BÖSARTIGE Münzen

Deutschland vor 1871
Numister
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Fr 16.04.21 13:53

Atalaya hat geschrieben:
Fr 16.04.21 13:30
Hallo,

wie gesichert ist es jetzt nochmal, dass es sich bei dieser Geschichte nicht um eine "numismatische" Fiktion des 19. oder ausgehenden 18. Jahrhunderts handelt? Zu der man dann passende Stücke erfunden hat? Viell. gab es da diesen genannten Kupferstich aus der Zeit, der die Geschichte angeregt hat. Oder anonyme Güsse allgemein religionskritischen Inhalts, denen man diese Geschichte andichtete. Als die Herzöge im 19. Jh. Die Veste renovierten, um dort ihre Kunstsammlungen unterzubringen, wäre doch ein guter Zeitpunkt für die Erfindung dieser herzigen Geschichte gewesen.

Was ist mit dem Kupferstich? Wie und wann kam das Exemplar in der Veste Coburg unter welchen Umständen in den Bestand? Solche Fragen wären zu beantworten, bevor man über "Echtheit" urteilen kann.

Grüße,
Atalaya
Hi Atalaya,

sehr interessanter Ansatz von dir! 8) Hier ein paar Fakten, die deinen Ansatz aber zum Teil widerlegen könnten:

1. Eine "numismatische Fiktion des 19. oder ausgehenden 18. Jahrhunderts" (super spannende Bezeichnung übrigens) kann es nicht sein, da Tentzel über den Kusstaler bereits Anfang des 18. Jahrhunderts schrieb und das Stück damals also schon vor 1707 existiert haben musste.

2. Herzog Johann Casimir galt als rachsüchtig und nachtragend. Kann man so den Quellen entnehmen und auch sein Verhalten bei dieser ganzen Geschichte mit dem Ehebruch zeigt dies. Einen solchen Silberguss aus Anlass seiner zweiten Hochzeit und aus Rache wäre also denkbar.

3. Ein Kupferstich von 1599 zeigt in etwa die gleiche Szenerie wie die Münze. Es wäre nahliegend, dass Johann Casimir diese beiden Medien (Münze/Medaille und Kupferstich) als damaliges Nachrichtenmedium nutze, um seine Hochzeit und gleichzeitig seinen Spott über seine erste Frau bekannt zu machen.

Wie gesagt, eine "Erfindung" aus dem 19. Jahrhundert ist es nicht. Die Münze existierte schon lange Zeit zuvor und die Geschichte um Johann Casimir hat sich belegbar so zugetragen.

Trotzdem interessante Überlegungen von dir...
Zuletzt geändert von Numister am Fr 16.04.21 13:58, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Fr 16.04.21 13:56

Auf dieser Zeichnung des Kusstalers aus dem 19. Jahrhundert ist das Stück meiner Meinung nach gut als Guss erkennbar. Die dort eingezeichneten Punkte zeigen die typischen Poren eines Gusses.
Dateianhänge
bild-2.jpg

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Atalaya » Fr 16.04.21 13:59

Dann lass es eben Anfang des 18. Jahrhundert geschehen sein. Ist der Kupferstich gesichert aus der Zeit? Hab keine Abbildung finden können. Wo gibt es ein Exemplar davon, bzw. wo wird er in zeitlich nahen Quellen erwähnt?
"...und noch heute ist es in Neapel höchst ergötzlich, die Münzen mit dem Kopfe Murats friedlich neben denen mit dem Kopfe Ferdinands im Gebrauch zu sehen."
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Zwerg » Fr 16.04.21 14:12

Wenn man über google nach Kusstaler sucht, findet man so ziemlich jeden Link und jedes Foto dieses Threads mit einer Ausnahme: Kein Foto eines Originals
Und ohne ein Vergleichsstück ist jedweder Spekulation Tür und Tor geöffnet
Leider habe ich die Publikationen von Grasser zu Coburg nicht greifbar
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Fr 16.04.21 14:25

Zwerg hat geschrieben:
Fr 16.04.21 14:12
Wenn man über google nach Kusstaler sucht, findet man so ziemlich jeden Link und jedes Foto dieses Threads mit einer Ausnahme: Kein Foto eines Originals
Und ohne ein Vergleichsstück ist jedweder Spekulation Tür und Tor geöffnet
Leider habe ich die Publikationen von Grasser zu Coburg nicht greifbar
Das macht ja das Münzensammeln unter anderem aus: suchen, jagen, recherchieren nach großartigen und außergewöhnlichen Geschichten hinter den Stücken ;-)

Ich werde mich bemühen, ein weiteres Foto eines anderen Exemplars hier reinzustellen. Bis dahin hier noch eine Quelle:

https://books.google.de/books?id=V-NIAA ... ir&f=false

ZITAT: "... Diese Münze ist als der letzt Ausbruch empörter Eifersucht anzusehen und wurde, da man sich ihrer schämt, sehr selten"

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von KarlAntonMartini » Fr 16.04.21 15:06

Die älteste Quelle mit Abbildung, die ich auf die Schnelle über google gefunden habe ist von Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica...Lineae Ernestina, Gotha 1705. Darin wird das Stück als geprägter Doppelthaler beschrieben und ist auch abgebildet, natürlich nicht als Foto. https://reader.digitale-sammlungen.de/d ... 00059.html
Die Beschreibung steht auf S.281. - Grüße, KarlAntonMartini
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Leitwolf » Fr 16.04.21 19:41

Es wird doch sicherlich irgendwo Auktionsergebnisse zu diesem Medaillentyp geben. Vielleicht wird der Threadersteller hier fündig:

https://www.ub.uni-heidelberg.de/helios ... gilit.html

Woher stammt denn das Exemplar des Threaderstellers (privat, Händler usw.)? Die Erwerbsquelle kann eventuell ebenfalls weiteren Aufschluss geben über das Alter/die Provenienz.
Suche Münzen aus Fulda. Kontaktaufnahme bitte über "Private Nachrichten".

ebay-Alternative nutzen: https://www.muenzauktion.info

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Atalaya
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Atalaya » Fr 16.04.21 21:29

Vorneweg, ich gönn Dir Dein Schätzchen von Herzen. Coburg sagt mir wenig und das Thema ist so gar nicht meins.

Der oben verlinkte Bronzeabguß und Dein Stück sind von der selben Vorlage genommen und - soweit man das bei einer Zeichnung sagen kann - auch die Abbildung bei Wilhelm Ernst Tentzel hatte diese Vorlage. Kleinste kompositorische Details bei den beiden Güssen sind identisch, Anzahl der Falten usw. (;)), auch wenn die Güsse unterschiedlich sorgfältig ausgeführt wurden.
Ein starkes Argument für Deine These wäre, wenn es vielleicht eine andere Medaille von Johann Casimir gäbe, die auch gegossen worden ist.
Auf den zeitnahen Portraits, die ich so gefunden habe, hat er kurzes, glattes Haar. Und auf den anderen Münzen mit seinem Portrait ebenso. Warum sollte er sich plötzlich mit einer Mantamatte abbilden lassen und dann noch zur Hochzeit? Das spricht wiederum dagegen, dass es sich um eine Medaille zu diesem Anlass handelte.

Tentzel wird eine Medaille mit keckem Spruch und generischen Figuren drauf gekannt und sie mit dem Anlass verbunden haben, ohne dass sie notwendigerweise damit zu tun hatte. Er wäre nicht der Erste, der sich eine gute Geschichte aus der Nase zöge.

Ach, das ging in der Aufregung wohl unter. Wie sind denn die Daten Deines Stückes? Als Doppeltaler müsste er ja deutlich über 50 g wiegen. Zum Vergleich nochmal die Daten der Bronze:

Bronzemedaille, 40,9 mm, 23,7 g, Harald Möller, Auktion 68, Lot 1561.

Atalaya

PS: Viell. Interessant in diesem Zusammenhang: Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg 1564 - 1633; Ausstellung zur 400. Wiederkehr seines Geburtstages; Oktober-November 1964 (Ausstellungskatalog), Hrsg.: Kunstsammlungen der Veste Coburg.

PPS: Du brauchst nicht SCHREIEN, wir verstehen hier gut, was Du schreibst.
"...und noch heute ist es in Neapel höchst ergötzlich, die Münzen mit dem Kopfe Murats friedlich neben denen mit dem Kopfe Ferdinands im Gebrauch zu sehen."
Ferdinand Gregorovius, 1853

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Fr 16.04.21 22:01

Atalaya hat geschrieben:
Fr 16.04.21 21:29
Vorneweg, ich gönn Dir Dein Schätzchen von Herzen. Coburg sagt mir wenig und das Thema ist so gar nicht meins.

Der oben verlinkte Bronzeabguß und Dein Stück sind von der selben Vorlage genommen und - soweit man das bei einer Zeichnung sagen kann - auch die Abbildung bei Wilhelm Ernst Tentzel hatte diese Vorlage. Kleinste kompositorische Details bei den beiden Güssen sind identisch, Anzahl der Falten usw. (;)), auch wenn die Güsse unterschiedlich sorgfältig ausgeführt wurden.
Ein starkes Argument für Deine These wäre, wenn es vielleicht eine andere Medaille von Johann Casimir gäbe, die auch gegossen worden ist.
Auf den zeitnahen Portraits, die ich so gefunden habe, hat er kurzes, glattes Haar. Und auf den anderen Münzen mit seinem Portrait ebenso. Warum sollte er sich plötzlich mit einer Mantamatte abbilden lassen und dann noch zur Hochzeit? Das spricht wiederum dagegen, dass es sich um eine Medaille zu diesem Anlass handelte.

Tentzel wird eine Medaille mit keckem Spruch und generischen Figuren drauf gekannt und sie mit dem Anlass verbunden haben, ohne dass sie notwendigerweise damit zu tun hatte. Er wäre nicht der Erste, der sich eine gute Geschichte aus der Nase zöge.

Ach, das ging in der Aufregung wohl unter. Wie sind denn die Daten Deines Stückes? Als Doppeltaler müsste er ja deutlich über 50 g wiegen. Zum Vergleich nochmal die Daten der Bronze:

Bronzemedaille, 40,9 mm, 23,7 g, Harald Möller, Auktion 68, Lot 1561.

Atalaya

PS: Viell. Interessant in diesem Zusammenhang: Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg 1564 - 1633; Ausstellung zur 400. Wiederkehr seines Geburtstages; Oktober-November 1964 (Ausstellungskatalog), Hrsg.: Kunstsammlungen der Veste Coburg.

PPS: Du brauchst nicht SCHREIEN, wir verstehen hier gut, was Du schreibst.

Hut ab! Tolle Ideen und Infos!

Wenn ich deine These richtig verstehe, gehst du von einem Urexemplar aus (ein und die selbe Vorlage), von dem dann in den Jahrhunderten darauf (spätestens ab 1705 / Tentzel) viele weitere (auch mein Exemplar) abgegossen wurde?

Ob es weitere GussMünzen / GussMedaillen von Johann Casimir gibt, ist mir momentan noch nicht bekannt. Für mich die wichtigste Info momentan ist, dass die Kunstsammlung der Veste Coburg ein Original hat und das ist ein Silberguss.

Ein absoluter GAMECHANGER ist für mich deine These mit der Haartracht. Genial beobachtet! ;-) Das deutet auf die Meinung mancher Numismatiker hin, die keinen Anlass sehen, dass dieses Stück vom Herzog selbst veranlasst wurde. Die mittelmäßige Gussqualität deutet ebenfalls darauf hin. Durch dein starkes Haartracht-Argument könnte ich mir auch vorstellen, dass dieses Stück entweder gar nicht vom Herzog kam oder er sich nicht weiter um die Herstellung gekümmert hat.

Insgesamt mehren sich die Indizien, dass der Taler nicht direkt vom Herzog kommt und vielleicht auch nicht direkt aus dem Jahr 1599. Das beträfe dann mein Exemplar und alle anderen, die noch existieren.

Mein Exemplar ist untergewichtig hat aber die Talerabmessungen. Ich kenne das Gewicht des "originalen" Exemplars in der Kunstsammlung in Coburg noch nicht (das ist ja auch ein Silberguss). Es würde mich nicht überraschen, wenn es zwischen 15 und 30 wiegen würde.

Das mit dem SCHREIEN hatte ich mir angewöhnt, als ich die Funktion Bold noch nicht gefunden hatte ;-)

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Atalaya » Sa 17.04.21 10:14

Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Wenn ich deine These richtig verstehe, gehst du von einem Urexemplar aus (ein und die selbe Vorlage), von dem dann in den Jahrhunderten darauf (spätestens ab 1705 / Tentzel) viele weitere (auch mein Exemplar) abgegossen wurde?

Da liegt ein und derselbe Entwurf zugrunde. Die Art der Darstellung der Kleider und der Haartracht weist auf das 17. Jahrhundert. Wallende Lockenpracht bei Männern würde ich gefühlsmässig eher in der 2. Hälfte vermuten. Aber da fehlt mir die Detailkenntnis.
Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Insgesamt mehren sich die Indizien, dass der Taler nicht direkt vom Herzog kommt und vielleicht auch nicht direkt aus dem Jahr 1599. Das beträfe dann mein Exemplar und alle anderen, die noch existieren

Es ist doch eindeutig keine offizielle Ausgabe. Was mich stört, ist die fehlende Eindeutigkeit bei den dargestellten Personen. Alle drei waren ja bekannt. Aber hier fehlen m. E. individuelle Züge oder Attribute. Das sind einfach stereotype Gestalten: Edelmann und -frau, Nonne.

Tentzel kannte diese Medaille, aber er  distanziert sich ja selbst sprachlich von der Geschichte in seiner Beschreibung, da er die unpersönliche Formulierung "man saget" benutzt. Wahrscheinlich suchte er nur eine Erklärung für den "jedermann bekannten Spruche...", dessen Pointe sich mir im übrigen entzieht. Es war doch allgemein bekannt, was sich hinter Klostermauern so abspielte. Oder geht es gerade darum? Die Bigotterie des Klerus. Das könnte passen, so als zeitloser "Herrenwitz".
Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Mein Exemplar ist untergewichtig hat aber die Talerabmessungen. Ich kenne das Gewicht des "originalen" Exemplars in der Kunstsammlung in Coburg noch nicht (das ist ja auch ein Silberguss). Es würde mich nicht überraschen, wenn es zwischen 15 und 30 wiegen würde.

Einfach Durchmesser und Gewicht in Zahlen angeben. Das schaffst Du. So kann man nicht vergleichen.

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Sa 17.04.21 12:22

Atalaya hat geschrieben:
Sa 17.04.21 10:14
Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Wenn ich deine These richtig verstehe, gehst du von einem Urexemplar aus (ein und die selbe Vorlage), von dem dann in den Jahrhunderten darauf (spätestens ab 1705 / Tentzel) viele weitere (auch mein Exemplar) abgegossen wurde?

Da liegt ein und derselbe Entwurf zugrunde. Die Art der Darstellung der Kleider und der Haartracht weist auf das 17. Jahrhundert. Wallende Lockenpracht bei Männern würde ich gefühlsmässig eher in der 2. Hälfte vermuten. Aber da fehlt mir die Detailkenntnis.
Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Insgesamt mehren sich die Indizien, dass der Taler nicht direkt vom Herzog kommt und vielleicht auch nicht direkt aus dem Jahr 1599. Das beträfe dann mein Exemplar und alle anderen, die noch existieren

Es ist doch eindeutig keine offizielle Ausgabe. Was mich stört, ist die fehlende Eindeutigkeit bei den dargestellten Personen. Alle drei waren ja bekannt. Aber hier fehlen m. E. individuelle Züge oder Attribute. Das sind einfach stereotype Gestalten: Edelmann und -frau, Nonne.

Tentzel kannte diese Medaille, aber er  distanziert sich ja selbst sprachlich von der Geschichte in seiner Beschreibung, da er die unpersönliche Formulierung "man saget" benutzt. Wahrscheinlich suchte er nur eine Erklärung für den "jedermann bekannten Spruche...", dessen Pointe sich mir im übrigen entzieht. Es war doch allgemein bekannt, was sich hinter Klostermauern so abspielte. Oder geht es gerade darum? Die Bigotterie des Klerus. Das könnte passen, so als zeitloser "Herrenwitz".
Numister hat geschrieben:
Fr 16.04.21 22:01
Mein Exemplar ist untergewichtig hat aber die Talerabmessungen. Ich kenne das Gewicht des "originalen" Exemplars in der Kunstsammlung in Coburg noch nicht (das ist ja auch ein Silberguss). Es würde mich nicht überraschen, wenn es zwischen 15 und 30 wiegen würde.

Einfach Durchmesser und Gewicht in Zahlen angeben. Das schaffst Du. So kann man nicht vergleichen.

Atalaya
Deine Beiträge zu diesem Thema finde ich außergewöhnlich spannend und hilfreich. Deine Argumente haben für mich eine große Überzeugungskraft. Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!

Die Pointe des Reims "Wie küssen sich die zwey..." könnte entweder Kritik am Zölibat (generell oder dem von Nonnen) oder eine Persiflage auf das Klosterleben sein. Oder beides.

Das Gewicht des Stückes wird in der Literatur angegeben zwischen 13g und 21g (siehe Grasser). Mein Stück ist 15,5g schwer. Der Durchmesser beträgt (wie in der Literatur angegeben) 40 mm. Ich gehe momentan weiterhin bei meinem Stück von einem Original aus.

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 17.04.21 13:58

Numister hat geschrieben:
Sa 17.04.21 12:22
!

Die Pointe des Reims "Wie küssen sich die zwey..." könnte entweder Kritik am Zölibat (generell oder dem von Nonnen) oder eine Persiflage auf das Klosterleben sein. Oder beides.

Eine kirchenrechtliche Anmerkung dazu: Die damals Beteiligten waren allesamt Protestanten, die erste Ehefrau des Herzogs wurde wegen Ehebruchs in ein aufgelassenes Kloster verbannt, aber sie wurde nicht Nonne. Der Zölibat ist das Eheverbot für katholische Geistliche, Nonnen unterliegen ihm nicht, für sie gilt Ehelosigkeit und Keuschheit aufgrund ihres Gelübdes. - Die älteste schriftliche Quelle zu dem Stück scheint Tentzel zu sein, er beschreibt einen geprägten Doppeltaler. Gab es den überhaupt, hat Tentzel so ein Stück gesehen? Ich weiß nichts über die Zuverlässigkeit seines Werks. - Seit Tentzel scheint die Deutung des Stücks als Spottmünze auf die ehebrecherische Herzogin nicht hinterfragt worden zu sein. Es ist aber bekannt, daß Anna eine Reihe von Fürsprechern hatte, es könnte doch sein, daß das Stück eher mitleidig zu interpretieren ist und den Herzog im neuen Glück der unglücklichen Exfrau gegenüberstellt. Schließlich war der Ehebruch von dem Kupferpfuscher induziert worden, der Herzogin Anna wegen Kinderlosigkeit behandeln sollte. Dann wäre ein offiziell geprägter Doppeltaler allerdings unwahrscheinlich. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Erst Ludwig » Sa 17.04.21 14:26

KarlAntonMartini hat geschrieben:
Sa 17.04.21 13:58
Gab es den überhaupt, hat Tentzel so ein Stück gesehen? Ich weiß nichts über die Zuverlässigkeit seines Werks.
Tenzel war dankbar über alle Informationen, die an Ihn herangetragen wurden, die er aber oft nicht auf seine Richtigkeit hin überprüfen konnte.
Manches hat nur vom Hörensagen Eingang in sein Werk gefunden und sollte m.E. mit gesunder Skepsis betrachtet werden
Ein Großteil der numismatischen Literatur des 18/19 Jahrhunderts sind zwar bibliophile " Leckerbissen ", im Hinbick auf die Zuverlässigkeit Ihres Inhalts aber nur unter Vorbehalt zu gebrauchen.

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Andechser » Sa 17.04.21 14:44

Ich würde kein Geld darauf verwetten, dass es von diesem Typ ein Original gibt. Gerade in den gedruckten Werken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert finden sich zwar viele sehr genaue und detailierte Kupferstiche. Allerdings gibt es auch immer wieder phantasievolle Kupferstiche von angeblichen Münzen oder Medaillen, die aber nachweislich nicht existierten oder zumindest anders aussahen. Nur in den seltensten Fällen stimmt ein Kupferstich in einem Druckwerk aus dieser Zeit in fast allen Details mit einem originalen Stück überein. Genau deswegen verursacht diese enorme Übereinstimmung in allen Details aller bekannten Stücke des Typs mit dem Kupferstich von 1705 bei mir Bauchschmerzen. Die Flecken im Münzbild des Kupferstichs jedoch nicht als Gusslunker des Originals zu deuten, sondern stellen wohl Artefakte der Digitalisierung und Kontrasterhöhung des Kupferstichs dar.
Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass das von dir gezeigte Stück aus dem 18. Jahrhundert stammen könnte, aber es wurde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht mit einer professionell erstellten und für die Herstellung vieler Exemplare produzierter Gussform eines erfahrenen Medailleurs oder Gießers hergestellt. Es gibt jedoch sehr feine Güsse dieses Typs, die höchstwahrscheinlich professionell hergestellt wurden. Dein Stück wurde, nach den Bildern zu urteilen, wohl mit einem abweichenden Gussverfahren von einem solchen Stück abgenommen. Hier wäre es interessant Bilder des Rands deines Exemplars zu sehen.
Wenn du allerdings nicht nur auf gut begründete Meinungen auf Grundlage der Bilder angewiesen sein möchtest, dann empfehle ich dir, dich mit deinem Stück an einen ausgewiesenen Experten für Medaillen des 17. und 18. Jahrhunderts oder einen vereidigten Sachverständigen für Münzen und Medaillen der Neuzeit zu wenden. Gerade bei Medaillen aus dieser Zeit bedarf es großer Erfahrung und Fachkenntnis um Originale von zeitgenössischen oder späteren Nachgüssen unterscheiden zu können.

Beste Grüße
Andechser
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Andechser für den Beitrag:
didius (Sa 17.04.21 15:00)

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Re: BÖSARTIGE Münzen

Beitrag von Numister » Sa 17.04.21 16:31

Bin beeindruckt ;-) Vielen Dank für eure Mühe, das interessante Thema weiter mit spannenden Informationen zu "füttern"!

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