homer J. Simpson
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
So etwas denke ich auch. Von den hier abgebildeten vier Plaketten entspricht nur der Vespasian im Stil einer römischen Münze, und hier ist ja auch die Umschrift dabei, hier wird man wohl eine Münze (evtl. einen Sesterz, und beim Trocknen der Form ist das Ganze dann etwas geschrumpft, so daß wir auf die heutigen 29 mm kommen?) in die Form gedrückt haben. Die anderen Porträts wirken renaissancisch anstatt antik, hier hat man wohl, denke ich, auch keine Paduaner, sondern antiken Vorbildern nachempfundene zeitgenössische Medaillen genommen. Von daher weiß ich auch nicht, ob man jedes Bild auf ein eindeutig bestimmbares Modell zurückführen kann. Die bärtigen Porträts könnten dann sehr wohl Ideal-Mischbildern entsprechen, die sich an Lucius Verus oder Aelius (seinem Vater) orientieren.
Viele Grüße,
Homer
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
schwer zu sagen, aber mindestens die faustina passt stilistisch schon ganz gut. ausserdem meine ich auch bei den anderen (unleserliche) umschriften zu erkennen.
grüsse
frank
grüsse
frank
Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ich finde es toll, wie schnell und kompetent man hier Antworten bekommt! Vielen herzlichen Dank!!!
Ich füge auch nochmals - hoffendlich bessere - Fotos von den Medaillons der Glocke bei, damit man vielleicht die Inschriften besser erkennen kann. Meine Originale sind sehr gute, hochauflösende Fotos mit teilweise bis zu 10 MB, auf denen man eigentlich viel erkennen kann, aber durch dass runterkonfigurieren auf 85 KiB wird die Qualität doch recht schlecht. Bezüglich der der Buchstaben -NAI, die ich glaube zu erkennen, sind diejenigen am linken oberen Rand auf dem "Männerkopf 2" gemeint, vielleicht sind sie auf den neuen Bildern besser zu erkennen. Auf dem "Männerkopf 1" scheint mir am rechten Rand entlang Reste von Buchstaben erkennbar, die ich nun aber gar nicht auflösen kann. Ich werde die Bilder auch nochmals bei der "römischen Abteilung" vorstellen, vielleicht haben die dortigen Kenner ja noch Ideen zu den Köpfen. Ich habe bereits bevor ich mich hierher wandte, sämtliche Münzen im Berliner Münzkabinett, die ja online einsehbar sind, durchgeforstet, aber dort nichts wirklich vergleichbares gefunden (weder griechisch noch römisch), somit ist es wohl wirklich am wahrscheinlichsten, dass es um Nachahmungen antiker Vorbilder durch Renaissancemedailleure handelt.
Für die Frage vpn Pscipio bezüglich des Glockengießers sende ich morgen noch eine extra Antwort!
Ich füge auch nochmals - hoffendlich bessere - Fotos von den Medaillons der Glocke bei, damit man vielleicht die Inschriften besser erkennen kann. Meine Originale sind sehr gute, hochauflösende Fotos mit teilweise bis zu 10 MB, auf denen man eigentlich viel erkennen kann, aber durch dass runterkonfigurieren auf 85 KiB wird die Qualität doch recht schlecht. Bezüglich der der Buchstaben -NAI, die ich glaube zu erkennen, sind diejenigen am linken oberen Rand auf dem "Männerkopf 2" gemeint, vielleicht sind sie auf den neuen Bildern besser zu erkennen. Auf dem "Männerkopf 1" scheint mir am rechten Rand entlang Reste von Buchstaben erkennbar, die ich nun aber gar nicht auflösen kann. Ich werde die Bilder auch nochmals bei der "römischen Abteilung" vorstellen, vielleicht haben die dortigen Kenner ja noch Ideen zu den Köpfen. Ich habe bereits bevor ich mich hierher wandte, sämtliche Münzen im Berliner Münzkabinett, die ja online einsehbar sind, durchgeforstet, aber dort nichts wirklich vergleichbares gefunden (weder griechisch noch römisch), somit ist es wohl wirklich am wahrscheinlichsten, dass es um Nachahmungen antiker Vorbilder durch Renaissancemedailleure handelt.
Für die Frage vpn Pscipio bezüglich des Glockengießers sende ich morgen noch eine extra Antwort!
- Homer J. Simpson
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Viiiel besser, die Bilder.
Der Vespasian scheint eine Strahlenkrone aufzuhaben, dann wär's ein Dupondius, der hier abgedrückt worden wäre. Das würde auch zu den 29 mm passen, nix mit Schrumpfung.
Bezüglich der anderen Porträts sehe ich mich eher bestätigt, daß es sich um - der Antike nachempfundene, das ist ja die Definition - Renaissanceporträts handelt. So große, weit herunterreichende Büsten der Faustina kenne ich nicht, auch schaut mir der Kopf aus wie eine Kreuzung aus Faustina Junior und den Allegorieporträts auf den Dupondien des Tiberius.
Könnte es sich bei den beiden anderen Männerköpfen um zwei Abformungen desselben Stückes handeln?
Homer
Der Vespasian scheint eine Strahlenkrone aufzuhaben, dann wär's ein Dupondius, der hier abgedrückt worden wäre. Das würde auch zu den 29 mm passen, nix mit Schrumpfung.
Bezüglich der anderen Porträts sehe ich mich eher bestätigt, daß es sich um - der Antike nachempfundene, das ist ja die Definition - Renaissanceporträts handelt. So große, weit herunterreichende Büsten der Faustina kenne ich nicht, auch schaut mir der Kopf aus wie eine Kreuzung aus Faustina Junior und den Allegorieporträts auf den Dupondien des Tiberius.
Könnte es sich bei den beiden anderen Männerköpfen um zwei Abformungen desselben Stückes handeln?
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Wie werden eigentlich Glock gegossen? Gibt es da ein riesiges Wachsmodell?
valete
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
http://www.ingridbischur.de/glocke.htmlWie werden eigentlich Glock gegossen? Gibt es da ein riesiges Wachsmodell?
Grüße
Zwerg
Es geht aber auch anders
http://www.glockengiesser.de/Herstellun ... llung.html
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ich sehe ich bin nicht der einzige, der auf cepasaccus' Frage hin gegooglet hat...
http://www.petit-edelbrock.de/glocken.htm
Grüße, Stefan
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Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Uih, danke! D. h. die vier Muenzen muessen als Wachspositiv vorgelegen haben.
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Der Männerkopf 1 mit seinem Blick zum Himmel sieht mir sehr christlich aus. Ein Evangelist oder ein Heiliger?
Jochen
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Omnes vulnerant, ultima necat.
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