Dieses namenlose Nominal (van Heesch 2, Vagi 2955, McAlee 171d) mit seinen 2,15 g Gewicht stammt aus Antiochia. Manchmal wird es als halber Radiatus tituliert.
Die Vorderseite zeigt Jupiter halbnackt sitzt auf einem Thron n.l., in der Linken Langzepter, in der Rechten einen Globus haltend - IOVI CONSERVATORI -, die Rückseite die n.l. laufende Viktoria, in der Linken Palmenzweig, in der Rechten einen gebundenen Siegeskranz haltend - VICTORIA AVGG / ς / ANT.
Die Münzstätte Antiochia prägte den Münztyp in10 officinae; diese wurden im Reversfeld durch die griechischen Zahlenbuchstaben A - I (1-10) wiedergegeben. Allerdings verzichtete man auf ϴ (9) und ersetzte es stattdessen durch ΔЄ (4+5).
Unter Maximinus II. wurde eine Reihe sogenannter
anonymer heidnischer Statdmünzen verausgabt. Sie stammen aus Nicomedia, Antiochia und Alexandria. Van Heesch (The last civic coinages and the religious policy of Maximinus Daza, in: Numismatic Chronicle 153, S. 67ff.) schrieb dazu: „Alle Münzen zeigen auf ihrer Vorderseite eine Gottheit, die typisch für die in der Legende und im Münzzeichen erwähnte Region oder Stadt war. So finden wir für Nicomedia Ceres bzw. Demeter, bei Antiochia Apollo, Jupiter/Zeus und die Stadtgöttin von Antiochia mit dem Orontes zu ihren Füßen und bei Alexandria den Gott Serapis [und den Flussgott Nilus]. … Fast immer wird eine lokale Gottheit mit dem Adjektiv sanctus erwähnt und in allen Legenden wird der Dativ verwendet“.
Der
Iovi conservatori-Typ unterscheidet sich von den anderen Stadtmünzen durch die officina-Kennzeichnung ANT statt S(acra) M(oneta) A(ntiochia). SMA tragen bspw. die Sancto Apollini-Ausgaben. Kalina (Anonymous Civic Coinage) sah das Olympische Festival von Daphne (ca. 8 km südlich von Antiochia) als Grund für die Prägung der
Apollini Sancto-Nummi.
Doch wie passt die anders gestaltete Iovi conservatori-Münze in diesen Rahmen?
„Diokletian … machte um die Wende zum 4. Jahrhundert die Olympischen Spiele in Antiochia zu einem regelrechten Fokus seines religiösen Erneuerungsprogramms. Die dem Zeus geweihten Spiele müssen sich dem Kaiser als ein idealer Anknüpfungspunkt zur Propagierung seiner Herrschertheologie angeboten haben, die seiner eigenen Familie, den Jovii, den besonderen Schutz des Göttervaters sichern sollte.So stellte Diokletian nicht nur die Integrität der Spiele in Antiochia wieder her, sondern errichtete seinem göttlichen Protektor auch zahlreiche Bauten im heiligen Bezirk von Daphne“ (Hahn, Die Olympischen Spiele von Antiochia, in: Gutsfeld [Hrg.], Der gymnische Agon in der Spätantike, S. 78).
Kalina ergänzt hierzu: „Drei Olympische Spiele fanden zwischen 299 und 310 n. Chr. statt, nämlich 300, 304 und 308 n. Chr. Um die Verbindung zu Jupiter und Diokletian herzustellen, müssen wir bestimmen, wann Diokletian in Antiochia war, wo er die Olympischen Spiele geleitet hat. 308 kann ausgeschlossen werden, weil es nach seiner Abdankung war. 304 war er an der Donaugrenze und später in Nicomedia. Er wäre auch gar nicht in der körperlichen Verfassung gewesen, um Alytarch zu sein, was ein Schlafen im Freien erforderte, da er sich eine Krankheit zugezogen hatte. Dies lässt nur 300 als mögliches Datum und Nennung Diocletians als Alytarch (ein wichtiger offizieller Vorsitzender der Spiele) für dieses Jahr zu“. Auch J. Schwartz [Antioche et la tetrarchie, in: Schweizer Münzblätter 32, 1982, S. 63 ff.] hatte
den Iovi conservatori-Nummus „viel früher datiert“ (van Heesch)
wie die anderen antiochischen Stadtmünzen. AVGG würde also die beiden Augusti Diocletian und Maximinianus ansprechen.
Van Heesch machte auch auf die Stellung der Prägestempel aufmerksam. Er stellt eine Analyse von 354 antiochener Folles aus der Zeit 297-314/15 n.Chr. vor, deren Stempelachsen wechselweise 6 Uhr (↑↓) oder 12 Uhr (↑↑) sind. Jedoch besitzen die Folles von 309/10 bis 311/12 n.Chr., aufgrund einer zeitweilig geänderten Arbeitsgewohnheit in der Prägestätte Antiochia, (fast) ausschließlich eine Stempelachse 12 Uhr. Da nun von 42 Iovi conservatori-Nummi kanpp ⅓ eine entgegengesetzte Stempelstellung (↑↓) hat, können sie
nur vor 310 n.Chr. bzw. 312/13 n.Chr. geprägt worden sein, weil es 309/10 - 311/12 n.Chr. (fast) keine Æ-Münzen mit Stempelachse 6 Uhr aus Antiochia gibt:
Folgt man Heensch, würde sich AVGG bei 312 mit Maximinus II. und Maxentius erklären, vgl. die Annäherung der beiden Herrscher bei Laktanz, De mortibus persecutorum, 43. Die Augusti Constantinus und Licinius scheiden aus, da sie spinnefeind mit Maximinus waren. Spinnt man diesen Faden weiter, würde 313 n.Chr. automatisch als Prägejahr ausscheiden, da es in diesem Jahr keinen Maxentius mehr gab und somit auch kein AVGG mehr anwendbar gewesen wäre.
Zusatz:
„Im Herbst 312 führte Maximinus eine Kampagne gegen die Armenier, also Christen. Obwohl der Krieg nicht sehr erfolgreich war, könnte dies die Umkehrlegende victoria augg auf den Münzen mit der Vorderseite Iovi conservatori erklären“ (van Heesch, ebd., S. 74).
Doch diese Interpretation überzeugt nicht. Warum sollte dieser Krieg nur von einer kleinen anonymen Emission aufgegriffen worden sein, statt auch seinen Einzug auf den Reichsmünzen der östlichen Prägeanstalten Alexandria, Antiochia, Nicomedia, Cyzicus und Heraclaea zu halten?